17. August 2020



Zur Abendstunde präsentiere ich mich diesmal nicht in einer mir aufgenötigten Postkartenperformanceverkleidung, sondern in meiner Berufskleidung als Wahrsagerin. Gerne stellen Sie mir Ihre Fragen, die Sie schon lange beschäftigen, insbesondere Ihre persönliche Zukunft, Ihr intimes Liebesleben und Ihre Karriere betreffend und ich gebe Ihnen zeitnah direkt hier eine passende Prognose. Bis zum 31. August 2020 gratis!

Danach wird eine Aufwandsentschädigung i. H. von einer Flasche Dom Pérignon pro Fragestellung erhoben! Haben Sie keine Hemmungen, sich mir anzuvertrauen, ich bin absolut diskret und verspreche, dass Ihre Fragen und meine Antworten nur auf Facebook und in meinen hochexclusiven Blogs zu lesen sind. Also: nur Mut!

16. August 2020

Aus meinem goldenen Notizbuch XXXIX. 13. August 2020

„S-Bahn Richtung Zoo, Mann mit Armprothese. Gute Körperspannung. Attraktiv."

Ich saß in einer Entfernung von ca. fünf Metern, schräg gegenüber eines Fahrgastes, der am Hauptbahnhof zugestiegen war und sich schwungvoll hingesetzt hatte. Alter etwa zwischen Anfang und Mitte Vierzig. Kurzhaarschnitt, dunkelhaarig, ganz leicht ergraut, schwarzer Mund-Nasen-Schutz. Athletisch, sportlich durchtrainiert wirkender Körper. Elegant knappe, gezielte Bewegungsabläufe. Er trug eine blauschwarze Baumwollhose, gut geschnitten, keine Jeans, ein hellblaues, unfassbar perfekt sitzendes Hemd, das die durchtrainierten Schultern und die Brustmuskulatur zur Geltung brachte, die Ärmel vollendet hochgekrempelt. Gute Halbschuhe aus feinem Leder.

Auf den Knien hielt er einen hochwertig wirkenden, ledernen Aktenkoffer, cognacbraun. Er stellte den Koffer senkrecht, um ihn zu öffnen. Er hielt ihn mit der linken Hand und öffnete ihn mit der rechten. Ganz flüssige, geschmeidige Bewegungsabläufe.

Dann erst fiel mir auf, dass die linke Hand, die den Koffer hielt, aus einem hellen, weißgrauen Kunststoff war, leicht transparent, wie Milchglas, schlanke Finger, wie an der rechten Hand. Der Unterarm hatte eine andere Farbe, er war aus schwarzem Kunststoff. Ich konnte nicht sehen, ob der Kunststoffarm in den Oberarm überging, vielleicht war er an der Stelle vom Ellbogengelenk angebracht, wo der hochgeschlagene Hemdsärmel aufhörte.

Ich war sehr fasziniert von der Erkenntnis, dass an dem Anblick nichts unangenehm war. Die Armprothese, die auch noch farblich wie abgestimmt auf seine Kleidung erschien (oder die Kleidung auf die Prothese), nahm ihm nichts von seiner Attraktivität. An der rechten Hand, die seine eigene war, steckte ein Ehering. Das Gesicht konnte ich nicht sehen, aber der Schwung der Augenbrauen und der konzentrierte Blick ließ Attraktivität und Intelligenz vermuten.

Mir wurde klar, dass nicht die perfekte Vollständigkeit von Gliedmaßen einen Körper anziehend macht, sondern die Dynamik des Bewegungsablaufes, die Körperspannung. Vielleicht hat er den Arm bei einem Sportunfall verloren. Er wirkte eher wie ein geistiger Arbeiter, der gerne Sport treibt, nicht wie ein Handwerker. Ich glaube, das Wort Invalide ist in unserer Zeit - zum Glück - nicht mehr gebräuchlich. Als "ungültig" bewertet zu werden, weil einzelne Körperteile nicht vorhanden sind, ist unangemessen. Dieser Mann war nicht nur eine gültige, sondern eine mustergültige Erscheinung und eine bemerkenswert attraktive dazu.

14. August 2020

Gestern Vormittag vorgehabt, eine interessante Wahrnehmung in der S-Bahn hier festzuhalten, dann verlief der Tag etwas anders als erwartet. Ich bekam einen Anruf vom Eigentümer meines Ateliers, dass am Tag davor eine Notöffnung durch die Polizei und Feuerwehr veranlasst wurde, weil die Nachbarin unter mir einen Wasserschaden von oben bemerkte. Ich war zwei Tage nicht dort und für die Nachbarin nicht kontaktierbar. Hätte ja auch sein können, dass ich tot hinter der Tür liege.

Der Eigentümer erklärte, dass das Wasser abgedreht und ein neues Schloss eingebaut wurde, und ich nun zur Polizeiwache müsste, um die Schlüssel zu bekommen, mit Mietvertrag und Personalausweis. Alsdann sollte ich Kontakt zum Installateur aufnehmen, der den "geplatzten Panzerschlauch" austauschen soll und auch die sonstige Installation prüfen. Puh. Mit viel Beharrungsvermögen habe ich den Klempner telefonisch dazu gebracht, sich mit mir um 17 Uhr beim Objekt zu treffen, da hätte er gerne schon Feierabend gemacht.

So war ich nun gestern Nachmittag auf der Polizeiwache Abschnitt 55 in der Rollbergstr., ging alles reibungslos über die Bühne. Der Polizist begutachtete den Mietvertrag mit der sehr akzentuierten (schwer leserlichen) Handschrift meines Vermieters und hatte dann sichtbar keine Lust, die Eintragungen wissenschaftlich zu analysieren und gab mir die Schlüssel. Ganz altmodische Polizeiwache, dass keine mechanischen Schreibmaschinen auf den Siebziger Jahre-Schreibtischen standen, war fast ein wenig schade. Es gab schon Computer, sogar Flachbildschirme. War ich da also auch einmal.

Dann etwas bang vor der Tür meiner Werkstatt, was würde mich erwarten? Ein Durcheinander wie nach einem Einbruch, umgeworfene Bilder, eine Pfütze auf dem Boden? Nichts da. Sie waren sehr umsichtig, die Feuerwehrleute und hatten zwei Zettel hinterlassen. Dann kam der Klempner und hat den Schlauch gewechselt und alles war wieder ok. Also Glück im Unglück. Bei dem Wort "Notöffnung" zuckt man schon zusammen.

Die interessante S-Bahn-Beobachtung erzähle ich später noch.

12. August 2020



Guten Abend.
Mein Name ist Kafka. Franz Kafka. Und ich möchte hier etwas richtig stellen. Ich bin ja nun schon eine Weile tot, aber von hier oben sieht man eine ganze Menge. Zum Beispiel, dass Postkarten im Umlauf sind, auf denen ein mir zugeschriebenes Zitat gedruckt ist. Dieses durchaus interessante Zitat, das da heißt "Wege entstehen dadurch, dass man sie geht." ist nicht von mir. Sie haben ja alle Internet (auch das kann ich von hier oben genau sehen) und somit können Sie gerne hier und dort nachlesen, was es mit diesem Zitat auf sich hat.

Belegt ist, dass mein Kollege Antonio Machado auf Spanisch sinngemäß so etwas geschrieben hat, was aber nicht bedeutet, dass ihm die Autorenschaft gebührt, da gut informierte Kreise berichten, dass es sich um ein geflügeltes Wort handelt, dessen Erfinder keiner mehr finden wird. Das ist genauso aussichtslos wie eruieren zu wollen, in welchem Schusterhandwerksbetrieb zum ersten mal "Schuster, bleib bei deinen Leisten!" verlangt wurde. Wissen Sie, wenn man tot ist, so wie ich, hat man über solche Dinge einen besseren Überblick. Nicht dass mir das Zitat unangenehm wäre, es geht mir nur um die Ordnung. Lassen Sie sich gerne davon inspirieren, man kann es ja als Aufforderung verstehen, auch einfach mal was anzupacken und nicht immer nur darauf zu warten, dass es andere schon in die Wege leiten werden. Vielen Dank für die Zusendung der Postkarte, leider ist nicht erkennbar, wer hier so schwungvoll seine Grüße entbietet, aber ich soll von Frau Nielsen bestellen, dass sie sich darüber gefreut hat.

Einen angenehmen Abend wünscht
Franz Kafka





















11. August 2020

Wo ich jetzt schon ins Plaudern komme, kann ich auch noch erzählen, wie ich neulich den Postkasten aufgemacht habe und darin eine Postkarte finde, also klassisches Postkartenformat, mit blauem Hintergrund und in der Mitte so eine Art Wappen mit goldenen Ähren links und rechts. Auf dem Wappen stand "Hofpfisterei". Es war schon einer der wärmeren Tage und ich kann ohne Lesebrille auch nicht alles erkennen, aber denke noch: ach! Die Hofpfisterei hat mir eine Postkarte geschrieben! Sofort habe ich angefangen zu überlegen, wie ich das Motiv umsetze, dass ich z. B. die Ähren als blonde Zöpfe darstellen könnte, eine Frisur, die ich länger nicht mehr hatte. Ich nahm also die Hofpfisterei-Postkarte mit nach oben und setzte am Küchentisch die Brille auf.

Das war gar keine Postkarte, sondern ein Gutschein für ein Viertel Bauernbrot. Obwohl ja doch eine handgeschriebene Mitteilung vermerkt war: "Oranienburger Str.", was mich vermuten lässt, dass es sich um Reklame für eine neue Filiale handelt. Ist das schon eine Zwangsstörung, wenn man aufgrund des Postkartenformats von einem Gutschein von der Hofpfisterei anfängt zu überlegen, wie man ein Geschäftslogo als Haarfrisur umsetzt? Ich weiß es nicht. Jedenfalls hab ich noch eine Weile überlegt, ob ich diese Grenze überschreiten soll, und meine Reihe mit Handzetteln aus dem Briefkasten erweitere. Mein Resümée war dann aber, dass ich hier eine Grenze ziehen sollte und um der Versuchung zu widerstehen, den Gutschein am besten weiterverschenke. So geschehen. Der Empfänger ist ein Feinschmecker und hat sich sehr gefreut. Ein Glück, dass die wenigsten Reklamezettel Postkartenformat haben. So bin ich nicht zu oft diesem Dilemma ausgesetzt. Nun habe ich es offen ausgesprochen und das ist bestimmt schon ein Schritt zur Bewältung meiner Zwangsstörung.

11. August 2020

ich hab mich gerade bei einem blöden Zwangs-Werbespot (Mediathek) verhört, weil der Mann (ein bekannterer Nachrichtenmoderator von einem Privatsender) so genäselt hat: "Dachbarschaft". Beim Googeln, ob es das Wort schon gibt, ist mir als Suchergebnis "Digitale Nachbarschaft" präsentiert worden. Daher schlage ich Dachbarschaft als neuen Begriff für den engeren Internet-Bekanntenkreis vor.

Obwohl, richtig gut finde ich das Wort auch nicht. Kein schöner Klang. Also Schwamm drüber! War eine blöde Idee!

Ich sollte mich lieber der Vorbereitung meiner neuen Postkartenperformance zuwenden. Ich habe heute schon an den Requisiten gearbeitet, für die Fotos war ich vorhin zu schläfrig, jetzt ist es zu dunkel. Läuft ja nicht davon. Unangenehm ist auch, dass ich gezwungen bin, wärmere Kleidung zu tragen. Es wäre schön, wenn bei den künftigen Zusendungen die aktuelle Wetterlage berücksichtigt würde. Man kann doch das Postkartenmotiv jahreszeitlich abstimmen. Es sollten jetzt nicht unbedingt Nacktfotos sein, aber Rollkragen und Mütze muss auch nicht sein!

11. August 2020



2009

10. August 2020

EUKALYPTUSASTGABELTERMITE

2000 xx eukalyptusdings

Kugelschreiber auf Bettlaken, 28 x 36, Okt. 2000, Staatl. Museen v. Gaganien

09. August 2020

Françoise Sagan, Mein Blick zurück, S. 12 - 13 (ca. 1953):

"Im zweiten Anlauf schaffte ich mein Abitur mit Leichtigkeit, wenn auch erst im Oktober, und begann zu allerlei Spontanparties zu gehen, die meine Eltern mir ohne jedes erkennbare Kriterium gestatteten oder verboten. (Ich erinnere mich noch, wie ein junger Mann -- ein ziemlich langweiliger Kerl, übrigens - von meinem Vater, der sich plötzlich aufführte wie ein Haremswächter oder eine Figur von Feydeau, barsch an der Wohnungstür abgewiesen wurde, wohingegen meine Mutter mich fröhlich zu einem Abend bei einer Schulfreundin gehen ließ, den wir dann damit zubrachten, uns der Hände ihres Vaters und seiner Freunde zu erwehren.) Tagsüber zog ich, wie sechshundert weitere Studenten gewissenhaft in die Hörsäle der Sorbonne, die bei manchen Professoren überfüllt, bei anderen gähnend leer waren. Die übrige Zeit lauschte ich im Vieux-Colombier den Klarinettenklängen von Sidney Bechet und Réwéliotty, die uns an den Nachmittagen sanft wiegten oder zum Zappeln brachten. Mal spielte ich nur Mauerblümchen, mal hatte ich Glück und tanzte, bis ich schließlich - zu Fuß - nach Hause gehen mußte, weil mein Taschengeld aufgebraucht war. Um pünktlich zum Abendessen zu Hause zu sein, mußte ich den ganzen Weg vom Boulevard Saint-Germain zur Place Wagram im Galopp laufen, so daß ich jedesmal völlig erschöpft ankam. Und all das, um einen 'Bottich Trauben zu zertreten', wie mein Vater den Jitterbug umschrieb. Bei diesem abendlichen Rennen schlug ich bestimmt so manchen Rekord."



Summertime, Sidney Bechet 1939

08. August 2020





Heute präsentiere ich ein leichtes Tages-Make up, das meine Leserinnen leicht nachmachen können, wenn es morgens mal schnell gehen muss! Wir sind schließlich alle berufstätig und müssen nebenher auch noch den Haushalt wuppen, da ist man für jeden Tipp zur Zeitersparnis dankbar! Für dieses sommerliche Make up benötigt man maximal drei Stunden, keinesfalls mehr, das verspreche ich. Man braucht auch gar nicht viel, der große Malkasten von Kryolan reicht völlig aus, und eins, zwei, drei - schon ist man fertig fürs Büro! Man kann sich natürlich auch fürs Home Office so zurechtmachen, da spricht nichts dagegen. Im Zeitalter der TelKos (Telephonkonferenzen) mit zugeschaltetem Bild freut sich auch der (oder die) Vorgesetzte über so einen attraktiven und gepflegten Anblick und eine fröhliche Mitarbeiterin! Und damit sind wir doch auf einem guten Weg, ja ich möchte sagen: auf dem Highway to Health! Ich danke Kavi inniglich für die inspirierende Postkarte und trage die Botschaft in die Welt.

















g a g a
g a g a
Isabel Bogdan Ha,...
02.05.24, 14:45
g a g a
g a g a
Margarete 1. Mai 2024...
01.05.24, 23:41
g a g a
MARGARETE 30. APRIL...
30.04.24, 14:32
g a g a
Lydia G. Toller Typ!
29.04.24, 21:49
g a g a
Jan Sobottka bei mir...
29.04.24, 21:06
g a g a
Ina Weisse Schöne...
29.04.24, 20:08
g a g a
g a g a
Gaga Nielsen 28. April...
28.04.24, 01:17
g a g a
Zucker 27. April 2024...
27.04.24, 23:22
g a g a
P.P.P.S. gibt zig...
27.04.24, 17:05
g a g a
g a g a
NeonWilderness
g a g a
Zucker 27. April 2024...
27.04.24, 13:54
g a g a
Jon Tinic Ein Setup...
26.04.24, 08:42
g a g a
Christoph M. und? Gaga...
26.04.24, 01:13
g a g a
:-)
26.04.24, 01:02
NeonWilderness
Yay, es muss auf den...
25.04.24, 23:49

21.47
a
April
april 2004
april 2005
april 2006
april 2007
april 2008
April 2009
April 2010
April 2011
April 2012
April 2013
April 2014
April 2015
April 2016
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren