30. Juli 2010



Was für ein unfassbar schöner Sommer. Die Abende sind so lau, immer weht ein ganz sanfter lauer Wind durch die Gassen möchte man schreiben, aber man nennt die kleinen Straßen in Berlin Mitte nicht so. Nicht einmal die "kleine Auguststraße". Ich wohne ja außerdem in der großen Auguststraße. Ich bin sehr dankbar in diesem Sommer, dass ich ihn so unbeeinträchtigt (bislang...) von Atemnöten erleben darf. Ich stehe davor, wie vor einem Wunder. Heute sagte ich zu einer Freundin, weißt du, ich habe in der letzten Zeit etwas sehr Interessantes gelernt. Dass man einen Tiefpunkt, was es auch immer sei, eine seelische Krise viel besser bewältigen kann, wenn man sich mit äußerster Aufmerksamkeit um sein körperliches Wohl kümmert, um die physische Stabilität, nicht alles hinschmeißt, gerade dann kein Schindluder treibt. Den Körper mit Überfluss an Gutem verwöhnt. Dinge wie viel Schlaf, geschmeidige Bewegungen, sich einzubalsamieren, gute Sachen zu essen, Nahrung, in der noch Leben ist, guter Wein, guter Champagner, gutes Gras. Aber nicht in einem dekadenten Maß, dass es ins Schadhafte kippen könnte. Diese Balance lernen und zelebrieren. Gestern Abend zum Beispiel, bevor ich wegging, ein Glas Veuve, ein bißchen homegrown, aber nur eine ganz kleine Zigarette. Später beim Konzert, ein großes Glas Wasser, Matthias und Stefan scherzten noch, geh weg mit dem Wodka! Sie trauen mir nicht zu, dass ich Wasser trinke. Dann drei Gläser Beaujolais. Aber nicht mehr. Das war die Grenze. Danach nur noch ein, zwei Gläser Wasser zuhause. Es hat mir nicht geschadet. Der pflegliche Umgang mit dem Körper wirkt auf die Psyche, weil dann die irrtümliche, fatale Schlussfolgerung, die ich früher hatte, nicht mehr passiert, dass es mir auch körperlich schlecht ginge, weil ich in einer seelischen Krise bin. Das stimmt gar nicht. Wenn ich morgens tief ausgeruht aufstehe, kommt mir all das, was mein Herz umtreibt, nicht mehr ganz so schwer und unüberwindbar vor. Das Gefühl von körperlicher Stärke bestärkt die Vorstellung von psychischer Kraft. Die Berge versetzt. Kraft verleiht, die über den Körper hinausgeht.

30. Juli 2010

Man sollte die nächtlich trunken verfassten sentimentalen Texte auch als sein eigener Leser nur nachts lesen, wenn man selbst wieder trunken und sentimental ist. Also einfach bis heute Nacht übergehen. In der S-Bahn gerade Bilder gesichtet. Ganz viele gelöscht. Ein paar bleiben. Gar nicht so wenige. Ich hatte einen guten Winkel, von unten, die Kamera fast auf dem Boden, vorne, am Rand der Bühne. Das Licht fiel direkt ins Gesicht, und flutete die Linien, hellte alles auf, löschte ein paar Spuren der Jahre, die mir gestern und die letzten Male mehr auffielen als sonst. Beim Löschen fiel mir auf, dass es immer Bilder waren, auf denen man die Augen sieht. Wirklich schöne sind aber auch dabei. Aber auf allen schönen von gestern Abend sind deine Augen geschlossen. Der Ausdruck in den Augen ist es, der dem Bild die Magie, den Zauber gibt. Bei hingebungsvoll geschlossenen Augen stellt man sich automatisch ein beseeltes tief dunkel blickendes Auge vor, hinter dem schützenden Augenlid. Man kann gar nicht anders. Ich mag klare Augen, wache, tief und warm blickende Augen, mit einem starken gesunden Kontrast von Weiß und weit geöffneter Pupille. Die vergrößerte Pupille ist ein Zeichen der Hingabe an den Augenblick, die Gegenwart. Wenn sich Menschen sehr wohl fühlen, vergrößern sich die Pupillen. Auch im Zustand der Verliebtheit, bei Erregung. Es ist auch ein Zeichen von großem Vertrauen. Deshalb haben kleine Kinder so oft riesige Pupillen, auch wenn es hell ist. Sie träumen noch, denn keiner reißt sie aus ihren Träumen, wenn sie noch sehr klein sind. Niemand fordert rationales Verhalten von einem Säugling. Normalerweise verkleinern sich die Pupillen bei Helligkeit sehr stark. Ein Schutzmechanismus. Wenn man aber sehr entspannt ist und vertraut, weiten sie sich selbst in der strahlenden Sonne. Und dann gibt es so seltsame Exemplare wie mich, die überwiegend sehr weit geöffnete Pupillen haben. Viele denken, ich hätte sehr dunkle Augen, aber das stimmt nicht. Meine Augen sind blau, so ein taubenblau. Ich bin nicht so sehr vertrauensselig, aber ich bin innerlich meistens auf so einem verträumten Level, das der Psycho-Analytiker als Alpha-Zustand kennt. Dieser irrationale Zustand wie kurz vor dem Einschlafen. Das ist mein natürlicher Grundzustand. Ich verhalte mich ganz normal und kann mich sachlich unterhalten, aber parallel läuft immer ein intensiver Traum-Bewusstseinstrom, in dem ich mich eigentlich aufhalte. Unausgesetzt. Das andere ist nur Show. Für die soziale Kompatibilität. In Wahrheit träume ich die ganze Zeit. Nico hatte das auch. Darin sind wir verwandt. Das habe ich gleich bei ihr erkannt. Wir träumen uns durch unsere Tage, unser Leben. Und wir werden nur vollständig wach, wenn sich das Traumhafte in der Wirklichkeit manifestiert. Dann sind wir ganz da.

30. Juli 2010

(nur nachts und betrunken zu lesen)

wie weit weg du bist
und wie egal es dir (scheinbar) ist

ich hatte einen Satz im Kopf
und ich glaube, er reimte sich sogar
aber ich hab ihn vergessen
irgendwas mit checken

was war es
was war es nur
trunken. ich ... wie kann das sein....
es kann so sein.... denn auch oft,
sehr oft, wenn sich die Dinge dem Ende neigen,
den Enden neigen, tun sie es,
weil die Kraft versiegt
oder in andere Wege fließt,
manchmal noch ein Schimmer,
eine Erinnerung,
an das Furiose, das man so gerne so lange gehabt hätte...
er, der Fotograf, der dich zum ersten mal sah und bewunderte.
Und ich, die ich dich zum hundersten Mal sah.
Mit Erinnerung,
mit Bildern im Herzen von unsagbarer Intensität.
Und nichts, kaum etwas kam dem gleich.
Aber für ihn war selbst das heute Abend furios genug.
und sei dir gegönnt.
Und beschieden.
Aber ich sehe die Entfernung. Entfremdung...
Das bloggt man nachts. Spät.
Nachdem man
Ich nach Hause kam.
Und ... ja - - - ein prägnanter Satz war da in meinem Kopf,
den ganzen Abend, nachdem ich ging.
Ich suche nach dir, den ich kannte.
Du entgleitest, bist irgendwo,
wo du nicht mehr zu fassen bist.
Nichts Wesentliches von dir.
Nicht mehr in Bildern einzufangen.
Ich sehe, wie du arbeitest.
Hart sogar.
Aber das Spiel ist vorbei.
Ist zu Ende. Unser Spiel.
Nur noch Erinnerung.
Wenn ich Glück habe,
erhasche ich einen Abglanz der Erinnerung.
Ich werde ihn festhalten.
Und bewahren. Und erinnern.
Für immer.

28. Juli 2010



Niki et Jean reloaded. Autobiographically. Cidre. Niki et Jean, Film. Patti und Robert, Buch. Leicht zu verstehen. Schwer zu begreifen. „Ich habe immer davon geträumt, in einem Werk von mir zu leben“ sagt Niki gerade. Der Film läuft. Es ist so wertvoll, wenn jemand weiß, was einem etwas gibt. Nicht jeder kann mir einen Film schicken, den ich mir ansehe, noch am selben Abend. In der Welt von Niki und Jean bin ich zuhause. Niki und Jean. Patti und Robert. Gestern kam das Buch. Nein, nicht das da oben von Niki und Jean. Das andere. Von Patti. Aber gerade läuft dieser Film und ich kriege das alles nicht mehr auseinander. Es gehört zusammen. Niki und Jean. Patti und Robert. Ich las vor dem Schlafengehen etwa zehn Seiten. Ich musste bei jedem zweiten Satz weinen. So geht das nicht. So kann man nicht lesen. Ich legte das Buch in meine Tasche. Meine Ramones-Tasche, in die mein Beamer passt. Niki und Jean. Robert und Patti. Am Anfang sein Tod. So fängt das Buch an. Ich blättere zu den Bildern. Die Bilder tun mir weh. Just kids. Ich schlage das Buch zu, lege es in meine Tasche, für morgen, für heute. Meine Ramones-Tasche. Ein anderes Buch liegt daneben. Weil ich nicht wissen kann, ob ich es aushalte, in Pattis Buch zu lesen. Oder mich lieber ablenke. Mit den Beschreibungen von Hildes Lampenfieber in der Philharmonie. Den Studioaufnahmen. Den Erinnerungen an analoge Aufnahmen in einem Berliner Tonstudio. Mittags. In der Sonne. Ich lese über die Tonaufnahmen. In der Tasche liegt Pattis Buch. Irgendwann lese ich weiter. Halte ich es aus. Aber nicht unterwegs. Das wird schwierig. Ich hasse verlaufene Wimperntusche. Niki sagt, es gab Rivalität. Aber wir haben immer miteinander gespielt. Sie kannten sich vier Jahre. Waren befreundet. Dann änderte ein Abend diese Verbindung. Zwei Tage später zog sie zu ihm. Niki und Jean. Patti und Robert. Ich hab diesen Film nicht bestellt. Er flog mir heute zu. Von jemandem, der auch die Geschichte von Robert und Patti kennt. Gut kennt. In seinem Brief dazu schreibt er mir, schreibst du mir „(...) schicke ich diesen schönen kleinen Film über ein großartiges und großartig charmantes Künstlerpaar (...)“ Da hat sich jemand was dabei gedacht. Ich weiß das sehr zu schätzen. Bin gerührt. Wie meistens, in diesen Tagen. Tut vieles gut und weh. Zugleich.



An einer Stelle im Buch schreibt Patti, dass Fred zu ihr sagte, ich weiß nicht, wie er (Robert) das macht, aber ich sehe auf allen Bildern, die er von dir gemacht hat, ihn. Ich weiß, was er meint. Ich verstehe das alles. Viel zu gut. Schmerzhaft. (u. ewig). Ich dachte gestern Nacht und heute, ich kann das Gefühl nicht in Worten greifen. Aber es durchflutet mich. Egal, ob ich Worte dafür finde.

28. Juli 2010

Die Freundin zum Lachen bringen, kann glaube ich auch als gute Pfadfindertat gelten. Schade, dass man sich so gar keine Notizen beim Telefonieren macht. Seit sie auch bloggt, ruft sie gelegentlich durch's Telefon "Du musst das bloggen! Sofort!". Ich blogge es dann nie. Mein Blog-Biorhythmus folgt anderen Vitalitätsströmen, leider. Frau Klugscheisser hat für solche Fälle die sehr vernünftige Rubrik "Sätze, die man sofort bloggen muss" eingerichtet. Ich merke das zwar, wenn mir eine halbwegs amüsante Wendung unterläuft, aber wenn man es dann schreibt, ist es leider meistens nicht mehr annähernd so lustig, wie im Kontext launig trunkenen Palavers (sie Riscal ich Veuve). Der Witz basiert ja mitunter auch auf den speziellen klimatischen Bedingungen, die nur in einem hermetisch abgeschlossenen Freundinnen-Parallel-Universum gegeben sind.

Aber damit es festgehalten ist, für dich und die Ewigkeit, meine Liebe: ich habe dich gestern meines Wissens zweimal zum Lachen gebracht. Das erste mal, als ich dir die Geschichte von Berufsmeditierer Langhans und seinem späten Gebrechen schilderte, welches ihn zu der Erkenntnis brachte, dass man nicht nur seiner Geistesvitalität und spirituellen Gesundheit sondern auch seinem Körper eine gewisse Aufmerksamkeit zukommen lassen sollte. Er kam durch ein Gebrechen am Bewegungsapparat wie von Zauberhand (Zeichen und Wunder) plötzlich ganz von selbst darauf, dass er möglicherweise zu viel herumgehockt ist. Bewegung hätte gut getan! Ich verkürzte das am Telefon auf "(...) war dann quasi seine Initiation in die Verkörperung". Das klingt jetzt überhaupt nicht lustig, wenn ich das so lese. Siehst du, deswegen blogge ich solche Sätze eigentlich nicht. Der Satz war natürlich untermalt von gemeinem Lachen und das Wort "Initiation" muss man sich sensibel betont vorstellen. Seitdem turnt er wohl, der Langhans. Haha. Und dann hast du dich noch kaputtgelacht, als ich den schönen alten Begriff "Hofschranzen" aufleben ließ. Das Wort war dir so ungeläufig, dass du sogar dessen Existenz anzweifeltest, aber du wusstest intuitiv sofort, was ich meine. Das war glaube ich der Höhepunkt unseres gestrigen Telefonats. Ich wüsste niemanden außer dir, außer vielleicht noch Jan, der sich dermaßen ungebührlich über meine doch mitunter recht unflätigen Gedankengänge amüsiert. Das macht mich schon recht dankbar. Die Wikipedia-Erklärung hat dir dann auch noch prima gefallen. Es ging natürlich um Monarchie. Ich bin ja Monarchistin.


Foto: Cosmic

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