14. Juli 2011



Eines weiß ich sicher. Wenn ich Angst vor etwas hatte, war es nie substanzlos. Und das Pfeifen im Dunkeln war nur Pfeifen im Dunkeln. Es hat die Nacht nicht zum Tag gemacht. Ich glaube nicht mehr an die als helfend kolportierten Notfall-Rituale von positiven Affirmationen, schönreden, schönsaufen, schönkiffen, schönmeditieren. Ich glaube an Durchhalten und versuchen stark zu bleiben, so stark wie unter schwierigen Umständen möglich. Damit rechnen, dass man fürchterlich durchgeschüttelt wird, erschüttert wird, Schmerzen haben wird, bluten wird, weinen wird. Bis man damit durch ist. Es nicht hochkochen, zelebrieren, aber sich auch nicht einreden, schwarz wäre himmelblau. Denn man glaubt es sich selber sowieso nicht. Man spürt das, dass man versucht zu verniedlichen, abzuschwächen, weil es einem angetragen wird, so wird man erzogen. Es wird still geweint. In hingebungsvollem Lamento drei Tage laut weinende afrikanische Witwen werden als theatralisch belächelt. Ja vielleicht. Ich bin auch nicht der Typ für drei Tage lautes Schluchzen, aber leise schon. Und manchmal, ja meistens auch länger als drei Tage. Aber wenn die vorbei sind, brauche ich keine Affirmation mehr. Dann sehe ich wieder echte Sonne aufgehen. Das Auf und Ab. Es ist gut, zu wissen, wie sich dunkel anfühlt. Lange Dunkelheit. Es ist gut, weil die Dunkelheit dann eine Information in den Zellen ist. Tief im Herzen. Die das Licht stärker spüren. Viel stärker als zuvor.
Frau Klugscheisser - Fr, 15. Jul, 04:21

Mein Motto:
Durchhalten. AUShalten.
Geht. Aber erst mit viel Übung.

g a g a - Fr, 15. Jul, 10:54

Ja. Aushalten. Und gehen kann man jederzeit immer noch, wenn es die Kraft über einen zu langen Zeitraum übersteigt. Irgendwann geht man ja ohnehin für immer. Der Gedanke, dass man immerhin die grandiose Wahl zwischen Leben und Tod hat. Ich bin auch viel zu neugierig und niemals bleibt es wie es ist. Nichts. In Neuseeland ist jetzt Winter. Des einen Winter, des anderen Sommer. Und umgekehrt. Den Zyklus nicht vor der Zeit abbrechen, er endet ja ganz von selbst. Ich halte es für gut, auszuloten, was die Ursache der Furcht ist. Früher rührten einige (existentiellen) Ängste daher, dass ich manches nicht in ausreichenden Zeiträumen durchdachte. Pragmatische Dinge kann man vorbereiten, die Folgen absehen, die Schritte überlegen, durchdenken. Was führt wohin. Nur wenn Gefühle im Spiel sind, funktioniert das nicht. Dann geht es um Aushalten. Sich schützen, vielleicht in eine Sicherheits-Schutzzone zu gehen, um die Einschläge nur abgedämpft wahrzunehmen, bis der Krieg vorbei ist. Und sich nicht aufgeben. Die Hoffnung nicht verlieren, an die Logik der Zyklen denken, die Jahreszeiten. Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Planeten ändern ihre Position, jeder Tag schenkt eine in der Gesamtheit betrachtet, neue, nie dagewesene Konstellation. Nicht nur in der Astronomie. Der Sternenhimmel heute ist einzigartig. So war er noch nie und so wird er nie wieder sein. Gestern, vorgestern, morgen, übermorgen. In Milliarden Jahren. Lichtjahre entfernt. Und heute. An diesem Tag auf der Erde. Was für ein Privileg, auf diesem schönsten aller denkbaren Planeten geboren zu sein.
schneck08 - Fr, 15. Jul, 11:07

Ich finde schon, dass ein bisschen tricksen erlaubt ist. Zumal man ja immer spürt und darum weiss, wenn man versucht, sich selbst auszutricksen. Aber das Selbst ist ja auch nur ein Mensch und was ist schöner und gibt mehr Kraft als das wohlwollende Augenzwinkern des Eigenen.

g a g a - Fr, 15. Jul, 11:30

Die Tricksereien haben aber nicht nur vermeintlich gute Nebenwirkungen. Die meisten Tricksereien fühlen sich im Augenblick wie Erleichterung an, lösen oder transformieren die Ursache keinen Millimeter. Ich meine Ausweichmanöver (s. o. schönreden/-meditieren/-kiffen etc.). Echte, grundlegende Transformation der Wahrnehmung, Sichtweise auf das Problem ist etwas anderes. Das ist der Prozess der Lösung. Den man eher beschleunigt, indem man genau hinsieht, nicht daneben oder weg. Affirmationstechniken sind Verdrängungstechniken, wenn nicht währenddessen das Defizitäre an der Situation und die Ursachen des Defizitären konfrontiert werden. Es gibt einen Grund, warum der Himmel schwarz und nicht blau ist. Er wird nicht blau, wenn man es sich fest vorstellt. Das ist unhaltbarer Eso-Quatsch. Etwas anderes ist, den erhofften blauen Himmel zu malen, im Bewusstsein dessen, dass er nachtschwarz ist. Das eigene Elend nicht beschönigen aber schon auch dagegenarbeiten. Sie können davon ausgehen, dass ich alles durchexerziert habe, in kleiner und großer Not. Einmal, am Ende eines dunklen Jahres, schrieb ich in mein Tagebuch eine Litanei positiver Beschwörungen "ich werde es ein leuchtendes Jahr sein lassen". Ich war so furchtbar verzweifelt, ich dachte, ich zeige mich stur und zeige die Faust. Aber ich spürte tief in mir, dass die Talsohle keineswegs erreicht war. Das war kein gutes Jahr, die Beschwörungsformeln habe nichts geholfen. Ich akzeptiere das jetzt einfach. Wenn die Dinge wieder leichter werden, sind sie es wirklich. Nicht herbeigeredet. Was mir gar nicht gefällt ist, wenn die Existenz einer dunklen Konstellation nach außen als heller vermarktet wird, auch sich selbst gegenüber. Das ist meistens ein Zeichen von Verdrängung, keiner konstruktiven Arbeit an der Lösung. Ich kenne einige Menschen, mit diesem Charakterzug. Ich kann Drückebergerei nicht ausstehen. Aber wer hart arbeitet, darf sich natürlich auch ab und zu belohnen. Mit einem Gläschen oder etwas anderem Schönen. Nicht, dass ich hier zur Askese aufrufen wollte.
kaltmamsell - Fr, 15. Jul, 12:01

Durchhalten ist viel.
Und vor lauter Durchhalten nicht die Aufmerksamkeit für mögliche Auswege verlieren und sie am End übersehen, vor lauter Konzentration auf Durchhalten.
g a g a - Fr, 15. Jul, 12:41

Ich meine nicht (sediertes) Durchhalten mit geschlossenen Augen. Wach und konzentriert auf genau diese Fähigkeiten, die Kraft, den besseren Weg zu finden, den Ausweg. Das hilft einem auch durchzuhalten. Niemals tatenlos und paralysiert verharren. Totenstarre kommt später. Aber nicht bei funktionierendem Kreislauf. Das wäre Gotteslästerung. Ich bin überhaupt sehr für's Tun, tätig sein. Es gibt immer etwas Sinnvolles zu tun, selbst wenn es nicht die Tat ist, nach der man die allergrößte Sehnsucht hat, sondern nur eine scheinbar zweit- oder drittrangige Tätigkeit in der persönlichen Hitparade. Man arbeitet den großen Wünschen, Plänen, Träumen, Sehnsüchten dann im Kleinen zu. Irgendwann kommt die Stunde für die große Tat des Herzens (egal ob Liebe, Beruf oder Gesundheit). Das ist statistisch erwiesen (oder man ist auf dem komplett falschen Dampfer).
creature - Fr, 15. Jul, 12:52

du hast in allem so völlig recht.
ich denk auch so, wage es aber meist nicht zu sagen, man wird bald in die ecke eines spaß-und gute laune verderbers verbannt!
aber es gibt nicht besseres, wahrhaftigeres als die realität wie sie sich darbietet in diesem moment.
g a g a - Fr, 15. Jul, 13:03

Ich weiß nicht warum, aber ich glaube, das Auf und Ab, und es als das zu respektieren was es ist, hat eine innere Logik innerhalb eines Lebensweges. Wenn ich eine schmerzhafte Lektion nicht als solche respektiere, die Schieflage der Situation nicht realisiere und die Zeit damit vertue, tatenlos das Mantra "alles im Lot" zu zelebrieren, bleibt keinerlei Erkenntnisraum zu begreifen, was nach Veränderung schreit. Und es schreit ja weiter. Man hört dann so komische Knebel-Laute. Ich habe aber nichts gegen beten. Bitten, beten. Nichts unversucht lassen. Es ist auch erlaubt, sich meditativ zu versenken, sich zugleich, ja jederzeit auf seine Kraft und das ganze Potenzial alles Schönen zu konzentrieren, solange es nicht zur systematischen Verdrängungskultur gerät. Ich kenne Menschen, die es für konstruktiv halten, defizitäre Lebensaspekte zu überblenden, aus Prinzip nicht hinzuschauen. Eine Art religiös gerechtfertigte Ignoranz. Die Verweigerung der Anerkennung der Mit-Verantwortung für unangenehme Entwicklungen.

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