31. Mai 2010



Wie ein Purpurstreifen deine Lippen
und deine Reden lieblich
Wie ein Granatschnittstück deine Stirne
hinter deiner Binde

Gleich David's Thurm dein Hals
gebaut zur Fernschau
tausend Schilde hangen daran
alle Waffen der Helden

Deine Brüste gleich zwei Rehen
Zwillingen einer Gazelle
die unter Lilien weiden

Ganz schön bist du, meine Freundin
und kein Tadel an dir

Ehe sich der Tag verweht
und die Schatten sich neigen
soll ich mich wegwenden
zum Myrrhenberge
und zum Weihrauchhügel?

Mit mir, meine Schwester Braut
mit mir sollst du kommen
vom Libanon schauen
von der Spitze des Amanus
von der Spitze des Senir und Hermon
von den Löwenhöhlen
von den Pardelbergen

Du hast mich beherzt gemacht, Schwester Braut
du hast mich beherzt gemacht
mit einem Blicke von deinen Augen
mit einer Schnur von deinem Halse

Wie schön ist deine Minne, Schwester Braut
wie süss deine Minne, mehr denn Wein
und deiner Würze Duft mehr als alle Wohlgerüche

Honigseim träufeln deine Lippen, Schwester Braut
Honig und Milch unter deiner Zunge
der Duft deiner Kleider
gleich dem Duft des Libanon

Ein verschlossener Garten bist du, Schwester Braut
ein verschlossener Garten
ein versiegelter Quell

Deine Gaben ein Paradies
Granatäpfel und edle Früchte
Cyperblumen und Rosen

Narde und Krokus
Würzrohr und Zimmet
sammt allen Bäumen des Libanon
Myrrhe und Aloe
sammt dem Edelstein der Wohlgerüche

Ein Gartenquell
ein Born lebendigen Wassers
das vom Libanon rieselt

Erwache Nord, sang ich
Südwind komm
durchfächele meinen Garten
dass die Würzen fliessen
Es komme mein Freund
in seinen Garten
und geniesse dessen edle Frucht

Gekommen bin ich in meinen Garten
meine Schwester Braut
gepflückt hab' ich meine Myrrhe und meine Würzen
gegessen hab' ich meinen Honig und meinen Seim
getrunken hab' ich meinen Wein und meine Milch
Esset immerhin, Freunde
trinkt und berauscht euch, Genossen

Ich schlief, aber mein Herz wachte
meines Freundes Stimme hörte ich
klopfend an die Thüre
Öffne mir, meine Schwester
meine Freundin, Täubchen, Unschuld
denn mein Haupt ist voll von Thau
meine Locken von Feuchtigkeit der Nacht

(...)

Das Lied der Lieder

30. Mai 2010

Reisetagebuch, Samstag 15. Mai 2010. Der Tag unseres Auftrittes in der Disharmonie. Am Abend zuvor, spät am Abend nach der Rückertführung am vierzehnten Mai, gegen 22:30 Uhr sind wir vor Ort, um das Wichtigste aufzubauen. Wir müssen noch das Ende der laufenden Show von einem Comedian abwarten, die zieht sich länger hin, als erwartet. Es ist halbzwölf als wir loslegen, ich brauche einen Tisch vor der Bühne für den Beamer und das Notebook. Alles wird verkabelt, der Ton gecheckt und die ersten Bilder angebracht.



Es ist fast halbdrei Uhr morgens als wir die Disharmonie verlassen, ich bin bei Weitem nicht fertig. Ein kleiner Schlummertrunk im Mephisto. Am nächsten Nachmittag ab drei können wir weiter machen, dann wird auch gegen vier Hannes zum Soundcheck dazukommen. Ich verbringe den ganzen Vormittag damit, endlich festzulegen, zu welchen Songs ich überhaupt welchen Film laufen lassen will. Dabei entsteht noch etwas Neues, eine phantastische Überlagerung von der Hand- und Sandszene aus Arizona und den flirrenden Farben und meiner Hand aus Hippolyta. Während ich, Gott sei es gedankt, endlich Sicherheit gewinne, was ich zeigen werde, wächst meine Freude auf den Abend. Ich ziehe mich dreimal um und dann ziehen wir los. Jeder checkt seine Sachen für sich ab, Cosmic muss noch ein paar Sachen mit dem Looper regeln, ich bringe die letzten Fotografien am Bühnenrand an und klebe die Verkabelung mit Gaffertape ab. Als es fertig ist, bin ich von meinem eigenen Werk regelrecht gerührt. Wie der Raum plötzlich aussieht. Als wäre es ein privates kleines Museum. Was doch ein paar Bilder ausmachen. [...]



Eine Stunde vor Einlass machen wir einen gemeinsamen Durchgang um zu sehen, ob es einigermaßen passt, was ich da ausgebrütet habe. Cosmic spielt immer nur zwei drei Akkorde des Anfangs eines Stückes und ich lasse die ersten Sequenzen meiner Filmbilder auf mich wirken und gucke, ob überhaupt auch der richtige Film kommt, wir eine einheitliche Setlist haben. Wenn Cosmic die Reihenfolge kurzfristig ändert, muss ich die Nummerierung meine Filme ändern, weil ich nach Nummerierung, blind mit shortcuts blättere, damit das Publikum nie Desktop und Ordnerverzeichnisse sieht, sondern einfach einen Film nach dem anderen im Vollbildmodus.



Als die ersten Gäste kommen, sind wir gerade fertig. Ich schmeiße ein paar meiner Opus-Filme mit Ton an und wir gehen eine Treppe höher in den Backstagebereich, der früher tatsächlich der Übungsraum von Cosmics Band Suzi Cream Cheese war. Zwanzig Jahre muss das her sein. Oder noch länger. Im Kühlschrank gibt es sogar zwei Flaschen Bier mit Alkohol. Der Rest des Kühlschranks ist mit Wasser, Saft und alkoholfreiem Bier bestückt. Ich genehmige mir ein Bier zur Beruhigung, Hannes auch. Cosmic trinkt nur Wasser. Unter anderen Umständen hätte ich eine Flasche guten Bordeaux mitgenommen, aber da ich selbst nicht als Gast zuschauen kann, bin ich vorsichtig mit Alkohol, bis die Kuh vom Eis ist. Wenn ich einen Moment unkonzentriert bin, die falschen shortcuts drücke, kann es schnell peinlich werden. Ich bin ein bißchen angespannt, Cosmic auch, das spüre ich. Dann ist es so weit. Ich gehe als erste nach unten in den Saal und nehme meinen Platz ein.



Gerade ist der letzte Film zu Ende und ich blende nur das poetrYclub-Logo ein, das nach einer Weile mit dem Motto unseres Abends wechselt: Romantik Liebe Rebellion. Cosmic betritt die Bühne und beginnt mit Widerspruch. Manchmal kann ich den Abend für ein paar Sekunden so genießen, als wäre ich Zuschauer, aber dann muss ich mich auch schon wieder konzentrieren und darauf achten, wann sich sein Song dem Ende neigt, um den laufenden Film ins Dunkel auszublenden und zum nächsten zu blättern, während er vielleicht eine Ansage macht und dann abchecken, wann er den ersten Akkord greifen wird, damit genau dann der nächste Clip startet. Ich spüre, dass er sehr gut ist und erfahre erst später, mit welchen technischen Widrigkeiten er zum Teil kämpfen musste. Ich habe es nicht gemerkt.



Das Publikum ist während des ersten Sets sehr leise, die Lieder sind es auch. Ich spüre den Respekt, es hat beinah etwas Andächtiges. In der kurzen Pause, die wir verabredet haben, hole ich etwas zu trinken, begrüße Cosmics Zauberschwestern und schon geht es weiter mit Zauberkreis. Dann Blume der Ergebung. Sing out geht zu Ende. Als nächstes steht auf der Setlist das neue Lied, das er gerade gemacht hat, das Mondlied nenne ich es immer. „Du bist mein Mond“, das er auf der Treppe drei Tage vorher gesungen hatte. Cosmic fängt nicht gleich mit dem nächsten Song an, sondern möchte etwas sagen. Während die letzten Bilder von Arizona laufen (die Bilder, wo man seine Hände im Sand sieht. Er baute eine Frau, einen Frauenkörper in den Sand. Das war nicht abgesprochen, das ist es nie. Wir tun nie abgesprochene Sachen, wenn ich filme. Und so oft wir Filme zeigten, war es meistens diese Szene die den meisten im Gedächtnis blieb). Und während also diese Bilder laufen, erzählt Cosmic ein bißchen, warum man diese Bilder sieht und von wem sie sind, und wie wir uns begegneten. Ich bin sehr gerührt. Er bittet mich auf die Bühne und ich spüre eine Welle der Wärme aus dem Publikum. Es ist ein bißchen, als ob die Temperatur im Raum steigt. Deshalb traue ich mich auch, auf der Bühne zu erzählen, warum ich überhaupt hier bin. Und dann singt Cosmic endlich das Lied. „Du bist mein Mond“ und ich darf den Text halten, weil er ihn noch nicht so richtig kann. Das war ein sehr schöner Moment. Für mich der schönste des Abends.



Danach gab es Stern und die Show war eigentlich zu Ende, aber das Publikum ließ das nicht so recht zu. Er durfte noch zweimal auf die Bühne zurück. Als erste Zugabe gab es Neujahrsmorgen, von dem man hier die Audiospur hören kann. Ich ließ dazu die Bildspur von meinem letzten Opus 47 im loop laufen, und ich empfand das als den hypnotischsten Song an diesem Abend. Als eigentlich letzte Zugabe gab es eine wilde Version von die Goldene Zeit die in Hey Jude mit Hannes am Klavier endete. Das hatte Cosmic schon bei der Probe im Hinterkopf und ich konnte es mir nicht so recht vorstellen, aber es war grandios. Und noch eine Zugabe und noch eine. Ganz herzliches Publikum, warmer langer Applaus. Geschafft.



Nach ein paar Minuten Rückzug backstage wieder nach unten, ein bißchen mit dem Publikum reden. Mit den wenigen die ich kannte, ein bißchen quatschen. Da war unter anderem eine Frau, die mir schon bei der Rückertführung aufgefallen war. Sie war jüngerer Generation als die meisten, die an dem Rundgang teilnahmen. Ich ging zu ihrem Tisch, nachdem sie mir gewunken hatte. Sie war mit ihrem Lebensgefährten gekommen und begrüßte mich herzlich und erzählte, dass sie eine Urururenkelin von Friedrich Rückert sei. Und wie es sie freut, was wir da machen.

Die jüngere seiner beiden Schwestern wünschte sich zwei Bilder ihres Bruders, die sie besonders mochte. Wir krakelten unsere Widmungen auf die Rückseite und eine Unbekannte bekannte, sie sei nur zufällig gekommen, eine Freundin hätte sie mitgenommen und sie wollte ehrlich sein. Sie hätte sich zu Beginn gefragt, ob sie es gut oder grenzwertig finden soll, was hier an zum Teil Privatem öffentlich von uns zelebriert wurde. Aber nachdem sie die Musik, die Bilder und die Filme, den ganzen Abend auf sich wirken ließ, sei sie restlos überzeugt, dass es große Poesie sei, was wir hier fabrizierten. Ohne jeden Zweifel. Das hat mich schon glücklich gemacht. Und Cosmic auch. Ja, ein schöner Abend.

Als der letzte Gast gegangen war, packten wir unsere Sachen und bauten alles wieder ab. Wie das eben so ist. In der Altstadt fanden wir wieder zu jener Bar, Mephisto. Wir haben nicht dauernd auf die Uhr geschaut, aber wir hatten im Hinterkopf, dass wir am nächsten Tag verdammt früh aufstehen müssen. Wegen der anstehenden Wanderung zu Ehren Friedrich Rückerts Geburtstag. Treffpunkt der Wandergruppe 7:30 Uhr.

Hier ist der Song Neujahrsmorgen
Und hier sind alle Bilder.

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