09. September 2012



Ich erinnere mich dunkel. Es war eigentlich noch nicht frühlingshaft und man konnte sich nicht erlauben, ohne Schal und Handschuhe vor die Tür zu gehen, auch wenn die Sonne zu sehen war. So kam diese sehr bunte Kombination aus leichtem Tommy Hilfiger-Jäckchen und der uralten Kasperle-Jeans zustande, die ich ungefähr 1989 in einem sehr preisgünstigen Jeans-Discounter in der Steglitzer Schloßstraße aufgegabelt habe. Das war so eine Kette, die es nicht mehr gibt, überall hatten die ihre Läden. Müsste mal auf das Etikett gucken. War ein komischer Name. Keine Marke, mit der man angeben konnte, eher für die Kinder von Leuten mit geringfügigem Einkommen. Standesdünkel in Sachen Markenware ist mir eher fremd, wenn die Klamotte interessant ist.



Bei C&A kann ich immer etwas finden, wenn ich gucke, und auch in jedem x-beliebigen Kaufhaus. Die Sache mit dem Markenfetischismus ist ja eher ein Indiz für mangelnde Virtuosität in Sachen Modeverständnis, nicht wahr. Ich würde mit großer Selbstverständlichkeit den phantastischen Dior-Mantel von Gisela Elsner, der durch die Verfilmung ihres Lebens mit Hannelore Elsner in der Hauptrolle Berühmtheit erlangt hat, mit Sachen kombinieren, die ein Sammelsurium von Sonderangeboten aus Kraut- und Rübenläden darstellen. Ich bin da ganz gegen unnatürliche Begrenzungen, das widerstrebt meinem Freiheitsbegriff. Das photographische Auge hält nimmermüde Ausschau, scannt die Welt und jede Erscheinungsform. Wenn man sich für gewagte Muster oder Farbkombinationen entscheidet, muss man einen guten Tag haben, weil es ein gewisses Rückgrat erfordert. So ähnlich wie mit der Farbe Rot, man muss sich an so einem Tag der Kraft der Farbe ebenbürtig fühlen, sonst wirkt man schnell verkleidet. Tage, an denen ich mich ein bißchen schräg anziehe, im besten Sinne schräg, sind gute Tage. An solchen Tagen bin ich ein bißchen übermütig und so ziemlich zu allem fähig. Be amazing!



Im Übrigen hatte der ungeachtet aller Buntheit blaue Grundton dieses Aufzugs etwas mit meinem anvisierten Ausflugsziel an jenem vierten März zu tun. Ich überlege mir tatsächlich, ob ich farb-, material- und silhouettenmäßig zu dem Ort passe, den ich anpeile, bevor ich losgehe. Auch beim Spazierengehen, sofern nicht völlig ziellos. Das bedeutet nicht die Vorgabe, sich chamäleonhaft dem Ort des Geschehens unterzuordnen. Kann aber! Muss aber nicht. Manchmal liegt die Virtuosität in einem gezielten Bruch. Das mögen nun für viele nicht ohne weiteres nachvollziehbare Überlegungen sein. Ich gebe jedoch zu bedenken, dass es immer schöner ist, wenn man als beiläufig durchs Bild flanierende Passantin nicht aus dem Fokus gewünscht wird. Ich wünsche leider oft aus dem Fokus, wenn es vor wetterbeständiger Funktionskleidung wimmelt. Touristen ziehen sich ja zu meinem allergrößten Bedaueren oft komplett nach praktischen Erwägungen an. Ich geißle das selbstverständlich. So kann man nicht arbeiten! Ich muss doch als Tourist in Berlin ein Bewusstsein dafür haben, dass mir Gaga Nielsen über den Weg laufen könnte, die ein extravagantes Foto machen will! Extravagantes Foto nur mit extravaganter Aufmachung. Elementare Extravagante Grundregel!

08. September 2012



Ein guter Taxifahrer wartet noch eine halbe Minute nach dem Nachhausebringen, nach Einbruch der Dunkelheit, bis er sieht, dass der Fahrgast wohlbehalten an der Haustür angekommen ist und die Tür von innen schließt. Ein guter Leser von Gaga Nielsen wartet nach dem Heimkommen von ihrem Spaziergang, in der Dämmerstunde, noch eine halbe Minute, bis Gaga Nielsen wohlbehalten oben in der Wohnung angekommen ist. Dann kann der Leser weiterklicken und Gaga Nielsen zieht sich die Jacke und die anderen Anziehsachen aus und was Flauschiges an. Dann geht sie in die Küche und macht sich was Heißes zu trinken und nimmt sich ein Täfelchen Schokolade. Zumindest gilt das mit dem heißen Getränk für Anfang März. Anschließend geht Gaga Nielsen wieder ins Wohnzimmer und macht den Computer an und lädt die ganzen Bilder von dem langen Spaziergang vom dritten März auf ihren kleinen Klapprechner. Die Bilder vor dem Kleiderschrank, wo sie immer Modenschau macht. Und die Bilder von dem Weg. Und die Bilder von der Rosenstraße. Und die Bilder von der Marienkirche. Und die Bilder von Herrn Marx und Herrn Engels. Und die Bilder vom Schlossplatz. Und die Bilder von der Bauakademie. Und die Bilder von der Friedrichsgracht. Und die Bilder von der Schleusenbrücke. Und die Bilder von der Französischen Straße. Und die Bilder von der Markgrafenstr.. Und die Bilder von der Kuppel vom Französischen Dom. Und die Bilder vom Bücherflohmarkt Unter den Linden. Und die Bilder von der Auguststraße. Gaga Nielsen ist jetzt doch ein kleines bißchen müde vom vielen Spazierengehen, da tut so eine heiße Tasse Kaffee sehr gut. Gaga Nielsen guckt ein bißchen durch die Bilder und weiß gar nicht, wo sie anfangen soll. Schon wieder so viele Bilder! Wann soll sie das alles hochladen, sie blickt nicht mehr durch! Gaga Nielsen sagt sich insgeheim: "Scheiß drauf! Ich kann ja bloggen, dass ich nicht mehr hinterherkomme!" Gaga Nielsen denkt sich, sie weiß gar nicht, wie das die anderen immer machen, mit wohin gehen und mit drei Bildern heimkommen und dann schnell hochladen, bloggen und fertig, nächster Ausflug! Gaga Nielsen kann das nicht! Sie ist blödes Sternzeichen Jungfrau und muss immer alles superordentlich und gründlich und ganz genau machen und das Hausaufgabenheft ordentlich führen. Gaga Nielsen schreibt mit Schönschrift in ihr Internetschulheft und kriegt dafür eine Eins mit Stern! Die anderen kriegen auch eine Eins, für Tempo, aber nicht für Schönschrift! Die Welt ist eben doch gerecht!

g a g a
kid37
Ja. Unangenehm. Ich...
30.07.25, 08:34
g a g a
Margarete 29. Juli...
29.07.25, 18:06
g a g a
kid37
Geheimnisvolle Orte...
29.07.25, 14:16
g a g a
Marc Lippuner schau...
28.07.25, 09:58
g a g a
Margarete 24. Juli...
24.07.25, 09:37
g a g a
noch1glaswein 22....
23.07.25, 10:15
g a g a
Saskia Rutner Die...
22.07.25, 10:49
g a g a
Lydia Mein Beileid,...
19.07.25, 23:50
g a g a
:-)
19.07.25, 19:33
NeonWilderness
Missionieren liegt...
19.07.25, 18:08
g a g a
Wie gesagt, ich mag...
19.07.25, 17:19
NeonWilderness
Zucchini rangieren...
19.07.25, 16:34
g a g a
Doro oh, das erinnert...
19.07.25, 13:50
g a g a
Cosima Wald Deinen...
18.07.25, 22:46
g a g a
Ähm - mir erschließt...
18.07.25, 17:53
NeonWilderness
g a g a
Saskia Rutner „Weil...
17.07.25, 22:14

21.47
a
April
april 2004
april 2005
april 2006
april 2007
april 2008
April 2009
April 2010
April 2011
April 2012
April 2013
April 2014
April 2015
April 2016
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren