14. Mai 2015

Es ist sehr bewölkt heute in Berlin. Der Wetterbericht gestern meinte nur "leicht", aber eine Wettervorhersage ist nur eine Wahrscheinlichkeits-Prognose. Manchmal wird ja auch Düsteres vorhergesagt und auf einmal kommt die Sonne doch. Es gibt Überraschungen in beide Richtungen. Ich wollte ursprünglich, wäre es nur leicht bewölkt gewesen, einen Ausflug zur Liebermann-Villa am Wannsee machen. Aber man muss im Leben manchmal auf geänderte Gegebenheiten reagieren. Will man stur einen Plan abarbeiten, läuft man Gefahr, mit weiteren Unannehmlichkeiten konfrontiert zu werden, weil man stur an der Umsetzung einer Sache festhält, deren Zeitpunkt nicht ideal ist. Also ich bleibe hier drin und hoffe auf die Sonne morgen. So konnte ich in Ruhe ein bißchen hier und da gucken und lesen, zum Beispiel auch bei Arboretum, die vor sechs Jahren die Villa und den Garten besucht hat und man unterhält sich ein bißchen am Computer. Dann überlege ich auch, ein bißchen die drei externen Festplatten aufzuräumen, ein paar Dateiordner zu verschieben, anders zu ordnen. Fotografien doppelt, für wen oder was auch immer. Dann fällt mir ein, dass ich noch einen einzigen Beitrag in meinem Blog hier auf "offline" habe, also einen Entwurf - normalerweise habe ich keine Textentwürfe - ich habe manchmal ein paar wenige Tage schon ein paar Fotos für einen Eintrag mit dem Einbettungscode in einem Beitrag offline, aber am Ende, der Text, wird nicht über Tage entworfen und dann erst gepostet. Ich schreibe direkt ins Blogeintragsfenster und gucke nach Rechtschreibfehlern quer, das wars und ab die Post. Aber dieser eine Eintrag, der tatsächlich Text enthält, bereitet mir tatsächlich Entscheidungsschwierigkeiten, ob ich den Quatsch (denn das ist er, geträumter) allen Ernstes noch verarbeiten soll oder einfach löschen. Ich finde den Inhalt ein bißchen peinlich, weil er den Eindruck vermitteln könnte, meine Traum-Denkweise ließe einen Rückschluss auf mein tatsächliches Denken zu. Das möchte ich möglichst ausschließen. Schwierig! Andererseits finde ich den Inhalt sehr plastisch und Widersprüchlichkeiten zwischen Traum- und Wachpsyche sind auch irgendwie interessant. Es war ungefähr am siebten April, schon über einen Monat her, dass ich am Tag nach dem Traum nur ganz kurze Stichworte vermerken wollte, weil ich sehr stark dazu neige, Träume sofort komplett zu vergessen, auch wenn ich eine Stunde nach dem Aufwachen noch eine plastische Erinnerung hatte. Ich war mir so unschlüssig, ob es sich lohnt, das aufzuschreiben, dass ich einfach nur stichpunktartig - für alle Fälle - die folgende Notiz machte:

meesetraum


Stoffsammlung: Traum Jonathan Meese kleines, dunkles Zimmer - bei ihm, er malt, kritzelt, wirft auf den Boden, ich möchte Signatur, weil ich dann ausgesorgt hätte, und machen könnte, was ich will, (wir trinken Bordeaux, Lafite Rothschild, aus einer Holzkiste*) er reagiert überhaupt nicht, ich finde ihn ignorant und geizig, er kritzelt auf Art Flip Chart, verdeckt, gibt mir Blatt Papier mit Skizze, strahlt mich an, die Skizze zeigt, dass ich sein erotisches Idol bin, es handelt sich um eine Art Liebeserklärung, ich denke darüber nach, ob es nicht schlau wäre, ein Kind von ihm zu kriegen, das hätte dann auch ausgesorgt. Finde ihn aber nicht so erotisch wie er mich. Er bietet Sekt an, ich fürchte, mir nicht trocken genug, lasse ihn erklären, was für einen genau, er zeigt sich fachmännisch, spricht von Flaschengärung. Hätte ich gar nicht gedacht, dass er sich da auskennt.. Dann Flucht, ich mit jemandem anderen auf den Gängen des Gebäudes. Creezy kommt auch vor, ich frage sie, ob sie noch die Frau B. K. kennt, erinnert, ja natürlich - wieso? weiß nicht mehr... die könnte irgendetwas bestimmtes - - - was war das noch? Singen?

Also gut, nun habe ich es doch gepostet, aber ohne Ausschmückung und weitere Verarbeitung und Erörterung. Hätte ich einen Blogeintrag daraus gemacht, mit vollständigen Sätzen und weiteren Erläuterungen, hätte ich wohl auch einleitend erwähnt, dass er bei mir um die Ecke wohnt, also in einer sehr kleinen Parallelstraße zu meiner, und mir deswegen schon hin und wieder über den Weg gelaufen ist, wo er auch immer sehr nett guckt, also ich kann nichts Schlechtes berichten. Aber diese Sache mit dem "dann hätte ich ausgesorgt" und dann auch noch der Gedanke, eventuell ein Kind mit ihm zu kriegen - also das geht ja gar nicht. Zu allem Überfluss stand er ungefähr zwei Tage später auf demselben S-Bahnsteig wie ich und wartete ebenfalls auf eine sehr verspätete S-Bahn. Es war eine Zeit, wo ich normalerweise nicht unterwegs bin, so kurz vor elf Uhr vormittags glaube ich, und da waren wenige andere Leute die warteten, man musste fast schon zwangsläufig registrieren, wer da alles so wartet und dann fiel mir der peinliche Traum wieder ein und ich dachte - um Gottes Willen - bloß löschen, nicht posten - viel zu peinlich! Und dann konnte ich den Quatsch doch nicht löschen, warum auch immer. Wahrscheinlich meine Wahrheitsliebe. Vielleicht ist ja doch was dran. Tatsächlich amüsiert es mich schon auch, oder beschäftigt mich, dass ein sehr erfolgreicher bildender Künstler alleine mit einem beliebigen Gekritzel auf eine Serviette mit seiner Signatur ein geldwertes Objekt als solches definieren kann. Die reinste Zauberei. Aber da muss man erstmal hinkommen. Für meine Begriffe hat er im Bereich der Malerei (ich betone: der Malerei) jeden Erfolg verdient. Ich bin da (fast gar) nicht neidisch. Aber dass ich im Traum auf die Idee komme, ich könnte davon profitieren, indem ich mich ihm hingebe - was ich ja übrigens - muss ich zu meiner Ehrenrettung hinzufügen - nicht gemacht habe! Ich habe selbst im Traum damit gehadert, das weiß ich noch. Und mich ja letzten Endes aus Gewissensgründen dagegen entschieden, denn es gab ja keine entsprechende Konsequenz. Also bei der Erklärung zur Flaschengärung brach die Szene dann ja ab und ich irrte mit jemand anderem durch diese hotelartigen Räumlichkeiten bis zum völlig anders gearteten Szenario. Wie auch immer - ein Einblick in einen nächtlichen Abgrund. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jonathan Meese Blogs liest. Komisch, ich kann mir das allgemein bei bekannten Leuten immer nicht vorstellen - warum eigentlich? Also wenn er sich irgendwann selber googelt, kommt das hier als Suchergebnis bestimmt so dermaßen weit hinten, dass ihm längst die Lust vergangen ist, dahin zu blättern. Also eigentlich keine Gefahr. Kann ich es ja posten. Und wenn doch - ähm. Muss er mich halt bei der nächsten Zufalls-Begegnung darauf ansprechen.
g a g a - 14. Mai, 17:15

* Anmerkung zum Traum:

wir tranken nicht etwa Wein AUS einer Holzkiste, sondern der Wein stammte aus einer Flasche, die er aus einer Holzkiste mit eingebranntem Wappen vom Weingut Lafite gegriffen hatte, die bei ihm auf dem Boden herumstand - wobei noch erwähnenswert ist, dass ich exakt so eine Kiste Anfang März als Geburtstagspräsent verschickt habe. Wir tranken aus einfachen Gläsern.

g a g a - 14. Mai, 19:16


arboretum - 16. Mai, 19:23

An dieses Interview musste ich gerade denken, als ich im Guardian das Interview So many people spend their working lives doing jobs they think are unnecessary" mit David Graeber, Professor an der London School of Economics und Autor des Buchs The Utopia of Rules, las. Er erzählte von der Idee, mit der er sich derzeit beschäftigt:

It’s about the play principle in nature. Usually, he argues, we project agency to nature insofar as there is some kind of economic interest. Hence, for instance, Richard Dawkins’s The Selfish Gene. I begin to understand the idea better– it’s an anarchist theory of organisation starting with insects and animals and proceeding to humans. He is suggesting that, instead of being rule-following economic drones of capitalism, we are essentially playful. The most basic level of being is play rather than economics, fun rather than rules, goofing around rather than filling in forms. Graeber himself certainly seems to be having more fun than seems proper for a respected professor.
g a g a - 16. Mai, 19:33

Sehr schöne Erkenntnis. Wer spielerisch und dabei durchaus konzentriert mit einer Aufgabe umgeht, hat am Ende oft ein interessanteres Ergebnis, das nicht nur ihn selbst während des spielerischen Tuns bereichert und beflügelt. Man sieht ja auch an Kindern, dass Spiel niemals ergebnislos ist. Es gibt praktisch gar kein sinnloses Spiel. Die Bereicherung auf die eine oder anderre Art ist geradezu zwangsläufig. Strategie vom Genie!
arboretum - 14. Mai, 22:27

Beruhigend zu wissen, dass ich nicht die einzige bin, die absurd träumt.

Ich habe gutes Wetter für Ihren Ausflug morgen bestellt.

g a g a - 14. Mai, 22:37

Habe soeben die Bestätigung von DHL erhalten, dass die Bestellung bereits auf dem Weg in das Berliner Verteilungszentrum ist und voraussichtlich morgen um zehn Uhr vormittags zugestellt wird. Prima!
g a g a - 15. Mai, 17:45

Eingangsbestätigung! Lieferung wurde pünktlich zugestellt, einwandfreie Qualität. (bin noch ganz benommen von diesem flirrenden Ferientag in Wannsee - und die Sonne scheint immer noch, mache gerade ein Fußbad und lade die Bilder runter - mehrere Hundert... sonnentrunken, Boote, Blüten, ach...)
arboretum - 16. Mai, 10:53

Wie schön, dass das so gut geklappt hat. Dafür nahm ich auch gern in Kauf, dass wir hier den versprochenen Sonnenschein nicht vom Morgean an, sondern erst am Nachmittag bekamen.
g a g a - 16. Mai, 14:18

Es war gestern in Berlin morgens nur sehr leicht bewölkt, die Sonne hatte sich schon gut durchgesetzt, aber ab mittag war es dann ein Sommertag wie im Bilderbuch. Deswegen habe ich auch beschlossen, nicht in der schönen Villa (die ich deswegen leider nur im unteren Bereich anschauen konnte) in der nicht kleiner werdenden Schlange für die Ausstellung anzustehen, sondern lieber in der Sonne in Wannsee spazieren zu gehen. Die Ausstellung geht noch bis August, da gibt es noch genug Gelegenheiten. Der Garten ist bildschön geworden und der Flieder blüht in einer Fülle, dass es ein Gedicht ist. Auch viele Blumen blühten schon im Nutzgarten. Mir war nach dem Ausflug, als hätte ich eine Woche Sommerfrische in Wannsee verbracht. Ich glaube mein schönster Tag bisher in diesem Jahr. Die vielen Bilder muss ich erst sichten und verarbeiten, mehrere Etappen daraus machen, sonst wird es in einem Album inflationär. Ich war dann auf dem Rückweg zur S-Bahn noch am Kleistgrab am Kleinen Wannsee, da hab ich auch jeden Schritt fotografiert. Und dann noch ein Eis gekauft und einen Hut an einem Stand an der Anlegestelle für die Ausflugsdampfer. Als Souvenir!
arboretum - 16. Mai, 21:01

Ich hatte die damalige Sonderausstellung mit Liebermann-Gemälden aus der Bremer Kunsthalle die meiste Zeit ganz für mich allein. Ich war an einem normalen Wochentag dort, kann mir aber gut vorstellen, wie voll es dort an einem sonnigen Tag an einem langen Wochenende ist. Darauf hätte ich an Ihrer Stelle auch keine Lust gehabt.

Dass wir hier mehrere Etappen der Bilder zu sehen bekommen werden, ist sehr lobenswert. Die Frage ist nur: Muss ich jetzt für Berlin Regenwetter bestellen?
g a g a - 16. Mai, 21:08

Regen muss nicht extra bestellt werden, wurde heute pünktlich geliefert. Ich brauche aber mehrere Tage! Die Ausstellung ist nur deswegen so gerammelt voll, weil es ja nicht die feste Dauerausstellung, sondern halt diese Sonderausstellung mit den van Goghs ist und viele ihren Brückentag dafür genutzt haben. Aber alles kein Problem für mich. Wunderbarerweise kann ich direkt mit der S-Bahn vom Hackeschen Markt mit der S 7 nach Wannsee fahren, ohne umzusteigen, kein großer Aufwand. Wenn andere Blumen blühen, fahre ich wieder hin, vielleicht im Juli oder so.
arboretum - 16. Mai, 21:43

Darum ja meine Überlegung, damit Sie nicht von dem schönen Wetter von dieser Aufgabe abgelenkt oder gar dazu verleitet werden, weitere Fotos zu machen.
g a g a - 16. Mai, 21:59

Auf keinen Fall, erst werden Hausaufgaben gemacht, dann darf wieder gespielt werden!
schneck08 - 15. Mai, 14:37

Wie gerne würde auch ich einmal mit dem Gedanken spielen, einer berühmten Künstlerin ein Kind zu gebären.

(PS: Ich könnte mir vorstellen, dass er, der Traum-Mann, so ganz privat am End ein ganz guter Kerl ist, jenseits des ganzen Brimborium.)

g a g a - 15. Mai, 17:32

Ich muss gestehen, dass meine Gebär-Träume im Wachzustand in der Vergangenheit liegen. War auch nur eine relativ kurze, mich selbst überraschende Phase. Und natürlich war auch ein Künstler involviert. Offenbar mein schicksalshaftes Anziehungsschema.

Von Jan und auch anderen Berichten aus erster Hand wird bezeugt, dass Jonathan im privaten Umgang ein Teddybär ist, der keinerlei Allüren hat und sich sowohl höflich als auch zugänglich und unkompliziert zeigt. So war auch ohne mit ihm je zu sprechen, immer mein Eindruck im Straßenbild. Einmal war ich mit Jan unterwegs und wir trafen auf ihn in der Sophienstraße glaube ich, Jan hatte sich ja schon häufiger bei diversen Ausstellungseröffnungen usw. mit ihm unterhalten und immer die Gelegenheit ergriffen, ihn zu fotografieren, was er immer freundlich lächelnd mitgemacht hat, ohne divenhafte Befindlichkeiten. Im Grunde so nett wie in dem Interview mit dem kleinen Mädchen (s. o.). Jedenfalls sprach Jan ihn auf der Sophienstraße an und ich hatte das Bedürfnis ein bißchen auf Distanz zu bleiben, weil ich ihn ja nicht kenne und mich nicht ranwanzen wollte, aber ich war in Sicht- und Hörweite und Jan meinte also: "Komm Jonathan, lass uns mal wieder ein Foto machen!" Jonathan: "ja! Moment - ich muss mich aber noch kämmen!" Nimmt so einen Kamm aus der Hosentasche und fängt sich mitten auf der Straße wie so eine kleine Prinzessin an, die langen Haare zu kämmen, in aller Ruhe, ganz ordentlich. "So fertig, jetzt!" Und Jan hat sein Foto gemacht. Ich weiß nicht welches es von den vielen ist und ob es überhaupt online ist. Aber das fand ich schon sehr bezeichnend. Als ich ihn danach ab und zu mal in der Ecke gesehen habe, habe ich anders darauf geachtet, wie er guckt. Er hatte immer so ein kleines freundliches Lächeln. Wie ein argloses Kind, das grundsätzlich an das Gute in der Welt glaubt. Wirklich sympathisch.

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