09. September 2012



Ich erinnere mich dunkel. Es war eigentlich noch nicht frühlingshaft und man konnte sich nicht erlauben, ohne Schal und Handschuhe vor die Tür zu gehen, auch wenn die Sonne zu sehen war. So kam diese sehr bunte Kombination aus leichtem Tommy Hilfiger-Jäckchen und der uralten Kasperle-Jeans zustande, die ich ungefähr 1989 in einem sehr preisgünstigen Jeans-Discounter in der Steglitzer Schloßstraße aufgegabelt habe. Das war so eine Kette, die es nicht mehr gibt, überall hatten die ihre Läden. Müsste mal auf das Etikett gucken. War ein komischer Name. Keine Marke, mit der man angeben konnte, eher für die Kinder von Leuten mit geringfügigem Einkommen. Standesdünkel in Sachen Markenware ist mir eher fremd, wenn die Klamotte interessant ist.



Bei C&A kann ich immer etwas finden, wenn ich gucke, und auch in jedem x-beliebigen Kaufhaus. Die Sache mit dem Markenfetischismus ist ja eher ein Indiz für mangelnde Virtuosität in Sachen Modeverständnis, nicht wahr. Ich würde mit großer Selbstverständlichkeit den phantastischen Dior-Mantel von Gisela Elsner, der durch die Verfilmung ihres Lebens mit Hannelore Elsner in der Hauptrolle Berühmtheit erlangt hat, mit Sachen kombinieren, die ein Sammelsurium von Sonderangeboten aus Kraut- und Rübenläden darstellen. Ich bin da ganz gegen unnatürliche Begrenzungen, das widerstrebt meinem Freiheitsbegriff. Das photographische Auge hält nimmermüde Ausschau, scannt die Welt und jede Erscheinungsform. Wenn man sich für gewagte Muster oder Farbkombinationen entscheidet, muss man einen guten Tag haben, weil es ein gewisses Rückgrat erfordert. So ähnlich wie mit der Farbe Rot, man muss sich an so einem Tag der Kraft der Farbe ebenbürtig fühlen, sonst wirkt man schnell verkleidet. Tage, an denen ich mich ein bißchen schräg anziehe, im besten Sinne schräg, sind gute Tage. An solchen Tagen bin ich ein bißchen übermütig und so ziemlich zu allem fähig. Be amazing!



Im Übrigen hatte der ungeachtet aller Buntheit blaue Grundton dieses Aufzugs etwas mit meinem anvisierten Ausflugsziel an jenem vierten März zu tun. Ich überlege mir tatsächlich, ob ich farb-, material- und silhouettenmäßig zu dem Ort passe, den ich anpeile, bevor ich losgehe. Auch beim Spazierengehen, sofern nicht völlig ziellos. Das bedeutet nicht die Vorgabe, sich chamäleonhaft dem Ort des Geschehens unterzuordnen. Kann aber! Muss aber nicht. Manchmal liegt die Virtuosität in einem gezielten Bruch. Das mögen nun für viele nicht ohne weiteres nachvollziehbare Überlegungen sein. Ich gebe jedoch zu bedenken, dass es immer schöner ist, wenn man als beiläufig durchs Bild flanierende Passantin nicht aus dem Fokus gewünscht wird. Ich wünsche leider oft aus dem Fokus, wenn es vor wetterbeständiger Funktionskleidung wimmelt. Touristen ziehen sich ja zu meinem allergrößten Bedaueren oft komplett nach praktischen Erwägungen an. Ich geißle das selbstverständlich. So kann man nicht arbeiten! Ich muss doch als Tourist in Berlin ein Bewusstsein dafür haben, dass mir Gaga Nielsen über den Weg laufen könnte, die ein extravagantes Foto machen will! Extravagantes Foto nur mit extravaganter Aufmachung. Elementare Extravagante Grundregel!

08. September 2012



Ein guter Taxifahrer wartet noch eine halbe Minute nach dem Nachhausebringen, nach Einbruch der Dunkelheit, bis er sieht, dass der Fahrgast wohlbehalten an der Haustür angekommen ist und die Tür von innen schließt. Ein guter Leser von Gaga Nielsen wartet nach dem Heimkommen von ihrem Spaziergang, in der Dämmerstunde, noch eine halbe Minute, bis Gaga Nielsen wohlbehalten oben in der Wohnung angekommen ist. Dann kann der Leser weiterklicken und Gaga Nielsen zieht sich die Jacke und die anderen Anziehsachen aus und was Flauschiges an. Dann geht sie in die Küche und macht sich was Heißes zu trinken und nimmt sich ein Täfelchen Schokolade. Zumindest gilt das mit dem heißen Getränk für Anfang März. Anschließend geht Gaga Nielsen wieder ins Wohnzimmer und macht den Computer an und lädt die ganzen Bilder von dem langen Spaziergang vom dritten März auf ihren kleinen Klapprechner. Die Bilder vor dem Kleiderschrank, wo sie immer Modenschau macht. Und die Bilder von dem Weg. Und die Bilder von der Rosenstraße. Und die Bilder von der Marienkirche. Und die Bilder von Herrn Marx und Herrn Engels. Und die Bilder vom Schlossplatz. Und die Bilder von der Bauakademie. Und die Bilder von der Friedrichsgracht. Und die Bilder von der Schleusenbrücke. Und die Bilder von der Französischen Straße. Und die Bilder von der Markgrafenstr.. Und die Bilder von der Kuppel vom Französischen Dom. Und die Bilder vom Bücherflohmarkt Unter den Linden. Und die Bilder von der Auguststraße. Gaga Nielsen ist jetzt doch ein kleines bißchen müde vom vielen Spazierengehen, da tut so eine heiße Tasse Kaffee sehr gut. Gaga Nielsen guckt ein bißchen durch die Bilder und weiß gar nicht, wo sie anfangen soll. Schon wieder so viele Bilder! Wann soll sie das alles hochladen, sie blickt nicht mehr durch! Gaga Nielsen sagt sich insgeheim: "Scheiß drauf! Ich kann ja bloggen, dass ich nicht mehr hinterherkomme!" Gaga Nielsen denkt sich, sie weiß gar nicht, wie das die anderen immer machen, mit wohin gehen und mit drei Bildern heimkommen und dann schnell hochladen, bloggen und fertig, nächster Ausflug! Gaga Nielsen kann das nicht! Sie ist blödes Sternzeichen Jungfrau und muss immer alles superordentlich und gründlich und ganz genau machen und das Hausaufgabenheft ordentlich führen. Gaga Nielsen schreibt mit Schönschrift in ihr Internetschulheft und kriegt dafür eine Eins mit Stern! Die anderen kriegen auch eine Eins, für Tempo, aber nicht für Schönschrift! Die Welt ist eben doch gerecht!

07. September 2012



Noch eine Ikone. Jeden Tag Büchermarkt UdL an der HU. So, und jetzt noch mal ausgeschrieben, für alle verständlich: Jeden Tag ist Büchermarkt Unter den Linden an der Humboldt Universität. Geht doch! Bei der Gelegenheit bietet es sich an zu erwähnen, wie unsympathisch mir insidermäßiges Abkürzungsgewäsch ist, wenn man eigentlich Klarheit darüber hat, dass nicht nur Kenner der verquasten Materie lesen oder zuhören. Ich kann mich gerade ganz schlecht auf den Blogeintrag konzentrieren, weil ich im Hintergrund eine Sendung aus einer Mediathek höre. Dabei höre ich der Sendung gar nicht zu! Auch nicht vorbildlich. Ich mache jetzt aus, die Sendung - Moment - so jetzt. Also jetzt noch mal lesen, was ich bis jetzt getippt habe und dann weiter. Augenblick, muss lesen.



So, fertig. Was könnte man noch schreiben, außer dass die Bilder selbstverständlich ebenfalls am dritten März 2012 entstanden sind, nach meinem Abstieg von der Französischen Domkuppel. Der Heimweg ist halt nun einmal am kürzesten Unter den Linden entlang, aber auch schön. Ich mag den Büchermarkt. Ich glaube, das sind hauptsächlich Studenten, die da ihre Bücher hinpacken, oder meine romantische Vorstellung. Ist ja auch egal, Bücher sind immer dekorativ, nicht nur in der Wohnung, auch im Stadtbild. Mir ist aufgefallen, dass man an den präsentierten Buchtiteln, den besonders dekorierten Büchern, die ganz vorne, erkennen könnte, dass es ein Bücherflohmarkt in Berlin ist, wegen Schinkel und Wende und allem! Woanders stehen bestimmt andere Titel ganz vorne. In München wäre es vielleicht ein Bildband über die König Ludwig-Schlösser oder ein Buch über Karl Valentin. In Hamburg wahrscheinlich Hans Albers und vielleicht ein Bildband über Domenica. Und natürlich irgendwas mit Hafen und Schiffen. Auf alle Fälle bin ich dafür, dass überall Bücher herumliegen, zum Gucken und Staunen und Kaufen und als Deko oder Türstopper.



Bei mir liegt immer ein Buch, also das Buch, das ich gerade lese, in einem Zimmer, wo nicht der Computer steht. Es ist nicht das Schlafzimmer und auch nicht die Küche! Ein Rätsel! Ich kann Rätsel nicht ausstehen. Wie es mir auf die Nerven geht, wenn jemand zu mir sagt: "Rate mal, was ich..." usw. usf. - dafür habe ich keine Zeit! Raus mit der Sprache oder halt nicht! Das ist natürlich immer dramaturgisch gemeint, um die Spannung zu erhöhen, aber nach dieser Art von Spannung steht mir nicht der Sinn. Also kurz und gut - das Buch liegt im Badezimmer, griffbereit auf einer gepolsterten Truhe gegenüber von da, wo der Kaiser zu Fuß hingeht. Ich wollte jetzt nicht Klo schreiben, solche Ausdrücke sind mit Assoziationen belastet, die in diesem Fall nicht angebracht sind, da meine Badestube jedem Studierzimmer Ehre machen würde. Also bitte, keine falschen Vorstellungen. Lesen ist mein Hobby! Selbstverständlich lege ich auch bei der Ausübung dieses Steckenpferdes Wert auf ein angemessenes Ambiente. Ich denke, das ist jetzt genug Text, um den Platz zwischen den Bildern oben und unten einigermaßen ansprechend zu dekorieren.

06. September 2012

Gestern war ich wieder einmal auf einer Aussichtsplattform. Am Alexanderplatz steht ein viereckiger Turm mit 39 oder 40 Stockwerken, das Hotel "Park Inn", früher zu DDR-Zeiten "Forum-Hotel". In der 37. Etage ist eine Location, die man mieten kann und nach der Wende wurde nachträglich eine Aussichtsterrasse gebastelt. Man fährt bis zum 37. Stock, geht ein paar Treppen nach oben, bezahlt bei einem netten Hotelmitarbeiter, der auch Getränke im Angebot hat, drei Euro und geht raus. Es stehen ein paar stoffbespannte Liegestühle herum, wie man es von diesen Strandbars kennt. Es ist sehr windig, das sind Aussichtstürme ja meistens. Man schaut direkt auf den Fernsehturm, der ist ganz nah, gegenüber. Und über die ganze Stadt. Man schaut aber durch ein Sicherheitsnetz, so ähnlich wie es Katzenbesitzer oft an den Balkon basteln, nur größere Maschen und stabiler. Dieser Aussichtspunkt auf Berlin ist für meinen Geschmack bislang der bei Tag am wenigsten attraktive, auf dem ich bisher war, obwohl die anderen keine Getränke im Angebot haben. Ich würde es keinem Berlin-Besucher ans Herz legen und auch keinem Berliner. Die Terrasse wirkt auf mich trotz der Strandliegen ein bißchen improvisiert und lieblos und man findet keine windgeschützte Ecke. Ich finde, man muss da nicht rauf, lieber woanders. Und da dachte ich gestern, als ich da oben war, wie unvergleichlich schöner es doch auf der Kuppelbalustrade des Französischen Doms ist. Man kann es eigentlich gar nicht vergleichen. Sagen wir, wenn man Flair in Hotelkategorien ausdrücken wollte, wäre die Plattform vom Park Inn eine Jugendherberge und der Französische Dom ein fünf Sterne-Hotel. Ein unvergesslicher Eindruck. Ich war am dritten März zum ersten Mal in meinem Leben da oben, auf der Domkuppel. Es kostet auch drei Euro Eintritt. Man sollte sich vielleicht selber etwas zu trinken mitnehmen. Ein Fläschchen Champagner wäre durchaus angemessen. Oder ein schöner Châteauneuf-du-Pape. Und Gläser. Oder einen Eisbecher. Kein Bier, denn das wäre dem Ort nicht angemessen, ja unschicklich.



Es muss ein elegantes Getränk sein oder ein Eisbecher mit Schlagsahne. Oder ein großer Becher heiße Schokolade oder Kaffee. Aber ohne Plastikdeckel! Dazu feinste Trüffel- Nuss- und Nougat-Pralinen. Mozartkugeln! Constanze-Marzipanherzen! Oder meinethalben auch eine Packung Raffaello oder Ferrero Rocher. Als ich nach oben gegangen bin, hat das wunderbare Carillon angefangen zu spielen, das Glockenspiel. Ich war hin und weg und habe ganz aufgeregt, ganz schnell nach der Filmfunktion auf meiner Kamera geguckt und angemacht. Man kann es nicht beschreiben. Es ist mir unvorstellbar, dass irgendein Mensch keine Gänsehaut bekommt, in so einem Augenblick. Für mich kam es auch noch überraschend, ich wusste das gar nicht. Und nun stand ich so dicht an dem Glockenspiel, an dieser mächtigen Konstruktion wie aus einem Jules Verne-Roman. Ich habe damals noch am selben Tag die kleine Filmaufnahme hochgeladen, hier ist der Eintrag. Nur für die vielen mitgebrachten Bilder habe ich sehr lange gebraucht. Ich habe heute viel Zeit damit zugebracht, die Bilder in eine Reihenfolge zu bringen, die mein Erleben nachempfindbar macht. Die Wendeltreppe nach oben zu gehen, die Höhe des schlanken Kuppelturms zu begreifen und die mächtige Eisenkonstruktion des Glockenspiels. Durch die wagenradgroßen, runden Aussichtsfenster zu schauen und nach draußen zu treten, einmal oder auch zweimal rund um die Kuppel, mit den großen steinernen Amphoren und dem stolzen Krähenvogel, der wie ein König oben auf einer der Amphoren thronte und erhaben und zufrieden über sein Reich in die sinkende Sonne schaut. Am Ziel.





Das sind Momente, die ich teilen möchte. Und deshalb widme ich diesen Eintrag ganz besonders allen Menschen, denen es nicht möglich ist, aus eigener Kraft auf so einen Aussichtspunkt zu gelangen und das Glück zu empfinden, wie ein königlicher Vogel über die Stadt zu blicken. Fliegen kann auch ich nicht, das können nur die Vögel, aber ich kann Bilder verschenken, um gemeinsam mit mir durch meine Augen zu fliegen, in den Himmel über Berlin.

05. September 2012

Durch einen Zufall auf eine dieser automatisch generierten Seiten mit flickr content gekommen, wo man den eigenen Bilderstrom nach dem Kriterium "most interesting" sieht, von oben nach unten sortiert. Keine Ahnung, wer sich so etwas ausdenkt. Ich habe jetzt eine ganze Weile geguckt. Von oben nach unten. Wie ein Film.



Auf eine Art sortiert, wie man es selbst nie machen würde, wozu auch. Aber interessant. So durcheinander, zufällig und mosaikartig läuft dann wahrscheinlich irgendwann einmal der Lebensfilm ab, falls es ihn gibt. Bei diesem Bild blieb ich dann hängen und habe aufgehört. Morgen kommt mein Kühlschrank. Muss schlafen jetzt.

4. September 2012



Heute war ich an einem der schönsten Orte unter dem Himmel von Berlin. Ich wagte mich durch das Tor der großen Moschee und ein muslimischer Bruder lud mich herzlich ein, die Moschee zu betreten und mir alles anzuschauen. Ich habe gefragt, ob ich Fotos machen darf. Ja! In der Moschee ist jeder herzlich willkommen, auch Brüder und Schwestern mit anderer oder gar keiner Religion. Man muss nur die Schuhe ausziehen, weiter nichts. Dann sinkt man in den tiefen Teppich und ist wie in einem Märchen aus Tausend und einer Nacht. Ganz zauberhaft. Ein junger, gläubiger Muslime hat erzählt, was alles in der Moschee gemacht wird. Manchmal hat er sich im Schneidersitz auf den dicken Teppich gesetzt. Die Moschee ist nicht nur wie eine Kirche sondern ein Treffpunkt, wo man im Hof auch was trinken kann und essen, wenn man mag. In der Moschee darf nicht nur der Imam sprechen sondern auch andere, Hauptsache es ist ein wissenschaftlicher Vortrag. In der einen Nische hat ein gläubiger Mann in Richtung Mekka gebetet. Es gibt einen wunderschönen heiligen Schrein an der Wand, damit man beim Beten gleich die richtige Richtung weiß und nicht lange überlegen muss. Es wurde auch erklärt, was die Gebetshaltungen von den Armen und Händen bedeuten. Das war alles sehr schön und leicht und heiter. Gar nicht ernst und schwer, und sehr innig. Die Moschee ist drinnen so sauber, so rein, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann. Ich habe noch nie irgendwo einen so sauberen Teppich gesehen. Alle gehen in Strümpfen, wie im Wohnzimmer. Es ist ganz still, die Fenster sind leicht geöffnet und es weht ein leichter Wind, man hört die Blätter rauschen, sieht die Sonnenflecken auf dem Teppich und fühlt sich aufgehoben. An der Decke und überall sind wunderschöne, filigrane Arabesken und Ornamente gemalt. Die gemauerten Bögen der Säulengänge haben ein Blockstreifenmuster wie in der Alhambra. Es ist überhaupt vieles wie in der Alhambra, nur lichter und wohnlicher. Ein lichter, federleichter freundlicher Palast zu Ehren der Schöpfung. Wundervoll. Als ich gegangen bin und noch einmal zurückgeschaut habe, um die schöne Moschee ganz zu sehen, mit den beiden Minaretten, hat mich ein anderer freundlicher Muslime im Hof angesprochen und mich ebenfalls mit großer Herzlichkeit ermutigt, doch gerne hineinzugehen. Aber ich war ja schon drin, das hat er nicht gewusst. Ich habe ihm gesagt, wie schön ich die Moschee finde, er hat gestrahlt und noch fast besorgt gefragt, ob ich auch schon ein Foto von der Moschee mit beiden Türmen drauf habe? So eins müsste ich auch noch machen. Das habe ich dann auch noch gemacht. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich gespürt habe, wie rein die Atmosphäre dort ist. Er hat interessiert zugehört und gemeint, dass das nicht jeder gleich so spürt, aber so ist es. Er hat sich nett verabschiedet und ich bin aus einem arabischen Märchen direkt zur Bushaltestelle gegangen. Wie auf einer Wolke.



Mit deiner Seele hat sich meine
Gemischt, wie Wasser mit dem Weine.

Wer kann den Wein vom Wasser trennen,
Wer dich und mich aus dem Vereine?

Du bist mein großes Ich geworden,
Und nie mehr will ich sein dies kleine.

Du hast mein Wesen angenommen,
Sollt' ich nicht nehmen an das deine?

Auf ewig hast du mich bejahet,
Daß ich dich ewig nie verneine.

Dein Liebesduft der mich durchdrungen,
Geht nie aus meinem Mark und Beine.

daß ich seufze,
Gieb einen Schlag mir, daß ich weine.

Süß ist mein Weinen und mein Seufzen,
Daß ich der Welt zu jauchzen scheine.

Du ruhst in meiner Seele Tiefen
Mit deines Himmels Widerscheine.

O Edelstein in meinen Schachten,
O Perl' in meinem Muschelschreine.

Mein Zucker ist in dir zerschmolzen,
O Milch des Lebens, milde, reine;

Und unsre beiden Süßigkeiten
Genießet Kindermund als eine.

Du preßtest mich zu Rosenwasser,
Nicht seufzt' ich unter deinem Steine.

In deiner süßen Qual vergaß ich,
Daß ich die Rose war am Raine.

Da brachtest du an deinen Kleidern
Mich mitten unter die Gemeine;

Und als du auf die Welt mich gossest,
Ward sie zu einem Rosenhaine.


Dschalal ad-Din Muhammad Rumi 1207-1273
in der Übersetzung von Friedrich Rückert, 1819

2. September 2012

Ja ja, ich weiß, der Leser leidet unter dem ewigen Schwarzweiß. Also klebe ich zur Feier des Tages zwei weitere handverlesene Farbbilder von heute - Moment - 19:19 Uhr und 19:21 Uhr in mein kleines Poesiealbum. Die nachfolgende Aufnahme bildet mich vorhin in meiner Küche am Küchenfenster ab, unten, im Hintergrund sehen wir die Fassade des Gebäudes, in dem sich ein sogenanntes Szene-Café im Bezirk Mitte mit Namen Hackbarth's befindet. Gastronomische Einrichtungen wie diese tragen dazu bei, dass dem Anwalt mit dem Mieterhöhungsangebot recht zu geben ist. Ich bin da zwar nie drin, aber ich gucke gerne, wer da so rumsitzt, was die Leute so anhaben (Miniröcke!) und frühstücken. Stilkunde! Immer interessant. Sozusagen kostenlose Fortbildung.



Zwei Minuten später, also auch vorhin, entstand die folgende Aufnahme, welche mich auf dem Nordbalkon abbildet. Nun werden Sie sagen, Nordbalkon? Geht's noch? Wer möchte schon einen Nordbalkon haben? Ein Fall für Mietminderung! Aber ich, meine Damen und Herren, nutze diesen exklusiven Nord-Balkon nunmehr auch als Kühlschrank. Ein multifunktionaler Balkon, den man erst einmal haben muss. Dass es noch einen zweiten Balkon gibt, zur anderen Seite mit Blick auf diese lästige Kuppel vom Berliner Dom, kehre ich an dieser Stelle diskret unter den Teppich. Blöd, dass es der Anwalt aber trotzdem mitgekriegt hat. Aber das Gästeklo ist trotzdem gelogen. Und ja, ich nutze den Fahrstuhl. Dafür ist er ja wohl da. Und die Badewanne. Und die Dusche. Jawohl. Schließlich bin ich vom Sternzeichen Jungfrau und daher ein reinlicher Typ! Soll ich dafür etwa bestraft werden? Ob die Fliesen allerdings aus echtem Marmor sind, wie Sie schreiben, Herr Anwalt, das ist eventuell noch durch meine Anwältin zu prüfen. (Für Frau Klugscheisser: im Tageslicht besser zu erkennen: mit Siebenundvdreißig hat man mitunter doch schon das eine oder andere graue Strähnchen. Aber sonst alles Natur! Vor allem der Eyeliner. Der war aber nicht so ungleichmäßig, als ich fünf Stunden vorher zu meinem Ausflug los bin. Eindeutig der Alterungsprozess!)


PS:
hier schnell noch ein topaktuelles Bild! Inzwischen ist es 1:47 Uhr, das Make up ist mehr oder weniger komplett zerbröckelt und ich fühle mich nun doch altersbedingt nicht mehr so ganz frisch, wie es die anderen Bilder noch erfolgreich vorzutäuschen vermochten:

1. September 2012

Liebe Leser und Leserinnen,

heute ist ein ganz besonderer Tag! Ich habe meine erste Mieterhöhung seit Dingsbums gekriegt. Zu faul zum Nachgucken. Aber weil ich ja in den letzten Monaten wie ein Weltmeister gelernt habe, meine Kröten besser als einen Sack Flöhe zu hüten, bin ich weniger in Panik ausgebrochen, als es eventuell noch vor einem Jahr der Fall gewesen wäre. Offen gestanden, habe ich mir schon seit einer Weile insgeheim gedacht, huiuiui, gut dass die Hausbesitzer mutmaßlich weit, weit weg wohnen, so kriegen sie vielleicht nicht so richtig mit, in welcher Ecke ihr Mietshaus steht. Also nicht, dass die Herrschaften nicht wüssten, wo es sich adressenmäßig befindet, aber man ist ja nicht immer so auf dem Laufenden, wie sich die Bezirke in fernen Städten entwickeln. Nun hat man also doch den Schuss gehört und gleich einen Rechtsanwalt beauftragt, den Mietern die frohe Botschaft zu übermitteln. Wie gesagt, ich bin eigentlich eher überrascht gewesen, dass das noch nicht früher passiert ist, allerdings doch schon etwas stramm, so auf einen Schlag um die hundertzwanzig Euro mehr. Muss mal genau nachrechnen. Nun kann man die Argumentationskette auch schlecht widerlegen. Die scheint mir doch recht wasserdicht, wenn ich mir den Berliner Mietspiegel angucke, den etwas inoffizielleren für 2012 (unter M wie Mitte) Nun ja, zur Entspannung guckt man dann einfach noch mal rüber nach Hamburg und nach München und dann sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Allerdings habe ich kein Gästeklo, wie in dem Schreiben erwähnt wird. Die Türen entsprechen auch nicht so ganz dem optischen Luxustandard der Lage, aber ich will da nicht kleinlich sein. Aber nachhaken möchte ich schon mal, am Montag wenn ich in Sachen Kühlschrank anrufe, ob das nicht vorhandene Gästeklo vielleicht rausgerechnet werden kann, und ob ich mir eventuell die drei genannten Vergleichsobjekte angucken könnte, da hinten in der Alten Schönhauser und noch zwei andere in meinem Dreh. Ich gucke ja gerne Wohnungen. Die daily soap auf Vox allerdings nicht mehr, ich habe zu viele Folgen davon gesehen und meine einen guten Überblick über ortsübliche Mieten erhalten zu haben. Daher ist ein gewisser Schrecken zwar durchaus vorhanden, aber die Empörung hält sich in Grenzen. Man muss nicht unbedingt in Mitte wohnen. Aber es ist schon sehr, sehr nett.

Ein bißchen charmanter hätte man das aber vielleicht schon übermitteln können, als über einen Rechtsanwalt. Ich dachte schon, ich hätte unbewusst etwas angestellt. Vielleicht eine GEMA-Abmahnung, für unzulässige Musikschnipsel-Verwertung. Mist, ich habe ja wirklich ein bißchen Dreck am Stecken, fällt mir auf. Das hat jetzt aber keiner gelesen!

Ansonsten war ich bei EDEKA in der Rosi, bißchen einkaufen und dann zusammengebrochenen Router resetten und blöde Internet-Telefonie neu konfigurieren, dann Test-Anruf bei Versuchskaninchen Jan, nochmal blödes Router-Gefrickel und dann Ausflug, kleiner Ausflug. Aber schön. Ich war im Plänterwald, im vor sich hinrottenden Vergnügungspark aus den Sechzigern wo sogar schon Hollywoodfilme gedreht worden sind. Mit umgekippten Dinos und wildem Gestrüpp. Ganz schön dort. Und Bimmelbahn gefahren. Feine Sache. Zwei Euro! Ab heute kann ich ja wieder herumgurken wie verrückt, weil mein BVG-Abo seit heute gilt.

Es war schön sonnig und ich habe ein knalloranges Hemdchen angezogen und eine weiße Hose. Im kleinen Rucksack (für später kälter) meine schwarze Who killed Bambi?-Jacke mit den weißen Streifen und den Sternen auf den Ärmeln. Die kids im Vergnügungspark haben ein bißchen neidisch geguckt! Klar. Wahrscheinlich nicht nur wegen der Jacke, sondern weil ich schon groß bin! Habe schöne Fotos gemacht, versprochen.

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