13. Februar 2025



Gestern Nacht beim Rumstalken entdeckt. Putziges Berliner Upgrade von Dirty Harrys Credo. Auf dem Facebook-Account von einem Mann. Der hatte mir 2007 - es geschah mitten in der Nacht - einen Familiengründungsantrag gemacht. Nicht in meiner Wohnung im Schlafzimmer, sondern im Muschi Obermaier auf der Torstraße (wieso sagen eigentlich immer alle hier auf der Torstraße und nicht in). Jedenfalls kannte ich den Mann vorher nicht, man lernte sich erst am Tresen des Lokals kennen. Ein Gastronom mit französischem Namen. Damals war er der Betreiber eines überaus angesagten, winzig kleinen französischen Restaurants "auf der Torstraße". Jean. Seit einigen Jahren ist er verheiratet (nicht mit mir) und hat nun offenkundig auch einen kleinen Stammhalter, wie ich seinem überschaubaren Fotocontent auf Facebook entnehme.



Er war damals mit zwei Freunden im Muschi Obermaier, der eine flirtete mich wortreich an, Jean stand nur dabei und hörte zu, sprach überhaupt nicht. Es wurde später, ich gesellte mich wieder zu der Truppe, mit der ich gekommen war, die weiter hinten im Lokal saß. Eine ganze Weile später, also einige Drinks später, kam Jean alleine nach hinten, auf mich zu. Fragte mich höflich, ob der Platz neben mir frei sei. Ich war überrascht, weil er vorher kein einziges Wort mit mir gesprochen hatte. Allerdings dachte ich mir die ganze Zeit vorher am Tresen, dass er bei weitem der Attraktivste des Trios sei. Ich freute mich darüber. Ohne umständliche Vorrede machte er mir spürbar aufgeregt, fast schüchtern, wie jemand, der sich überwinden, ein Herz fassen muss, schwindelerregende Komplimente, eine vollends entflammte Liebeserklärung. Er fragte mich mit eindringlichem Blick und erstaunlichem, heiligen Ernst, ob ich verheiratet sei, Kinder mag ("ja!") und/oder ("auch") welche möchte (ich überrumpelt unfähig zu "Ja" oder "Nein", er: "am liebsten drei") und noch Ähnliches mehr. Dann ließ er sich von seinem Freund eine rote Visitenkarte geben und notierte darauf den Namen und die Adresse seines Lokals und seine private Handynummer. Alle Drei verabschiedeten sich. Es war schon sehr spät. Das wühlte mich wochenlang auf. Ich las im Internet alle Restaurantkritiken über seinen Laden. Mehrere Artikel über Brad Pitt und weitere Prominenz, die dort gerne hinging. Ich bekam fast schon Schwellenangst. Der unglaubliche Ernst seiner Ansprache machte mich komplett kirre. Ich dachte, ich kann da nicht einfach mal hin und nonchalant nur etwas trinken. Leicht hysterisch meinte ich, ich müsste ihm eine ultimative Antwort auf seinen quasi Antrag geben, mit ihm Kinder zu bekommen. Er war jünger als ich, damals vierunddreißig, ich zweiundvierzig. Da mir noch nie vorher jemand Derartiges angetragen hatte, überlegte ich ernsthaft, ob das mit 42 meine einzige und letzte Chance sei, einen bislang nicht weiter angedachten Lebensweg zu beschreiten.



Das geschah am siebzehnten November 2007. Ich ging mehrere Wochen damit schwanger, zu ihm hinzugehen. Komischerweise aber nicht, die Nummer anzurufen. Die kleine rote Visitenkarte von seinem Freund, auf die er mit Kugelschreiber seine Handy-Nummer geschrieben hatte, habe ich vor einiger Zeit in einem meiner Kaleidoskop-Bilder verarbeitet (das Bild war nicht in meiner Ausstellung). Als ich ganz kurz davor war, hinzugehen, wurde ich sehr krank. Ich bekam eine so schlimme, verschleppte Stimmbandentzündung, dass ich fast drei Monate nicht sprechen konnte. Damit hatte es sich erledigt, denn als ich wieder gesund war, im Frühling 2008, hatte ich neue sehr aufregende Begegnungen. Aber nie mehr einen solchen Antrag. Jahre später fiel er mir wieder ein und ich schaute im Internet nach ihm. Ich entdeckte erstaunlicherweise eine private, aber öffentlich zugängliche Seite mit schwarzweißen Hochzeitsfotos von ihm und seiner Auserwählten, einer Designerin, die auch ein Restaurant betrieb. Eine hochgewachsene Blondine. Vor ein paar Jahren hat er ein zweites Restaurant eröffnet, nur wenige Schritte vom ersten, das er abgegeben hat. Auch "auf der Torstraße". Vor einigen Jahren war ich mit Ina da, wir probierten die sehr gute Bouillabaisse. Er war im Gastraum nicht zu sehen. Auf der FB-Restaurantseite sind Fotos, wo er in einem Garten Fisch räuchert und in der Restaurantküche etwas zubereitet, mit Brille auf der Nase. Bilder vom selbstgezogenen Gemüse für sein Restaurant. Er scheint ziemlich glücklich geworden zu sein, "auf" der Torstraße.

g a g a - Do, 13. Feb, 12:45

noch1glaswein
13. Februar 2025 um 12:38
Sehr schön geschrieben. Schade, dass du ihn nicht nochmal getroffen hast

Gaga Nielsen
13. Februar 2025 um 12:43
Ich glaube, er kam mir vor ca. zehn Jahren mal unterwegs auf einem Gehweg entgegen und war so in Gedanken, dass er mich nicht wahrnahm. Ich hatte mich aber auch sehr verändert, damals hatte ich ganz dunkle Haare. Es wäre interessant, ob er mich heute wiedererkennen würde, wenn ich ihm in seinem Restaurant begegnen würde, er also Zeit hätte, mich richtig wahrzunehmen.

g a g a - Do, 13. Feb, 12:53

noch1glaswein
13. Februar 2025 um 12:47
Eben, Du hast ein sehr markantes Gesicht. Also im Sinne von einzigartig. Das könnte er wieder erkennen.

Gaga Nielsen
13. Februar 2025 um 12:50
hm… :-)

g a g a - Do, 13. Feb, 19:39

Lydia G.
Das ist er aber nicht, der Herr aus der Geschichte? Schade. Hätte gern ein Foto.

Gaga Nielsen
Geschicktes Googeln führt zum Ergebnis 🙂

g a g a - Fr, 21. Feb, 00:55

Nora Sturm
Harald Juhnke

Gaga Nielsen
Ich musste so lachen, als ich das las – von wegen Harry und „leicht einen sitzen“😁

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