23. August 2015











Wenn es Rosa nicht geben würde, müsste man ihn erfinden. Dabei kann man es eigentlich belassen. Nur vielleicht noch soviel, dass mir kein anderer Mensch der Öffentlichkeit einfällt, der in Interviews so gerne und mit echtem Interesse den Spieß umdreht, oder es zumindest versucht, und seinen Gastgeber im Gegenzug befragt. "Wie ist das denn bei dir? Erzähl DU doch mal! Du hast doch soweit ich weiß, Kinder und bist schon länger verheiratet, wie läuft das denn so bei euch?" Man hat nicht das Gefühl, dass er das macht, um sein Gegenüber zu irritieren. Ich finde es schade, wenn das Potenzial eines durch seine Initiative lebhafteren Gesprächsverlaufs mit einer gouvernantenhaft schulmeisternden Ermahnung abgeblockt wird. Zumal wenn man eine gestandene Journalistin im mittleren Alter ist und sich auf der Bühne mit kess übergeschlagenen Beinen in Fickmich-Schuhen präsentiert. Die sich im Übrigen sehr gut fürs Fotografieren machen. So ist es nun mal leider, manchmal sind die präsentierten Schuhe wilder und provozierender als die präsentierten Gedanken. Aber doch schade, zumal Rosa sehr nett fragt. Er soll noch lange genau so weitermachen. Denn wie ich schon eingangs schrieb: wenn es Rosa von Praunheim nicht geben würde, müsste man ihn erfinden.



20. August 2015








Ich glaube, der Sonntag am Pfingstwochenende. Ungefähr alle fünf Jahre frage ich jemanden, was eigentlich an Pfingsten im Unterschied zu Ostern gefeiert wird. Hat alles irgendetwas mit der Leidensgeschichte von Jesus zu tun, Kreuzigung, Auferstehung, Himmelfahrt. Jedenfalls hat nie jemand auf Anhieb die richtige Antwort und dann gucken wir alle in Wikipedia nach und vergessen es wieder über die nächsten Jahre. Aber dass es einen Oster- und Pfingstmontag gibt, das können sich eigentlich alle ohne Probleme merken. Man ist halt persönlich betroffen. Warum bin ich an diesem Pfingstsonntag, ja ich glaube es war Sonntag, zu diesem Flohmarkt? Ich war unternehmungslustig und auf meiner Ausflugsziel-Liste war keins dabei, das sich für einen Kurzausflug, den man mal eben am Nachmittag über die Bühne bringt, angeboten hätte. Ich schlafe halt gerne aus und trinke in aller Ruhe viel guten Kaffee mit Schlagobers und flaniere durchs Internet und dann mache ich mich zurecht und überlege endlich einmal in geradezu meditativer Versenkung, was ich anziehen könnte. Ziehe mich noch mal um. Und noch mal. So ist es halt. Aber ich mag das, dabei erhole ich mich. Termine nehme ich nur notgedrungen in Kauf, wenn ich dafür bezahlt werde oder es ein konkretes einmaliges Ereignis gibt, das ich nicht versäumen will. Aber wann kommt letzteres schon vor. Mir fiel irgendwo, ich glaube am Alex, ein Plakat auf, dass es diesen Antikmarkt am Ostbahnhof am Pfingstwochenende gibt. Feier der Schöpfung, Feier der Materie!





Ich bin keine häufige Flohmarktbesucherin, aber wenn, dann bin ich voll bei der Sache. Ich habe ja schon so viel Zeug in der Wohnung, eigentlich gibt es keinen materiellen Gegenstand, den ich dringend bräuchte. Aber hin und wieder verliebe ich mich in ein Ding, wegen einer vollendeten Silhouette oder eines besonderen Materials oder der Vereinigung von beidem, das ist der Idealfall.





Und dann ein bißchen feilschen und plauschen und flirten. Ja, auf Flohmärkten wird viel geflirtet. Ein guter Händler lässt sich keine Gelegenheit entgehen, mit einer potenziellen, guten Kundin wie mir zu flirten. Sonst hätte er seinen Beruf verfehlt. Auf diesem kleinen Antikmarkt hinter dem Ostbahnhof war ich noch nie. Er ist sehr sympathisch und es war ideales Wetterchen. Ich fragte immer artig, ob ich dies oder das fotografieren dürfte, denn ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man auf Märkten oder in Läden einfach drauflosfotografiert, wird das manchmal als respektlos empfunden und man erntet strenge Blicke oder die Bitte, das zu unterlassen.




Aber kaum fragt man, wird es mit einem warmen Lächeln erlaubt. Die Händler freuen sich, dass sie höflich gefragt werden und es dann erlauben dürfen. Das ist so ein Spielchen. Zum Beispiel an dem Stand mit dem Radierwasser. Ja! Radierwasser, nicht Rasierwasser. Ich war hin und weg von dem Döschen und dem Gegenstand, auch wenn ich ihn nicht brauche. Noch nie vorher gesehen. Verschlossen stand er auf dem Tisch, der Tintentod. Ich fragte also, ob ich wohl eventuell ein Foto davon machen dürfte und kriegte die Erlaubnis. Ich habe ein Foto gemacht, dann hat er die Dose auseinandergenommen und noch mal neu hindrapiert und mich mit einer Geste aufgefordert, noch mal zu fotografieren.




Das war sehr charmant, er meinte "so sieht man es noch besser, so müssen Sie es auch fotografieren!". So ein Händler hat eben seinen Stolz, es ist sein Revier, wenn auch mitunter nur ein Tapeziertisch. Man muss immer Respekt zeigen, wenn man von jemandem etwas will. Ein heiliges Gesetz. Man will es ja mit Wohlwollen kriegen und nicht hart darum kämpfen. Gekauft habe ich aber unverhoffterweise doch ein paar schöne Dinge, für die ich auch Verwendung habe. Eine Lupe. Meine erste Lupe! Mit einem schönen Horngriff. Einen kleinen Schrankknauf, der ist jetzt an einer Oberschranktür in der Küche. Dann ein Ebenholzkästchen, eigentlich ein Hummidor, aber das Feuchtigkeitsthermometer, ich weiß nicht mehr den Fachausdruck, hat gefehlt. Ich wollte aber nur ein schönes Kästchen aus so einem herrlich gestreiften Ebenholz.







Und innen drin in dem Kästchen war als Überraschung noch ein kleineres, mit dem KaDeWe-Logo eingebrannt, aus einem anderen Holz, das kleine Kästchen riecht ein bißchen wie Sandelholz, ist aber bestimmt was anderes. Da waren mal Zigarillos drin. Ach, das KaDeWe! Mein KaDeWe. Ich liebe es einfach. Und wo ich mit meinem kleinen Rundgang und meinen vielen kleinen Schwätzchen mit den Händlern fertig war und schon fast wieder bei der S-Bahn, war da noch ein letzter Stand mit einem kleinen Brillenetui aus falschem Kroko. Für 1 Euro! Das musste ich haben, das passt genau zu meiner kleinen Lesebrille, die ich fast nie aufsetze. Aber wird sicher noch kommen. Ich will jetzt nicht sagen "time is on my side", sondern eher auf der Seite der Brille. An der Straße der Pariser Kommune kommt man vorbei, wenn man vom Flohmarkt zum Vordereingang vom Ostbahnhof spaziert. Der Name hat mir schon immer gefallen. Es ist jetzt nicht so eine pariserisch romantische Straße, wie der Name anmuten könnte, aber egal. Er klingt gut, er erzählt ja eine ganze Geschichte. Wie die "Straße des 17. Juni". Als Postanschrift macht sich das sicher sehr gut: "Gaga Nielsen, Straße der Pariser Kommune 17". Toll! Hinziehen will ich trotzdem nicht. Aber schön, dass ich mal da bei dem Flohmarkt war. Antikmarkt heißt er ja. War ein prima Ausflug.





Ein Händler hat mir seine Karte gegeben, er hat sogar ein Buch geschrieben über sein Leben als Flohmarkthändler, seine Memoiren. Hab ich jetzt aber nicht griffbereit. Er hat einen besonderen Stand, ihm hab ich das Ebenholzkästchen abgekauft. Aber das war nicht das Besondere, sondern dass er einen Tisch hat, auf dem lauter Instrumente und Werkzeuge, überwiegend aus Metall liegen, die ein normaler Mensch nicht kennt. Teilweise Sachen, Werkzeuge, die es in unserer heutigen Zivilisation nicht mehr gibt. Und wenn man richtig rät, was es ist, kriegt man von ihm irgendwas. Oder was billiger. Lustig war der. Er hatte zum Beispiel ein komisches Teil, wie eine lange Zange. Ich hätte gedacht, vielleicht um Gurken aus einem Fass zu holen, das war aber um geklöppelte Spitzenhandschuhe beim Trocknen in Form zu bringen. Aus Holz glaube ich. Weiß ich aber nicht mehr. Sehr interessant. Die aufgehängte Beinprothese hat mich auch stark fasziniert, so schön aus Leder genäht. Und der runde kleine Ofen. Und die ganz große Puppe. Und ein Bücherantiquar hatte zwei sensationelle Ausgaben von Fibeln mit bösen Zeichnungen auf geschöpftem Papier von George Grosz. Eins war Der Spießer-Spiegel von 1925. Zeitlos schön! Der Markt dort ist regelmäßig, wie viele Flohmärkte in Berlin, man hat also keinen Notstand, wenn einem nach Trödel und Antiquitäten gucken der Sinn steht. Also viele schöne Sachen zu sehen und demzufolge schöner Ausflug!





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