01. Februar 2023
Früher, also ganz früher, als ich klein war, gab es im Radio eine Sendung, die meine Mama gerne beim Bügeln hörte. Sie kam am Nachmittag zur Kaffeestunde. Die Radiosendung hieß "Glückwunschkonzert" Ein älterer Onkel mit gemütlichem Tonfall las Geburtstagsglückwünsche vor, die Hörerinnen und Hörer an den Bayerischen Rundfunk geschickt hatten, verbunden mit einem Musikwunsch. Es wurde Oma zum achtzigsten Geburtstag gratuliert oder den Großeltern zur Silberhochzeit. Korrespondierend zum Alter der Jubilare wurde altmodische Musik gespielt, Evergreens und Operettenlieder oder auch mal ein schöner Wiener Walzer. Richard Tauber wurde auch sehr gerne gewünscht. Ich saß dabei auf der Kücheneckbank und durfte die frisch gebügelten Taschentücher übereinander legen oder auch was malen. Vielleicht habe ich auch schon Hausaufgaben gemacht, aber das weiß ich nicht mehr, ich war doch noch klein!
g a g a - 1. Februar 2023, 22:48
Meine Omi hat genau diese Sendung – oder doch eine sehr ähnliche – auch immer gehört, nur habe ich nie Taschentücher für sie zusammengelegt, die zu bügeln sie meines Wissen für unnötig befunden hat („die sind doch sowieso gleich wieder verknorkelt“).
GAGA NIELSEN 2. FEBRUAR 2023 UM 10:29
Das war vielleicht schon genau die Sendung, weil man ja auch in Bayern Radiosender aus anderen Bundesländern empfangen konnte. So wird man auch woanders den Bayrischen Rundfunk reinbekommen haben. Z. B. haben wir oft den Rias Berlin im Radio eingestellt. Das mit dem Bügeln war so eine Art Hobby von meiner Mama, das ich nicht teile. Ich ging ihr auch damit auf die Nerven, dass ich fragte, wieso sie die Taschentücher und die Unterhosen und die Bettwäsche bügelt. Das war für sie wohl sehr befriedigend, den Unterschied von verknittert zu glatt in kurzer Zeit zu erleben. Ein Einstecktüchlein hingegen sollte sehr wohl gebügelt sein, aber das versteht sich ja von selbst. Allerdings hat sie mit besonderer Hingabe die Herrentaschentücher von ihrem Hans, meinem Vater geplättet. Er sollte immer ein gebügeltes feines Taschentuch parat haben, wenn er unter Leute ging. Und das ging er ja oft. Die Vorstellung, dass er mit seinem Saxophon oder seiner Klarinette auf einem Bühnenpodium saß, und ein ungebügeltes Taschentuch herausholte, war ihr ein Graus. Und wenn ich es mir vorstelle, finde ich es eigentlich doch verständlich. Ein verknittertes Stofftaschentuch wirkt doch ein bißchen benutzt und nicht sehr attraktiv.