27. Juli 2019

In diesen Tagen fiel mir wieder eines meiner Lieblingsgedichte in die Hand, es ist von Friedrich Rückert, aus dem 1822 veröffentlichten Gedichtband "Oestliche Rosen", Zauberkreis. In meinem Atelier steht ein Koffer, darin sind Fundsachen, Reliquien aus Papier und auch einige Ausdrucke von diesem Gedicht.

Was steht denn auf den hundert Blättern der Rose all?
Was sagt denn tausendfaches Schmettern der Nachtigall?
Auf allen Blättern steht, was stehet auf einem Blatt;
Aus jedem Lied weht, was gewehet im ersten hat:

Dass Schönheit in sich selbst beschrieben hat einen Kreis,
Und keinen andern auch das Lieben zu finden weiß.
Drum kreist um sich mit hundert Blättern die Rose all,
Und um sie tausendfaches Schmettern der Nachtigall


Ich gab Ina gestern eines mit auf den Heimweg, sie hatte mich am Abend besucht. Wir saßen auf dem Balkon und haben gegessen und Sancerre getrunken. Ich erzählte ihr unter anderem, dass ich für die letzte Physiotherapiestunde etwas für meinen Therapeuten vorbereitet habe. Wir sprachen, während er mich behandelte, über Musik und Dichtung und Malerei, aber auch über Essen und gute Getränke. Da er Sancerre nicht kannte und ich ihm einen bestimmten empfehlen wollte, beschrieb ich das Aussehen des Etiketts auf der Flasche. Das schien mir dann so umständlich, dass ich anbot, einfach eine Flasche zum nächsten mal mitzubringen, da ja außerdem auch sein Geburtstag vor der Tür steht. Ganz pragmatisch, es sollte nicht als Auftakt zu einer Verabredung rüber kommen. Er hob die Hände "ach nein, das ist wirklich nicht nötig".

Kriegt er eben nur das Etikett von der guten Flasche, die ich neulich mit Jenny und Saskia auf meinem Balkon vernichtet habe. Das Etikett hat hinten so einen hartnäckigen Klebefilm, deswegen musste ich es auf ein Stück Papier aufkleben. Wäre ja nicht sehr angenehm, ihm so einen klebrigen Zettel in die Hand zu drücken. Da fielen mir die Blätter mit den Ausdrucken von Zauberkreis ein, und ich klebte das Etikett auf eine der Rückseiten, im Bereich, wo die Zeilen gedruckt waren, zufällig in dem gleichen Format formatiert, das die Größe des Etiketts hat. Hab es dann auf die Etikettgröße klein geschnitten. Ich hatte ihm bei einer der ersten Sitzungen auch von Rückert erzählt, er kannte ihn nicht, schien aber sehr interessiert.



Jetzt bekommt er eben zur letzten Sitzung Lernmaterialien mit auf den Weg. Dass ich außerdem auch noch eine Flasche von einem sehr guten Médoc besorgt habe, die ich ihm dann auch in die Hand drücke, wo er doch gerne Rotwein trinkt, ist ja wohl nicht völlig überzogen. Das macht man schon mal, wenn man von jemandem so lange behandelt wurde, als Geste des abschließenden Dankes, ohne Hintergedanken. Ist außerdem auch Lehrmaterial, da er Rioja mag und die von mir geschätzten roten Franzosen bislang kaum kennt, das kann er nicht ablehnen.

26. Juli 2019

Gerade sehr gelacht. Meine Freundin B. – heieiei – wir tauschten uns über die (Neuro)Marketing-Käuferkategorie „Hedonist“ aus, ich kam auf meinen Kaftan-Kaufanfall zu sprechen, was mich teilweise auch für diese Hedonisten-Etikettierung qualifiziert. Dann kam ihr die Erinnerung an ihre Schulzeit in den Siebzigern, wo sie auch mal verschiedene Kaftan-artige Modelle trug. Eins war mehr so eine Tunika, die gerade über den Hintern ging, aus so einem leichten Stöffchen mit viel Ornament am Ausschnitt. Es gab einen Klassenkameraden, der sehr stark an B. interessiert war, sie aber leider nicht an ihm. Als sie wieder einmal die kurze Kaftan-Tunika mit nackigen Beinen trug, nahm er sie beiseite und unterbreitete das Angebot:

„Wenn du DAS mal ohne Unterhose anziehst, kriegst du von mir HUNDERT Mark!“

25. Juli 2019

"Strawberrys, cherrys and an angels kiss in spring....
my summerwine is really made from all these things."




Läuft gerade bei mir, liebe es - Summerwine von Lee Hazlewood und Nancy Sinatra. Evereverevergreen.

25. Juli 2019

Eben gedacht, der letzte Eintrag liest sich ja doch etwas anstrengend. Vergessen, dass meine Leser nicht in mir drinstecken! Muss zu meiner Entlastung anführen, dass ich nur das Zeug abtippe, das mir gerade spontan durch den Kopf schießt. Wäre ja auch verwunderlich, wenn da jeder folgen könnte, die wissen ja alle gar nicht, was mir für Sachen passiert sind, die zu solchen Gedanken führen. Sorry. Wollte niemanden überstrapazieren, zumal bei den Temperaturen.

25. Juli 2019

Aus meinem goldenen Notizbuch XXIII.
25. Juli 2019:

„Coca Cola-Reklametafel am Hackeschen: „ANGER CAN‘T DREAM - LOVE CAN“ (hm…) Meine Qualitäts-Kalauer-Arroganz. Literarische Befangenheit.“

Im ersten Moment beim Lesen des Coca Cola-Kalenderspruchs gedacht: „hübscher Gedanke“. Dann: „kommt darauf an, wie eng man „Träumen“ fasst. „Anger“ kann durchaus träumen. Das Ergebnis sind nur keine Schäfchenwolken, sondern dunklere Himmelsszenarien: Donner, Blitz, reinigendes Gewitter. Erdbeben. Sturmflut. Hurrikan. Reset. Ende und Neubeginn. Nach Waldbränden regeneriert sich der Waldboden, neben den verkohlten Baumstämmen sprießen irgendwann kleine junge Bäume und in irgendeinem kommenden Frühling überdecken zarte, maigrüne Blätter die kohlschwarze Erinnerung an den alten zerstörten Wald. Bestimmt hat der Kontrast auch eine eigene Schönheit, wenn im jungen Paradies Fragmente der Zerstörung wie ein Denkmal stehen. Wie eine Signatur vergangenen Lebens, spannende Narben. Kalendersprüche bilden selten komplexe Gedankengänge ab. Aber immerhin können sie wie der Coca Cola-Spruch dazu inspirieren. Abermals kam mir ein Zitat des Schriftstellers Hans Blüher in den Sinn (sinngemäß, finde es nicht mehr schwarz auf weiß): „Nur sehr seltene Menschen haben die Größe, das Verbrecherische in sich zu erkennen“. Christlich konditioniert gehören dunkle Träume nach-paradiesischer Zustände in die „pfui-pfui!“-Schublade. Es ist sowohl tabu destruktive Phantasien („Phantasie“, die Zwillingsschwester der Tagträumerei) in ausgeführte Handlungen umzusetzen, als auch den dunklen Gedankengang zu pflegen. Auch ich bin dagegen, schon aus Selbstschutz, da dunkle Gedanken Lebenszeit beanspruchen, die damit nicht mehr für schön und lustvoll Erlebtes (wenn auch nur in Gedanken) zur Verfügung steht. Man soll sich ja nur Substanzen hoher, vitaler Qualität einverleiben. Hat Costa Cordalis, Gott hab ihn selig, übrigens auch gewusst. Schlechte Energie sollte nicht durch Aufmerksamkeit geehrt werden. Das haben die Verursacher dieser dunklen Befindlichkeiten nicht verdient. Zu viel der Ehre. Aber sich einzugestehen, dass ein schmerzhafter Dorn in einem steckt, der auf zermürbende Art irgendwann auch Gefühle von Zorn verursacht, so dass man den Schmerz mit der Wurzel ausreißen möchte, auch gewaltsam, weil man es anders noch nicht geschafft hat, das einzugestehen, finde ich respektabel, ja mutig, weil man nur sehr selten dafür plakatives Verständnis ernten wird. In Zeiten der Mode-Weltanschauung Buddhismus wird einem zusätzlich mit schlimmen Karmapunkten gedroht. Ich halte nicht die andere Wange hin. Ich vergebe auch nicht, wenn Reue Fehlanzeige ist. Dann ist die liebevolle Bilanz nicht ausgeglichen.

Die Notiz „Meine Qualitäts-Kalauer-Arroganz“ bezieht sich auf die Erkenntnis, dass ich jedem, ob er es hören will oder nicht, mitteile, dass ich Kalauer hasse. Wenn ich mir aber den einen oder anderen Eintrag von mir anschaue, muss ich feststellen, dass mir kalauerende Gedanken und Einträge unterlaufen, die mir offenbar nicht zu blöd sind. Ich mache manchmal gerne Quatsch, also nun keine Streiche spielen, aber albern herumphantasieren. Gestern zum Beispiel berichtete ich stolz von der Eröffnung meiner – jetzt hätte ich fast geschrieben „Karma-Boutique“ (auch schön) – meiner „Kaftan-Boutique“. Also nur für’s Protokoll: ja, ich habe vorgestern mehrere Kaftane angeboten und auch Käuferinnen gefunden. Wir haben eben „Kaftan-Boutique“ gespielt. Wie man als Kind Doktor-Spiele gemacht hat. Warum ich dann einen ganzen Eintrag über ein albernes Spielchen (wobei echte Kaftane und echtes Geld im Spiel waren!) schreibe, das kaum einer, außer den beteiligten oder eingeweihten Damen nachvollziehen kann, wissen die Götter. Wahrscheinlich hat es mir gerade am nötigen Ernst gemangelt. Ich entschuldige mich dafür. Ich wollte Ihre Lebenszeit nicht damit vertun, unsinnige Mitteilungen zu lesen. Was ich tatsächlich gar nicht (mehr) mag, sind überbordende, vermeintlich kreative Wortspielereien. Ich liebe es, wenn jemand auf mich packende Weise Dinge mit bekannten und geläufigen Worten ausdrückt. Das ist eine ganz große Kunst. Wortspielereien sind schon arg Achtziger. „Friseur Hairlich“, „Unzumut-Bar“ etcetera. Wenn ein Kalauer öffentlich dargeboten wird, sollte für meine Ansprüche ein derart exorbitantes Amusement-Potenzial vorhanden sein, dass man sogar dann lachen muss, wenn man sich fest vorgenommen hat, keine Albernheiten zu tolerieren.

Zur Notiz „Literarische Befangenheit“ kann ich erklären, dass mir aktuell bei mir auffällt, dass ich gerne hier ein wenig detaillierter über gewisse Begegnungen berichten würde, mich aber nicht so recht traue, weil ich mir unsicher bin, ob ich diese Einträge dem Betroffenen gegenüber auf Dauer unter den Teppich kehren kann. Schade, da der Unterhaltungswert recht gut wäre. Also nur exclusives Material für Freundinnen-Gespräche. Wenn die nicht wären…! Man müsste ersticken. Sind nicht mal schlimme Sachen, aber dass ich hier überhaupt schon das Eine oder Andere geäußert habe – ohne dass der Betroffene davon Kenntnis hat, ist mir auf Dauer ein bißchen unangenehm. Die Einträge rücken ja irgendwann so weit nach hinten, dass bei Entdeckung von meinen kleinen Reportagen die Lust rückwärts zu blättern, irgendwann aufhört. Den Begriff „literarisch“ habe ich nur mangels eines passenderen Adjektivs benutzt. Ich sehe mich nicht als angehende Literatin, träume auch nicht von Romanveröffentlichungen oder dergleichen. Ich schreibe zur reinen Erholung, Spaß an der Freud. Erfundene Geschichten interessieren mich auch eher nicht. Ich liebe Autobiographisches. Die Wunderwelten der Realität!

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