08. Februar 2012



Demütig werden wir alle Abbitte leisten, wenn sich das Thermometer im März zu sieben oder gar siebzehn Grad aufschwingt! Schon eine super Dramaturgie hier, im guten neuen Jahr. Erst ewiger Herbst, für mich sehr in Ordnung, dann arschkalt und die langsame Erwärmung wird wie das Happy End von dem Titanic Film mit Pausbacke - wie heißt er noch - egal. (Oder war da gar kein Happy End?) Er soll ja ein guter Schauspieler sein. Den Titanic-Film fand ich seinerzeit ganz schlimm. Also nicht schlimm "schlimm", sondern schlimm kitschig. Wenn ich mich nicht irre, habe ich sogar extra zwei Packungen Tempo (Entschuldigung, ich bin im kapitalistischen, markenversauten Westen sozialisiert) Papier-Taschentücher eingesteckt. Und wenn ich mich weiterhin nicht irre, habe ich kein einziges davon gebraucht. Es war auch recht anstrengend, die für mich unattraktive Paarung Dingsbums-Winslet bis zum Ende durchzuhalten. Gar nicht zu reden von dem anderen Quark mit Schiffsbug und Wallawalla vor pink-orangem Himmel und Untergangsgefiedel der Bordkapelle. Aber eine einzige Szene war drin, die mich rührte, also so ansatzweise. Fatalerweise ganz am Anfang. Als sich die alte Dame an ihre Liebe erinnerte und diese Sache mit dieser Kette mit dem Stein. Da waren drei Sekunden, die mir ans Herz gingen. Schade, dass die alte Dame nicht die Hauptdarstellerin der dann folgenden gefühlten drei Stunden Film war. Eine Pause war glaub ich auch. Ach nein, keine Pause, ich habe eine Pause gemacht, weil ich aufs Klo musste, und die Freundin versicherte mir bei der Rückkehr, dass ich nichts verpasst hätte. Obwohl sie den Film nicht so langweilig gefunden hat wie ich. Wie komme ich denn jetzt bloß auf Titanic? Ach so, wegen der Metapher. Ist ja nun ewig her, dass die Schmonzette gelaufen ist. Nur noch mal für's Protokoll: genau die Sorte Film, bei der mich so rein gar nichts fesselt. Kitschiger Kostümkrempel, süßliches Klischee-Geturtel und plüschiges Ambiente. Nein Danke! Tatsächlich bin ich zu romantisch für solche platten, halbherzigen Darbietungen. Ja, wirklich. Hier steht nicht zu cool, sondern zu romantisch. Ich habe mich nicht vertippt. Die Illusion der Wahrhaftigkeit ist freilich ein seltenes Gut im weltweiten Filmschaffen. Ein gutes Gegenbeispiel ist die Szene in "Die Brücken am Fluss", wo Meryl Streep nach dem Abschied in ihrem Auto sitzt und Clint Eastwood noch einmal vorbeifahren sieht. Der letzte Blick. Aber diesen Film mochte ich viel lieber in der deutschen Synchronfassung, weil Meryl Streep in der amerikanischen Originalfassung einen übertriebenen italienischen Akzent kultiviert, der mich ungemein stört und die Qualität des bis dahin nur auf deutsch gesehenen Films kippen lässt. Keine Empfehlung. Nicht "The Bridges of Madison County" anschauen. Nur die deutsche Synchronfassung ohne albernen affektierten Italo-Akzent. Ach, so ein schöner Film. Jetzt ist mir der rechte Fuß eingeschlafen und ich muss mich mal anders hinsetzen. Und auch noch ein bißchen was essen, vor dem Zubettgehen. Und trinken (!).
kaltmamsell - Do, 9. Feb, 07:00

Einerseits: Titanic ist eine Kitschlehrstunde für Elfjährige - man kann wunderbar auseinandernehmen, mit welchen Stilmitteln kommerziell Tränendrüsen gereizt werden. Andererseits: Dass Pausbacke schauspielern kann, kann man an in "What's eating Gilbert Grape" besichtigen, wo er Herrn Depp komplett die Schau stahl.
Einerseits: Brückentränen, oh ja sehr. Andererseits: So stark fand ich ihren italienischen Akzent gar nicht, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Filmfigur erst als junge Frau Englisch gelernt hat - eine schwächere Schauspielerin hätte dicker aufgetragen. (Ich glaube, Frau Streeps Geheimnis ist das Verlagern ihres Körperschwerpunkts je nach Filmrolle. Hausfrau in Bridges: Schwerpunkt um die Hüften herum. Thatcher: Schwerpunkt beim untersten Rippenbogen.)

g a g a - Sa, 11. Feb, 11:42

Interessant, das mit dem Körperschwerpunkt. Stimmt sicher, aber wahrscheinlich nach Stanislawski (nech) empathisch empfunden. Wenn man sich ein bestimmtes Lebensgefühl ganz fest einbildet, ändern sich die Bewegungsabläufe automatisch. Innerhalb des Brückenfilms variiert sie das auch. Als sie mit ihm wie eine junge, ungebundene Frau mit offenen Haaren auf der Wiese sitzt, irgendsoeine Picknick-Szene und er fotografiert sie. Da wirkt sie eher wie eine Studentin, die das Leben unverplant und offen vor sich hat. Da liegt ihr Schwerpunkt nicht mehr in den Hüften. Aber am Anfang völlig. Wie sie da in der Haustür steht, in ihrem Schürzenkleid und er nach dem Weg fragt. Ganz die praktische Landfrau und Mutti. Ich habe den Film über Jahre hinweg immer wieder mal auf Deutsch gesehen und lieb gewonnen, desegen hat mich der Akzent in der viele, viele Jahre später gesehenen Original Version so irritiert. Als ob man plötzlich eine Cover-Version von einem vertrauten Popsong mit einer anderen Gesangslinie hört, auch wenn der Akzent innerhalb der Rolle biographisch schlüssig ist. Mich lenkt dieser unüberhörbare Akzent zu stark vom Gefühlsausdruck ab, beinah auf eine unbeabsichtigt komödiantische Art, wie wenn man eine Kabarettistin sieht, die aus Jux Dialekte und Sprechweisen imitiert. Aber Frau Streep macht das innerhalb der Rollenvorgabe vermutlich immer noch vergleichsweise diskret. Sie ist sonst in allen mir bis dato von ihr wahrgenommenen schauspielerischen Aspekten schon die Allergrößte, keine Frage. Von ihr als Thatcher hab ich schon ein paar Ausschnitte gesehen. Da wurde ja auch stark am Kiefer gearbeitet, in der Maske. Sagenhafte Wirkung. Bestimmt empfehlenswert.
kaltmamsell - Sa, 11. Feb, 16:38

Großartiger Artikel, vielen Dank!

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