12. Februar 2014

Heute Nachmittag ein Telefonat, das mich beschäftigt. Was kann man missverständlicherweise von einigem halten, was ich in der Öffentlichkeit zeige? In meiner Suppe schwimmend, denke ich immer, ich agiere in einem komplexen Kontext, der leicht zu erfassen ist. Aber das stimmt nicht. Denn niemand kann, könnte, der jetzt erst auf mich stößt, rational, in der von mir erlebten und gemeinten Komplexität verstehen, wie ich ohne Disclaimer in der Reihe von Opus 1 - Opus 97 ein Video zeigen kann, in dessen Abspann "to Leni" oder "dedicated to Leni Riefenstahl" steht, und zugleich eine heftige Gegnerin jeglicher Nazi-Ideologie sein kann. Bin. Gut, dass ich darauf hingewiesen werde. Ich habe jetzt einen mit Sicherheit unzulänglichen Disclaimer darunter geschrieben. Ich weiß um alle biographischen Ereignisse und zu geißelnden Vermächtnisse von und um Frau Riefenstahl, die einem in dieser Welt, zu dieser Zeit, hier und heute, zugänglich sein können. Da ist keine Koketterie im Spiel, keine Verniedlichung oder Ignoranz, was die Folgen ihrer Verstrickung anbelangt. Aber so könnte es interpretiert werden. Unendlich viel könnte ich jetzt schreiben, wie es mich beschäftigt, die Mechanismen zu durchschauen, die Werkzeuge, mit denen Macht erlangt wird. Und wie interessant ich den Gedanken finde, Machthaber, selbst rückwirkend, die ihre Macht für lebensverachtende Ideologien missbrauchen, zu entwaffnen, ihnen die Macht zu entziehen, sie vorzuführen. Sie durchschaubar zu machen. Indem man ihre Wirkungsweise analysiert und begreift. Und durchaus das Fasznierende daran, immer noch als faszinierend bestehen lässt. Funktion und Missbrauch auseinanderdividiert. Verdammt ja. Das ist hochkomplex. Ich würde das visuell hochgradig talentierte, eigenwillige Talent Leni Riefenstahl am liebsten rückwirkend auf die Seite einer guten Ideologie ziehen, einer mitfühlenden, nicht diktatorischen. Aber das diktatorisch. Ach. Ein aussichtsloses Unterfangen. Ja, komplex. Oder immerhin in der Gegenwart ein Bewusstsein für fatale Mechanismen schaffen. Wer mein Zeug hier lange liest, wird bemerkt haben, dass ich keine eindimensionalen Blickwinkel einnehme. Ich versuche immer, Ursachen auszuloten. Nicht, um etwas zu entschuldigen, sondern um ein Werkzeug in die Hand zu bekommen, konstruktiv für einen guten Geist aktiv zu werden. Ich lerne immer noch dazu. Danke für deinen Anruf, Victor.

10. Februar 2014



Irgendwann dazwischen, zwischen Singsang heute Nachmittag. Die Sonne verwöhnt Berlin. Vielleicht das ganze Land. Die Berlinale-Gäste werden sich freuen, die schönen Frauen auf dem roten Teppich. Sie können ihre Roben ein paar Minuten zeigen, ohne sich gleich zu erkälten. Man steht immer noch an, wenn man Berlinale-Karten haben will, höre ich. Manche haben Verbindungen und werden beglückt, aber der Rest steht sich die Beine für das begrenzte Kontingent in den Bauch. Ein Glück, dass das an mir vorbeirauscht. Wundert mich selber seit einigen Jahren, dass es mich nicht mehr elektrisiert. Erschreckend, wie ignorant und selbstgenügsam ich mitunter bin. Man darf es gar nicht laut artikulieren. Aber mit Arroganz oder Ignoranz hat es weniger zu tun, als mit einem zunehmenden Geiz, was meine frei verfügbare Zeit angeht. Es ist ja nicht so, dass bei der Berlinale bessere Filme laufen, als im regulären Kinoprogramm, eher im Gegenteil. So ein Festival bietet eben auch eine Plattform für Experimente, bei denen man noch nicht recht weiß, ob sie ein Publikum finden. Viel Freude allen, die sich die Mühe machen, sich damit zu befassen. Sicher auch nicht zuletzt wegen der Elektrizität von Mediendichte, der Hoffnung, irgendeine prominente Figur aus dem internationalen Film zu sehen. Mir ist das zu unpersönlich, so auf Distanz, zum roten Teppich oder dem Podium einer Pressekonferenz. Ich hatte vor zweiundzwanzig Jahren einen Liebhaber, der immer auf der Berlinale zu tun hatte, als Dolmetscher und Übersetzer. Er musste unter anderem auf der parallel laufenden Verleiher-Messe Übersetzungen für noch nicht synchronisierte oder noch nicht untertitelte Filme aus dem Spanischen machen, die er dann dolmetschenderweise während der Film lief, vortrug. So habe ich es zumindest verstanden. Und wenn dann ein spanisch sprechender Filmstar oder Regisseur anwesend war, hat er häufig den Auftrag gehabt, bei Interviews zu dolmetschen. So hatte er regelmäßig mit Carlos Saura und anderen Protagonisten aus Spanien und Lateinamerika zu tun. Mit Saura hat er dann auch abseits der Berlinale freundschaftlichen Kontakt gepflegt. Und wen er da nicht alles noch getroffen hat. Aber ich hatte damit nichts zu tun, das wurde schön auseinanderdividiert. Wie überhaupt auch anderes. Oh ich könnte pikante Sachen erzählen, aber so interessant war er dann doch wieder nicht. Jedenfalls ein Schlitzohr. Meine wenigen Berlinale-Besuche datieren auf die Anfangsjahre, als ich gerade nach Berlin gekommen war, da wollte ich auch diese Luft schnuppern. Was mir sehr eingebrannt ist: die vielen, vielen Kabel auf dem Boden vom Zoopalast, von den ganzen Fernseh-Teams. Und viel Geschnatter, alles sehr voll und viele ernst und wichtig dreinschauende Film-Liebhaber. Bei einem Eröffnungsfilm dabei zu sein, ist schon festlich, dafür lohnt es sich anzustehen, wenn überhaupt. Wozu ich nicht nein sagen würde ist, wenn mich einer zu irgendeinem Empfang mit wirklich hochattraktiven Leuten bitten würde, da würde ich schon aus Berechnung hingehen. Als Gast wohlgemerkt. Aber sich als Fotograf zu akkreditieren, ist ein Zirkus, der mir schon aus Kenntnis aus zweiter Hand in jeder Hinsicht zu viel wäre. Die Geschichten aus der Foto-Lounge, da neben dem Hyatt reichen mir schon. Viel Gedöns um das passende, zulässige Licht für ältere Filmdiven usw. usf. Ich liebe es, solche Geschichten erzählt zu bekommen, aber ich möchte mich nicht an solchen Vorgaben abarbeiten müssen. Und ich bin ja auch viel zu beschäftigt, meine eigene innere Diva ins rechte Licht zu setzen. Was mich mit fortschreitendem Alter auch vor neue Herausforderungen stellt. Ist doch immer wieder interessant, worauf so ein planloser Eintrag thematisch hinauszulaufen beliebt, am Ende. Hätte ich selber nicht gedacht. Aber das Schönste an diesem Wochenende war ein Bild auf offener Straße. Ich war am späten Samstagnachmittag einkaufen in der Brunnenstraße. Als ich an der Ampel Ecke Bernauer Straße warte, dass es grün wird, es war gerade dunkel, höre ich von rechts das Klappern von Hufen. Mit furiosem Tempo fährt eine dunkelgrüne offene Kutsche mit zwei Schimmeln an mir vorüber. Der Kutscher sieht aus wie Johnny Depp in diesem einen Film von Jim Jarmusch, Dead Man. Er ist ungefähr um die dreißig, hat wehendes, braunes, langes Haar, und eine runde, kleine Brille auf, und einen schwarzen Zylinderhut. Verwegen galoppiert er mit seinen beiden Pferden über die dunkle Kreuzung, und ich sehe noch fasziniert, wie synchron die beiden Schimmel ihre Beine in der Kurve bewegen, ungeheuer rasant, und man bangt beinah, dass alles gut geht, mitten auf einer Kreuzung zwischen lauter Autofahrern, die es eilig haben. Ein Bild aus einer anderen Zeit. Da dachte ich, ich sollte vielleicht auch diesen Touristen-Programmpunkt in Wien wahrnehmen. Mit einem Fiaker fahren, Pferde sind so schön. Aber ob so ein Fiaker in Wien genauso verwegen langhaarig und malerisch daherkommen darf, wie dieser wilde Kutscher in der Brunnenstraße, das muss sich noch zeigen. Vielleicht schaue ich mal, wo er seinen Standort hat. Man kann ja überhaupt auch in Betracht ziehen, in der eigenen Stadt Sachen zu machen, auf die sonst nur Touristen kämen. Jedenfalls ging ich nach dem Eindruck dieses Bildes, das wie ein Traumfetzen in die Wirklichkeit trat, die Treppe hinunter zur U-Bahn, um eine Station zum Rosenthaler Platz zu fahren, und merkte auf einmal, dass mir Tränen in die Augen stiegen. So sehr hat mich dieses Bild angerührt. Und weil Berlin immer wieder für mich voller Wunder ist, von denen man vorher gar nichts weiß. Und es immer so sein wird.

edit: ich entschuldige mich für den kitschigen Schluss von diesem gestrigen, nächtlichen Blogeintrag. Wenn ich die Lektorin von diesem Privat-Blog wäre, würde ich das Gefasel ersatzlos streichen! (auch, wenn es stimmt! KEIN PARDON!)

09. Februar 2014 - VIENNA CALLING


►watch on youtube

"Heit nocht", mein Beitrag aus Germany. Ich rufe die Jury in Wien. Bitte um Vergebung, dass ich bei den ersten Zeilen noch nicht komplett textsicher war. Was aber unbedingt für den Beitrag spricht ist, dass er komplett freihändig, also ohne Spickzettel gesungen worden ist. Ich bitte also unterwürfig um ein recht mildes Urteil und hoffe inbrünstig, ich fliege damit nicht gleich in der ersten Runde aus dem großen Vienna-Casting, sondern schaffe es vielmehr - wenn vielleicht auch nur knapp - in den Recall! Wenn mir das gelingt, übe ich ein echtes Wiener Heurigen-Lied ein, also ein uraltes, das verspreche ich, ja ich gebe der Jury mein Ehrenwordt!

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Jan Sobottka Sieht...
12.09.25, 18:22

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