14. November 2011

[ Ich muss den Eintrag von vorhin nochmal neu posten, weil ich schon wieder was hintendran geklöppelt habe. Passiert manchmal, dass mir eine halbe Stunde später noch Zeug dazu einfällt und ich dann editierend weiterstricke und der geneigte Leser kriegt es gar nicht mit. Das stiftet unnötige Verwirrung! ]

Bei meinem morgendlichen Spaziergang durch das Internet sehr gerührt bei der Rubrik "wir begrüßen die neuen Berliner" oder so ähnlich von der Berliner Morgenpost angehalten und freudig einen Blick auf die neuesten Babyfotos geworfen. Entweder stimmt irgendwas nicht mit mir oder die meisten Neugeborenen sehen wirklich nicht sehr attraktiv aus bzw. ist der Anteil an ansprechenden Gesichtszügen keinesfalls höher als in anderen Altersgruppen. Unter den ungefähr zwanzig Babies waren ungefähr eineinhalb, die für meine Begriffe eine angenehme Persönlichkeit ausstrahlen und das sogenannte Kindchenschema im Gesichtchen präsentieren. Hat mich doch überrascht. Entspricht aber auch meiner live-Erfahrung in der S-Bahn. Die meisten Kleinkinderbündel sind nicht gutaussehender als der durchschnittliche erwachsene S-Bahnfahrgast.

In meinem persönlichen Umf entfernteren Bekanntenkreis gab es in den letzten Monaten ebenfalls Kindersegen. Ist leider auch keines dabei, das ich unbedingt hüten möchte. Ich habe da wahrscheinlich auch komische Vorlieben. Mich selber fand ich als Kleinkind außerordentlich putzig. Auch die Kinderfotos, die Blogger neulich von sich gepostet haben, waren überraschend attraktiv. Man bekam gleich Adoptionsgefühle. Ich bin ein bißchen hin- und hergerissen bei der Babygalerie in der Mopo. Einerseits tun mir die betreffenden Babies leid, dass ich sie nicht niedlich finden kann, andererseits denke ich, da sieht man mal, dass das mit der Reinkarnation vielleicht doch kein Humbug ist. Als ob jede Menge alte Gesichter in der Wiege liegen würden. Ich sehe bei einigen* eher alte Männer und Frauen als unbefleckte unschuldige Kinderseelen. Zum Teil gruselt es mich da sogar. Ob das anderen auch so geht? Ist ja auch eines dieser Tabus, Babies nicht wahllos herzig zu finden und auch nicht höflichkeitshalber so zu tun als ob.

Hab noch mal geguckt. Die Rubrik heißt "Willkommen in Berlin" und der Anteil ist doch etwas höher. Neun von achtundvierzig Babies sehen ganz niedlich aus. Die Idee mit der Rubrik finde ich aber sehr trotzdem anrührend. Eine schöne Geste, wenn man frisch ausgeschlüpft ist, gleich einen begeisterten Zeitungsartikel geschrieben zu kriegen. Ich wollte damit im Übrigen auch nicht zum Ausdruck bringen, dass unattraktive Babies abgeschafft gehören. Das müsste man dann schon auf alle Altersgruppen ausweiten und das Spektrum macht die Welt ja auch wieder interessant. Wenn alle gleich attraktiv wären, wäre die Welt ja auch langweilig auf Dauer. War jetzt eigentlich mehr so eine Selbstbeobachtung, Ausdruck einer gewissen Irritation oder besser Erhellung, was meine eigenen Hinwendungs-Ambitionen angeht.

Man könnte auch sagen: eine schöne Tradition, wenigstens die kleinsten Menschen lückenlos glauben zu machen, sie sind hochgradig liebenswert, so wie sie halt zufällig sind. Eine barmherzige kleine Schwindelei, die niemandem wehtut. Erklärt allerdings vielleicht auch, das Gefühl der Frustration beim fortschreitenden Älterwerden, wenn es nicht mehr gemäß unausgesprochener gesellschaftlicher Vereinbarung gepflegt wird, die Mitmenschen wahllos mit Zuneigung und Komplimenten zu beglücken. Ich unterstelle mal, dass es keinen derart grausamen pubertären Mutationsprozess gibt, der aus superlativen Engeln durchschnittliche Erwachsene gebiert. Glaube ich zumindest nicht.

Ich denke, die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte. Die scharfen Kanten der Babypersönlichkeit sind nicht so sehr weit von denen der Erwachsenenpersönlichkeit entfernt. Immerhin geben die meisten Eltern von mehreren Kindern zu, dass der Nachwuchs schon im frühesten Lebensalter dezidierte und oft sehr unterschiedliche Charaktereigenschaften an den Tag legt. Na ja, big news. Dank Internet und Bloggerei können wir als Erwachsene die abhanden gekommene, lückenlose Begeisterung über die eigene Person einigermaßen ausgleichen, indem wir uns möglichst toll mit schlauen Texten und tollen Bildchen präsentieren. Quasi für Erwachsenen-Duzi-Duzi. Also ich bin froh drum!

Jetzt wollte ich eigentlich mal etwas leicht Konsumierbares schreiben, na ja.


* Nr. 6., 15., 29., 44.

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