Tagebuch gesucht. Von 1988. Hat lange gedauert. Alle in der Wohnung in verschiedenen Regalen verstreut. Doch noch gefunden. Geblättert, eine Begegnung gesucht. Aber vorher und nachher... was für eine Intensität der Einträge. War das die Jugend... oder die absolute Privatheit? Nichts davon ist peinlich. Fast bin ich eifersüchtig auf die Qualität, die Intensität... sogar
Wortgewalt scheint mir nicht übertrieben. Und die Patina auf dem Papier. Und wie idiotisch, manche Bücher mit Bleistift zu schreiben. Dabei mochte ich die Härte von Bleistiften nie besonders. Es verblasst. Aber irgendwann löst sich alles auf. Ich werde wahrscheinlich für
Victor einen Eintrag abfotografieren. Vielleicht auch den davor und danach, damit er den Kontext besser ermessen kann. Er konnte sich nämlich erinnern, rekonstruieren, dass wir uns 1988 noch einmal, für einen Abend in Berlin begegneten. Ich hatte es vergessen. Verdrängt. War in Gedanken woanders. Er wusste es noch. Und weil er niemand ist, der phantasiert, musste es stimmen. Und er hatte recht. Ich werde den Eintrag abfotografieren. Heute nicht mehr, aber morgen vielleicht. Oder übermorgen. Ich treffe ihn am elften Mai in Wien. Verrückt alles. Vielleicht lerne ich wieder, wahrhaft bewegende Einträge zu verfassen. Scheiß drauf. Man lebt nur einmal. Wozu bloggen, wenn alles an der unverfänglichen Oberfläche bleibt? Bliebe. Unfug. Vergangenheit bewältigen. Und Gegenwart. Und die Zukunft. Alles.