19. Oktober 2023



Der folgende Eintrag korrespondiert mit meinem Abendprogramm. Zur Einstimmung auf den heutigen Filmabend mit geschätzten Freunden im Delphi-Filmpalast, las ich die vergangenen beiden Tage das schmale, gerade erschienene Buch von Heinz Bachmann, "Ingeborg Bachmann, meine Schwester", Piper Verlag 2023. Es folgen zwei Stellen, die mich beschäftigten und berührten. In der ersten Passage ist die Rede von Briefen, die Max Frisch an Ingeborg Bachmann schrieb.

Seite 75

"Das Scheitern der Beziehung überraschte mich nicht und hat mit der Ungleichheit der Beteiligten zu tun. Ingeborg, die die Utopie eines Neuanfangs leben wollte, ein Ideal, das scheitern musste, und Frisch, der im Jetzt zu leben schien und einen Mangel an Empathie und Mitgefühl hatte. Ganz abgesehen von seiner Eifersucht, die allgemein als extrem bekannt war. Was mich beim Lesen der Briefe noch heute verwundert, ist, dass er meiner Schwester oft Durchschriften, nicht die Originale schickte. Wer macht so etwas?"

S. 85

"Vater beschreibt im zweiten Teil des Heftes die Schrecken des Zweiten Weltkrieges, von Standgerichten, dem Chaos des Rückzuges und der Feigheit der SS, die nur ihre Haut retten wollte und sich auf der Flucht um niemanden kümmerte. Vater erzählt bis zur Einkesselung in Prag und der Flucht aus der Stadt mit seinen Untergebenen. Seine Haltung zum Krieg war klar, und er berichtet in seinen Aufzeichnungen von einem Gespräch mit einem Kollegen aus der Schule: »Ich bedaure nichts, was war«, sagte der, und Vater antwortete: »Ich verfluche diese Zeit.« Interessant war, dass dieser Kollege nie »eingerückt« war. Mir gegenüber sagte mein Vater: »Es war fürchterlich, ich kann nicht darüber reden.« Das Schreiben ist ihm leichter gefallen. Er litt unter Albträumen und schlief zum Leidwesen unserer Mutter sehr unruhig und schrie häufig im Schlaf. In seinen Aufzeichnungen besteht eine große Lücke zwischen Jugend, Erstem Weltkrieg und dem Zweiten Weltkrieg. Ingeborg muss wohl auch auf dieses Kapitel gewartet haben, das unser Vater anscheinend nie geschrieben hat. Denn im Gespräch war das sehr klar: »Papa, ich brauche deine ganze Lebensgeschichte.« Ganz allgemein war das Geplänkel der »Tagespolitik« in Gesprächen oder sonst am Esstisch kein Thema. Aber geschichtlich wichtige Hintergründe, das war etwas, das immer wieder aufkam. Die verlorenen Lebensjahre in sinnlosen Kriegen vergeudet, das hat er sich selbst nicht verziehen."

Bewegend. Wir sehen heute in Anwesenheit von Margarethe von Trotta und des Casts und der Filmcrew, ihren neuen Film Reise in die Wüste. Hier ist der Trailer. Ich berichte.

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