23. Juli 2022









Richtung Museumsbrücke, Hausnummer Königstraße 1, die Königspassage. Nürnberg hat nicht nur Mittelalterflair, sondern ausgiebige Einkaufsmöglichkeiten, Kaufhäuser, Boutiquen, Cafés, eine Fußgängerzone, die Breite Gasse, alle bekannten Markengeschäfte. Es ist keine Kleinstadt, hat aber eine romantisch-gemütliche Patina. Die Königstraße hat noch eine zweite Passage mit Fünfziger Jahre-Charme, die Ostermayr-Passage in der Königstr. 33 - 37. Dort besuchte ich zwei Jahre von 1982 bis 1984 eine Sprachenschule. Sie war in den oberen Etagen, darunter gab es ein zweigeschossiges, elegantes Café, das umgebaut und neu eröffnet wurde, das Café Opera. Ich war nicht da, hatte aber ein Wiederkennen, als ich die Fotos sah. Dort gab es die butterigsten Croissants, wir holten sie in der Pause oder gingen nach Schulschluss hin. In meiner Klasse war die damalige Miss Franken, eine kurvige Blondine mit Solarium-Teint und extrem weißen Zähnen, die sich mehr durch Markenkleidung als durch Sprachtalent hervortat. Wir anderen trugen eher Understatement, gerne Schwarz. Sie ist mir ausschließlich in Pastell in Erinnerung, puderrosa Poloshirts von Lacoste und hellblaue, knallenge Jeans von Fiorucci. Sie war "Popper". Sie hatte mehr Taschengeld als wir, da sie auch modelte und weilte daher täglich im nicht ganz billigen Kaffeehaus mit der runden Balustrade, die beide Etagen verband.

23. Juli 2022







Mitten in der Königstraße, gegenüber der Lorenzkirche, da wo die Karolinenstraße anfängt, steht das Nassauer Haus, ein mittelalterlicher Wohnturm, unten ist eine rustikale Gastwirtschaft. Dieser Turm hat mich noch nie beschäftigt, auch habe ich ihn nie betreten, er ist einfach immer dagewesen. Das Besondere am Blick auf eine Stadt, die man seit seiner Kindheit kannte ist, dass die wichtigsten Erinnerungen ganz wenig mit Sehenswürdigkeiten zu tun haben und sich deshalb auch nur Erinnerungen vordrängen, die einen ganz privaten persönlichen Bezug haben. Das ging mir mit dem Platz vor der Lorenzkirche so, und als ich in Richtung Karolinenstraße blickte, fiel mir sofort und ausschließlich eine mich elektrisierende, aufregende Begegnung ein, die links von diesem Nassauer Haus passierte. Ich schrieb sie auch in mein Tagebuch.



Wenn ich jetzt nicht zu bequem wäre, die Stelle zu suchen, bzw. erstmal das Datum zu verifizieren und dann das entsprechende Tagebuch überhaupt zu finden, würde ich daraus zitieren. So schreibe ich hier jetzt nur, dass ich zwischen 1983 und 1985 im Vorbeigehen einen jungen Mann sah, damals Mitte Zwanzig, der mich stark beschäftigte. Er war nicht allein, seine wesentlich ältere Freundin lief neben ihm. Er stolzierte geradezu über diesen Platz und fiel auch auf, da er sich immer extravagant kleidete. Bis dahin war ich ihm immer im näheren Freundes- und Bekanntenkreis begegnet, in einer Gruppensituation. Von der Freundin wusste ich, da sie immer und überall dabei war, auch als seine Chauffeurin. Ich war völlig aufgewühlt, weil ich mich auf diese zufällige Begegnung (die noch nicht einmal gegenseitig war, die liefen einfach nur vorbei und ich sah sie, sie mich aber vermutlich nicht) innerlich nicht vorbereiten konnte, so wie sonst. Ich spürte überdeutlich, wie stark meine erotisierten Gefühle waren. Obwohl sie mich auch kannten, aber wohl nicht wahrnahmen, hatte ich keinen Impuls sie anzusprechen. Ich war nur an einer Begegnung mit ihm alleine interessiert und hatte keine Lust auf höflichen, zu nichts führenden Small Talk mit seiner mutterhaft agierenden Freundin. Das ist natürlich keine adäquate Geschichte für einen Reiseführer durch Nürnberg für Gott und die Welt, den ich aber auch gar nicht zu verfassen beabsichtige. Für mich einfach reflexartig mit dieser Stelle in der Königstraße, Ecke Karolinenstraße verbunden. Beim Durchsehen der Fotos fällt mir jetzt erst auf, wieviele aufgemalte Sonnenuhren es in Nürnberg an mittelalterlichen Bauwerken gibt.

22. Juli 2022







Letztes Kapitel Hotelflurbilder. Noch einmal gegenübergestellt Jakob Fugger seitenverkehrt in der Hotelbar und Jakob Fugger im Original, auch wieder im Besitz der Alten Pinakothek, aber in Augsburg hängend, und noch einmal ich vor Kaiser Maximilian I., den Albrecht Dürer kurz nach seinem Tod malte, wohl im Auftrag von Jakob Fugger. Das Maximilian I. Bild hängt wieder in Wien im KHM. Albrecht hat erreicht, was er wollte: sehr bekannt werden. Seit über einem halben Jahrtausend beschäftigen sich die Menschen mit ihm und seinem Werk. Auch bei meinen kommenden Fotoalben spielt er immer wieder mal eine Rolle, am Ende werden alle denken, sie waren in Nürnberg und sind mit Albrecht auf Du und Du. Mir kommt er auch schon vor wie ein alter Freund von früher. Komisch, dass er nicht bei der Hochzeit von meinem Neffen war. Vielleicht war er gerade wieder in Venedig und konnte deshalb nicht dabei sein, Albrecht Dürer wurde übrigens nur knapp 57 Jahre alt, er starb sechs Wochen vor seinem 57. Geburtstag. Und ich werde in knapp sechs Wochen exakt genauso alt! Da ich noch Hunderte Fotos aus Nürnberg zu verarbeiten habe, werde ich mir ganz gewiss keinen unzeitigen Abgang gestatten!

22. Juli 2022



Die Sonne tritt soeben in das Zeichen Löwe! Auch im Flur des Hotel Saxx gibt es einen Löwen, natürlich von Albrecht Dürer. Wer hätte es gedacht: das große Tier ist im Original eine sehr kleine Zeichnung, von der vermutet wird, dass sie von Dürer unterwegs bei seiner ersten Venedigreise 1494 mit Aquarell und Deckweiß angefertigt wurde, möglicherweise erst später mit Gold erhöht. Das Pergamentblatt ist nur 12,6 x 17,2 Zentimeter groß. Einen leibhaftigen Löwen hat Albrecht Dürer - soweit bekannt - zu dem Zeitpunkt noch nicht lebendig vor sich gehabt, ebensowenig wie sein berühmtes Rhinocerus auf einer persönlichen Naturstudie beruht. Da es in Venedig aber schon damals an allen Ecken Löwen gab, wird davon ausgegangen, dass ein Markuslöwe seine Vorlage war. Auf der Seite der Hamburger Kunsthalle, die dieses kostbare Pergament seit 1863 im Kupferstichkabinett bei "Zeichnungen, Deutschland, 15. - 18. Jh." verwahrt, finden sich ausführliche kunsthistorische Mutmaßungen und Untersuchungsergebnisse.

22. Juli 2022



Klein im Original und groß im Hotelflur. "OSWOLT KREL 1499" hat Albrecht mit feinem Pinsel in Gold über das Portrait geschrieben. Der junge Mann war der Rechnungsführer der "Großen Ravensburger Handelsgesellschaft" und weilte nur vorübergehend in Nürnberg. Ich gehe davon aus, dass das auch ein Auftragsportrait war. Es ist auf ein Stück Lindenholz im Format 49,7 x 38,9 cm gemalt und der Mittelteil eines Triptychons. Das gute Stück ist seit 1828 im Besitz der Alten Pinakothek in München. Im Dürersaal des Albrecht Dürer-Hauses befindet sich eine hochkarätige Kopie des Triptychons, von 1961 von Andreas Bach.

21. Juli 2022







Ich komme noch einmal auf meine Schlafzimmergenossin, die junge Venezianerin von Dürer zurück. Ich hatte gleich so ein vertrautes Gefühl, aber mir war doch tatsächlich völlig entfallen, dass sie auf dem alten 5-Mark-Schein war. Die viel kleineren grünen 5-Mark-Scheine waren für uns als Kinder etwas ganz Besonderes. Sie waren so selten. Oder es kam uns nur so vor. Man freute sich über jeden, den man im Portemonnaie oder im Sparschwein hatte, viel mehr als über ein 5-Mark-Stück. Sie waren so hübsch und kleinformatig wie Spielgeld und das Mädchen guckte auch nicht so streng und schulmeisternd, man hätte sie gerne als Freundin gehabt. Das fiel mir gestern alles erst wieder ein, als ich mir den Elsbeth-Tucher-Zwanzigmarkschein anschaute, daneben waren auch die anderen Geldscheine abgebildet. Das schöne Portrait der namenlosen Venezianerin ist aus dem Jahr 1505. Das nur 24,2 x 32,5 cm kleine Original hängt seit 1923 im Kunsthistorischen Museum in Wien. Auf dem blaugrauen Zehnmarkschein war ein Mann mit langen lockigen Haaren und ich glaube, wir dachten, das sei Albrecht Dürer, weil es im Zusammenhang mit den Geldscheinen immer hieß, die sind alle irgendwie von Dürer. Hat aber gar nicht bei allen gestimmt. Zum abgebildeten langhaarigen Herrn heißt es: "Bartloser junger Mann" (nach älterer Ansicht nach einem Gemälde von Albrecht Dürer oder Anton Neupauer, nach neuerer Forschung nach einem frühen Bildnis von Lucas Cranach dem Älteren, welches sich in landgräflich-hessischem Privatbesitz befindet und nicht öffentlich zugänglich ist)". Wie auch immer - Albrecht Dürer war schon in meiner Kindheit sehr präsent. Ein "household name" sozusagen.

21. Juli 2022





Im Hotelflur vor Elsbeth Tucher. Das Original "Bildnis der Elsbeth Tucher" aus dem Jahr 1499 von Albrecht Dürer hängt in der Gemäldegalerie "Alte Meister" in Kassel. 1961 bis 1992 zierte Elsbeth Tucher den bundesrepublikanischen Zwanzigmarkschein. Ich kann mich dunkel erinnern, dass ich mich als Kind gefragt habe, womit es die gestreng dreinblickende, humorlos wirkende Frau mit der seltsamen Haube geschafft hat, auf einem Geldschein zu landen, den Millionen Menschen im Portemonnaie haben. Dass es ausschließlich dem ruhmreichen Maler des Auftragsportraits zu verdanken ist, hat mir keiner erklärt. Oder ich habe es vergessen.

21. Juli 2022



Im Frühstückrestaurant vom Hotel Saxx. Auch da habe ich mir ein schönes Plätzchen mit Blick auf den Schönen Brunnen gewählt. Links und rechts von mir saßen Hotelgäste. Es gibt ein großes Buffet und tollen Kaffee, kann man auch nach oben aufs Zimmer nehmen. Hier mein erster Gang mit Obstsalat und Joghurt, danach holte ich mir noch Rührei und Nürnberger Rostbratwürstchen. Ich geniere mich grundsätzlich etwas, in einem Restaurant mit der Kamera zu hantieren. Das war am 1. Juli 2022, danach lief ich rüber zum Rathaus, zum Trausaal, wo geheiratet wurde. Auch weil das Paar vegan lebt, hatte ich keinen starken Impuls, meine Würstchen zu fotografieren. Am nächsten Tag nahm ich mir einen Frühstücksteller und Kaffee nach oben aufs Zimmer, dafür gibt es extra Kaffeebecher zum Mitnehmen. Frühstück gibt es ab ziemlich früh bis elf Uhr. Am Nachmittag wird es zum Nachmittagscafé erklärt, ich vermute dann auch für Laufkundschaft, also Passanten.

20. Juli 2022

















Man sieht mir an der Nasenspitze an: ich war angetan. Eben noch einmal geschaut, wann der Schöne Brunnen im Auftrag von Kaiser Karl IV. erbaut wurde: 1385 bis 1396. Also hat ihn der kleine, 1471 geborene Albrecht Dürer auch schon vor der Nase gehabt, wenn er aus seinem Geburtshaus gelugt hat. Sein Vater war ein sehr erfolgreicher Goldschmied und hatte ab 1468 ein Ladenlokal am Hauptmarkt, ich vermute, da hat die Familie auch gewohnt, und da ist der kleine Albrecht auf die Welt gekommen, da wo ich geschlafen habe! Vielleicht nicht genau unterm Dach, aber wer weiß. Toll. 1475, als Albrecht vier war, hat der Vater ein Haus "in bester Lage" erwerben können, das war vermutlich das Haus in der Bergstraße, zwischen Hauptmarkt und Burg. Also ist der Mini-Albrecht seine ersten vier Lebensjahre hier herumscharwenzelt. Die 1361 eröffnete Frauenkirche gegenüber prägte damals auch schon lange das Bild des Hauptmarkts, also bot sich dem kleinen Albrecht Dürer mehr oder weniger das gleiche Bild wie mir im Jahre 2022. Wie aufregend! Noch toller wäre, wenn die Zimmer einen Minikühlschrank hätten, also eine Minibar, aber der sehr zuvorkommende Herr vom Empfang hat Abhilfe geschaffen, indem er mir für meine Flasche einen großen Kühler mit Eis serviert hat, damit ich meinen Schlaftrunk perfekt gekühlt einnehmen konnte.









19. Juli 2022









Ich begebe mich zurück nach Nürnberg - erinnernderweise. Und zwar zum Hotel, in dem ich die drei Tage logierte. Ich finde logieren klingt etwas gehobener, das wird dem Haus gerecht. Von außen ist es eher eines der unspektakuläreren Bauwerke am Hauptmarkt. Es hat die Adresse Hauptmarkt 17, der Eingang ist um die Ecke, Waaggasse 7. Dieses Sorat-Hotel heißt Saxx und ich nehme an, das ist eine Anspielung auf Hans Sachs, den Meistersinger - aber ich kann mich irren. Der Mann im Entrée, der Richtung Bar schaut, ist aber nicht Hans Sachs, sondern der von Albrecht Dürer um 1518 gemalte "Jakob Fugger, der Reiche". Im Original schaut Jakob Fugger in die andere Richtung, ich vermute, der Interior Designer fand es aparter, wenn er zur Bar schaut, dann kann er auch besser nachbestellen, wenn das Glas leer ist. Jakob Fugger war superreich aber auch supersozial und hat die erste Sozialsiedlung der Erdgeschichte einrichten lassen, wo Arme fast nichts für das Wohnen bezahlen müssen. Die Miete beträgt drei Gebete pro Tag und stattliche 88 Cent Jahresmiete, die Fuggerei in Augsburg. Aber ich schweife ab. Jedenfalls ist das eines der vielen großen Albrecht Dürer-Portraits im Hotel, die sich durch alle Etagen und Flure und Zimmer ziehen. Ich war sehr davon angetan.



Als nächstes bitte ich um Beachtung des Fotos vom Dach, insbesondere der Fenster ganz oben. Rechts sind zwei mit halb heruntergelassenen Jalousien, das waren meine Fenster. Auf einem weiteren Bild präsentiere ich, was es unterhalb der Jalousie durch das Fenster zu sehen gab. Für Menschen, die noch nie einen touristischen Trip nach Nürnberg gemacht haben: ich habe direkt auf den Hauptmarkt und den Schönen Brunnen geschaut. Ganz wundervoller Ausblick. Tatsächlich habe ich genau das Zimmer bekommen, das mir auf den Fotos am besten gefallen hat, im Dachgeschoss in der fünften Etage mit der Zimmernummer 503.





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