08. März 2024



Mit diesem anmutigen Portalschmuck in der Emser Straße 76 und dem sachlichen, aber auch bemerkenswerten Architekturdetail im Dampfer-Stil der Kita in der Emser Str. 81 beende ich meinen kleinen Spaziergang durch die untere Hälfte der Emser Straße. Der Wiener Architektur-Revoluzzer Adolf Loos hätte der Bauweise der Kita sicher eher seinen Segen erteilt. Adolf Loos verachtete architektonischen Zierrat in Form von Stuckdekor an Schauseiten von Mietshäusern, und zwar zutiefst. In seiner kämpferischen Schrift mit dem Titel „Ornament und Verbrechen“ aus dem Jahre 1908 hatte er den Auftakt für ein schmuckloses Äußeres und Inneres der Häuser bereitet. Er trat mit großer Vehemenz für ornamentlose Fassaden ein. In der Schrift heißt es unter anderem, dass man Schmuckformen jeder Art unbedingt verbieten müsse. Leute, die sich selbst, ihre Kleider, ihre Wohnungen oder ihre Häuser und Vorgärten schmückten, seien „Verbrecher“, „Degenerierte“ beziehungsweise „Hanswurste“. Loos argumentierte, dass Funktionalität und Abwesenheit von Ornamenten im Sinne menschlicher Kraftersparnis ein Zeichen hoher Kulturentwicklung seien. Es würden noch ganze Volkswirtschaften zugrunde gehen, wenn die Welt nicht bald damit aufhöre, ihre ganze Kraft an Nippes und Tinnef zu verschwenden.



Rückblickend kann er als Visionär gelten, was die Umsetzung seiner Ideale angeht. Seit vielen Jahrzehnten ist der Verzicht auf schmückende und womöglich verspielte Architekturdetails um des Schmuckes willen, zugunsten von preisgünstiger Geradlinigkeit die Marschrichtung, zumindest beim Bau von Funktionsgebäuden, zu denen auch Mietshäuser, vor allem des sozialen Wohnungsbaus zählen. Gott sei's geklagt! Der ersten Entstuckungswelle in den Zwanziger Jahren folgte unter den Nazis eine weitere, noch umfassendere. Sie zielte sowohl auf die Beseitigung des „überflüssigen Tands“ wie auch der Gefahren für die Passanten durch herabfallenden Stuck ab. Eine dritte Welle in den Sechziger Jahren bot für das Abschlagen des Stucks sogar ausgelobte Prämien, die Hausbesitzer finanziell unterstützen sollten, um die Gefahren zu beseitigen, die von herabfallenden Fassadenteilen ausgingen. Und heute werden die fehlenden Stuckelemente beweint, schmerzlich vermisst. Weil man es sieht, dass Häuser aus gewissen Epochen anders angelegt waren. Lauter Leerstellen. Unwiederbringlich. Ich weiß leider kein Beispiel, wo ein Hausbesitzer den abgeschlagenen Stuck anhand von alten Plänen und Fotografien rekonstruieren ließ. Es wird ein paar wenige geben. Bitte gerne ein Bundesverdienstkreuz dafür geben. Das verschönt meine Spaziergänge. Und bestimmt nicht nur meine.

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