07. April 2016

Vorhin in der S-Bahn. Mir gegenüber ein Mann, ca. Anfang dreißig. Ich bin in Gedanken versunken und bleibe an einem Detail hängen. Er trägt einen kurzen Kinnbart. Alles in allem ist er - zumindest für mich - rein äußerlich - kein auffallend attraktiver Mann, aber nicht unsympathisch. Er strahlt Ruhe und auch eine gewisse Harmlosigkeit aus. Seine Barthaare erinnern mich daran, wie es sich anfühlt, über solche kurzen Haare am Kinn zu streichen. Ich benutze das Detail als Stichwort für meine Phantasie und ignoriere den Rest seines Gesichts. Er hat eine Brille auf, wie viele heutzutage, mit einem massiven, dunklen Gestell und irgendeine Kurzhaarfrisur, die ich nicht näher beschreiben könnte, ich habe nicht darauf geachtet. Das ist mir aber alles nebensächlich. Als ich noch so versunken den Bart fühle, der gerade über das Stadium hinausgeht, wo Barthaare noch kratzen, was sie tun, wenn sie kürzer sind, hält die S-Bahn. Berlin Hauptbahnhof vermutlich, aber ich bin mir nicht sicher. Irgendeine Station auf der Strecke. Ich bemerke das Halten nur, weil Fahrgäste aufstehen, um zur Tür zu gehen. Eine blonde Dame, ca. Mitte oder Ende Fünzig hält inne, bevor sie an mir vorbei zur Tür geht, als sie sieht, dass der Mann einen kleinen Hund hat, den ich auch schon registriert hatte, ein sehr hübscher Jack Russell Terrier, der sich ganz ruhig verhält. Ruhiger Mann, ruhiger Hund. Dann wechselt Ihr Blick zu meiner Tasche, die genau gegenüber vom Hund auf dem Boden steht, und wieder zum Hündchen. Das Fell des Tiers und das Fell meiner Tasche sehen zum Verwechseln aus, es sticht richtig ins Auge. Mir fiel es auch schon auf. Weißes, kurzes Fell mit großem schwarzem Fleck. Die Frau ruft animiert: "Die Tasche sieht ja aus wie der Hund!" und lacht auf dem Weg zur Tür. Ich sage: "Das ist aber eine Kuh!" Der Hundebesitzer blickt auf und lächelt mich amüsiert an. Ich bin aus meinem Traum erwacht und wieder in der S-Bahn. Ich frage ihn - weil ich mich mit Hunderassen nicht auskenne - ob der kleine Hund schon ausgewachsen ist, oder ob es ein junger Hund ist. Er wird gesprächig und erklärt mir, es sei sogar schon ein ziemlich alter Hund, sieben Jahre und demzufolge ausgewachsen, der bleibt so. Eine Hündin im übrigen. Und sehr ruhig, immer. Ich bin überrascht, dass es ein alter Hund ist, er guckt so jung aus der Wäsche. Bildhübsch. Er würde wirklich gut zu mir und meiner Tasche passen, je länger ich ihn ansehe, umso hübscher finde ich ihn. Oder sie. Es ist ja eine Hündin. Dass diese Art Hund in Australien als Jagdhund für die Fuchsjagd gezüchtet wurde, erklärt mir das Herrchen, die mussten so klein sein, um in den Fuchsbau schlüpfen zu können, ein großer Hund würde da ja gar nicht reinpassen, in so einen Fuchsbau. Ich sage Sachen wie "ach!" und "interessant!". Was man so sagt. Der Mann links von mir macht nun auch eine fachliche, aber eher witzig gemeinte Bemerkung über den Hund, so in etwa "wenn das eine australische Züchtung wäre, ob der dann nicht auch einen Beutel haben müsste?" Ich freue mich, dass es tatsächlich einmal wieder zu einer kleinen Unterhaltung unter Unbekannten in der S-Bahn gekommen ist. Unsere neu hinzugestiegenen Sitznachbarn auf der anderen Seite beteiligen sich indirekt auch an der Konversation, indem sie merklich aufmerksam zuhören und interessiert nicken.



Es ist ein richtiges kleines Schwätzchen. Ein etwas älteres Paar. Sie haben den durch die aussteigende Dame initierten Gesprächsauftakt gar nicht mitbekommen, und können daher nicht wissen, dass der Mann und ich uns nicht kennen, es nur daran ableiten, dass er Dinge erklärt, die man wahrscheinlich nicht erklären müsste, würde man sich kennen. Das ältere Paar steht auf, um auszusteigen, da erst registriert die Dame meine Tasche, sie war vorher wohl nicht in ihrem Blickwinkel, und ruft fast dasselbe wie die aussteigende Dame von vorhin: "Die Tasche passt ja genau zu dem Hund!" Der Mann und ich müssen lachen. Ich sage: "Genau das hat gerade eben schon eine andere Dame gemeint, vielleicht sollte ich ihn ja einfach mitnehmen. Wäre ja schon ein sehr schönes Accessoire, so ein kleiner Hund!" Das Paar geht lachend zur S-Bahntür. Es ist heitere Stimmung im Abteil. Als ich anfing zu plaudern, wunderte ich mich, wie heiter ich mich anhöre, und die Stimme ein bißchen rau, als hätte ich am Abend vorher geraucht, was gar nicht der Fall ist. Ich bin regelrecht kommunikationsfreudig. Offenkundig weit mehr als ich mich fühle. Auch gestern Abend fiel mir auf, wie vorbehaltslos ich den einen jungen Musiker auf der Bühne angequatscht habe, vor seinem Auftritt da im Nhow, bei der Eröffnung von Olaf Heine. Fast schon überbegabt, das hat man schon beim Soundcheck gehört. Knapp zwanzig vermute ich. Viele Bilder gemacht, seine Band, die aber nicht dabei war, heißt RAZZ, er ist alleine aufgetreten, nur Gitarre und Stimme. Niklas Keiser heißt er und ist wohl auch der Frontmann. Beeindruckend auch seine Stimme und seine Songs.



Danach gab es einen Act mit dem Namen Lions Head, ebenfalls überraschend hörenswert, zwei Männer, ca. Ende Zwanzig, Ein Keyboarder, der auch backing vocals macht, etwas im Hintergrund, und im Bühnenfokus der Sänger und Gitarrist Iggy mit einer überaus impulsiven, sinnlichen Körpersprache und einem sexy Grinsen. Der ganze Körper war Musik. Auf einigen Bildern, die ich von ihm gemacht habe, sieht er aus, als ob er gerade Sex hat. Völlig hingegeben, lustvolle Mimik, gänzlich unaufgesetzt. Bei einer Nummer gingen die Beats gehörig in den Unterleib, und nicht nur, weil ich zu nah an der Bassbox stand. Auch der Wein war recht gut da im Nhow, schöner erdiger Rioja. Nach den beiden sehr gelungenen Live Acts hat Fanta Michi Beck gemeinsam mit seiner Frau aufgelegt. Ein richtig gutes Paar. Schon ewig zusammen, die hatten echten Spaß mit ihren beiden Rechnern am DJ-Pult. Man sah die langjährige Vertrautheit, die Intensität der Kommunikation, die zwischen beiden herrscht, ob mit Blicken oder Worten. Ich habe die beiden ganz gut eingefangen. Mit derart vielen Bildern habe ich einige Zeit zu tun. Es war ein richtig guter Abend. Die Gäste spürbar musikaffiner als das übliche Publikum bei Ausstellungseröffnungen. Ist aber bei dem Ort und Fotografen auch nicht weiter verwunderlich. Ziemlich voll, viele kannten und begrüßten und herzten sich. Der Abend lockte sicher auch die angereiste Echomeute. Im Taxi zurück wollte der jüngere Fahrer wissen, was das für eine Veranstaltung war, da er durch die Scheibe sah, dass es doch ziemlich voll war. Ich erklärte es ihm. Er erzählte während der Fahrt von der Stralauer Allee, dass er während der Berlinale wieder festgestellt hat, dass die 'wirklichen' Treffpunkte der Jury nie in der Zeitung stehen. Es gäbe da so eine kleine Bar in der Gneisenaustraße an der Ecke Soundso (und zückte sein smartes Phone, um mir in google maps die Ecke zu zeigen) und da wären die immer alle gewesen. Jeden Abend. Meryl Streep immer sehr freundlich. Hat man ja auch nicht anders erwartet. Na ja, was Taxifahrer eben gerne so erzählen, wenn man zum Plaudern aufgelegt ist. Sehr nett. War ein schöner Ausflug.

9. august 2007

man könnte den laden auch dicht machen. die fensterläden herunterklappen. zuklappen. dicht machen. nicht aufhören, nur nicht mehr öffentlich. wie sich alles verändern würde. ob? dann eines tages wieder aufmachen. von zeit zu zeit. nach lust und laune. dann gäbe es wunderbar unaktuelle dinge zu erfahren. immer an der halbwertzeit entlangschreiben.

ich weiß gar nicht, was sich verändern würde, beim schreiben. die bilder nicht. würde ich undiplomatisch losschimpfen? den letzten opportunismus fahren lassen? wie mir jenes communitygedöns mit seinen herdentrieben manchmal zum hals heraushängt? und mir doch einzelne darunter lieb und teuer sind? wie unerotisch ich texte über vermeintlich erotisches finde? wie mich der unheimlich politisch aufgeklärte blogger-jugend-club mit seinen spaßaktionen langweilt. willkommener anlass zum gähnen für die, die die welt wirklich bewegen.

wenn man jemanden oder etwas verändern will, muss man das system, nach dem er oder es funktioniert studieren. begreifen. verinnerlichen. das ist ein magischer akt. alles andere ist kinderkram. man kann nichts und niemanden in die eigene richtung lenken, wenn man nicht gelernt hat, das fahrzeug zu fahren. man wird niemals jemanden ändern, dem man nicht den respekt zukommen lässt, den er braucht. das ist die absolute basis. man muss seine feinde zutiefst respektieren und ihre waffen studieren.

zu viele buchstaben, zu wenig erde. und wieder ach. ich selbst bin nicht in der lage, meine wunden aus der nähe zu zeigen, nicht einmal die narben. zu privat. was verlange ich eigentlich. wahrscheinlich die wenigen verwandten seelen, die so selten zueinanderirren. und dann mache ich doch weiter, auch wenn so vieles gegen eine unreflektierte, lautlose wand läuft. ungespiegelt. scheinbar. wo sind die eitlen, die sich hinstellen und sagen, ja, das bin ich - und wie. du bist eitel? ich bin eitler als du! ha. du bist ein narziss? selbstverliebt? dass ich nicht lache. schau mich an. DAS ist ein narziss. ich bin es und ich weiß es und ich werde es nicht herunterspielen. das ist reiner selbsterhaltungstrieb.

in sich selbst feuer zu fangen, das feuer in sich einzufangen und zu halten. so alt zu sein ist gut, ist besser. es ist nur schwieriger, idole zu finden. in der jugend fallen sie einem wie goldene sterntaler in die schürze. man reibt sich die augen vor staunen und bewunderung und hofft, dass der glanz eines tages teil von einem selbst wird. später, wenn man einmal groß ist. wenn alles möglich ist. man muß immer aufpassen, dass man das nicht vergisst. dass man doch die sterne vom himmel wollte. immer noch will.

was sind sternstunden anderes, als einem stern zu begegnen. mensch oder tier. der richtigen stimme, dem richtigen bild. dem richtigen ton, oder dem geist einer rebe. ist es nicht so, dass man immer das zeigt, was man selbst braucht? für mich ist das hier eine schöne bescherung. so oder so. mit und ohne zuschauer. aber wie viel mutiger schrieb ich, als es keiner sah.

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26.04.24, 08:42
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