24. Juli 2022





Ganz nah am Königstor, auf den letzten Metern der Königstraße. Zuerst kommt der Gasthof Bocksbeutelstube, in dem man auch übernachten kann und direkt daneben das Hotel Victoria und da ist auch gleich das Königstor mit dem Eingang zum Handwerkerhof, dem ich mich schon gewidmet habe. Erst heute Vormittag habe ich begriffen, wieso mir die Königstraße so heimelig erschien, anders als früher. Ich spreche von vor ca. 36 Jahren, als ich aus Nürnberg wegzog. Neben meiner rosa Touristenperspektive und dem strahlenden blauen Himmel lag es sicher auch an dem nicht mehr vorhandenen Autoverkehr. Ab dem Königstor wurde die Königstraße ab Ende Mai 2022 zur Fußgängerzone erklärt. Ebenso die Theatergasse und noch eine andere. Aber weitere Straßen in der St. Lorenzer Altstadt sind seit längerem Fußgängerzonen, auch die waren mir als solche nicht vertraut. Und noch mehr, vor allem in St. Sebald, sollen dazu kommen. Früher gab es "DIE" Fußgängerzone, die Breite Gasse. Das ist nun eine von vielen, das ist eine Politik, die mir als leidenschaftlicher Flaneurin überaus zusagt. Man hat erkannt, dass sich der Charme der Altstadt noch besser entfalten kann und infolgedessen auch der dort ansässige Handel profitiert, weil ein Einkaufsbummel einen neuen Reiz bekommt, da nun noch ausgiebiger gebummelt werden kann. Die dreidimensionale Welt sinnlich zu erfahren, kann eben nicht durch Streetview und Amazon (die ich auch oft benutze) ersetzt werden.





24. Juli 2022



Und weiter Richtung Königstor. Vorbei am schmalen Durchgang zum Klarissenplatz, wo jetzt das Neue Museum steht, man sieht die Stahl- und Glaskonstruktion am Ende des Gässchens. Den Besuch habe ich mir für ein andermal aufgehoben. Wir sind auf der Höhe Königstr. 76, dreht man sich um, hat man über den Sonnenschirmen die spitzen Türmchen von St. Lorenz im Blick.







24. Juli 2022





Der Eindruck hat sich nun verfestigt, dass Sandstein der bevorzugte Baustoff in Nürnberg war, und in den Altstadtvierteln wie St. Lorenz und St. Sebald besonders dicht erhalten oder wiederhergestellt. Das schmale Haus vom Hotel Drei Raben ist nicht denkmalgeschützt, das gilt wohl als Durchschnittsware. Schön, dass die Beschriftung so sorgsam ausgeführt ist. Wieviel die Typographie doch ausmacht. Das Hotel ist von innen nicht so mein Geschmack, die Zimmer sind mir zu seltsam dekoriert, auch die Themen zu aufdringlich, mit den überdimensionalen Spielzeugfiguren. Aber die Lage ist toll, auch mitten in der Königstraße, mehr oder weniger schräg gegenüber der Mauthalle. Man könnte denken, dass das mit dem Sandstein jemandem, der diese Wege Hunderte, wenn nicht Tausende Male ging, schon früher hätte auffallen können. Aber woran denkt man, wenn man von A nach B geht, im Alltag? An das Ziel, was man als Nächstes vorhat. Aber bestimmt nicht an Baustoffe. Flanierenderweise interessiert es einen. Das Schöne an Sandsteinfassaden ist, wenn sie nicht getüncht oder sonstwie versiegelt sind, dass sie zu atmen scheinen, lebendige, gewachsene Strukturen zeigen. Man legt gerne die Hand auf einen warmen Stein. Erdend und beruhigend.



24. Juli 2022







Es folgt eine exzessive Fotostrecke der Markisen der Mauthalle. In der Mitte der Königstraße ist ein Platz, der Hallplatz, da steht die Mauthalle, ein Schild mit Hinweis auf den "Mautkeller". Mein privater, persönlicher Bezug: mein Vater ist in den Siebziger Jahren dort häufiger aufgetreten, entweder mit seiner Band oder einer Kapelle. Er spielte in mehreren Formationen, heute würde man Coverbands sagen, in Swingorchestern, aber auch Blaskapellen und aushilfsweise bei den Nürnberger Symphonikern. Weil ich den wiederkehrenden Satz "Heute Abend spielen wir im Mautkeller/in der Mauthalle" im Ohr habe. Meines Wissens war ich nie drin, auch nicht im Kellerlokal. Das denkmalgeschützte Riesengebäude war im Mittelalter der größte Nürnberger Kornspeicher. Mir gefallen die gestreiften Markisen, ich finde, es sollte an allen Häusern Markisen an den Fenstern geben, das gibt so ein leichtes, luftiges, mediterranes Flair. Da ich mich nicht entscheiden konnte, welche Fotos ich davon weglasse, sind es nun so viele geworden. Seltsam, dass ich beim Recherchieren überhaupt keine Hinweise finde, dass es im Mautkeller mal eine kleine Bühne gab. Vieles geht doch trotz Internet verlorden, es gibt keine Spuren. Vielleicht war früher eine im Kellerlokal. Mein Vater ist da aufgetreten, das weiß ich ganz bestimmt. 1498 bis 1502 erbaut, also hat der Maler Albrecht Dürer mit eigenen Augen gesehen, wie sie gebaut wurde.



































23. Juli 2022





Mein Schulweg, die Königstraße entlang, über den Hallplatz, vorbei an Obstständen beim Hotel "Deutscher Kaiser", Richtung Bahnhof, auch mein Weg am 30. Juni, ein Donnerstag, gegen Mittag, kurz vor 13 Uhr. Vielleicht war die junge Frau mit dem Pferdeschwanz auch auf dem Weg nach Hause... oder machte eine Mittagspause.



23. Juli 2022









Richtung Museumsbrücke, Hausnummer Königstraße 1, die Königspassage. Nürnberg hat nicht nur Mittelalterflair, sondern ausgiebige Einkaufsmöglichkeiten, Kaufhäuser, Boutiquen, Cafés, eine Fußgängerzone, die Breite Gasse, alle bekannten Markengeschäfte. Es ist keine Kleinstadt, hat aber eine romantisch-gemütliche Patina. Die Königstraße hat noch eine zweite Passage mit Fünfziger Jahre-Charme, die Ostermayr-Passage in der Königstr. 33 - 37. Dort besuchte ich zwei Jahre von 1982 bis 1984 eine Sprachenschule. Sie war in den oberen Etagen, darunter gab es ein zweigeschossiges, elegantes Café, das umgebaut und neu eröffnet wurde, das Café Opera. Ich war nicht da, hatte aber ein Wiederkennen, als ich die Fotos sah. Dort gab es die butterigsten Croissants, wir holten sie in der Pause oder gingen nach Schulschluss hin. In meiner Klasse war die damalige Miss Franken, eine kurvige Blondine mit Solarium-Teint und extrem weißen Zähnen, die sich mehr durch Markenkleidung als durch Sprachtalent hervortat. Wir anderen trugen eher Understatement, gerne Schwarz. Sie ist mir ausschließlich in Pastell in Erinnerung, puderrosa Poloshirts von Lacoste und hellblaue, knallenge Jeans von Fiorucci. Sie war "Popper". Sie hatte mehr Taschengeld als wir, da sie auch modelte und weilte daher täglich im nicht ganz billigen Kaffeehaus mit der runden Balustrade, die beide Etagen verband.

23. Juli 2022







Mitten in der Königstraße, gegenüber der Lorenzkirche, da wo die Karolinenstraße anfängt, steht das Nassauer Haus, ein mittelalterlicher Wohnturm, unten ist eine rustikale Gastwirtschaft. Dieser Turm hat mich noch nie beschäftigt, auch habe ich ihn nie betreten, er ist einfach immer dagewesen. Das Besondere am Blick auf eine Stadt, die man seit seiner Kindheit kannte ist, dass die wichtigsten Erinnerungen ganz wenig mit Sehenswürdigkeiten zu tun haben und sich deshalb auch nur Erinnerungen vordrängen, die einen ganz privaten persönlichen Bezug haben. Das ging mir mit dem Platz vor der Lorenzkirche so, und als ich in Richtung Karolinenstraße blickte, fiel mir sofort und ausschließlich eine mich elektrisierende, aufregende Begegnung ein, die links von diesem Nassauer Haus passierte. Ich schrieb sie auch in mein Tagebuch.



Wenn ich jetzt nicht zu bequem wäre, die Stelle zu suchen, bzw. erstmal das Datum zu verifizieren und dann das entsprechende Tagebuch überhaupt zu finden, würde ich daraus zitieren. So schreibe ich hier jetzt nur, dass ich zwischen 1983 und 1985 im Vorbeigehen einen jungen Mann sah, damals Mitte Zwanzig, der mich stark beschäftigte. Er war nicht allein, seine wesentlich ältere Freundin lief neben ihm. Er stolzierte geradezu über diesen Platz und fiel auch auf, da er sich immer extravagant kleidete. Bis dahin war ich ihm immer im näheren Freundes- und Bekanntenkreis begegnet, in einer Gruppensituation. Von der Freundin wusste ich, da sie immer und überall dabei war, auch als seine Chauffeurin. Ich war völlig aufgewühlt, weil ich mich auf diese zufällige Begegnung (die noch nicht einmal gegenseitig war, die liefen einfach nur vorbei und ich sah sie, sie mich aber vermutlich nicht) innerlich nicht vorbereiten konnte, so wie sonst. Ich spürte überdeutlich, wie stark meine erotisierten Gefühle waren. Obwohl sie mich auch kannten, aber wohl nicht wahrnahmen, hatte ich keinen Impuls sie anzusprechen. Ich war nur an einer Begegnung mit ihm alleine interessiert und hatte keine Lust auf höflichen, zu nichts führenden Small Talk mit seiner mutterhaft agierenden Freundin. Das ist natürlich keine adäquate Geschichte für einen Reiseführer durch Nürnberg für Gott und die Welt, den ich aber auch gar nicht zu verfassen beabsichtige. Für mich einfach reflexartig mit dieser Stelle in der Königstraße, Ecke Karolinenstraße verbunden. Beim Durchsehen der Fotos fällt mir jetzt erst auf, wieviele aufgemalte Sonnenuhren es in Nürnberg an mittelalterlichen Bauwerken gibt.

22. Juli 2022







Letztes Kapitel Hotelflurbilder. Noch einmal gegenübergestellt Jakob Fugger seitenverkehrt in der Hotelbar und Jakob Fugger im Original, auch wieder im Besitz der Alten Pinakothek, aber in Augsburg hängend, und noch einmal ich vor Kaiser Maximilian I., den Albrecht Dürer kurz nach seinem Tod malte, wohl im Auftrag von Jakob Fugger. Das Maximilian I. Bild hängt wieder in Wien im KHM. Albrecht hat erreicht, was er wollte: sehr bekannt werden. Seit über einem halben Jahrtausend beschäftigen sich die Menschen mit ihm und seinem Werk. Auch bei meinen kommenden Fotoalben spielt er immer wieder mal eine Rolle, am Ende werden alle denken, sie waren in Nürnberg und sind mit Albrecht auf Du und Du. Mir kommt er auch schon vor wie ein alter Freund von früher. Komisch, dass er nicht bei der Hochzeit von meinem Neffen war. Vielleicht war er gerade wieder in Venedig und konnte deshalb nicht dabei sein, Albrecht Dürer wurde übrigens nur knapp 57 Jahre alt, er starb sechs Wochen vor seinem 57. Geburtstag. Und ich werde in knapp sechs Wochen exakt genauso alt! Da ich noch Hunderte Fotos aus Nürnberg zu verarbeiten habe, werde ich mir ganz gewiss keinen unzeitigen Abgang gestatten!

22. Juli 2022



Die Sonne tritt soeben in das Zeichen Löwe! Auch im Flur des Hotel Saxx gibt es einen Löwen, natürlich von Albrecht Dürer. Wer hätte es gedacht: das große Tier ist im Original eine sehr kleine Zeichnung, von der vermutet wird, dass sie von Dürer unterwegs bei seiner ersten Venedigreise 1494 mit Aquarell und Deckweiß angefertigt wurde, möglicherweise erst später mit Gold erhöht. Das Pergamentblatt ist nur 12,6 x 17,2 Zentimeter groß. Einen leibhaftigen Löwen hat Albrecht Dürer - soweit bekannt - zu dem Zeitpunkt noch nicht lebendig vor sich gehabt, ebensowenig wie sein berühmtes Rhinocerus auf einer persönlichen Naturstudie beruht. Da es in Venedig aber schon damals an allen Ecken Löwen gab, wird davon ausgegangen, dass ein Markuslöwe seine Vorlage war. Auf der Seite der Hamburger Kunsthalle, die dieses kostbare Pergament seit 1863 im Kupferstichkabinett bei "Zeichnungen, Deutschland, 15. - 18. Jh." verwahrt, finden sich ausführliche kunsthistorische Mutmaßungen und Untersuchungsergebnisse.

22. Juli 2022



Klein im Original und groß im Hotelflur. "OSWOLT KREL 1499" hat Albrecht mit feinem Pinsel in Gold über das Portrait geschrieben. Der junge Mann war der Rechnungsführer der "Großen Ravensburger Handelsgesellschaft" und weilte nur vorübergehend in Nürnberg. Ich gehe davon aus, dass das auch ein Auftragsportrait war. Es ist auf ein Stück Lindenholz im Format 49,7 x 38,9 cm gemalt und der Mittelteil eines Triptychons. Das gute Stück ist seit 1828 im Besitz der Alten Pinakothek in München. Im Dürersaal des Albrecht Dürer-Hauses befindet sich eine hochkarätige Kopie des Triptychons, von 1961 von Andreas Bach.

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