23. Oktober 2019



Heute gehe ich früh schlafen, damit ich morgen ausgeruht bin. Ich schlafe nämlich unter der Woche immer zu wenig, weil ich bis in die Puppen aufbleibe. Manchmal nicke ich dann am frühen Abend kurz weg, der Fernseher läuft nebenher und gerade hat sich die Gruppe vom Perfekten Dinner noch begrüßt und ich falle plötzlich in Narkose. Dann blinzle ich kurz und schon werden die Karten mit den Bewertungen hochgehalten und ich weiß nicht, ob es nur 5 Punkte gibt, weil der Wein nicht nachgeschenkt wurde. Kann man dann ja in der Mediathek noch mal anschauen. Mache ich manchmal. Morgen möchte ich gerne nicht um 19 Uhr einschlafen. Ich habe nämlich eine Einladung zur Eröffnung der Van Gogh Ausstellung bekommen, und da will ich mich nicht daneben benehmen, indem ich einschlafe, wenn die Kuratoren was erzählen. Die Gefahr ist ja mitunter auch gegeben, wenn man kein Schlafdefizit hat. Also ich werde mich benehmen und aufrecht sitzen und zuhören. Hoffe, es gibt auch Getränke. Die Eröffnungen im Museum Barberini in Potsdam sind offenbar so gefragt, dass die Museumsleitung eine Art Losverfahren unter den Barberini Freunden macht. Wenn man Glück hat, kriegt man eine Mail mit einer Einladung, und darf eine Begleitung mitnehmen. Vincent Van Gogh hat schon einen einmaligen Blick auf die Welt gehabt. Das ist immer wieder magisch und ergreifend, weltberühmte Bilder zum ersten mal im Leben in Wirklichkeit, ganz aus der Nähe zu sehen. Ich freue mich sehr darüber. Und jetzt gehe ich schlafen.

23. Oktober 2019



Liebes Tagebuch,

heute ist ein besonderer Tag. Ich habe eine handgeschriebene Postkarte bekommen. Auf der Vorderseite ist ein Foto von einer Wand mit Efeu, und in der Mitte ist ein gelber Postbriefkasten mit Schlitzen. Auf der linken Klappe steht "Rechnungen", auf der rechten Klappe steht "Liebesbriefe". Ich habe mich sehr über die Postkarte gefreut. Sie kommt aus MUC! Die Absenderin fliegt dauernd um die Welt und sieht bestimmt öfter die Aufschrift MUC als Ortsschilder auf Straßenschildern.

Wenn man von oder nach Tegel fliegt steht da glaube ich immer TXL, ich weiß gar nicht, woher das X kommt. Ich bin auch schon von und nach Schönefeld und Tempelhof geflogen, habe aber vergessen, wie da die Abkürzungen sind, zu lange her. Viel zu lange. Na ja, von Tempelhof kann man ja nicht mehr fliegen. Und wie der neue Flughafen irgendwann mal heißt, weiß ich nicht, da war ich noch nie. Ich fliege total gerne, ich warte aber nicht gerne auf den Abflug. Aber wenn der Flieger auf der Startbahn Tempo aufnimmt, werde ich immer ganz aufgeregt und euphorisiert. Ich habe richtige Glücksgefühle. Angst habe ich noch nie gehabt, über den Wolken.

Mir tun die Menschen leid, die Panik kriegen beim Fliegen. Sie sagen immer, es wäre die Angst vor dem Kontrollverlust. Ich verstehe das nicht, weil man ja auch in anderen Zusammenhängen keine technische Kontrolle hat. Zum Beispiel habe ich keine Kontrolle über Schwachstellen im Stromnetz von meiner Wohnung. Ein Kabelbrand könnte sich entwickeln und die Bude abfackeln. Es könnte schon brennen, wenn die Sicherung rausgeflogen ist. Man könnte als Gast im Taxi fahren und ein Geisterfahrer kommt einem entgegen und rumms und aus und vorbei.

Mir sind Straßenbahnen viel unheimlicher als Flugzeuge. Wenn man träumt und über die Straße geht und die Tram schafft die Bremsung nicht rechtzeitig, das ist kein schönes Bild. Das quietscht auch so furchtbar. Mir ist das einmal fast passiert. Ich habe geträumt, bzw. war ich in Gedanken, nicht schönen, traurigen. Und bin wie ein Roboter am Hackeschen Markt Richtung Rosenthaler über die Straße, von rechts kam gerade die Tram und hat eine Vollbremsung hingelegt. Ich bin so erschrocken und habe mich geschämt. Weil ich fast einen Menschen ins Unglück gestürzt hätte. Den Fahrer meine ich. Die Menschen, die mir nahe stehen natürlich auch.

Seitdem warte ich immer ganz artig und aufmerksam bis es grün wird, da wo Straßenbahnschienen sind. Es ist eine unübersichtliche Ecke, da am Hackeschen Markt. Da habe ich großen Respekt. Aber Fliegen ist bis jetzt noch nicht durch dumme Erlebnisse belastet.

Ich will auch eine Postkarte zurück schreiben. Es ist so etwas Besonderes geworden. Ich habe eine Schachtel mit ganz vielen unbeschriebenen Postkarten, ich werde eine davon auswählen. Briefmarken hab ich auch.

21. Oktober 2019



In ein Tagebuch gehört auch das letzte Tanzvergnügen. Ich war ja gestern Abend erstmalig im SilverWings Club im Tempelhofer Flughafen, wo von 1953 bis zum Rückzug der Allierten, die Bediensteten der amerikanischen Schutzmächte und der amerikanischen Luftwaffe gefeiert haben. Der Club hat eine denkmalgeschützte Innenausstattung. Der Bequemlichkeit halber zitiere ich mich selbst, einen Kommentar von heute Vormittag unter meinem gestrigen Eintrag:

"(...) In manchen Sitzecken, besonders einer hinter der Wabentrennwand kommt man sich vor wie in einem alten James Bond Film. Die Innenausstattung sieht eher nach Sechziger/Siebziger aus. Vielleicht haben die Alliierten nach der Eröffnung 1953 auch mal nach zwanzig Jahren renoviert. Steht aber unter Denkmalschutz. Zum Glück ist die Musikanlage nicht aus der Zeit, der Sound ist gut zum Tanzen. Auch ein schöner Mix aus alten Knallern und dem Besten der Neuzeit. Großzügige Räume. Es gibt zwei Tanzflächen, die größere ist Nichtraucherbereich, die zweite abgetrennte, auf der dieselbe Musik läuft, ist für Raucher. Wir waren recht früh da, so Viertel vor Zehn, da war es schon gut besucht mit älteren Semestern meiner Generation, mit jeder weiteren Stunde wurde es voller und das Publikum und auch die Musik jünger. Habe ein Tonic und zweimal Sekt und Selters bestellt. Um zwei Uhr war ich rechtschaffen müde. Lydia hätte noch weitertanzen können. Ich muss an meiner Kondition arbeiten. Dafür ist der heutige Tag nicht komplett mit Ausschlafen verloren, hab auch keinen Kater. Man kann den Club tatsächlich mieten, wenn man aber nicht weiß, dass es alte Inneneinrichtung ist, könnte man denken, das es sich um Retro-Chic aus den Siebzigern handelt, also kein Fünfziger Jahre Flair. Wobei die Waben-Deko tatsächlich uralt sein könnte. Und manche Lampe, die Schummerlicht verbreitet. Überall ist es schummrig, so soll es sein! Der "Ma Baker Club", der gestern statt fand, ist ein Denkmal für sich. Ein über 25 Jahre altes Partykonzept in wechselnden Locations, jetzt regelmäßig einmal im Monat im Silverwings. Es gibt noch eine zweite Partyreihe dort, die heißt "Eis am Stiel", dort wird konsequent nur Fünfziger und Sechziger Jahre Musik aufgelegt, Mit Rockabilly Dresscode, aber nicht streng. Habe ich auch mal Lust drauf. Mit einem gepunkteten Kleid ist man da immer richtig angezogen, denke ich mal."

Was ich in dem Kommentar unterschlage habe, waren die Annäherungsversuche. Also nicht von uns, sondern an uns. Besonders zutraulich war ein Visagist, wenn ich ihn richtig verstanden habe (er konnte nicht so gut Deutsch). Die Musik hat natürlich auch einen gewissen Pegel, so dass man auch jemanden oft schwer versteht, der unsere Amtssprache vollendet beherrscht. Ich habe aus seinen Worten herausgefiltert, dass er zwischen Istanbul und Berlin pendelt, wo er jeweils einen Laden hat. Möglicherweise hat er aber auch etwas ganz anderes erzählt. Ein netter junger Mann, der mich mit glänzenden, ja ich möchte sagen funkelnden Augen betrachtete. Ich schätze mal Anfang Dreißig.

Für mich ist es immer etwas anstrengend, eine Unterhaltung zu führen, bei der man jedes Wort in verschiedenen Betonungen wiederholen muss, damit sich die Chance erhöht, dass das Gesagte verstanden wurde. Zum Glück raucht Lydia, so konnte er wenigstens seine angebotenen Zigaretten an die Frau bringen. Mir war nicht nach Rauchen, ich praktiziere das nur nach Lust und Laune. Er stellte sich sogar mit Handschlag und Namensnennung vor, ganz artig. Auch sein Freund wurde namentlich vorgestellt, daraufhin stellten auch wir uns namentlich vor. Da die Konversation dann etwas ins Stocken geriet, tanzten Lydia und ich wieder eine Runde.

Die Musik war tatsächlich gut ausgesucht, man hatte richtig Lust, sich zu bewegen. Auf einmal war unser Kavalier aus Istanbul weg, aber nicht auf der Tanzfläche vom Raucher-Bereich. Egal. Nach noch ein paar Nummern hatte ich Lust nachzuschauen, wie sich die andere Tanzfläche mittlerweile entwickelt hat, wir gingen nach nebenan. Ich sah schon von weitem unseren Verehrer mit seinem Kumpel, Lydia wohl nicht, sie ging nach vorne zur tanzenden Meute. Ich hingegen bog ab in das interessante Séparée hinter der Wabenwand, die mich immer wieder an Dalli Dalli erinnerte. Da saß ich eine Weile auf der denkmalgeschützten Ledercouch und betrachtete den sehr speziellen Wandschmuck über den Sofas. Der war bestimmt noch aus den Fünfzigern. Seltsame Kupferbilder mit afrikanisch anmutenden Ornamenten. Links und rechts davon je eine aparte Stehlampe mit Leinenschirm, die angenehmes Schummerlicht verbreitete. Ich schaute dem Treiben eine Weile zu.

Nach etwa fünf Minuten kam Lydia und freute sich, mich gefunden zu haben. Sie nahm neben mir auf der Couch Platz, wir tauschten uns ein wenig aus, aber die Zweisamkeit währte nicht lange. Da strahlte uns schon wieder unser Visagist aus Istanbul an, einen dritten Freund im Schlepptau, der uns beiden wohlwollende Blicke schenkte. Schon saßen wir zu viert im Séparée und unser türkischer Freund startete den nächsten Anlauf des Versuchs einer Unterhaltung. Ich lächelte verständnisvoll. Mich hatte er ja schon im Raucherstübchen nach meiner Herkunft befragt. Ich hatte "Berlin" als Antwort im Angebot. "Deutschland?" war die Rückfrage. "Ja, ich bin aus Deutschland."

Nun war Lydia dran. Wo denn nun meine Freundin herkäme, wollte er wissen. Lydia, die links von mir saß, und gerne Späßchen macht, flüsterte mir zu, dass sie ja antworten könnte, sie wäre Griechin, mal sehen, wie er darauf reagiert. Die Türken und Griechen können ja mitunter nicht so gut miteinander, könnte eine interessante Reaktion zufolge haben. Da Lydia weiter von ihm weg saß als ich, antwortete ich assistierend: "Griechenland, Greece!" Er verstand nicht gleich. Ich: "Greek. Aus G R I E C H E N L A N D ." Er: "Ah....!" Möglicherweise hatte er es gar nicht verstanden, das war aus der Folgefrage nicht zu eruieren. Diese war: "Urlaub?" Ich: "Ja, Urlaub! Sie macht hier Urlaub."

Lydia entgleisten die Gesichtszüge, sie musste einen Lachanfall unterdrücken, es gelang nicht. Passenderweise kam gerade ein neues Lied, das den Impuls auslöste, dringend tanzen zu müssen. Wir verließen die beiden Herren im Waben-Séparée und legten eine weitere flotte Sohle aufs Parkett. Ich ging dann recht bald mit meiner griechischen Freundin Richtung Garderobe, um meine Rockerjacke und ihr Mäntelchen auszulösen. Auf dem Weg zur U-Bahn fragte ich sie, wie ihr Deutschland gefällt. Sie fand es recht interessant und möchte gerne noch mehr davon sehen.

19. Oktober 2019

...geht heute tanzen in den Silverwings Club, zur Ma Baker Party! Muss mich noch anziehen.


„Den Silver Wings gibt es seit der Berliner Luftbrücke Zeiten, er hat eine sehr bewegte Geschichte und prägte die Kultur,- und Partyszene unserer Hauptstadt wesentlich, er zählt zu den ältesten noch betriebenen Clubs. Während die US-Armee in Berlin stationiert war, war er ein Airmen- und Offiziersclub der Airforce. Im „NCO Club SilverWings“, spielten Rock ’n’Roll-, Soul- und Country-Legenden (u. a. Johnny Cash) und es gab Cheeseburger mit French Fries. Auf diese Weise holten die amerikanischen G.I.s ihren heimatlichen Lifestyle nach Berlin (…)“

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Margarete 12. November...
13.11.25, 00:01
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12.11.25, 20:04
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