21. August 2011



Bin auf einmal so furchtbar müde. Dabei ist es erst nach Sieben. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, die böse Stiefmutter aus dem Märchen hat mir einen vergifteten Apfel gegeben. Ein Glück, dass ich keine sozialen Kontakte mehr habe, so gehe ich völlig auf Nummer Sicher und muss mir keine unnötigen Sorgen machen, dass womöglich eine böse Verschwörung gegen mich im Gange ist! Musik vermag mich auch nicht aufzurütteln. Ich habe alle Sorten durchprobiert. Der Espresso gerade hat auch nicht gewirkt. Ich könnte mich ein Stündchen hinlegen, aber riskiere ich dann nicht fehlende Bettschwere zur Schlafenszeit um Mitternacht? Mein Leben stellt wieder einmal sehr komplizierte Anforderungen an mich, denen ich mich kaum gewachsen sehe. Ich denke, ich riskiere ein kurzes Nickerchen.

21. August 2011



Das muss ich kurz festhalten. Ich war gerade auf dem Balkon und habe einen Blick runter auf den Spielplatz mit der kleinen Anlage für die Skater geworfen. Da war gerade ein ungefähr fünfzehn- oder sechzehnjähriger Junge dabei, die kleine Bahn mit einem Besen zu kehren. Sehr gewissenhaft. Ich sehe das nicht zum ersten mal. Der Besen muss da unten irgendwo in einer Ecke parat liegen. Es sind ja die identischen Bewegungsabläufe und die selbe Zielsetzung, wenn aus Gründen der Sauberkeit, um der Ordentlichkeit willen gekehrt wird. Ich kann mir ganz schwer vorstellen, dass der Junge dafür zu begeistern wäre, einen Hinterhof auszukehren, der keine Qualitäten zum Skaten aufweist. Die Hingabe ist auch so interessant. Etwas, das er gerne gemacht hat, weil er eben wusste wofür! Für sich und seinen kleinen Bruder, der auch noch da unten herumgesprungen ist. Damit das Skateboard besser flutscht. Kann man mal sehen, wenn man motiviert ist, für die Sache brennt, ist jede Arbeit schön oder kein Problem.

Das ärgert mich heute noch, dass in der Schule nie vermittelt wurde, welchen praktischen, persönlichen, ganz privaten Nutzen man aus dem jeweiligen angedienten Lehrstoff für sich ziehen könnte. Zum Beispiel Geschichte. Was macht Macht aus. Wie erlangt man die Weltherrschaft? Ist Krieg praktikabel oder eher nicht? Bringt es das überhaupt? Oder ist überdimensionaler Herrschaftsanspruch Ausdruck einer Psychose? Warum haben alte, dicke Männer psychotische Führungsansprüche? Worauf muss ich achten, wenn ich solche Leute in die Schranken weisen will? Das geht in die praktische Psychologie. Nur ein Beispiel.

Oder Chemie: welche Stoffe sind explosiv oder hochgiftig, was muss ich beim Bau einer Bombe beachten? Wo erhalte ich die Zutaten, wenn ich Schnaps brennen oder mir meine Hautcreme selber machen will? Welche Konservierungsmethoden gibt es, damit meine selbergerührten Sachen lange halten?

Oder Biologie: welche tollen Blumen, Früchte und Tiere kann ich daheim selber züchten, wie geht das, was muss ich beachten?

Oder Erdkunde. Bodenschätze Brasilien, Flora und Fauna, alles schön und gut, aber welche Naturschönheiten kann ich, wenn ich mal groß bin, in Naturreservaten persönlich aus nächster Nähe anschauen und wie sind die Landessitten und die Unterkunftsmöglichkeiten? Muss ich ein Zelt mitnehmen? So Sachen halt!

Deswegen war ich wahrscheinlich auch in Deutsch und Kunsterziehung immer so gut, weil ich einen persönliche, praktische Bereicherung aus der Beschäftigung damit gezogen habe. Gelesen habe ich freiwillig als Kind und gemalt auch. Buchstaben schreiben hat mir auch gut gefallen. Das hat mir sogar so gut gefallen, dass ich die Unterschrift von Napoleon und König Ludwig und anderen Weltherrschern aus dem Brockhaus abgepaust habe. Ich konnte die dann auch freihändig.

Rechnen habe ich schon begriffen, war aber langweilig. Ich konnte immerhin noch sehen, dass es schon nicht schlecht ist, wenn ich mein Taschengeld zählen kann oder beim Bezahlen das passende Geld heraussuchen. Rechnen ist immer noch nicht mein Hobby. Algebra dagegen war ein größeres Problem. War mir zu abstrakt. Geometrie hatte ich am Liebsten. Räumliches Denken fand ich pippileicht. Heute finde ich physikalische Gesetze zauberhaft, aber das Zauberhafte hat mir in meiner Schulzeit niemand näher gebracht. Das war mir alles zu mechanisch und pragmatisch. Dabei ist das ganze Universum ein physikalisches Wunder. Muss mal meinen Kaffee trinken.

21. August 2011



Ich nehme an, über die Jahre stellt sich ein Gefühl der Vertrautheit mit meinem Balkon ein. Dem Badetuch mit dem Vogel drauf. Dem Fensterwinkel und der abgelegten Sonnenbrille an aufgeklapptem Lesebuch. Wieder so ein Balkontag im Süden. Meiner Wohnung.



Ach - das ist vielleicht der Moment um zu erzählen, wieso ich gerade keine riesengroße Lust auf Sommer in einer Ferienwohnung habe, also zu verreisen. Kommt wahrscheinlich wieder, aber wenn ich an die Gegebenheiten in meiner Hütte auf Föhr denke, die ich gemietet hatte, kommt mir die Hütte hier in Mitte vor wie ein Luxus-Resort. Ich gehöre ja zu den Menschen, die bei der Wahl zwischen einer sehr schlichten Ferienwohnung mit Küche und Bad und einem sehr luxuriösen Hotelzimmer die Wohnung nehmen. Ich würde sogar im Zweifel mehr dafür bezahlen. Grandiose Hotelzimmer gibt es, aber ich ertrage es nicht, von dem meistens sehr charmanten Personal behelligt zu werden. Klopfen an der Tür, wegen was weiß ich. Das kommt auch mal vor, obwohl man 'bitte nicht stören' als Dauerzustand an die Klinke gehängt hat. Dass jemand durch einen Raum geht, den ich für ein paar Tage bewohne ist mir schon ungenehm. Nicht zuletzt, weil ich bislang in jedem Hotelzimmer und jeder Wohnung zuerst umräume. Überflüssige Möbel auf den kleinen Zimmerflur stelle, Bilder abhänge. Bis es mir geräumig und ideal erscheint. Dann werden nach und nach meine kleinen Reisesouvenirs in der Zimmerflucht verteilt. Teilweise sehr persönliche Sachen. Ich habe immer ein, zwei bunte Tücher in warmen Farben dabei, um sie über die meistens zu grellen Nachttischlampen zu werfen. Das Deckenlicht benutze ich überhaupt nicht.

Zimmermädchen haben leider häufig die Angewohnheit, Stühle und so weiter nach dem Bettenbeziehen und Staubsaugen wieder vorschriftsmäßig anders hinzustellen. Ich komme zurück in das Zimmer, sehe das frischgemachte Bett, die vernichteten Spuren meiner eigenen Innenarchitektur und leide. Ich brauche kein täglich oder alle zwei Tage frisch bezogenes Bett. Das mache ich zuhause ja auch nicht, alle zwei Tage das Bett frisch beziehen. Wie im Krankenhaus. Die reinste Hysterie. Diese ganzen Putzrituale tragen jedenfalls nicht zu meinem Wohlbefinden bei. Ich putze zum Beispiel automatisch nach dem Duschen die gröbsten Pfützen, falls welche vorhanden sein sollten, oder was es an menschlichen Spuren so gibt, gerne eigenhändig weg.

In dem letzten Hotel, das ich bewohnte, weil es keine Ferienwohnung zu mieten gab, habe ich irgendwann nur noch den Papierkorb demonstrativ vor die Hotelzimmertür mit dem festgetackerten Schild "bitte nicht stören" gestellt. Der darf gerne alle zwei Tage geleert werden. Das führte dazu, dass die Zimmermädchen lauerten, wann ich zum Frühstücken ging und dann einfielen zum Saubermachen. Und dann bin ich ja auch so eine Vorhänge-beiseite-Schieberin und -Drapiererin. Nach meinem Aufenthalt haben die Vorhänge dann diverse Falten wo sie nicht hingehören. Aber was soll's. Müssen die Vorhänge eben auch mal in die Wäsche und die Plättmaschine.

Auf jeden Fall hatte ich vor fünf Jahren auf Föhr eine Ferienwohnung gemietet, die in einem reetgedeckten, sehr schönen Haus lag. Aber ich hatte nicht das ganze große Reetdachhaus, nur eine kleine Wohnung im Erdgeschoss mit Terrasse und kleiner Wiese. Leider ahnte ich nicht, dass die Besitzer, obwohl sie im Nachbardorf in einem anderen Haus wohnten, nicht nur zu Beginn und Ende des Aufenthalts der Feriengäste in Erscheinung treten würden, sondern täglich. Und zwar auf eine sehr subtile Art und Weise.

Nun war mein kleines Terrassen- und Rasenstückchen der Ferienwohnung leider derart durch Nachbarn und für Spaziergänger der angrenzenden Feldwege einsehbar, dass ich traurig zur Kenntnis nahm, dass ich unter diesen Umständen wohl kaum draußen frühstücken oder Abendessen würde, derart auf dem Präsentierteller. Auf der Terrasse standen einfache Gartenmöbel aus weißem Kunststoff. Keine Aufwertung für den Blick aus der Terrassentür. Ein großer runder weißer Plastiktisch, zwei oder vier von diesen billigen weißen Einheitsstühlen, wo mir jetzt gerade der Fachausdruck (Uniblock oder so ähnlich) nicht einfällt. Und ein weißer Plastikliegestuhl mit Rollen. Wie im Sanatorium. Auch noch auf meiner Blickachse aus dem Wohnzimmer befand sich so ein Ding mit aufgerolltem Gartenschlauch.

Ich habe somit das Naheliegende getan und den Tisch und die Stühle ganz nach rechts an die Mauer und die Liege und den Gartenschlauch ganz nach links geschoben, mit dem Ergebnis, dass ich als Ausblick nun nurmehr die schlichte unmöblierte Terrasse, dahinter den Rasen, den kleinen Zaun und dahinter die Felder sah. Das Frühstücken und alles andere habe ich komplett in die Wohnung verlegt, auf das große Bett, auf das am Vormittag ein Sonnenfleck schien. Dabei liebe ich es viel mehr draußen noch halb in Unterwäsche in der Sonne zu sitzen, mit dem ersten Kaffee, herumzutrödeln und mich langsam ausflugsfertig zu machen. Umso mehr war ich interessiert, so schnell wie möglich aus der sonst ziemlich schattigen Wohnung ins Freie zu kommen, an den Strand oder mit dem Fahrrad irgendwo hin.

Als ich vom ersten Tag am Strand am Abend zurückkomme, wundere ich mich, dass der weiße Liegestuhl wieder genau in der Mitte der Terrasse prangt, der Gartenschlauchhalter befindet sich ebenfalls wieder zentral auf meiner Sichtachse und auch der Tisch wurde wieder mittig gerückt und die Stühle ringsherum drapiert. In diesem Moment wusste ich, dass ich diese Unterkunft niemals mehr in Betracht ziehen würde und auch keinem Menschen weiterempfehlen. Die folgenden Tage wiederholte sich das Spielchen, ich stellte vormittags die Sachen wieder zur Seite, kam am Abend vom Ausflug zurück und fand die Gartenmöbel wieder wie bei meiner Ankunft vor.

An einem Regentag blieb ich fast den ganzen Tag in der Wohnung und hörte irgendwann die Stimmen des Ehepaars vom Garten her. Vielleicht hatte ich geräuschvoll ein Fenster geöffnet um meine Anwesenheit zu demonstrieren oder sie hörten durch das gekippte Fenster, dass ich Musik anhatte und demzufolge da war. Sie ließen sich jedenfalls nicht blicken und es wurde auch nichts umgeräumt. An einem anderen Tag traf ich sie im Treppenhaus, sie grüßten mich mit aufgesetztem Gastgeberlächeln und unterschwelligem Misstrauen in den Augen.

Irgendwann bemerkte ich, dass sie in der Ferienwohnung waren, weil der Tisch und der Stuhl anders standen. Die von mir unverzüglich nach Ankunft im Küchenbuffet verstauten, mit Seidenblumen in Bleu und Rosé bekränzten Porzellan-Kerzenhalter prangten aufs Neue auf dem von mir ebenfalls vorübergehend entsorgten bestickten Deckchen auf der Mitte des bäuerlich gedrechselten Holztisches. Der Mülleimer ward geleert und eine neue Klorolle und neue Handtücher lagen im Bad. Gegen frisches Klopapier und frische Handtücher lässt sich ja nun wenig sagen, aber die Art und Weise des Transfers war halt leider nicht nach meinem Geschmack. Gegen diese Ferienwohnung ist meine Wohnung hier der reinste Urlaub und: kostet nicht extra. Ich kann in der Sonne frühstücken, und zwar wie Gott mich schuf. Keiner stellt weiße Plastikmöbel auf meinen Balkon, sagenhafter Erholungsfaktor.

Allerdings hatte ich auch schon recht schöne Ferienwohnungen mit lauschigem, uneinsehbaren Plätzchen an der Sonne zum Frühstücken. Auf Hiddensee und Santorin, Favignana und Spetsai. Und bestimmt auch noch woanders. Aber das hier ist aus den oben dargelegten Gründen mein unschlagbares Lieblings-Resort.

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