30. August 2014

Ich empfinde wachsendes Verständnis für trinkende Bauarbeiter. Wenn ich beim Renovieren in den Abendstunden nur alkoholfreie Getränke zu mir nehmen dürfte, hätte ich manches mit noch weniger Schwung ausgeführt. Aber wenn ich mich in gewissen Abständen, mit kleinen Pausen, mit einem kräftigen Schluck aufs Neue motiviere und belohne, bin ich ab einem gewissen Grad an leichter Trunkenheit beharrlicher und verliere mitunter das Gefühl von "so eine Scheisse, das hört ja nie auf."

Vor ungefähr einer Stunde habe ich das letzte Fenster im Wohnzimmer abgeklebt. Die Scheibe. Damit ich mir beim Pinseln nicht Sachen anziehen muss, wo ich mich später über die Farbflecken ärgere. Gut zum Abkleben eignen sich großformatige Kalender, die keiner haben wollte. Einen habe ich vor einer Woche hinter einem Büroschrank entdeckt. Die Eigentümerin hat sich ein bißchen geschämt, dass sie den Kalender verschämt hinter dem Schrank versteckt. Gerne verschenken Firmen zum Jahresende große Kalender mit sehr bunten Landschaftsaufnahmen. Und eigenem Firmenlogo auf dem Deckblatt. Ich habe die peinlich berührte Kalender-Eigentümerin total beruhigen können, dass sie sich überhaupt kein schlechtes Gewissen machen muss, weil der Kalender ja praktisch nur auf seine wahre Bestimmung gewartet hat. Denn ich würde mich des Kalenders dankbar annehmen. Das Gute an dem sehr stabilen Papier der einzelnen Blätter ist auch, dass man es mehrfach zum Abdecken benutzen kann, weil die Farbe, die drauftropft, nicht durchsuppt. Sehr gute Papierqualität. Und jetzt gerade eine kleine Pause. Ich höre Musik und nehme noch einen Schluck. Und dann weiter mit dem letzten Fensterrahmen im Wohnzimmer. Das Schwierigste, Anstrengendste sind die Kanten, wo der Rahmen auf die Scheibe trifft. So exakte Linien mit dem Pinsel zu malen ist anstrengend. Ich muss mich dabei wirklich konzentrieren. Die Kanten mit Kreppband abzukleben, bringt nichts. Beim Abziehen ist die Kante unscharf und ausgefranst. Also muss freihändig gemalt werden. So ist das. Mein Samstag-Abend. Saturday Night Fever. Haha. Vielleicht mal wieder, wenn ich fertig bin. Warum eigentlich nicht.

28. August 2014

Keep your feet on the ground and keep reaching for the stars.

Habe vor ungefähr einer Stunde erst erfahren, dass Casey Kasem vor zehn Wochen verstorben ist. Als ich dann vorhin auf youtube ein paar alte Ausschnitte von den American Top 40 gehört habe, ist mir doch ganz schön sentimental zumute geworden. Ich habe so ungefähr ab 1976 regelmäßig den Countdown verfolgt, mit dem Kassettenrekorder im Anschlag. Genauso wie Die Schlager der Woche. Aber die Stimme von Casey, von dem ich immer gedacht habe, er hieße "Casey Case", ist schon ganz tief in mir verankert. Und auch die Jingles waren überhaupt nicht nervig, obwohl ich Jingles normalerweise hasse. JIngles sind für mich ein Grund, kein Radio zu hören. Aber wenn ich dann noch einmal den "Casey's Coast to Coast"-Jingle höre und die ganzen Nummern-Jingles und dann am Ende sein "Keep your feet to the ground and keep reaching for the stars", dann ist das auch heute noch ganz besonders und ich könnte gerade ein bißchen weinen. Eine Erinnerung, an die Zeit, als ich Pop- und Rockmusik entdeckt und wissenschaftlich studiert und ausgewertet habe. Vielen, vielen Dank für die schönen Stunden, Casey Kase(m). Deine Gaga. R.i.P.

25. August 2014

Gefällt mir. Das war mein kleines Highlight heute. Leider nicht in meinem Besitz. Aber man muss ja nicht alles, was man schön findet, in der eigenen Wohnung haben. Hier ist sowieso viel zu viel Zeug. Was man noch einmal in aller Deutlichkeit zur Kenntnis nimmt, wenn man Verschiedenes beiseite räumen muss, um den Anstrich ausführen zu können. Zum Beispiel, letzten Mittwoch meine ungefähr einen Meter zehn hohe Madagaskar-Palme. Ein stacheliges Gewächs, das ich hochgepäppelt habe und das mir beim Verschieben in die Arme gefallen ist. Bzw. am Ober- und Unterschenkel entlanggeschrammt und zwei der ungefähr zwei Zentimeter langen Dornen bohrten sich in meine rechte Handkante. Am nächsten Tag war die Schwellung leider nicht von Zauberhand verschwunden. Eine medizinisch gebildetere Frau als ich, legte mir am Donnerstag nahe, ärztliche Betreuung in Betracht zu ziehen, sowie Versorgung mit einer frischen Tetanus-Spritze. Nachdem ich im Internet einen Strang gefunden habe, in dem man sich einig war, dass der Milchsaft und die Blätter der Kreatur hochgiftig wären, man sich aber bei den Stacheln nicht ganz schlüssig wäre. Nachdem ich dann die ersten - möglicherweise hypochondrisch verursachten - Lähmungserscheinungen im kleinen Finger, hochziehend bis zum Ellenbogen zu spüren vermeinte - auf jeden Fall ein Gefühl der Taubheit, so ähnlich wie eingeschlafene Füße, bin ich dann doch mal in die Arztpraxis. Die mir neue Hausärztin hat dann selber erstmal den toxischen Sachverhalt übers Internet recherchiert und mich dann mit einer Tetanus-Spritze, einem dicken Jodsalben-Verband und einer kleinen Krankschreibung für Donnerstag und Freitag entlassen. Wo ich dann schon in der Nähe vom Alexanderplatz war, wo die Krankenkasse residiert, habe ich gedacht, ich gebe gleich mal den gelben Zettel persönlich ab, sehe ich auch mal, wie es so in einer Krankenkasse zugeht. Einfach nur den Zettel abgeben, war aber nicht im Sinne der Sachbearbeiterin.



Ich wurde gebeten zu warten, damit das Unfallprotokoll aufgenommen werden kann. Also von meinem Unfall mit der Madagaskar-Palme. Ich habe dann ein bißchen gewartet und an Vicco von Bülow denken müssen. Dann bin ich dran gekommen und eine andere Mitarbeiterin hat mich an ihren Schreibtisch gebeten und einen launigen Erlebnisaufsatz verfasst, wie es damals, also am Abend vorher, dazu kam, dass ich mit der Madagaskar-Palme in derart starken Kontakt gekommen bin, dass es zu einer Verletzung geführt hat. Ich habe es dabei belassen, ihr zu erklären, dass ich dabei bin, die Wohnung zu renovieren usw. usf., (s.o.). Das mit dem Verkauf und der Umwandlung zur Eigentumswohnung und dass ein Sachverständiger mit einer Kaufinteressentin da war, und deswegen die Fenster repariert worden sind, und weil dann sowieso schon Baustelle war, ich mir gedacht habe, dann könnte ich ja endlich mal auch selber ein bißchen von Innen renovieren, habe ich im Unfallprotokoll unterschlagen. Ich hoffe, es ist trotzdem einigermaßen korrekt.

23. August 2014

Dann:
"Fenster streichen - phh - muss doch nicht sein, oder? Reicht nicht abschrubben?"

Nein

"Eigentlich sollte es das gewesen sein, Wände gestrichen, Fenster - aber hm... der Heizkörper da, der wirkt doch schon recht vergilbt. Jetzt, wo der Boden noch mit den vollgetropften Flipchart-Bögen abgedeckt ist - und ich muss ja sowieso noch mal zu Obi. Heizkörperfarbe: notiert. Also gut, wenn schon, denn schon. Wenigstens den einen vergilbten Heizkörper da, in der Gaube."

Usw. usf.
(...uh...)

Und wo ich schon im Baumarkt war, auch noch Fassadenfarbe gekauft. Ja, ich streiche jetzt auch noch das ganze Haus von Außen. Wenn schon, denn schon!

Nur die kleine, dreieckige Begrenzungswand der Loggia. Erledigt. Das dreckige Zartgelb mit Weiß überstrichen. Ist mir aber beinah zu clean. Erwäge Selbst-Anzeige bei der Hausverwaltung, wg. Irrtum - für Fassaden-Erneuerung ist ja der Eigentümer zuständig).

22. August 2014



Psychedelic. Super sexy. Super cool.
(verlängert bis übermorgen, 24. August)

20. August 2014

"And as she neared the end of her ninth decade, it was all still there: the bone structure, the formidable personality, the intense look in those soulful blue eyes that tells of love and loss. (...)"

20. August 2014

Wem gehört die Stadt? Wem gehört Berlin? Der Blickwinkel relativiert sich, wenn man das Geschehen nicht nur in einer Fernsehdokumentation erlebt. Wobei diese Dokumentation sehr nahe gehen kann, glaube ich, auch wenn es einen nicht direkt betrifft. Das Bizarre an meiner Konstellation ist, dass ich bereits (seit langem) in einer Miethöhen-Liga bin, die bei den Beispielen in der Doku, gefürchtet und bekämpft wird, und dass ich trotz dieses Zugeständnisses nicht unbehelligt bin. Und ich renoviere immer noch. Es dauert. Ich muss meinen Mietzins erwirtschaften. Wenn ich dann Zeit finde, ist das Licht oft nicht mehr ausreichend, um effizient zu arbeiten. Ich kann bei der jetzt früher eintretenden Dämmerung nur noch unzulänglich beurteilen, ob die weiße Farbe ausreichend deckt. Aber sonst geht es mir gut. Und auch zu renovieren ist ja kein Unglück. Es ist ein Ausdruck meiner Identifikation und meinem Heimatgefühl mit diesem Ort. Den ich liebevoll und sorgsam erhalten will. Es geht langsam voran, aber es geht unbedingt voran. Es war auch langsam an der Zeit. Ich habe noch nie zuvor während eines laufenden Mietverhältnisses eine Wohnung renoviert. Und ich will mir nicht Alles vornehmen. Es ist das verwinkelte Wohnzimmer, wo ich schon sehr weit bin, und die Küche und ein paar Winkel im Badezimmer. Das Schöne ist, und das habe ich auch schon in einem Kommentar erwähnt, das Gefühl von Aufbruch und Anfang, das man sonst nur hat, wenn man eine Wohnung neu bezieht. Das versuche ich zu genießen. Und das gelingt mir auch. Die Stadt gehört denen, die in ihr leben. Nicht den Investoren. Sagt jemand in dem Film. Bewegende Dokumentation.

09. August 2014



To everything, turn, turn, turn. There is a season, turn, turn, turn. And a time to every purpose under heaven. A time für in den Baumarkt fahren und neue Farbe holen und den Teppich mit vollgekritzelten Flipchart-Blättern abdecken und zwischen verrückten Möbeln, wie Gott mich schuf, mit dem Farbroller die Farbe zweifach auftragen, weil einmal nicht genug deckt. Alpina Dings naturweiß ohne Schadstoffe usw. usf. Jetzt einmal damit angefangen, bloß keine Experimente. Am Ende wäre besser deckende Farbe in einem etwas anderen Weißton und es sieht nach Pfusch aus. Fängt man einmal an! Vor Beginn der Aktion noch gedacht: "Ach, ich mache mal die Ecken, wo es stärker angegraut wirkt, da wo die Gauben an die Decke treffen. Eventuell kann man sich die Decke sogar sparen. Und auch die Wände, die doch eigentlich noch ganz passabel aussehen. Aber ein einziger Pinselstrich in Alpina-Weiß führt umgehend zur Erkenntnis, dass die für noch ganz passabel und doch irgendwo schon auch noch irgendwie weiß beurteilten Wand- und Decken-Partien im direkten Vergleich - sagen wir mal vorsichtig - nicht ganz mithalten können. Es ist ungefähr der Unterschied zwischen dem schönen Weiß einer frischen Blüte und dem eindeutigen Grau eines hellgrauen Kieselsteins. So ungefähr. Nur als Warnung. Wer A sagt, muss auch B sagen! Da sitze ich nun, mittendrin, auf meinem mit Flipchart-Bögen bedeckten Fußboden und finde kaum noch Zeit und Lust im Internet herumzugurken oder gar zu bloggen. Gestern habe ich mich gezwungen, auszugehen. Ein Geburtstag, zu dem ich eingeladen war. Ich hätte mich geschämt, als Ausrede vorzubringen, ich muss wieder an meinen Wänden streichen und aufpassen, dass ich die Auslegware nicht versaue. Ist doch jämmerlich, als Ausrede. Also bin ich hin, mit einer guten Flasche als Mitbringsel. Das war auch gut, weil ich mich sehr angeregt mit einer neueren guten Freundin von Jan unterhalten habe. Ungefähr fast mein einziger facebook-Kontakt, den ich noch nie in echt vor mir hatte. Aber gestern haben wir den freundschaftlichen Kontakt in Fleisch und Blut bekräftigt. Sie hat mal vor Jahren ein Buch geschrieben, Die Geliebte und ich dachte, ich hätte es gelesen, irgendwann mal vor vielen Jahren ausgeliehen in der Bibliothek. Weil ich selbst oft in Konstellationen war, wo ich nicht der einzige Augenstern eines männlichen Gegenübers war. Ina meinte aber, ich hätte vielleicht ein anderes gelesen, da gäbe es noch eines, weil es ihres noch nicht so lange gibt. Aber es war eine schöne Unterhaltung, die bestimmt fortgesetzt wird. Ansonsten hoffe ich, dass ich bald fertig werde, mit dem Gepinsel. Decke malern ist schon recht anstrengend. Farbe tropft in die Haare, Oberammuskeln werden über Gebühr beansprucht. Ein Gerecke und Gestrecke. Ich will mir aber auch nicht helfen lassen. Dann müsste ich mir beim Malern ja was anziehen. Ich bin nämlich etwas gehemmt in dieser Hinsicht und präsentiere mich nur ungern bei profanen Tätigkeiten in unbekleidetem Zustand. Das war jetzt wieder ein Lebenszeichen von meiner kleinen Baustelle in der Auguststraße. To everything, turn, turn, turn. There is a season.



To everything, turn, turn, turn.
There is a season, turn, turn, turn.
And a time to every purpose under heaven.
A time to be born, a time to die.
A time to plant, a time to reap.
A time to kill, a time to heal.
A time to laugh, a time to weep.

To everything, turn, turn, turn.
There is a season, turn, turn, turn.
And a time to every purpose under heaven.
A time to build up, a time to break down.
A time to dance, a time to mourn.
A time to cast away stones.
A time to gather stones together.

To everything, turn, turn, turn.
There is a season, turn, turn, turn.
And a time to every purpose under heaven.
A time of love, a time of hate.
A time of war, a time of peace.
A time you may embrace.
A time to refrain from embracing.

To everything, turn, turn, turn.
There is a season, turn, turn, turn.
And a time to every purpose under heaven.
A time to gain, a time to lose.
A time to rend, a time to sow.
A time for love, a time for hate.
A time for peace, I swear it's not too late.


Turn! Turn! Turn!, Pete Seeger 1950

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