03. September 2011

Gestern war ich wieder als rasende Reporterin unterwegs, um weltbewegende Ereignisse für meine Leser zu dokumentieren. Intuitiv gelangte ich gleich zu Beginn meines gestrigen Einsatzes an einen Brennpunkt des Geschehens in der Herrmannstraße, genauer gesagt Hermannstr. 56. Über der beliebten Damen-Boutique "Lara Fashion" spielte sich in einem Fenster das Folgende ab, was ich sofort umfassend dokumentieren musste. Nachdem mein mehrstündiger Einsatz in Neukölln beendet war, kehrte ich zurück an meinen Ausgangspunkt im Bezirk Mitte, wo sich meine Wohnung befindet. Mit dem dafür passenden Schlüssel öffnete ich meinen Briefkasten, wo mir neben anderer ungebundener Reklame in Form von losen Zetteln, der neue IKEA-Katalog entgegenfiel. Ich stellte fest, dass sich das Format abermals verkleinert hat, so ähnlich wie von der einen Frauenzeitschrift, die manchmal junge Frauen in der S-Bahn durchblättern. Allegra oder Amiga oder Cosmopolitan. Eben nicht mehr so das richtige Zeitschriftenformat.



Vor ein paar Jahren habe ich mir einen neuen Mülleimer gekauft. So einen ganz schicken, repräsentativen. Da konnte mein alter weißer Schwingdeckel-Plastikmülleimer weg. Aber praktisch wie ich nun einmal veranlagt bin, habe ich den noch voll funktionsfähigen alten Eimer nicht etwa weggeschmissen, sondern gespendet. Ich habe ihn ordentlich ausgewaschen und abgetrocknet und dann unten im Treppenhaus, wo die Briefkästen sind, in die Ecke gestellt. Da passt er optisch auch recht gut hin. Der Mülleimer wurde auch gleich sehr gut von der Hausgemeinschaft angenommen und obwohl ich es nicht draufgeschrieben habe, wird er für genau das benutzt, was ich mir gedacht habe. Damit man die Reklamezettel und -Zeitungen, die eben doch immer eingesteckt werden (bedrohliche Aufkleber nützen da recht wenig, da die Reklamezettelverteiler wahrscheinlich Schule geschwänzt haben, als Lesen dran war) ordentlich entsorgen kann und sie nicht mit in die Wohnung nehmen muss. Der Eimer war dann auch gleich am zweiten Tag randvoll. Gefreut hat mich auch, dass die Reinigungskraft es automatisch als ihre Aufgabe erkannt hat, den Eimer regelmäßig auszuleeren. Das funktioniert jetzt schon seit ein paar Jahren ausgezeichnet. Es hat auch noch nie jemand anderen Müll reingeschmissen.



Na ja, jedenfalls überlegte ich einen Moment, ob ich den IKEA-Katalog jetzt da reinschmeiße oder mit nach oben nehme. Er ist ja schon immer sehr liebevoll gemacht und als Kind habe ich auch furchtbar gerne Kataloge angeschaut. Wie das kleine Scheißerchen da auf den Bildern. Den Quelle-Katalog hauptsächlich. Oder Schöpflin. Oder Klingel. Oder Otto. Oder Wenz. Meine Güte, meine Mutter hatte wirklich alle Kataloge abonniert. Das war quasi das Internet-Shopping der Sechziger und Siebziger, für Leute die auf dem Land wohnten. Stundenlang konnte ich mich damit beschäftigen. Manchmal durfte ich mir auch Anziehsachen aussuchen, die dann irgendwann später in einer Sammelbestellung bestellt wurden. Toll, wenn das Paket dann kam! Später habe ich dann auch die IKEA-Kataloge angeschaut, wo ich noch manchmal Sachen gebraucht habe. Deswegen habe ich auch ein bißchen gezögert, ob ich den aufwändig gemachten Katalog nun da reinschmeiße, in das Müll-Eimerchen. Ich bin also noch einmal in mich gegangen, habe festgestellt, dass ich keinerlei Impulse in mir feststelle, Möbel zu kaufen und überhaupt genug Krimskrams habe, dass ich selber eine IKEA-Filiale aufmachen könnte und habe ihn also doch auf dem kurzen Weg entsorgt. Aber trotzdem Danke an die Firma IKEA, dass sie gestern scheinbar die ganze Welt, oder zumindest alle Berliner Bezirke mit ihrem kleinen Katalog beglückt hat. Das Kleine hat auf jeden Fall einen kurzweiligen Nachmittag mit dem bunten Bilderbuch gehabt, wie man sieht. Als ich es entdeckt habe, konnte man den IKEA-Schriftzug ganz deutlich sehen, als ich dann aber angefangen habe zu knipsen, hat es sich nicht mehr ergeben. Aber Sie sind nun im Bilde. Was mir jetzt auch noch dabei einfällt ist, dass sich die Größe des Kindes durch das kleinere Katalogformat relativiert. Als ich es fotografiert habe, bin ich die ganze Zeit von dem alten großen Katalog ausgegangen, da wusste ich noch nicht, dass es einen neuen im Briefkasten gibt. Kombiniere: es handelt sich somit offenbar um ein Klein-Kind!

Frau Klugscheisser - So, 4. Sep, 08:08

Den Werbezettelverteilern habe ich den Krieg angesagt. Ich habe denen ihre Zettel einfach wieder mitgegeben, sobald ich die bei mir frisch eingeworfen vorfand. Geht natürlich nur mit Briefschlitz in der Türe. Eigentlich müssen die nämlich schon auf div. Aufkleber achten. Sollten sie das nicht tun, muss die beworbene Firma dafür grade stehen. Auch diese Zettelchenansautostecker bräuchten streng genommen eine Genehmigung zum Verteilen. Allerdings steht der Aufwand der Ahndung nicht im Verhältnis, zumal wir alle ja mittlerweile so ein kleines Eimerchen nutzen.

Wenn ich mal in Rente bin und viel Langeweile habe, dann stelle ich mich den ganzen Tag neben die Briefkästen und sobald einer einen Werbezettel einwirft, verklage ich den. Vielleicht macht mich das ja zum Weltverbesserer auf meine alten Tage. Oder zum Rechthaber. Ist aber oft das gleiche.

g a g a - So, 4. Sep, 11:12

Die oben beschriebene Wutphase hatte ich früher auch mal. Heute sage ich mir: "Wenn es Arbeitsplätze schafft!" Werbung hat ja auch immer was Verzweifeltes. Zweifel, ob einer das blöde Produkt haben will. Mein Mitleid übersteigt da wirklich inzwischen den Ärger. So ist halt die Welt. Und seit der Eimer da ist, kein Problem mehr. Ich würde niemals kostbare Lebenszeit für solche Klageverfahren verschwenden oder womöglich sogar dahin fahren, um denen den Scheiß wieder in den Briefkasten zu stecken. Eigentlich ärgert es mich inzwischen eher bei so großen Firmen wie Mercedes, die mich dauernd zu irgendwelchen Autopräsentationen einladen wollen, wo dann meine Adresse richtig eingedruckt ist, in einem pseudoseriös und pseudopersönlich daherkommenden Werbebrief in weißem Langhülle-Umschlag. Da werde ich schon eher fuchsig. Aber selbst das lässt nach. Meine Perspektive darauf hat sich in den letzten Jahren geändert.

Wenn jemand selbständig ist, einen kleinen (oder auch größeren) Laden aufgemacht hat und dann mal deswegen Zettel verteilt (diese ganzen DIN A 5-Dinger für Waschmaschinen- und Fernseherreparatur), damit es alle wissen, im Zweifel die ganze Stadt, finde ich das einen nachvollziehbaren Versuch, den Stein ins Rollen zu bringen. Ich habe ein großes Herz für Leute, die versuchen, sich aus eigener Kraft, mit einem kleinen Gewerbe über Wasser zu halten. Da tut mir der eine Handgriff vom Briefkasten zum Mülleimer nicht weh. Ich würde Ihnen empfehlen, das in diesem Sinn entspannter zu sehen. Man lebt einfach angenehmer, wenn es einem relativ wurscht ist bzw. wenn man die Motivation nachempfinden kann. Meine bevorzugte Form der Werbung wäre das auch nicht, weil ich die Leute nicht mit unerwünschtem Zettelmüll bedrängen wollte.

Was mich allerdings auch noch gar nicht erfreut, bei dem Reklamezeugs ist das mehrheitlich nicht sehr erhebende Layout. Diese grellen Farben und plumpen Schriftzüge. Trash at its best. Autozubehör- und Möbelhaus ("-Hübner", "-Huber" etc.)-Werbeflyer sind mit die Schlimmsten. Meisten schauen auch die Möbel so unansehnlich aus wie die doofen Reklamefaltblättchen.

Und was mich viel viel viel mehr nervt, sind diese Scheiß-, Drecks-Pop-up-Werbefenster, die trotz beständig upgedatetem Pop-up-Werbe-Blocker-Add-on aufklappen. Da werde ich immer leicht aggressiv, weil sie meinen meditativen Flow im Netz stören, meinen heiligen Rhythums, die Sicht versperren, den Weg verbarrikadieren. Und dieselbe unangenehme, grelle Ästhetik verbreiten, wie die meisten Briefkasten-Flyer . Dieses einzelne Wegklicken geht gefühlt weit mehr von meiner Lebenszeit ab, als den Werbe-Briefkasten-Tagesmüll mit einem Griff wegzuschmeißen. Das ist Nötigung! Bin ich so genervt wie Sie von dem Briefkastenzeugs. Total unentspannt! Kriesch Plaque!!!! Und da es ist mir auf einmal völlig scheißegal, ob das Arbeitsplätze schafft! Genickschuss!!! Diese dämlichen Werbe-Wichser, die ihren Kunden Pop up-Reklame als Mittel der Wahl andienen. "Wenn Sie sich und ihr Produkt mal richtig unbeliebt machen wollen: Pop up-Reklame! Krieg ich schon wieder Mitleid mit den Auftraggebern, obwohl die ja inzwischen auch Pop up-geschädigt sein sollten, als mutmaßliche Privatnutzer des Internets. Nein, doch kein Mitleid!

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