Oh, oh. Jetzt hätte ich fast geschrieben In Memoriam Neil Young. Aber das macht man ja meines Wissens eher nicht, wenn jemand noch lebt und sogar herumtourt. Sehr spät heute. Ja, ja. Ich weiß.
Ich erzähle noch schnell von meinem Einkaufsausflug. Mein persönlich präferierter Aldi in der Brunnenstraße hat zugehabt, wegen Betriebsversammlung. Bin ich Richtung Moritzplatz mit der U8, gehofft dass der Moritzplatz-Aldi in der Oranienstraße aufhat. Ja, war. In der U-Bahn habe ich mir einen Stehplatz ganz am Ende vom Abteil gesucht, direkt an der Tür, so dass ich mit der linken Seite im nicht einsehbaren Bereich war. Also, dass die aktuell nicht-Schokoladenseite für niemanden zu sehen ist. Ich hab sogar die Brille in der U-Bahn abgesetzt. Ich rede jetzt wieder von meinem heute beim ersten Eintrag erwähnten kleinen, auf hohem Niveau befindlichen Schönheitsproblem, mit der frisch verkrusteten Laser-Wunde. Es war sowieso so voll, dass man stehen musste, es wirkte also keineswegs irgendwie unnatürlich. Das war mir natürlich auch wichtig! Mein Verhalten sollte ganz natürlich rüberkommen. Am Alexanderplatz glaube ich, ist dann ein Pärchen zugestiegen und es war kein Platz zum Aufrücken nach hinten, was ich auch gar nicht wollte, weil mein Platz ja total super für mich war. Die Frau von dem Pärchen wollte dann - sie konnte ja auch gar nicht anders - auch an der Tür stehen bleiben, direkt vor mir, aber sie hat noch ein bißchen Platz gebraucht, damit die Tür wieder zugeht und ich habe es nicht gemerkt, ich dachte, sie wäre gerade auch noch so drin und bin ein bißchen beharrlich auf meiner Ideal-Position in der Ecknische geblieben. Da guckt sie mich groß an und schiebt sich ein bißchen nach hinten, in meine Richtung und sagt: "Mein Ärmel wird sonst aber in der Tür eingeklemmt!". War mir dann auch leicht peinlich und habe entschuldigend pariert "Das ist nicht vorgesehen!". "Eben!" sie darauf. Sind wir friedlich weitergefahren. Am Moritzplatz bitte ich "Ob ich wohl aussteigen dürfte?" "Aber sicher doch!" sie wieder. Und "Aber nicht den Mann mitnehmen!" sie meinte wohl ihren, der auch irgendwie leicht verhakt in der Tür hing. Und ergänzte: "Und den anderen auch nicht! Alle beide nicht! Die bleiben hier!" Und grinst mich an. Ich: "Ich bin hier nicht zum Männer abschleppen, da besteht überhaupt keine Gefahr! Versprochen!" Sie so: "Na denn is jut!". Dann ging die Tür wieder zu, ich hab noch das Gekicher von den Fahrgästen gehört. Dann die Treppe im U-Bahnhof nach oben, Ausgang Ritterstraße Aufbauhaus, ist mir ein Plakat aufgefallen, in fetten schwarzen Buchstaben über dem Gesicht von Judy Winter, die eine schwarze Sonnenbrille aufhat: "Teufel ... Diva" und dann irgendwas mit Hildegard Knef. War ich gleich neugierig und interessiert. Judy Winter scheint wieder auf die Bühne zu gehen mit einem neuen Stück, wo sie dann ja offensichtlich Hilde gibt. Eine super Kombination bestimmt. Gucke ich mir irgendwann an. Super Plakat auch. Also dann Einkaufen, hab alles gekriegt, nur das Klopapier habe ich doch nicht genommen, der Riesenpack mit den zehn Rollen war mir zu sperrig. Das sieht auch einfach nicht aus, so schwer bepackt und dann noch Klorollen unter dem Arm. Das ist auch einfach eine Frage der Silhouette, gerade wenn man zu Fuß unterwegs ist. Und mit Dior-Brille. Auf jeden Fall war die Kassiererin sehr nett, ich habe den Einkauf komplett brillenfrei absolviert, keiner hat mich komisch angestarrt, so muss es sein. Bei der Rückfahrt beim Aussteigen Weinmeisterstraße ist mir dann noch ein zweites Plakat aufgefallen. Es gibt da irgendwo am Alex eine Barbie-Welt-Ausstellung, wahrscheinlich ganz in Pink und da kriegen viele Pickel. Mir ist das eigentlich eher schnurz, ich finde sowas auch kurios, in jeder Hinsicht, aber dann habe ich mir das Plakat genauer angeschaut und die blonde Barbie auf dem in Pink und Lila gehaltenen Plakat hat rechts oben so eine Art Sprechblase, also von Hause aus gehört die zum Plakat, und da war genau in der Größe von der Sprechblase ein Aufkleber drübergeklebt, ganz fein gemacht, in der Typo vom Plakat, auch schön in Lila und Pink, also als ob es so gehört, hat da gestanden:
♥♥SEXISTISCHE♥
KACKSCHEISSE!
so zweizeilig formatiert, damit es auch perfekt in die Sprechblase reinpasst Das war so liebevoll gemacht, da habe ich mich total mitgefreut, wie schön das aussieht. Auch irgendwie viel lustiger und attraktiver als ohne den Aufkleber. Keine Ahnung, was da sonst drin steht, in der Sprechblase. Aber sexistische Kackscheisse ist auf jeden Fall lustig. Ich hab schon davon gehört, dass es feministischen Protest gibt und von dem Ausdruck, aber dass das so putzig gemacht ist, hat mich schon sehr entzückt. Also unbedingt genauer hingucken, wenn Sie mal so ein lilapinkes-Barbie-Plakat wo kleben sehen. Total süß. Dann bin ich heim. Das war mein Einkaufsausflug. Ich war dann auch ein bißchen erschöpft und hab mich hingelegt. Natürlich nicht ohne vorher noch die Sachen in den Kühlschrank zu packen und mit dem neu gekauften zwei-Kilo-Beutel Fee eine Maschine Wäsche anzuwerfen. Nach zwei Stunden Nickerchen bin ich erholt wieder aufgestanden und habe ein bißchen November gebloggt. Heute gibt es keine alkoholischen Getränke. Ich muss noch die Reste von gestern organisch abbauen. Dafür ist Schlaf auch unwahrscheinlich gut geeignet, habe ich gehört. Ich muss natürlich schon wieder zurückdatieren, weil es in Wahrheit schon nach halbeins ist, wo ich das blogge und nicht erst eine Minute vor Mitternacht am achten Juni. Aber das kennt man ja schon von mir. Ich möchte den Tag ordentlich abschließen. Gute Nacht aus Berlin!
Na gut. So richtig viel war ja nicht los, am 18. November. Lässt sich nicht ändern. Wobei der Laden, von dem das Kapuzenteil mit der Adlerschwinge mal war, erwähnenswert war. Oder die Lage. Ich meine, das war vom Miss Sixty in der Neuen Schönhauser. Oder Pussy Deluxe? Obwohl Pussy ist ja ein eigenes Label. Oder links davon? Da waren unter anderem lauter so technomäßige Klamotten am Start, mit Neon drin. Oder ist die ganze Zeit Techno gelaufen? Weiß nicht mehr. Jedenfalls arschcoole Verkäuferin. Ich habe irgendwie so dunkel in Erinnerung, dass sie es geschafft hat, mir das Gefühl zu geben, ich wäre genau die Kundin, die sie am liebsten in ihrem Laden sieht und mindestens so cool wie sie selber ist. Dabei war ich gar keine alte Techno-Braut aus den Achtzigern und Neunzigern. Ich habe erst später, nach Mauerfall Zugang dazu gefunden, besonders nachdem ich mal die Bässe im Tresor im Unterleib gespürt hatte. Aber zurück zu dem kleinen Laden in der Neuen Schönhauser, wo ich das Teil gekauft habe: ich war total von der Behandlung fasziniert. Danach bin ich eindeutig cooler aus dem Laden gekommen, als ich hineingegangen bin. Und auch noch eine Hose gekauft, relativ extravagant, die gibt es leider nicht mehr, zu oft angehabt, kaputt gegangen. Aus Baumwolle in dunklem Anthrazit mit querlaufenden neongrünen Nähten, fast wie von oben bis unten bestickt und lauter Taschen mit vielen waagerechten Reißverschlüssen. Sehr cool und sehr bequem. Die war aber auch wirklich von so einem Techno-Label. Neunundneunzig oder Anfang Zweitausend geholt. Unspektakulär zwar, aber schon auch cool mein graublauer Reißverschluss-Hoodie. Hoodies, die in der Öffentlichkeit getragen werden, dürfen nicht zwei Nummern zu groß sein bei Frauen. Das kommt sonst so couchkartoffelmäßig rüber, anstatt eben mehr so J.LO.esk. Gerade das Label gecheckt: 'Protest'. Ist mir noch nie aufgefallen.
Das muss alles abgearbeitet werden. Auch die Ponchos. Kein Pardon. Nicht, dass mir im Anschluss, wenn alles erledigt ist, ein undokumentiertes Höschen unterkommt. Gibt eine Abmahnung!
Viel getrunken gestern, ich merke den Restalkohol ein bißchen, aber keine bösen anderen Symptome. Guter Wein. Beim Duschen vorhin habe ich meine frisch verkrustete kleine Wunde mit Pflaster und drüber einem Stück Gaffa-Tape vor dem Nasswerden geschützt. Hat gut funkioniert. Als ich mal einen Gipsarm hatte, habe ich immer einen Müllbeutel mit Zugband zum Duschen übergezogen. Aber wenn man die Haare waschen will, kann man schlecht mit einen Müllsack über dem Kopf agieren. Ich setze heute mal eine andere Sonnenbrille auf, wenn ich gleich raus gehe, zum Einkaufen. Meine alte von Dior, die ist besonders groß und verdeckt genau die Wunde, die ich diskret mit Make up betupft habe. Ging auch sehr gut, ist ja schon schön trocken verkrustet. Ich werde die Brille nur mal kurz beim Einkaufen abnehmen. Das ist mir dann doch zu affig, mit der Dior-Brille durch den Aldi zu laufen. Außerdem finde ich es unhöflich, wenn man beim Bezahlen mit der Kassiererin kommuniziert, eine dunkle Brille aufzubehalten. Ich finde, das schickt sich nicht und wirkt arrogant und distanziert, als ob man die Aldi-Kassiererin nur als Bezahlmaschine betrachtet, die nicht verdient hat, dass man sie eines Blickes würdigt. Man kennt sich ja nun auch langsam. Dafür riskiere ich sogar das krustige, notdürftig überschminkte kleine Elend kurzfristig zu offenbaren. Dann schnell raus und wieder die Brille auf. Das sind wahrscheinlich so die Situationen, wo die Prominenten aus der Showbranche besonders froh sind, einen Personal Assistant zu haben, der solche Sachen erledigt, während sie undercover daheim im Penthouse warten, das alles geliefert wird, bis sie sich wieder annähernd den gephotoshoppten Hochglanzbildern gemäß zurechtmachen können. Ich bin da ja auch unwahrscheinlich eitel. Daher die extra extra große Brille. Also, ich muss los. Bzw. mich noch anziehen. Ich werde etwas Unauffälliges wählen, um nicht über Gebühr Blicke auf mich zu ziehen. Also nicht die Federboa und den Hut vom 16. November 2012. Ah. Ich brauche doch noch eine Tasse Kaffee, bevor ich gehe.
Und wenn es darauf ankommt, schreibe ich euch noch zu den banalsten Aufnahmen meinen live stream direkt aus meinem Hirn. Ich wollte nichts mehr bloggen heute. Aber auch nicht schlafen. Gehen. Nicht schlafen gehen. Hier herumgegurkt, da herumgegurkt. Auch bei mir selber. Im Netz. Dem großen, großen Netz. Ohne das ich wahrscheinlich - ja was? Ohne Netz? Ohne Netz und doppelten Boden. Vielleicht hätte man andere Kontaktstrategien entwickelt, erlernt, gepflegt. Per Zufall spielt der Computer Mensch von Herbert Grönemeyer, den ich immer irrelevant fand, bis zu diesem Lied, mit dem Eisbärvideo. Und jetzt kommt es und ich finde es immer noch gut. Nicht nur, weil ich von dem Rotwein getrunken habe, den ich seit einiger Zeit trinke. Seit Bordeaux gefährlich wurde. Ist es nicht großartig, wie die Sätze aus den Fingern fließen, den Fingerspitzen. Die Fingerspitzen tippen die Tasten an, ein Buchstabe entsteht, in Windeseile. Es ist okay. Alles auf dem Weg. Es ist Sonnenzeit, unbeschwert und frei. - - - Und weil er lacht, weil er lebt - - - Du fehlst. Und da war eine Zeit, da dachte ich dabei an jemanden. Aber wie. Auch lange her. Aber wie. Aber wie. Diese Intensität. Was ist daraus geworden. Manchmal verliert man jemanden, wie an den Tod. Das ist hart. Sehr hart. Aber ich habe es überlebt. Mehrfach. Und jetzt trinke ich noch einen Schluck, und lasse diese betrunkenen Zeilen so stehen. Weil er erinnert, weil er kämpft. Weil er mitfühlt, und weil er lacht, weil er lebt. Du fehlst. Laalalalaa. Du fehlst. Und an niemanden dabei denken. Nur an die Zeit. Und das Gefühl. Und dass es auch schön war. Sogar im Wehtun. Im Schmerz. Noch mal zurück. Repeat. Nur das Lied. Nur das Lied. Wo ist das Glas - - - ? Ja, drei Uhr acht. Egal. Scheiß drauf. Man lebt nur einmal. Scheiß auf das Inkarnationsgeschwätz. Und weil er lacht und weil er lebt. Man muss auch dankbar sein. Wer schreibt heutzutage schon noch angetrunkene Blogeinträge? Angetrunken von Zweigelt aus dem Burgenland, vom Weingut Weiss. Histaminfrei. Ich bestelle mir jetzt immer gleich eine ganze Kiste. Demnächst vielleicht zwei. Ein erdiger, charaktervoller Roter. Einem guten Bordeaux am ähnlichsten von allen aus dem Sortiment. Die Weißen waren mir alle zu nett. Egal. Weil er hofft und liebt. Und weil er lacht und weil er lebt. Und so weiter. Wahrscheinlich sollte man das jetzt einfach so posten, ohne querzulesen. Okay. Ja, gut - - - es ist okay, alles auf dem Weg - -
Ausnahmsweise mal keine Kleiderschrankfotos. Man erschrickt ja schon fast und denkt, man ist auf dem falschen Blog. Nein, nein, hiergeblieben! Neulich, am vierzehnten November aus meinem Fenster zur Auguststraße, am Gipsdreieck. Dem linken Fenster in meinem Wohnzimmer. Rechts davon ist die Dachloggia, wo ich mich bald wieder in der Sonne brate, wenn es mir gestattet ist. Dann gibt es noch ein drittes Fenster zur Auguststraße, das ist im Schlafzimmer. Das Küchenfenster und noch eines vom Wohnzimmer (das ist so über Eck, weil ich ja in einem Eckhaus wohne, das wo die Milchbar unten drin ist), gehen zur Joachimstraße, da wo ich auf die Teller vom Hackbarths gucken kann. Ein Haus weiter rechts von den Bäumen, die man auf den Farbfotos sieht, aber nicht im Bild, ist das graue Haus, auf dem oben groß Anwaltsgeheimnis an der Fassade steht, da ist unten das "next to... Kuchi" drin, wo Brangelina am Dienstag mit ihren Kids gefuttert haben. Das ist der von mir aus gesehen hintere Teil vom Gipsdreieck, mit der Gipsstraße. Bitte weiterhin zu bedenken, es handelt sich um Fotos vom November 2012. Jetzt sind alle Bäume schon wieder größer und dicht mit einem schicken Frühsommerkleid bedeckt. Allerliebstes Grün da unten.
Das war dieser Tag. Ich muss leider erkennen, ich habe diese schwarze transparente Chiffon-Hemdbluse mit Kragen, Brusttaschen und Manschetten aus schwarzem Satin nicht angemessen ins Bild gesetzt. Bei diesem Kleidungsstück handelt es sich gewissermaßen um eine Reminiszenz an jene schwarze Chiffonbluse von Yves Saint Laurent, die 1968 Furore gemacht, um nicht zu sagen, einen mittleren Skandal ausgelöst hat. Die amerikanische VOGUE schreibt in ihrem Lexikon, dem Voguepedia, zum Stichwort "Le Smoking" im historischen Abriss der Entwicklungs-Geschichte (und damit der Gesellschaftsfähigkeit und Emanzipation) des Smokings für Frauen unter dem Jahr 1968:
"March: In Vogue, Richard Avedon photographs Penelope Tree in Saint Laurent’s daring transparent bow-necked chiffon blouse, worn with a trim smoking jacket and Bermuda-style tuxedo shorts. Black tights and Roger Vivier’s Mary Jane pumps complete the look. August: A relaxed smoking features a black satin blouse with white satin collar and cuffs, belted with a fringed sash and loose-fitting trousers."
Saint Laurent hat seinen Entwurf von 1968 dieses Chiffonhemds später mehrfach zitiert, was er ja ohnehin gerne tat (gerade in Sachen Damen-Smoking), anders, moderner, neu aufgelegt. Mir ist, als hätte ich mein Exemplar gekauft, nachdem ich eine Fotostrecke in der deutschen Vogue gesehen hatte. Es muss etwa Mitte der Neunziger gewesen sein. Es war jedenfalls eindeutig die Historie in meinem Kopf, als ich meine entdeckte, und ungeachtet des Preises kaufte. Man findet so etwas selten, auch diese Verarbeitung. Die Knopfleiste ist ganz reduziert gehalten, mit sehr kleinen mit schwarzem Satin bezogenen Knöpfen, ganz unauffällig. Ich habe diese Bluse schon oft getragen, allerdings nie ohne Nichts darunter. Bei seiner allerletzten Schau, der Retrospektive, des großen Abschieds von Saint Laurent, trug Naomi Campbell das legendäre Kleidungsstück. Mit Nichts darunter. Versteht sich.