30. November 2015












Da capo Ernst Fuchs. Im Bett. Noch niemals, nicht in zwöf Jahren, habe ich aus meinem Bett gebloggt. Ich habe den Rechner heruntergefahren, nach einem Sonntag, der in den letzten Stunden ganz Ernst Fuchs gewidmet war. Total. Auf youtube noch einmal zwei wunderbare Dokumentationen gefunden, eine davon die Urversion des Zusammenschnittes, den der ORF unlängst mit dem Label "Eros und Mystik" gesendet hat. Im Original blumig betitelt "Mit den Augen der Seele". Viel ausführlicher, viel stimmiger, unkastrierter. Vieles, was Fuchs erzählt, gibt in der epischen Ausführlichkeit erst Sinn, man begreift. Es lohnt sehr, die zehn Sequenzen anzusehen. Und ein weiterer Dokumentarfilm, der anhand des Titels "Die phantastische Kunst" den Eindruck erweckt, es handele sich lediglich um eine kunsthistorische Abhandlung, aber nein. Wir erfahren viel, ganz Wesentliches über Ernst Fuchs und sein Verständnis vom Schöpfungsakt und seine Liebe zu Kindern, die auch zu Wort kommen (nicht alle sechzehn, aber einige). Eine fulminante, gegenseitige Liebeserklärung. Dann fand ich auch noch ein dreigeteiltes Video, in dem dokumentiert wurde, wie Ernst Fuchs in den Achtziger Jahren, 1987, seinen jungen Freund Falco portraitierte, der während der Sitzungen ein Gedicht nach dem anderen rezitiert. Was für ein Schöngeist. Da hatten sich zwei gefunden. Alles im Großen Salon der Fuchs-Villa. Damals stand auch schon die Jugendstil-Dame am Fenster. Der Salon war Atelier. Eines der Fuchs-Kinder, ein kleines Mädchen (oder ein Enkelkind?) springt ins Zimmer, will den Pinsel greifen, mit väterlicher Güte verwehrt er sanftmütig den Pinsel und schlägt dem kleinen Nackedei vor, ein eigenes Bild zu malen, auf schönem großen Papier! Also auch sehr sehenswert. Und zuguterletzt spazierte ich durch die facebook-Alben der Familie und der Trauergäste. Dabei fand ich ein Album, in dem all die Bilder zu sehen sind, die ich mir bislang nur vorstellte, weil es kein offizielles Bildmaterial gibt, nicht von der Beisetzung und dem Empfang, dem Agape, wie es genannt wird, danach in der Fuchsvilla. Die Bilder sind öffentlich einsehbar und deswegen meine ich, es ist kein Verbrechen, wenn ich wenigen freundlich Interessierten den Zugang ermögliche, hier lesen ja eh nur ein paar handverlesene Exoten mit, die meine Spezialinteressen halbwegs nachvollziehen können. Ich erinnerte mich in den letzten Tagen immer wieder daran, wie es war, durch diese Räume der Fuchsvilla zu schreiten und immer wieder fassungslos fasziniert vor der Gewalt dieser Werke innezuhalten. Dass das ein einziger Mensch erschaffen haben kann. Immer wieder heißt es, er habe altmeisterlich gemalt. Ja. Anders kann man es nicht sagen. Wer kann das noch. Wie Arik Brauer sagt, niemand hätte das gekonnt, außer ihm, ganz unvorstellbar heutzutage. Unersetzlich. Kaum zu fassen. Er konnte selbst darüber staunen. In dem einen Film sagt er, dass er bei manchem, was er so früh geschaffen hat, ein Empfinden hat, dass es von einer derartigen Genialität war, dass ihn eigentlich besser gleich der Schlag hätte treffen sollen, was sollte da noch kommen? Und was er danach zum Teil für einen Blödsinn fabriziert hätte, am besten gleich vergessen. Das war nicht kokett. Es stimmt ja auch, unter Abertausend Zeichnungen, Radierungen, Gemälden ist fürchterlicher Kitsch. Aber die Gewalt seiner genialsten Werke stellt alles in den Schatten. So dermaßen. Ich musste dem großen Fuchs jetzt noch einmal die letzte Ehrerbietung zollen. Zwar war ich am Mittwoch nicht in Person und Verkörperung bei seinem Requiem im Stephansdom und seiner Beisetzung, aber in Gedanken. Bei meiner Seel. Und deswegen habe ich noch einmal den Rechner genommen, in mein Bett, um das zu schreiben, ihm zu gedenken, ihn und all das, was er erschaffen hat, zu erinnern.

arboretum - 30. Nov, 15:45

Jenes verlinkte Album ist inzwischen nicht mehr öffentlich.

g a g a - 30. Nov, 18:06

Es ist öffentlich in dem Sinne, dass man es mit einem x-beliebigen facebook-account sehen kann, wenn Sie also jemanden kennen, der bei fb ist und die- oder derjenige es aufruft, ohne mit der Album-Besitzerin befreundet zu sein, ist es sichtbar. Man kann für solche Zwecke ja einen Dummy-Account als Herta Müller anlegen. Nur falls die Neugier überhand nimmt. Es gibt aber keine Sensationsbilder, weder vom aufgebahrten Leichnam noch tragische Bilder mit fassungslosen Witwen oder dergleichen. Ich fand es interessant, wie die Gruft, in der seine Mutter bestattet wurde, die er selbst entworfen hat, geöffnet aussieht. Man hat dafür die komplette Mosaik-Platte und den einrahmenden Mosaik-Fries entfernt, es ist ausbetoniert. Und es gab noch eine kleine extra Trauerfeier in der Aussegnungshalle vom Hütteldorfer Friedhof, wo man die bedeutend kleinere Trauergemeine bei der Andacht sieht, als Arik Brauer spricht. Und dann war noch interessant für mich, wie die Villa wirkt, die ich ja nur menschenleer erlebte, wenn dort gefeiert wird. Man kann sie ja auch mieten, konnte man schon immer, für Empfänge und sonstige Festivitäten. Außerdem gab es Ablichtungen des gedruckten Ablaufs des Requiems, das die Trauergäste bekamen, wo man lesen konnte, welche Choräle gesungen wurden.

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