16. August 2023

Mysterien des Alltags erhellt...! Angenommen, Google Earth würde morgen Luftaufnahmen vom Gipsdreieck updaten, mein Dach fotografieren, wäre da ein kleines, quadratisches Portraitfoto von Greta Garbo zu sehen. Daneben ein marokkanisches Teelicht-Gläschen. Kann aber auch sein, dass das Garbo-Foto in den nächsten Stunden vom Wind verweht wird und in einem Baum oder mitten auf der Auguststraße da unten landet. Das Foto und das Teelichtgläschen liegen auf den Dachschindeln, nah der Dachrinne. Dereinst stand das Gläschen auf der Balkonbrüstung, so lange bis eine der Krähen kam, aus der daneben stehenden Schüssel Wasser trinken wollte, und das Teelichtdings dabei versehentlich schubste, und es runterpurzelte.

Greta Garbo ist allerdings ein Neuzugang und kam so dahin: ich wollte vorhin das Küchenrollo runterziehen und entdeckte an der linken Wand vom Fenster eine sehr große Motte, einen Nachtfalter. Kleine Motten mache ich einfach mit einem Stück Klopapier platt und spüle sie im Klo runter, was irgendwie auch ungerecht und gemein ist, aber so ein größeres Modell weckt bei mir Gewissensbisse, ich fände es unheimlich, so ein größeres Flatterwesen zu zerdrücken, da erkennt man ja schon so viel. Ich weiß, das ist eine bequeme Doppelmoral in meiner Alltagskultur, aber so ist es eben. Meine Technik ist, ein möglichst kleines Glas aus dem Schrank zu nehmen, über die Kreatur zu stülpen, und dann eine Postkarte drunterzuschieben, damit zum nächsten Balkon zu gehen und das Getier aus dem Glas zu schütteln, möglichst weit weg von der Balkontür.

Eigentlich sehr simpel und funktioniert immer. Ein kleines Glas war schnell zur Hand, ich war ja in der Küche. Das Insekt saß auch ganz ruhig und gechillt an der Wand. Dann brauchte ich nur noch die Postkarte zum Drunterschieben. Ich fand keine auf die Schnelle. Es sollte ja schnell gehen! Das nächstbeste griffbereite Kärtchen war eine Visitenkarte in typischer Visitenkartengröße. Es war ja ein kleines Glas. Nun schob ich die Visitenkarte unter den Falter und sah, dass sie ein bißchen zu klein war. Links und rechts waren fünf Millimeter Luft. Man kennt ja die Geschicklichkeit in Fluchtsituationen von den kleinen Biestern. Ich durfte kein Risiko eingehen! Womöglich machte sich die Motte ganz trickreich ganz schlank und wäre entwischt. Ich hielt das Glas mit der Visitenkarte und der Motte fest an die Wand gedrückt und sah mich um, was denn irgendwie als Alternative zum Drunterschieben herhalten könnte. Da fiel mir ein quadratisches Foto von Greta Garbo auf dem Fensterbrett ins Auge, locker in einen Papprahmen geschoben. Ich hielt mit der linken Hand das Motten-Glas an die Wand und griff mit der rechten zu Greta. Ich legte das Foto flach auf den Küchentisch und plante mit einer Blitzaktion den Falter im Glas, der auf der Visitenkarte tänzelte, erst mal dahinzutransferieren. Ich würde so turboschnell vorgehen, dass der Falter mir nicht mit seinen Fluchtplänen durch eine der Visitenkartenritzen entkommen könnte.

Es klappte! Nun saß der Falter unter dem Glas auf Greta Garbo. Ich zog die Visitenkarte raus und ging mit Greta, Motte und Glas auf den Balkon zur Auguststraße. Da unten war wieder viel los, in der lauen Sommernacht. Ich hob das Glas und schüttelte das locker gerahmte Greta Garbo-Bild mehrmals über dem Dach hin- und her. Der Falter war weg. Und Greta auch. Ich hatte nur noch den Papprahmen in der Hand. Greta segelte nach unten und landete rechts vom Teelichtgläschen.

Nun habe ich einen selbstgebastelten Kescher, weil mir nicht zum ersten mal was aufs Dach gefallen ist. Ich geniere mich aber, danach zu angeln, so lange so viele Leute da unten sitzen. Ich möchte keine bizarre Show abziehen. Denn so einen Kleinscheiß wie ein Teelichtgläschen und ein flach auf der Schindel liegendes Garbo-Foto zu angeln, ist schon eine sportliche Angelegenheit, die nicht beim ersten Anlauf klappen dürfte. Entweder mache ich es spät nach Mitternacht, in der Hoffnung, dass sich dann das ausgehfreudige Publikum da unten auf den Heimweg gemacht hat, oder ich versuche es morgen früh, wenn noch nicht viel los ist. Bleiben Sie dran! Ich berichte dann.

Update 01.40 Uhr: Greta mit breitem Klebeband an der Angel geangelt, Teelichtdings aufgespießt.

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