09. Juli 2011

Ich kenne keine Mary-Jane. Wahrscheinlich macht man sich gleich verdächtig, wenn man nicht in das Gewinsel um verschwundene, abgemurkste kleine Mädchen mit großem Trauerflor einfällt. Am besten gleich Staatstrauer verhängen! Aber nur bei 1 - 11-jährigen Mädchen mit Puppengesicht. Danach sind sie nicht mehr so goldig und lieb. Auch gibt es weiterhin keine Veranlassung, Bildschlagzeilen zu fabrizieren, wenn Oma Kasuppke oder Tante Inge um die Ecke gebracht werden. Die haben ja ihr Leben schon mehr oder weniger hinter sich. Oder womöglich Männer. Alte Männer! Weg damit! Ist nicht schade drum. Aber kleine Mädchen. Ganz schlimm. Alle Räder müssen stillstehen und große Suchaktionen müssen eingeleitet werden, Geld spielt keine Rolle. Es geht um ein Mädchen. Es geht um Mary-Jane! Unschuld. So alte Männer, die haben doch auch meistens was auf dem Kerbholz, machen wir uns doch nichts vor. Und Tante Inge war schließlich alt genug, um darauf zu achten, mit wem sie Umgang pflegt. Aber so ein kleines süßes Mädchen. Das ist ein Fall für Interpol. Womöglich fehlt bei mir das Mutti-Gen.
arboretum - Sa, 9. Jul, 16:07

Ich gebe es ungern zu, aber als ich die Nachricht von dem vermissten Mädchen das erste Mal las, fragte ich mich schon, was die da so rauchen in Zella-Mehlis.

g a g a - Sa, 9. Jul, 16:31

Mich regt eigentlich nur das Missverhältnis zwischen Trauergedöns um Gören im Vergleich zu anderen Altersgruppen auf. Das hat fast schon Fetisch-Charakter. Ich habe kein Problem damit, wenn mit jedem Vermissten und Abgemurksten so ein Aufwand und Empathie-Geheische veranstaltet wird. Nicht, dass ich das für nicht traurig für die Angehörigen halten würde. Klar, maximal schrecklich. Das ist es aber auch für eine erwachsene Frau, deren Mann unverschuldet in eine Gewaltsituation gerät und es nicht überlebt. Gestörte Gewaltverbrecher gibt es sicher solange wie die Menschheit exisitiert. Aber Dank Weltpresse, Satellitenschüssel, Internet und Facebook traritrara wird neuerdings jeder lokale Kinder-Mordfall zum EU-Problem hochgeschaukelt. Ich empfinde die Berichterstattung als aufdringlich. Trifft wahrscheinlich den Nerv des kollektiven Unterbewussten, das Volk will irgendetwas gemeinsam machen, haben, feiern, betrauern. Verlorengegangene Stammesriten. Fußball WM, Hochzeiten, Todesfälle. Ich merke gerade, ich bin da nur ansprechbar wenn es um freudige Angelegenheiten geht oder für den Fortbestand der Menschheit relevante (oder hin und wieder um Ikonen, zu denen ich einen Bezug habe). Ich habe schon reichlich damit zu tun, meine persönlichen Trauerfälle zu verarbeiten.
arboretum - Sa, 9. Jul, 18:24

Ich verstehe schon, was Sie meinen. Meine Bemerkung bezog sich auch nur auf den Vornamen des Mädchens.
g a g a - Sa, 9. Jul, 19:07

Wenn die Mary-Familie "Warner" heißen würde, hätte die Berichterstattung allerdings einen anderweitig bizarren Aspekt. Das wäre schon wieder lustig. Aber ich will mich andererseits über das Leid der armen Leute nicht lustig machen. Ich schlage vor, man lässt sich einfach gegenseitig in Ruhe. Die Angehörigen von den weggekommenen Kindern stehen ja auch nicht bei mir auf der Matte, um Kränze auf meinem Totenkopf-Fußabtreter abzulegen, nur weil mir mal wieder jemand abhanden gekommen ist. Wobei - wäre an sich eine hochanständige Geste. Aber die lesen ja noch nicht mal mein Blog. Ich finde das ein bißchen ignorant, oder wie sehen Sie das? Wenn man eine Leidensgemeinschaft bilden will, muss man sich schon ein bißchen um den anderen kümmern, also die sich auch um mich. Oder um Sie zum Beispiel. Ach nein, lieber doch nicht. Dann wird nur blöd nachgefragt. Im Grunde will ich nur meine Ruhe!
arboretum - Sa, 9. Jul, 21:42

Ich vermute, die wollen die auch lieber. Allenfalls die Anteilnahme von Freunden und Bekannten und weniger das, was an Öffentlichkeit über sie hereinbricht. Da scheint mir immer auch eine gute Portion Voyeurismus, Sensationslust und Selbstinszenierung im Spiel zu sein. Spätestens eine Woche nach der Beerdigung fragt doch keiner der öffentlich Betroffenen und "Warum?"-Zettel-Schreiber mehr nach den Angehörigen.
g a g a - Sa, 9. Jul, 22:10

Und das ist wahrscheinlich auch sehr gesund. Da wird man doch irre. Es reguliert sich auf das normale Maß. Die Warum?-Zettel-Schreiber sehen es als eine Art sinngebende Freizeitgestaltung sich da mitfühlend einzubringen. Man kann Gefühl zeigen, das man vielleicht gerade nicht anderweitig zelebrieren kann oder überzählig hat und fühlt sich noch im christlichen Sinne hilfreich. Oder so ähnlich. Jetzt habe ich auch genug darüber schwadroniert. Mir ist der massenmedial zelebrierte Kinderkult suspekt, nun ist es ausgesprochen. Dass ich bei pädophilen Gewaltgeschichten und dem hysterischen Mitleidsgegenpol sogar eine schräge innere Verwandtschaft vermute, schreibe ich hier aber nur ganz klein. Will ich gar nicht weiter ausdenken. Als Amateurpsychologin kann man sich da leicht in die Nesseln setzen und ich habe eh keine Lust mich noch ausgiebiger mit dem unerquicklichen Kram zu befassen.

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