27. November 2011



Die Protagonisten in meinen Träumen der letzten Nächte gehen immer weiter zurück in der Zeit, in meiner Biographie. Wie befremdlich, im Schlaf so lebendig Männern zu begegnen, die längst kein Teil meines Lebens mehr sind und wieder eine gemeinsame Gegenwart zu haben, mitten in der Nacht. Die Gefühle entsprechen auch nicht der Gegenwart. Der Vergangenheit auch nicht, eher so eine Melange. Unaufgeregt zwar, aber nicht annähernd so gleichgültig wie im Wachzustand. Verrückt. Zudem so scheinbar völlig unbrauchbar. Damit kann man nicht arbeiten. Es wirkt so unnütz, mit Erinnerungen aufgehalten zu werden, die keine Bedeutung für die Gegenwart mehr haben. Als ob man genötigt wird, Filme anzuschauen, die man vor zwanzig Jahren oder mehr interessant fand, aber schon seit zehn Jahren belanglos.

Wenigstens ist das Empfinden im Traum nicht so gelangweilt, immerhin. Ich erinnere mich deutlich, dass ich auf eine besitzergreifende Art den Arm um die Taille eines längst Verflossenen legte. Wir gingen nebeneinander und er hatte irgend etwas sehr Zugewandtes gesagt, eine Art Bekenntnis von unerwarteter Verbindlichkeit, das mich zu dieser Geste veranlasste. Es könnte sogar die Bekundung einer Heiratsabsicht gewesen sein, der ich zustimmte, wobei ich mich träumend über meine Zustimmung wunderte. Noch im Traum fragte ich mich einen Moment, ob es trotz des Antrages angemessen sei, jemanden so besitzergreifend mit dem Arm um die Taille zu halten und für andere sichtbar eine Straße entlangzulaufen. Wir haben das auch damals nie gemacht. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich mir das gewünscht hätte. Nein, ich glaube nicht. Nicht bei ihm. Er war gerade so groß wie ich und ich hatte keine Sehnsucht nach demonstrativen, körperlichen Gunstbezeugungen in aller Öffentlichkeit. So groß war meine Liebe auch nicht. Die körperliche Verbundenheit beschränkte sich auf unsere Wohnungen, da war es völlig normal, ineinander verhakt und verschlungen auf dem Sofa oder Bett liegend einen Film zu schauen. Bei anderen vermisste ich eine umarmende Geste unterwegs aber manchmal doch. Besonders wenn es draußen kalt war. Und besonders bei einem.

Ich hatte und habe große Scheu vor demonstrativen Gesten in der Öffentlichkeit, wenn sie nicht von dem anderen ausgehen. Ich sehe es auch nicht so gerne, wenn Paare sich raumgreifend an den Händen halten und wie selbstverständlich die ganze Breite des Gehweges einnehmen. Es wirkt auch eher selten unvermeidlich innig, oft wie antrainiert und von den Frauen ausgehend, und auf eine Art demonstrativ, die ich nicht mag. Es befremdet mich sogar. Deswegen ist mir dieser eine Moment des Traums vielleicht noch als einziger so konkret erinnerbar. Auf eine prägnante Art zu abstrakt, mir so wenig entsprechend. Alles andere ist versunken.

27. November 2011


flashback

27. November 2011

(...) Lucie Mannheim war jüdischer Herkunft und begab sich deshalb 1933 nach Großbritannien ins Exil. Sie spielte in London Theater und arbeitete beim deutschen Programm der BBC mit. Während des Krieges sprach sie oft im Rundfunk und appellierte an die Soldaten, den Krieg aufzugeben. Sie sang eine als Anti- Hitler-Version bekannte Persiflage auf Lale Andersens Lili Marleen.



Gesang: Lucie Mannheim

Ich muss heut' an Dich schreiben,
mir ist das Herz so schwer.

Ich muss zuhause bleiben, und lieb' Dich doch so sehr. Dass Du tust nur Deine Pflicht, doch trösten kann mich das ja nicht. Ich wart' an der Laterne. Deine Lili Marleen. Was ich still hier leide, weiß nur der Mond und ich. Einst schien er auf uns beide, nun scheint er nur auf mich. Mein Herz tut mir so bitter weh, wenn ich an der Laterne steh' mit meinem eig'nen Schatten. Deine Lili Marleen. Vielleicht fällst Du in Russland, vielleicht in Afrika. Doch irgendwo, da fällst Du, so will’s Dein Führer ja! Und wenn wir doch uns wiederseh'n, oh möge die Laterne steh'n, in einem andern Deutschland. Deine Lili Marleen. Der Führer ist ein Schinder, das seh'n wir hier genau, zu Waisen macht er Kinder, zur Witwe jede Frau. Und wer an allem schuld ist, den – will ich an der Laterne seh'n. Hängt ihn an die Laterne!

Deine Lili Marleen

25. November 2011

Ob ich es wagen sollte, noch einmal einen Blogeintrag zu riskieren? Bin heute zwar etwas langsam, aber dabei nicht unentspannt, vielleicht das warme Vollbad vorhin. Ich glaube, die jungen Leute nennen das gerne chillen. Komisch, es gibt mitunter aus der Jugendsprache rührende Begriffe, die mir zwar überaus geläufig sind, aber dieser Ausdruck hat es noch nie in meinen aktiven Wortschatz geschafft. Der kann sich noch so anstrengen, er schafft es einfach nicht. Wahrscheinlich ist mein Lebensstil insgesamt nicht chillig genug, es fehlen vermutlich die Anlässe für die sinnvolle Verwendung im Alltag. Noch früher hat man dazu 'abhängen' gesagt. Nun ja, die Schulzeiten sind bei mir schon länger vorbei, als Abhängen noch als Variante attraktiver Freizeitgestaltung zur Auswahl stand.

Am Hackeschen Markt (eine hochfrequente wie gleichermaßen hoch frequentierte Ecke in der Mitte von Berlin, für Ortsunkundige) kleben jetzt überall große Werbeplakate für "The Voice of Germany". Hab ich gestern auch geguckt, weil ich Lena - Quatsch - Nena gut leiden kann, und die anderen Coaches kommen auch ganz sympathisch rüber, sogar mitunter dieser Naidoo, der es sonst ausgezeichnet drauf hat, mit seiner latenten Oberlehrer-Klugscheißer-Miene und der unvermeidlichen (und für seinen speziellen Typ nicht kleidsamen) Mütze im Verbund mit entschieden zu dickem Brillengestell, nicht nur optisch meinen Langmut zu strapazieren. Die Boss-Hoss-Jungs sind anscheinend ganz okay, auch wenn ich mir keine Platte kaufen muss. Und der andere mit den längeren Haaren, dieser Brite (oder Ire?), wo ich mir den Namen nie merken kann - Raymon oder so ähnlich, wirkt in dieser Aufgabe direkt temperamentvoll, im Gegensatz zu seinen mir allerdings nur dunkel erinnerbaren Bühnenleistungen. Ach, wobei - ich kann das gar nicht beurteilen. Habe vielleicht vor fünfzehn Jahren mal ein, zwei Auftritte im Fernsehen mitgekriegt, mehr nicht. Einen Hit gab es wohl auch, an den ich mich aber auch so gar nicht erinnern kann.

Aber dass unsere Nena neuerdings Gitarre spielt, finde ich ja sehr niedlich. Hat sie vielleicht zum Fünfzigsten geschenkt gekriegt. Sieht sehr schick aus. Und die jungen Sänger im Wettbewerb recht talentiert. Aber auch die nicht mehr ganz so jungen. Schön, dass die Altersgruppe keine Rolle zu spielen scheint. Eine aus Amerika eingewanderte Sängerin ist sogar schon dreiundfünfzig und hat nach Sexy-Hexie-Manier, aber auch mit viel Stimme, ziemlich aufgemischt. Und dann dieser Charles Dings... (Nachtrag: Simmons) der das Lied von Seal gesungen hat. Alter Profi halt. Lustigerweise selber Gesangs-Coach und sehr angenehmer, besonnener Charakter scheint mir. Er kann mutmaßlich mehr als die fünf Hobby-Coaches aus der Jury zusammen. Ich vermute, sie erhoffen sich eher, von ihm zu lernen. Und dafür kriegt er ein bißchen Nachhilfeunterricht, wie er sich prominenter ins Bühnenlicht setzt. Sicher ein guter Deal für ihn. Und dann war da noch so ein introvertiert wirkender ganz arg sympathischer Josef mit einem breiten bayrischen Akzent, der mir mit seinem Gesang auch ans Herz ging und der dauernd von der innigen Bindung zu seinem Zwillingsbruder geredet hat. Man wollte gleich Zwilling sein. Den Rest habe ich schon wieder mehr oder weniger vergessen. Also nicht komplett, aber nicht so wichtig. Frau Kutschera mit dem Piratentuch hat mich vom Gesicht her ein bißchen an Nico erinnert. Sehr hübsch. Viel Stimme und Temperament auch.

Schon ein anderes Level in dieser Sendung, keine Frage. Und Sebastian Deyle oder wie der heißt, ein Soap-Star und Moderator wie ich gestern erst gelernt habe, ist ja äußerst attraktiv anzusehen. Er hat den Schlager auch ganz anmutig gesungen, hat aber nicht gelangt. Aber so peinlich wie die Klatschpresse tut, war es ja nun weiß Gott nicht. Klavier hat er auch gespielt. Und der Anzug hat toll gesessen. Ein schöner junger Mann. Eher suspekt bis unsympathisch war mir hingegen der exaltierte, leicht angekokst wirkende dunkelhäutige Sänger, der wohl schon mal Backgroundsänger bei Nena war und diktatorisch verkündet hat, er verträgt kein Nein. Ich hab den Namen vergessen. Bin zu faul auf die Seite zu gucken. Das würde meinen Chill beeinträchtigen. Ach ja - und die IKEA-Kassiererin aus Israel war auch noch sympathisch und talentiert. Na jedenfalls stehe ich da vorhin so an der Kreuzung am Hackeschen Markt an der Ampel und gucke auf die riesen Plakate mit den vier Coaches mit ihren zum Victory-Zeichen gereckten Händchen und denke so: was muss das für die beiden Berliner Jungs von Boss Hoss für ein Gefühl sein, sich in einer Reihe mit Nena und Naidoo, der alten Betschwester und diesem Raimonn oder wie er heißt so riesig und wirklich gut fotografiert überall in der City zu sehen. Schön für die beiden.



Ich nehme jetzt noch weiter gepflegt meinen Tee und esse sicher noch das eine oder andere Häppchen und lasse es sonst einen schönen ruhigen Abend in der warmen Hütte sein, an diesem historischen Tag. Jawohl, historisch. Heute jährt sich der Tag, an dem ich beschloss, für einen längeren Zeitraum dem Alkoholgenuss zu entsagen. So als Test, ob man das aushält, mental. Und um zu sehen, ob sich ungeahnte Kräfte entfalten. Ich kann schon ein Fazit ziehen. Ein strenges Jahr ist aber dann auch genug. Wenn ich am 25. November 2010 den ersten Tag auf Alkohol verzichtet habe und heute ist wieder der 25. November, dann ist das Jahr doch voll. Oder nicht sogar schon einen Tag drüber? Jedenfalls ist die Prohibition morgen beendet. Was aber nicht heißen muss, dass ich ab dann wieder trinken muss. Es wäre nur kein Sakrileg mehr.


P.S. bei der Suche nach dem Josef-Link gerade gesehen, heute gab's ja schon die zweite Folge. Dachte, das käme nur einmal die Woche. Dann gucke ich jetzt mal die Konserve von heute.

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Lydia G. Toller Typ!
29.04.24, 21:49
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Jan Sobottka bei mir...
29.04.24, 21:06
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Zucker 27. April 2024...
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P.P.P.S. gibt zig...
27.04.24, 17:05
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NeonWilderness
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