Ob ich es wagen sollte, noch einmal einen Blogeintrag zu riskieren? Bin heute zwar etwas langsam, aber dabei nicht unentspannt, vielleicht das warme Vollbad vorhin. Ich glaube, die jungen Leute nennen das gerne chillen. Komisch, es gibt mitunter aus der Jugendsprache rührende Begriffe, die mir zwar überaus geläufig sind, aber dieser Ausdruck hat es noch nie in meinen aktiven Wortschatz geschafft. Der kann sich noch so anstrengen, er schafft es einfach nicht. Wahrscheinlich ist mein Lebensstil insgesamt nicht chillig genug, es fehlen vermutlich die Anlässe für die sinnvolle Verwendung im Alltag. Noch früher hat man dazu 'abhängen' gesagt. Nun ja, die Schulzeiten sind bei mir schon länger vorbei, als Abhängen noch als Variante attraktiver Freizeitgestaltung zur Auswahl stand.
Am Hackeschen Markt (eine hochfrequente wie gleichermaßen hoch frequentierte Ecke in der Mitte von Berlin, für Ortsunkundige) kleben jetzt überall große Werbeplakate für
"The Voice of Germany". Hab ich gestern auch geguckt, weil ich Lena - Quatsch - Nena gut leiden kann, und die anderen Coaches kommen auch ganz sympathisch rüber, sogar mitunter dieser Naidoo, der es sonst ausgezeichnet drauf hat, mit seiner latenten Oberlehrer-Klugscheißer-Miene und der unvermeidlichen (und für seinen speziellen Typ nicht kleidsamen) Mütze im Verbund mit entschieden zu dickem Brillengestell, nicht nur optisch meinen Langmut zu strapazieren. Die Boss-Hoss-Jungs sind anscheinend ganz okay, auch wenn ich mir keine Platte kaufen muss. Und der andere mit den längeren Haaren, dieser Brite (oder Ire?), wo ich mir den Namen nie merken kann - Raymon oder so ähnlich, wirkt in dieser Aufgabe direkt temperamentvoll, im Gegensatz zu seinen mir allerdings nur dunkel erinnerbaren Bühnenleistungen. Ach, wobei - ich kann das gar nicht beurteilen. Habe vielleicht vor fünfzehn Jahren mal ein, zwei Auftritte im Fernsehen mitgekriegt, mehr nicht. Einen Hit gab es wohl auch, an den ich mich aber auch so gar nicht erinnern kann.
Aber dass unsere Nena neuerdings
Gitarre spielt, finde ich ja sehr niedlich. Hat sie vielleicht zum Fünfzigsten geschenkt gekriegt. Sieht sehr schick aus. Und die jungen Sänger im Wettbewerb recht talentiert. Aber auch die nicht mehr ganz so jungen. Schön, dass die Altersgruppe keine Rolle zu spielen scheint. Eine aus Amerika eingewanderte Sängerin ist sogar schon dreiundfünfzig und hat nach Sexy-Hexie-Manier, aber auch mit viel Stimme, ziemlich
aufgemischt. Und dann dieser Charles Dings... (Nachtrag: Simmons) der das Lied von Seal gesungen
hat. Alter Profi halt. Lustigerweise selber Gesangs-Coach und sehr angenehmer, besonnener Charakter scheint mir. Er kann mutmaßlich mehr als die fünf Hobby-Coaches aus der Jury zusammen. Ich vermute, sie erhoffen sich eher, von ihm zu lernen. Und dafür kriegt er ein bißchen Nachhilfeunterricht, wie er sich prominenter ins Bühnenlicht setzt. Sicher ein guter Deal für ihn. Und dann war da noch so ein introvertiert wirkender ganz arg sympathischer
Josef mit einem breiten bayrischen Akzent, der mir mit seinem Gesang auch ans Herz ging und der dauernd von der innigen Bindung zu seinem Zwillingsbruder geredet hat. Man wollte gleich Zwilling sein. Den Rest habe ich schon wieder mehr oder weniger vergessen. Also nicht komplett, aber nicht so wichtig. Frau
Kutschera mit dem Piratentuch hat mich vom Gesicht her ein bißchen an Nico erinnert. Sehr hübsch. Viel Stimme und Temperament auch.
Schon ein anderes Level in dieser Sendung, keine Frage. Und Sebastian Deyle oder wie der heißt, ein Soap-Star und Moderator wie ich gestern erst gelernt habe, ist ja äußerst attraktiv anzusehen. Er hat den
Schlager auch ganz anmutig gesungen, hat aber nicht gelangt. Aber so peinlich wie die Klatschpresse tut, war es ja nun weiß Gott nicht. Klavier hat er auch gespielt. Und der Anzug hat toll gesessen. Ein schöner junger Mann. Eher suspekt bis unsympathisch war mir hingegen der exaltierte, leicht angekokst wirkende dunkelhäutige Sänger, der wohl schon mal Backgroundsänger bei Nena war und diktatorisch verkündet hat, er verträgt kein Nein. Ich hab den Namen vergessen. Bin zu faul auf die Seite zu gucken. Das würde meinen Chill beeinträchtigen. Ach ja - und die IKEA-Kassiererin aus Israel war auch noch sympathisch und talentiert. Na jedenfalls stehe ich da vorhin so an der Kreuzung am Hackeschen Markt an der Ampel und gucke auf die riesen Plakate mit den vier Coaches mit ihren zum Victory-Zeichen gereckten Händchen und denke so: was muss das für die beiden Berliner Jungs von Boss Hoss für ein Gefühl sein, sich in einer Reihe mit Nena und Naidoo, der alten Betschwester und diesem Raimonn oder wie er heißt so riesig und wirklich gut fotografiert überall in der City zu sehen. Schön für die beiden.
Ich nehme jetzt noch weiter gepflegt meinen Tee und esse sicher noch das eine oder andere Häppchen und lasse es sonst einen schönen ruhigen Abend in der warmen Hütte sein, an diesem historischen Tag. Jawohl, historisch. Heute jährt sich der Tag, an dem ich beschloss, für einen längeren Zeitraum dem Alkoholgenuss zu entsagen. So als Test, ob man das aushält, mental. Und um zu sehen, ob sich ungeahnte Kräfte entfalten. Ich kann schon ein Fazit ziehen. Ein strenges Jahr ist aber dann auch genug. Wenn ich am 25. November 2010 den ersten Tag auf Alkohol verzichtet habe und heute ist wieder der 25. November, dann ist das Jahr doch voll. Oder nicht sogar schon einen Tag drüber? Jedenfalls ist die Prohibition morgen beendet. Was aber nicht heißen muss, dass ich ab dann wieder trinken muss. Es wäre nur kein Sakrileg mehr.
P.S. bei der Suche nach dem Josef-Link gerade gesehen, heute gab's ja schon die zweite Folge. Dachte, das käme nur einmal die Woche. Dann gucke ich jetzt mal die Konserve von heute.