Da ich selber gerade ein bißchen verstört bin, fällt es mir schwer zu urteilen. Auch mich holte ein Stück vergangenes Leben gestern Abend ein. Dazu muss man wissen, dass ich mein derzeitiges Leben auf einem zunehmend wunderbaren Weg finde. Ich habe um dieses aber auch gekämpft und mit Narben bezahlt, die noch nicht vollständig verheilt sind. Ich habe aber nicht geträumt gestern. Ich sage das Folgende: seien Sie beruhigt, dass es nur ein Traum war. Vermutlich sind in den unwirtlichen, verlassenen, hinter uns gelassenen Situationen Dinge, Mechanismen verflochten, die man nur in diesen verqueren Konstellationen erleben konnte, ausagieren. Vielleicht, um eine bestimmte Qualität von Resonanz zu erleben. Einen Gegenpol. Ein starkes Erleben. Aufwühlend. Ausgleichend. Läuternd. Kathartisch. Irgendwie so, ins Blaue gemutmaßt. Die Zellen haben ein Gedächtnis. Ich habe mich heute morgen wie verkatert gefühlt, obwohl ich keinen Schluck Alkohol getrunken habe. Seit November nicht mehr. Überdosis Gefühl im Blut. Drei Promille bestimmt. Schlafen Sie gut. Ich versuche es auch.

Ich musste dieses Ding jetzt irgendwohin schreiben. Da kam mir der Eintrag mit der Traumwand sehr gelegen. Im Grunde habe ich Sie da jetzt ein bisschen benutzt. Entschuldigung.

Die drei Promille sind bei mir auch nur Gefühl. Vielleicht sind unsere Zellen ja telepathisch verknüpft und wir erleben gleichzeitig. Jung'sche Synchronizität im Lebenslauf. Mir wäre traumfreier Schlaf jetzt lieber.

Schlafen sie auch gut. Und sonst auch.

Für einen Kommentar unter gefühlten vier Augen muss man sich nicht entschuldigen. Wer weiß, was für Strömungen da gerade fließen. Wir habe beide den Mond im Skorpion, habe ich gesehen. Angeblich gibt es keinen traumfreien Schlaf, aber ich weiß, was Sie meinen. Nicht erinnerbare Träume, das Gefühl, so tief wie ein Bär im Winterschlaf zu ruhen, angenehm narkotisiert. Ich habe letzte Nacht bemerkt, dass ich sehr viel und ereignisreich träumte, aber etwas das sehr weit von dem weg war, was mich gestern umtrieb und eine Schicht neuer, wenn auch nicht erinnerbarer Erinnerung darüber legte. Wie man eine Seite in einem alten Fotoalbum umblättert und stark von einer anderen, nachfolgenden Erinnerung absorbiert ist. Gerade noch an die Rückkehr aus Arizona gedacht und auf der nächsten Seite im Album fesselnde Bilder von einem Geysir aus Island. Immer weiter blättern. Reisen. Von einem Gefühl zum anderen. Und die guten Erinnerungen der vergangenen Reisen bewahren. Die Kakerlaken vergessen. Sie sind es nicht wert, dass man die Erinnerung daran zelebriert. Nur, dass sie einen manchmal einholt, hoffentlich nur im Traum, darauf muss man gefasst sein. Und dann tief durchatmen und weitergehen.