29. september 2005

28. september 2005



manche bilder lösen so viel erinnerung aus. ich glaube, es sind bruder und schwester. aber ich weiß es nicht. wie die kleine sich durchsetzt. ein gleichwertiger kampf. auge in auge. man kann nicht sagen, wer stärker ist. das ist auch gar nicht wichtig. der kampf ist teil des spiels. man spürt in solchen momenten der auseinandersetzung sich und den anderen sehr stark. etwas wesentliches wird komprimiert. intensität entsteht.

28. september 2005

der regen heute hat etwas wunderbares. er passt so gut. manchmal ist die wetterdramaturgie geradezu unverschämt. heute darf ich mich nicht darüber beschweren.

27. september 2005

before the poison. vor einem jahr erschienen, losgerannt, gekauft. erstes stück gehört. in den schrein. kriege ich nie genug davon. ich wiederhole es gerne noch vierzigtausendmal. ich liebe diese frau. ich liebe sie.

oh ja. man kann verdammt viel über jemanden erfahren, wenn man die lieblingsstücke kennt. danke pj. danke für das erste stück. und den rest. danke balsam.

27. september 2005

mitunter ist es konstruktiver, ein wenig ins all zu morsen. ein altes wort. ich mag ja alte wörter. überhaupt wörter. was mag ich nicht alles. ernsthaftigkeit. wahrhaftigkeit. gewissenhaftigkeit. gewissenhaftigkeit ist überhaupt etwas großartiges. dummerweise wird dieser begriff vorwiegend in profanen zusammenhängen benutzt. ich wünsche mir gewissenhaftigkeit. wissen um das eigene tun, wissen um mögliche konsequenzen. das erfordert lebenserfahrung. oder große sensibilität. vexierspiele sind schön für den jahrmarkt, bunte bretterbuden.

es ist kein zufall, dass es hier keine grellen töne und farben gibt. ich danke den guten geistern dieses netzes, dass sich kein marktschreier angezogen fühlt. reduktion von vakuum als grundsatz. verweigerung der häkelborte. weglassen. aber auch zulassen. bis sich die innerste substanz zeigt. und dennoch - es lässt sich nicht leugnen. ich erkenne, ich bin auch in dieser diskreten nische hier auf demselben großen jahrmarkt. und es nützt auch nicht viel, das gegenteil zu behaupten. und wenn man es noch so ernst meint. und sich noch so entziehen wollte. 'mir langt das modische geschwätz - ich mache jetzt hier mein eigenes internet auf.' - das hat sich sicher schon so mancher gedacht. ob ich wohl damit alleine dastehe, an meiner schönen havel. fernes rauschen.

mein wunsch war und ist noch immer, dass bilder von mir - und damit meine ich nicht die gemalten, denn die haben diese verbindung zwangsläufig - einen dimensionalen bezug zu meiner inneren, gefühlten wirklichkeit haben sollten. es gibt wenig grausameres als entzauberung. also bin ich ausschweifend. der wichtigste schritt ist, sich selbst zu verzaubern. und das beständig. hast du ein bild - dann hast du ein bild. hast du zwei bilder - dann hast du zwei bilder. je verschiedener diese mosaiksteine sind, umso komplexer wird das ganze. es erscheint mir immer noch gut. bilder. vorstellungen. intuitionen.

gedankensprung. ein paar gedanken. was für gedanken. mit dem älterwerden wird man großzügiger. erstaunlich. ich stelle an mir immer noch vulkanische gefühlsregungen fest, aber die bewertung ist eine andere. (gerade, als ich es formuliere, fällt mir auf, dass a.more.s vor kurzem eine ähnliche wahrnehmung beschrieb - tatsächlich: zufall) ich entwickle eine größere distanz zu jenem altvertrauten wüten in mir. über solche dinge denkt man mitunter nach, wenn man es spürt. man nimmt die wut, wie glühendes eisen, mit einer zange und schaut sie an. schaut, was sie kann. kann sie etwas gutes?

die vielzitierte metaebene rüttelt den verstand und sagt: nein - schreib das jetzt nicht. denk an die folgen. was bewirkt das. ich antworte mir dann 'nichts gutes'. dann muß ich fast schon wieder grinsen über meinen teuflischen altersscharfsinn. und ich halte meinen mund. auf der tastatur steht dann 'heute geschlossen'. warnschild an mich selber. so in etwa. transzendenz.

da ist es wieder - das wissen um mögliche zerstörung durch falsch gesetze worte. zu viele worte. zu nahe worte. zu arglose worte. zum falschen zeitpunkt.

ich glaube an rhythmus. wenn ich pathetisch bin, spreche ich gerne von einem großen konzert. daran glaube ich. die instrumente müssen gestimmt sein. und man muß seinen einsatz kennen. das erfordert konzentration. wenn man ihn nicht kennt, geht die melodie verloren. und man muss wissen, wann der konzertsaal geöffnet ist. eigentlich ganz einfach.

27. september 2005

25. september 2005

mein gott, wie doch die zeit vergeht. damals habe ich noch geraucht. nachdem herr kidnatz mich eindringlich beschwor, an meine zukunft zu denken, ließ ich das laster schweren herzens fallen. unermüdlich predigte er, wie unzuträglich die raucherei auf dauer für meinen teint wäre. ja ich hätte gar zu fürchten, künftig keine rollenangebote mehr zu erhalten. "denke nur an die großaufnahmen! denke an den tonfilm!" beschwor er mich. glücklicherweise halfen sein nachmittäglicher vortrag und der hiesige sanddornschnaps über die schlimmsten zeiten hinweg.

[ aus: "gaga nielsen, die schweigende muse" ]

24. september 2004

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gagafuß - möwenfuß

23. september 2005





so schön im tod, dachte ich, als ich diese kreatur sah. der flügel strahlt noch voller spannkraft. bei toten menschen sucht der blick zuerst das gesicht. ein letztes geheimnis in den verlassenen zügen.

ich erinnere gerade einen bildband, den ich seit 1989 besitze. er trägt den titel 'der ewige schlaf : visages des morts' von rudolf schäfer. ein bildband mit schwarzweißportraits von verstorbenen, in der berliner charité aufgenommen, kurze zeit nach dem medizinisch festellbaren tod. selten später als eine stunde danach.

ich war aus verständlichen gründen in dieser zeit vielfältig damit befasst, dieses schwer greifbare thema auszuloten. so war es nur eine logische konsequenz, diesen bildband sehen zu wollen, zu erfahren. ich hatte ein wenig furcht, die seiten aufzuklappen und wählte einen augenblick, der eine ganze weile nach dem kauf des buches lag.

tote menschen in jedem alter. ein kleinkind. eine jüngere frau. alte menschen. ich versuchte zu ermessen, ob ich jemanden davon gemocht hätte. da waren spuren, wesenszüge zu erkennen, ein abglanz davon. wie ein fingerabdruck, aber die hand fehlte. ich empfand die starke unbeseeltheit beim anblick der gesichtszüge, die erkennbar zurückgelassene hülle.

die gesichter sind sanft gebettet, zu diesem frühen zeitpunkt ist der körper noch nicht erstarrt. in diesen aufnahmen sind durchaus keine kampfspuren des letzten momentes zu sehen. erleichterung liegt in vielen zügen. selbstvergessenheit. und leere.

einerseits empfand ich es als zu nah, da diese menschen nicht zu meinem leben gehörten, und ich fühlte, dass es mich irgendwie nichts anginge, sie so zu sehen. andererseits beruhigte mich dieser eindruck der unbewohnten gesichter, weil es ein zeichen für die reise war. ich erlebte das bei meinem großvater, dessen hand ich hielt, während er starb. plötzlich fühlte ich einen flüchtigen leicht vibrierenden energieschub und lichte weiche wärme, wie in einer säule senkrecht nach oben steigen. die hand welkte friedlich in meiner. ein sanfter moment, der mir viele ängste nahm. beinahe heiter.

tode sind so vielfältig wie lebensweisen. viele jahre später erlebte ich bestürzt mit, wie schwer die mutter meiner freundin starb. ich war nicht dabei, aber sie erzählte mir von höllenqualen, den schmerzhaft gequält durchwachten nächten, angstschreien und wimmern. sie konnte irgendetwas nicht loslassen. ein langer kampf. ich hätte das bei ihr nicht erwartet. eine frau, die trotz längerer krankheit einen schwarzhumorigen optimismus zu pflegen schien. ich hätte ihr von herzen einen leichten abschied gewünscht.

wenn sie mich kommen hörte, sagte sie zur begrüßung "die lachtaube ist wieder da". sie brachte mich mit ihren kuriosen sprüchen oft fürchterlich zum lachen. als junge frau muss sie ein heißer feger gewesen sein, ich kannte fotos und ein paar pikante geschichten. da saß diese kettenrauchende alte frau mit der amputierten strahlenverbrannten brust und ihrem koboldgesicht, umrahmt von weißgrauen löckchen vor mir und grinste.

wenn sie umständlich aufstand, um aufs klo zu gehen, kommentierte sie das gerne mit 'ich geh mal meine zitrone ausquetschen' und kicherte dazu ein bißchen. dann musste ich immer an lotti huber denken und ihr buch 'diese zitrone hat noch viel saft'. dieselbe generation. vielleicht ein code vergangener zeiten.

eigentlich habe ich im augenblick ganz und gar lebenszugewandte gedanken. nicht, dass ich mich vierundzwanzig stunden mit tod und friedhof befassen würde. obgleich diese letzten dinge sehr gegenwärtig in meinem bewusstsein ankern. ich empfinde zeit, vergänglichkeit sehr stark. da war heute diese kreatur auf dem fensterbrett. und ich wollte diese schönheit festhalten.

hier strömt gerade der duft einer pflanze, den ich noch niemals irgendwo roch. es ist eine zimmerpflanze, deren name mir nicht einmal bekannt ist. ich rettete sie vor dem mülleimer, jemand hatte sie ausgesetzt. jetzt treibt sie seltsam schöne blüten, nach vielen jahren. ich bin völlig überrascht. ich kam erst heute darauf, dass dieser exotische schwangere duft von ihr kommt. ihren blütenrispen. ein bißchen wie sandelholz, schwer zu beschreiben, strömende fruchtbarkeit.

21. september 2005

ich überlege gerade, ob autistischem verhalten zu einem initialen zeitpunkt eine sehr bewusste entscheidung zugrundeliegt. ein zustand, der sich dann festigt und ausweglos wird, scheint. ich las vor vielen jahren das buch von einem jugendlichen autisten, birger sellin 'ich will kein inmich mehr sein', der auf merkwürdige art gelernt hatte, an einem computer zu schreiben. das waren zauberhafte texte von einem hochempfindsamen menschen.

ich kannte eine frau persönlich, die lebenslänglich - ich nenne es: autistisch lebte. es war die ältere schwester einer engen freundin. ich traf sie ab und zu, die autistische schwester, wenn ich meine freundin besuchte. ich hörte, sie hätte sich bis zu ihrem dritten lebensjahr ganz normal entwickelt und hätte fröhlich geplappert. dann ist irgendetwas geschehen. kriegsjahre. es gab eine zeit, einige jahre, ihre letzten, als sie gemeinsam mit meiner fürsorglichen freundin in einer großen berliner wohnung lebte, eine späte wohngemeinschaft mit der mutter. die autistische schwester lebte in einer symbiose mit der mutter und war sehr auf gemeinschaftliche alltagsabläufe fixiert. feste zeitpunkte waren sehr wichtig. sie sammelte bis zu ihrem lebensende micky maus-hefte und wusste immer genau die zahl. um 20:15 mahnte sie mit einer geste auf ihre armbanduhr die tagesschau an. sie hatte wache augen und begrüßte mich mit einem kopfnicken. sie starb kurz vor der mutter, vor drei oder vier jahren. eigentlich habe ich kein medizinisches wissen darüber. aber wer kann schon wirklich wissen. wenn man es schafft auf irgendeiner ebene kontakt aufzunehmen, erfährt man etwas sehr eigenes.

wie komme ich jetzt darauf. ich hatte den einfachen und sehr klaren gedanken, dass mir bewusst ist, dass ich in einem bestimmten bereich autistisch geworden bin. es gibt dinge, über die ich nicht sprechen kann. es ist ein schutzmechanismus. um nicht durchzudrehen, da sprache gefühle auslösen und verstärken kann. und ich bedaure das. ich merke zwar, wie sich der griff und die beklemmungen zunehmend lösen, aber ich kann mir nur schwer vorstellen, das je in worte zu fassen. wozu auch. ich habe genug in worte gefasst.

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