23. September 2012




Fortsetzung Egotrip, sechster März. Wir sehen ein Potpourri von Sonderangeboten. Bis auf die Kamera war, zumindest was ich vordergründig anhabe, heruntergesetzt. Mir ist dunkel, als hätte die Rüschenbluse entweder neunundzwanzig oder neunzehn Euro gekostet. Der Rock ist schon recht betagt und hatte, meine ich, noch einen günstigen DM-Preis, höchstens neunddreißig Mark, war aber vorher nicht billig. Die flauschige Falke-Strumpfhose war nicht im Angebot und die dankbaren Roeckl-Handschuhe auch nicht. Stiefelchen runtergesetzt auf neunundzwanzig Euro. Das Barclay-Samtjäckchen auch, von grob dreihundertfünfzig auf hundertfünfzig, so ungefähr. Sonnenbrille von Rossmann, gut zehn Euro, weiß ich nicht mehr genau. Die Ramones-Tasche hinten auf dem kleinen Bänkchen habe ich zum regulären Preis gekauft, irgendwas zwischen neunundvierzig und neunundfünfzig Euro, was für eine Tasche zwar nicht so rasend viel ist, ich war aber später schwer von der Verarbeitung enttäuscht, die vergleichsweise lausig war, das strapazierunfähige Innenfutter ist bald gerissen und ich habe es komplett entfernt, weil eine Reparatur zu umständlich gewesen wäre. Aber Schwamm drüber, ich nehme das Ding fast jeden Tag, auch ohne Futter, zum Einkaufen und allem, da geht ordentlich was rein. Das Foto verblasst langsam, da wo das Foto am Ärmel scheuert. Aber die Ausgabe hat sich unbedingt amortisiert. Wie auch immer, teuer - billig - egal! Ich habe es ja unlängst erst gepredigt: entscheidend ist nicht, eine Million Dollar auf dem Konto zu haben, sondern wie eine Million Dollar zu gucken! Das ist übrigens das Geheimnis, warum waschechte Louis-Vuitton-Taschen bei nicht wenigen Damen wie Fälschungen vom Polenmarkt aussehen. Ein klitzekleines bißchen zu viel bling-bling. Erinnert sich noch jemand an diese Münchner Taschenmarke MCM? Louis Vuitton für Arme dachte man immer, obwohl die Sachen nicht billig waren. Ich glaube man hat dann auch schnell von Nutten-Täschchen gesprochen, wenn jemand mit Zubehör der Marke herumlief. Ich bin mir nicht sicher, ob Louis Vuitton zwecks Ehrenrettung nicht vielleicht eine Weile nur noch Schrankkoffer im Marlene-Dietrich-Format produzieren sollte. Ich wollte kein Täschchen für unterm Arm mit Logo-Tapetenmuster haben. Nicht für Geld und gute Worte. Aber Schrankkoffer schon.

23. September 2012



Montag, 5. März 2012. Das sieht mir doch noch nicht nach Frühlingswetter aus. Den braunschwarzen Zebrafake-Rock hatte ich auch in schwarzweiß, daraus habe ich Bezüge für meine beiden Küchenstühle gemacht. Hier angucken. Jeden Tag erfreue ich mich daran! Müsste ich mal waschen, ist aber Gefrickel, die Bezüge von den Stühlen zu machen. Obwohl, jetzt wo ich es schreibe, nimmt es mich ein bißchen in die Pflicht. Ich möchte ja nicht als Schlamperliese dastehen. Ich bin sehr auf Reinlichkeit bedacht. Nur Bügeln kann ich nicht ausstehen, lieber hänge ich die Sachen klatschnass auf und zurre sie ein bißchen zurecht. So komme ich schon ein paar Jahrzehnte durchs Leben. Weiß gar nicht, wann ich zuletzt ein Bügeleisen benutzt habe. Ich hab eins, für absolute Notfälle. Wenn ich ein Teil aus dem Schrank ziehe, das blöde Falten hat, weil es unvorteilhaft gehangen hat, schmeiße ich es lieber in die Waschmaschine und hänge es dann klatschnass auf. Außerdem ist es dann frisch gewaschen, das fühlt sich immer super an. Ich hätte gerne jemand, der mir die Wäsche macht. Das wäre eigenlich so die einzige Dienstbarkeit, die ich gerne in Anspruch nehmen würde, aber ohne dass jemand zu mir heim kommt. Ich würde die Sachen in die Wäscherei bringen und tiptop geplättet abholen. Dann hätte ich vielmehr weiße gestärkte Blusen oder Hemden oder Hemdblusen. Hab ich auch, aber die könnten noch besser aussehen, wenn ich mich nur zum Bügeln durchringen könnte! Es ist ein Kreuz. So hat jeder sein Päckchen mit dem Haushalt zu tragen. Und Fenster putzen ist auch nicht meins. Ich darf gar nicht darüber nachdenken. Meine Putzanfälle stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit angekündigten Handwerkerbesuchen, Heizungsablesern oder von seltenen Freunden. Das halte ich allerdings auch für sehr effizient, da ich dann viel schneller staubsauge etc. als ich es sonst machen würde. Einfach ökonomischer! Auch hat es dann so eine Art Workout-Charakter, ich komme total ins Schwitzen. Nur meine Knie leiden dann immer ein bißchen, weil ich beim Staubsaugen immer auf den Knien rutsche. Ich staubsauge nämlich sehr gründlich, ganz ohne Düsenaufsatz, jeder Quadrat-Millimeter wird mit größtem Hochdruck bearbeitet. Dann ist aber auch wieder gut, für ein Weilchen. Wenn man das so supergründlich macht wie ich, muss man es auch nicht jede Woche machen, bin ich der Meinung!

23. September 2012



Ich meine, das wäre das letzte Mal gewesen, dass ich die Kamera auf die Sophienstraße gehalten habe. Für mich ist die Sophienstraße in den letzten Jahren eine Art autobiographischer Eckpfeiler geworden, genauso wie die Gipsstraße, die Rosenthaler, die Joachimstraße, die Linienstraße, die Auguststraße. Ich kann mich oft nicht mehr recht an Nebenstraßen erinnern, wo ich früher gewohnt habe. Manchmal vergesse ich sogar den Namen der Straße selbst, wenn es lange her ist, wie in Wilmersdorf. Eine Frau, die mich lange kennt, meinte letzte Woche, "Ah ja, ich erinnere mich, da hast du doch in der Rauenthaler Straße gewohnt." Ich war irritiert, weil ich überrascht war und dachte, ich könnte mich nicht recht erinnern und glaubte ihr dann, obwohl ich nicht ganz sicher war. Für mich hatte sie dann eben einfach recht. Jetzt erst, wo ich das schreibe, fällt mir ein, es war die Straße daneben oder eine Parallelstraße. In der Rauenthaler habe ich nie gewohnt, bin aber oft durchgelaufen. Na ja. Jedenfalls ist die Sophienstraße so ein fester Bestandteil meiner inneren Heimatlandkarte. Ich gehe schlafwandlerisch entlang, nehme nur beiläufig kleine Veränderungen wahr und bin meistens in Gedanken oder blinzle in die Sonne und denke daran, was der Tag wohl bringen wird, wenn ich morgens entlanglaufe. Für Touristen hat die Sophienstraße eine andere Bedeutung. Sie erschließen sich ein Stück altes Berlin, das sehr liebevoll saniert wurde und gehen spazieren, setzen sich ins Sophieneck, gucken auf die kleine Karte, wo genau nochmal die Synagoge ist. Solche Sachen. Im Dezember gibt es so einen hippiemäßigen Weihnachtsmarkt, der sich nur über die Sophienstraße erstreckt. Dann hängen große Sternlampions an Strippen über die Straße gespannt, das ist ganz putzig. Klein aber fein, wahrscheinlich der kleinste Weihnachtsmarkt von allen, ich kenne keinen kleineren. Diese Bilder vom vierten März sehen richtig herbstlich aus, denke ich gerade. Passt eigentlich ganz gut. Auch wenn wir heute in Berlin eine freundliche Spätsommersonne haben. Muß mal was zum Frühstück machen. Und noch mal Kaffee kochen. Habe eine große Tasse auf den graublauen Teppich gekippt. Was für ein Riesen-Fleck! Da schrubbt man eine ganze Weile. Die Tasse war randvoll. Mit ordentlich Kaffeesatz. Ich bin richtig ins Schwitzen gekommen beim Bearbeiten der Unglücksstelle. Also nochmal Kaffee kochen.

22. September 2012



Ich gehe vielleicht jeden zweiten oder dritten oder vierten Tag einmal durch die Rosenhöfe. Es ist eine neuere Passage mit vielen neuen Geschäften und ein paar Restaurants, die ein paar Hundert Meter weiter einen weiteren Zugang zu den Hackeschen Höfen gewährt, ebenfalls von der Rosenthaler Straße aus. Im Eingangsbereich von der Rosenthaler ist noch viel von der alten Bausubstanz erhalten, besonders die schöne verschnörkelte Treppe, die ich noch im alten Zustand kenne, als das heute vergoldete Schmiedeeisen noch schwarz war. Man hat einem sehr verspielten Architekten freie Hand gelassen. Selten sieht man sonst rosa Fassaden und bizarre Schnörkel. Ich mag diese Passage gerne. In dem Yoga-Studio war ich noch nie. Ich war überhaupt noch nie in einem Yoga-Studio oder einer Yoga-Stunde.



Ich habe einmal ein Video von Ralf Bauer gesehen, da macht er Yoga-Übungen auf einem Felsplateau auf Sardinien, glaube ich. Das hat allerdings weniger den Wunsch bei mir geweckt, in einer Gruppe, wie man es im Video sieht, Yoga-Übungen im Sonnenauf- oder untergang zu praktizieren, als vielmehr, einmal dort herumzuwandern, ohne Gruppe. Eine tolle Landschaft war das. Glattes Felsplateau mit unterschiedlichen Erhebungen, darunter das Meer. Ich kannte mal jemanden, den ich unregelmäßig getroffen habe und der aufgrund seiner offenkundigen Vergesslichkeit jedesmal den Impuls hatte, mich zu fragen, ob ich eigentlich Yoga machen würde. Oder meditieren? "Du wirkst so unglaublich entspannt, wie machst du das?" Ich musste immer lachen. Meine Art der Meditation - für Fortgeschrittene! Aber das Angebot heutzutage, dass man es jederzeit spaßeshalber mal machen könnte, ist schon ganz super. Ich könnte mir ohne Weiteres vorstellen, dass ich durch die Rosenhöfe laufe und mir Gwyneth Paltrow in pinker Turnhose und rosa Yogamatte, nach ihrer Spirit-Yoga-Doppel-Stunde, über die verschnörkelte Treppe entgegenkommt. Das wäre absolut stimmig. Ich glaube in der Internet-Bunten steht heute, dass sie in letzter Zeit Depressionen hat und Therapie machen muss. Wahrscheinlich zusätzlich zum Yoga. Früher gab es in meinem näheren Bekanntenkreis zwei Menschen, die regelmäßig meditiert haben, so nach Gebrauchsanleitung. Man setzt sich auf so einen Puff, also so ein rundes, ausgestopftes Bodenkissen, gerne in einem Zentrum mit anderen oder im Schlafzimmer und dann wird nach Gongschlag innige Stille geübt und versucht, an nichts zu denken bzw. nicht zu denken und tief geatmet. Im Hier und Jetzt, wie es immer so schön heißt. Ich war einmal dabei, in so einem buddhistischen Zentrum.



Ich musste blöderweise vor lauter Konzentration auf Nichts und Stille und Atmen dauernd schlucken, mein Mund war ganz trocken und ich habe gehofft, dass die anderen mein Schlucken nicht hören und dann schlussfolgern, dass ich total unentspannt bin, was ich entgegen meiner sonstigen Verfassung auch war, und dass es recht bald vorbei ist. Selten war ich so verkrampft! Alle haben eine ähnlich unbequeme, zum Teil verknotete Sitzhaltung auf dem Boden eingenommen, das war mir schon zu reglementiert. Mir war einfach nur langweilig, obwohl ich mich noch nie mit mir alleine gelangweilt habe. Lieber wäre ich rücklings im Gras gelegen und hätte in die Wolken geguckt und an alles Mögliche gedacht, aber nicht zwanghaft an Nichts. Aber ich bin sowieso nicht die ideale Zielgruppe für buddhistische Rituale und diese ganzen religiösen Zeremonien mit festgelegten Abläufen. An Indien fasziniert mich zum Beispiel durchaus die Opulenz der Farben und Formen, die Kunstgeschichte, die Architektur, meinethalben noch das Kamasutra und ein bißchen Dichtkunst, aber die religiöse Sichtweise ist mir eher suspekt. Nicht falsch verstehen - jeder, wie es ihm gefällt - nur mich bitte nicht belehren oder bekehren wollen.

22. September 2012



Ikonographie. Ob ich regelmäßige Leser habe, die noch nie in Berlin waren? Das übersteigt gerade meine Vorstellungskraft. Bald könnten die Bilder von einem Oktobertag sein. Im März gab es noch keine Blätter an den Bäumen. Die Decken wurden immer noch mit auf die Stühle gepackt. Jetzt sind sie zurückgekehrt, für den Abend draußen. Wie oft mag ich über den Hackeschen Markt gelaufen sein, in den letzten dreizehn Jahren? Viele Tausend mal, an manchen Tagen mehrmals. Als ich von Wilmersdorf nach Mitte zog, war der Hackesche Markt noch nicht vollständig bebaut, da wo heute das Haus mit dem Lokal Ossena steht, gegenüber von den Hackeschen Höfen, war eine Brachfläche, eine wilde Wiese.



Jetzt ist alles fertig, es gibt keine unbebaute Ecke mehr, soweit ich es überblicke. Es ist gut geworden, ich kann keine erheblichen Bausünden feststellen. Die Fassaden-Reklame-Schilder der Hackeschen Höfe mit goldener Schrift auf schwarzem Grund haben mich von Anfang an erfreut. Alle Mieter haben ihren Schriftzug und ihr Logo farblich angepasst. Es sieht schön aus. Die farbliche Reduktion ist vielen Schriftzügen zuträglich. Sogar das Sparkassen-Logo wirkte auf einmal elegant. Die Sparkasse ist schon wieder ausgezogen, nach gegenüber, dort dürfen sie wieder in Rot-Weiß ihre Reklame machen, nicht so attraktiv. Ich bin aber trotzdem seit ewigen Zeiten mit meinem Konto dort. Der Geldautomat, und der Kontoauszugsdrucker, den ich am häufigsten besuche, ist in der Zweigstelle am Hackeschen Markt.



Ganz oft gehe ich zu Edeka in der Rosenthaler Straße. "Frank Budie" steht dran, im blau-gelben Edeka-Schriftzug. Neulich hat mich die eine Kassiererin angesprochen, eine Hübsche, mit kurzen blonden Haaren, so um die Fünzig, dass sie mich schon lange nicht mehr gesehen hätte. Ich habe ihr von meiner Aldi-Sparaktion erzählt und dass ich aber jetzt draufgekommen bin, dass Edeka in dem "gut und günstig"-Sortiment preisgleiche Angebote hat, prima Eiscreme zum Beispiel, und dass ich jetzt wieder regelmäßig kommen werde. Sie hat sich gefreut! Ich finde das toll, wenn mir eine Kassiererin sagt, dass sie mich vermisst hat. Überhaupt sind die Kassiererinnen beim Frank Budie-Edeka unheimlich familiär.



Immer ein nettes Wort, eine kleine aufmunternde Bemerkung, irgendwas. So macht einkaufen Spaß! Bei Aldi erlebt man das nicht ganz so oft, auch wenn man Stammkunde ist. Nur neulich,



bei Aldi in der Brunnenstraße hat mich der junge Filial-Leiter, der auch manchmal selber kassiert, an der Kasse gefragt, ob ich nicht erst gestern da gewesen wäre und auch schon so viel Sahne-Kefir gekauft hätte. "Da müssen Sie mich wohl verwechseln - oder ich habe eine Doppelgängerin!" Auf jeden Fall ist es sonst nicht so seine Art, solche Sachen zu sagen, aber ihm war wohl nach ein bißchen Kommunikation. Also auch sehr nett! Überhaupt kann ich mit den meisten Kassiererinnen und Kassierern recht gut, stelle ich fest. Es gibt selten ein Verständigungsproblem. Eine Berufsgruppe, die starke Nerven und viel Konzentration bei der Arbeit braucht, denke ich mir. Respekt! Am Hackeschen Markt ist auch die S-Bahnhaltestelle, die mir am nächsten ist und wo ich am öftesten einsteige. Die andere nächste wäre die S-Bahn-Haltestelle in der Tucholskystraße, "Oranienburger Str.", da fahre ich aber nicht so oft. Und wenn ich mit der U-Bahn Richtung Süden muss, gehe ich zur Haltestelle Weinmeisterstraße, wenn ich nach Norden muß, direkt zum Rosenthaler Platz. So jetzt wissen alle Bescheid!

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