15. August 2013



Broken sunglasses. Meine Lieblings-Sonnenbrille ist zerbrochen. Ich fischte sie aus meinem schwarz-grau geringelten Seesack und der Rahmen hatte einen Sprung. Eine liebe Bekannte, die ich zufällig traf, als ich die Sonnenbrille gerade in ihrem kaputten Zustand entdeckte, meinte, ich sollte versuchen, es mit Superkleber zu reparieren. Aber ich sah, ich erkannte ohne jeden Zweifel, dass es nicht funktionieren würde. Die Spannung des schwarz getönten Kunstoffbrillenglases würde zu viel Gegendruck verursachen. Das würde nie halten. Manche Dinge muss man gar nicht erst versuchen. Wie amüsiert sie guckte, als ich nach "meine Lieblingssonnenbrille ist gerade kaputt gegangen"..."von Rossmann!!" nachschob. Nicht von Dior, nicht von Chanel, nicht von Gucci, nicht von Pucci. Von Rossmann. Möglicherweise nicht die Billigste vom Ständer. Nicht etwa 9,99 €. Gut und gerne 10,99 €. Qualität hat eben ihren Preis. Sie hat einfach genau zu meinem Schädel gepasst, der oberen Hälfte. Ohne Schnörkel, ohne Muster, ohne Applikationen, ohne Gedöns, einfach nur tiefschwarz. Rahmen und Gläser. Zack. Ich fühlte mich wie nackt, ausgeliefert, ohne diesen Schutz am hellen Tag von Charlottenburg nach Mitte. Auf dem Rückweg, in der Rosenthaler Straße ging ich schnell zu Rossmann, in der Hoffnung ein ähnliches Modell zu finden. Auf dasselbe wagte ich nicht zu hoffen. Gab es auch nicht. Es gab überhaupt nur eine, die nicht komplett nach ihrem Preissegment aussah. Na ja. Schnell übergezogen. Unauffälliges Modell. Aber wir sind nicht Eins. Womöglich muss ich doch im Fachhandel gucken. Ich habe so viele Sonnenbrillen in den letzten Jahren gekauft, aber keine war wie meine Schwarze von Rossmann. Ich könnte das kaputte Modell mit in den Fachhandel nehmen und sagen: suchen Sie mir eine die möglichst identisch ist - Preis spielt keine Rolle! Haha. Das ist natürlich Quatsch. Diese Art der Vorgabe entspricht nicht meinem Naturell. Ich will ungestört und unbehelligt selbst die Modelle vom Ständer holen oder aus dem Regal greifen. Ohne jedesmal mit dem Finger drauf zeigen zu müssen, "Ach, könnten Sie mir bitte vielleicht dieses Modell reichen, ich würde es gerne probieren?" Das ist mir viel zu umständlich. Den Zirkus hab ich nur einmal mitgemacht, bei Dior im KadeWe. Aber einmal reicht. Auch wenn es Champagner und Karton und Etui und weiß der Kuckuck obendrauf gibt. Höchstens, wenn mir mal sehr langweilig ist. Ich glaube mich zu erinnern, im KadeWe gibt's auch so eine Abteilung, wo man nicht in der kompletten Trash-Liga ist, aber selber aussuchen kann, ohne dass die Fachverkäuferin lauert. Obwohl die ja alle wahnsinnig nett sind, aber ich entscheide gerne unbehelligt. Es tut gut, sich nach großem inneren Aufruhr mit solchen Dingen zu befassen. Es ist nämlich ein Luxus, sich überhaupt zu überlegen, ob man eine neue Sonnenbrille kauft. Nicht nur, weil man dazu Taschengeld braucht. Ganz einfach, weil man dazu am Leben sein muss. Total simpel. Nicht, dass ich mich die letzten Tage gedanklich mit Sonnenbrillen befasst hätte. Es war umfassender. Und kaum in knappen Sätzen, zu denen ich jetzt nur noch fähig bin, zu beschreiben. Existentielle Ereignisse provozieren existentielle Einsichten. Existentielle Dankbarkeit. Existentielle Relativierung. Das ist sehr bewegend, sehr aufrührend, erschütternd, bereinigend. Befriedend. Versöhnend. Wie froh ich darum bin. Dass ich dazu fähig. bin. Ein unverhofftes Geschenk. Selbstgemachtem Elend folgt selbstgemachtes Heil. Wachsen soll das Heil des Ganzen. Ein Textfragment. Von Rückert. Wie oft es mir duch den Kopf geht, in den letzten Tagen, Wochen. Es gibt nichts Erleichterndes, als jemandem die Hand zu reichen, von dem man sich viel zu weit entfernt wähnte. Und es mag richtig sein, in gewissen Zeiten Distanz auszuloten. Absolut. Aber bevor es zu spät ist, sollte man Versöhnung suchen. Nichts hat mich schon vor Wochen mehr umgetrieben. In vielerlei Hinsicht, vielerlei Beziehung. Alte, unbefriedete Dinge. Und plötzlich scheint Frieden möglich, greifbar. Weil ich es will. Dazu bereit bin. Wie froh ich darum bin. Ja. Und wieder öfter vor Mitternacht ins Bett. Ich habe ein bißchen gelitten. Ein bißchen erschöpft hat mir mein Spiegelbild entgegengesehen, die letzen beiden Wochen. Eitel bin ich immer noch. 23:47 Uhr. Muss Zähneputzen. Allen gute Nacht.

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