06. September 2013

Heute in der U-Bahn, in der S-Bahn, in der U-Bahn, in der S-Bahn. Gelesen. Neben mir saß immer jemand. Männer. Sympathische. Bei dem einen konnte ich mir vorstellen, dass er mit in mein Buch guckt. War igendwie so der Typ. Auf eine interessierte, sympathische Art. Obwohl ich ihn ja nur beim Hinsetzen aus dem Augenwinkel gesehen habe, und registriert, dass er so ein ganz klein wenig beiseite gerückt ist, um eben höflich noch mehr Platz zu bieten. Ich weiß solche Gesten enorm zu schätzen. Sehr. Mir fehlt geradezu der Superlativ. Jedenfalls las ich, noch bei den ersten Kapiteln des Buches. Das Geschehen spielte in Palästina und drehte sich um die ersten Konflikte zwischen dem neu gegründeten Staat Israel und den alteingesessenen Arabern. Ein Erfahrungsbericht aus erster Hand, aus den Vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Es wurden auch einige, wenige, Aktivitäten der jungen Armee in Haifa beschrieben. Der Erzähler hatte die ersten Konflikte hautnah miterlebt. Nicht, dass mich der uralte, unselige Palästina-Konflikt derart beschäftigen würde, dass ich mir ein Buch darüber zulegen würde. Ich nehme das so mit, weil mich der Hauptprotagonist interessiert. Ein gebürtiger Berliner, der Anfang der Dreißiger Jahre mit seiner Familie aus Nazi-Deutschland geflohen ist. Als es noch relativ einfach war. Er selbst hat Glück gehabt. Kein Mitglied seiner Familie väterlicherseits ist im Holocaust umgekommen und aus der mütterlichen Familie nur entferntere Verwandte, zu denen es keinen persönlichen Kontakt gab. Als ich also so in der U- und S-Bahn sitze und lese, denke ich gleichzeitig, dass wohl kaum jemand, der mir über die Schulter auf meine Lektüre gucken würde, auch nur im Entferntesten auf den Namen des Autors käme. Es sei denn, er wäre vielseitig interessiert und umfassend informiert. Das Motto seines Leben ist "Glück gehabt". Immer nur Glück gehabt. Und das sieht man. Ich sehe es auf jedem Bild, das ihn zeigt. Ich mag ihn. Sein Familienname rührt von dem Hotel, das seine Eltern nach der Flucht aus Nazideutschland in Haifa übernahmen. Hotel Eden. Damals konnte man, wie er erklärt, als Holocaust-Flüchtling sehr leicht einen selbst gewählten Namen annehmen. Er änderte nur seinen Nachnamen, weil Eden prägnanter war als Sostheim sein Geburtsname, und weil er Glück verhieß. Eden. Rolf Eden.
blogger.de:hr.fuenfprozentfrau - Sa, 7. Sep, 03:24

um eben höflich noch mehr Platz zu bieten/um Distanz zu schaffen?
Aber ich hoffe, Sie haben ein Gespür dafür.

g a g a - Sa, 7. Sep, 11:15

Jemand, der Abstand sucht, lächelt nicht. Es ist auch nur deshalb eine Erwähnung wert, weil das Gegenteil der Normalfall ist. Einige, meistens Männer (aber nicht nur), sitzen breit und auch gerne breiter als die Sitzbreite, grenzüberschreitend, und behalten die Grenzüberschreitung bei, wenn sich jemand daneben setzt, oder rücken nur minimal ab. Empfinde ich als absolut unverschämt. Führt auch mitunter dazu, dass ich Breitbeinigsitzer auffordere, weniger breitbeinig zu sitzen. Gab auch schon aggressiven Wortwechsel. Man kann sich ausbreiten, wie man lustig ist, so lange auch jeder andere, der gerne einen Platz hätte, den Raum dafür findet. Wenn es eng wird, sind raumgreifende Posen unangemessen. Lässt Rückschlüsse auf das übrige Verhalten zu. Extrem unsympathisch. Solche Zeitgenossen sind bei mir gleich unten durch. Auch Mitfahrer/innen, die bei vollbesetzter S-Bahn breit aufgeklappt ihre riesige Tageszeitung lesen und umblättern, als säßen sie am heimischen Frühstückstisch, ungeachtet, ob sie mit ihrer Zeitung den Ellbogen vom Sitznachbarn streifen. Falsch verstandene Gutsherrenart. Genickschuss.
blogger.de:hr.fuenfprozentfrau - Sa, 7. Sep, 17:43

So profane Tugenden wie Lächeln fallen mir morgens um halb vier leider nicht ein. Ich bitte mir dieses nachzusehen.

g a g a - Sa, 7. Sep, 18:32

Das ist ja auch quasi das Sahnehäubchen auf dem Kakao.
Morgens um Halbvier klingt nach morgens um Halbvier als Tagesbeginn, das ist freilich beachtlich. Die Distanz Suchenden neigen im Übrigen gerade dazu, keinen Millimeter von ihrem vermeintlichen Herrschaftsbereich abzurücken und demonstrieren ihre Distanziertheit durch komplette Ignoranz der Umgebung.

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