07. August 2016



Rückzugsbedürfnis. Badewanne. Am schönsten gerade, die erste Sonate für Solovioline von Bach, gespielt von Shlomo Mintz, 1985 in Salzburg. Hat mir Alban Nikolai Herbst dankenswerterweise vor einiger Zeit zukommen lassen, nachdem ich die Aufnahme von Gidon Kremer erwähnt hatte. Die Violinsonate kam by random, von der Liste mit Kammermusik. Ich ließ heißes Wasser nachlaufen. Es war noch nicht dunkel, dämmerte. Das Stück war mir, in seiner kristallenen Klarheit, als könnte es meine Gedanken und die Atmosphäre bereinigen, die ganze Luft und Wirrnis. Die perfekte Entsprechung zum reinigenden Ritual des Körpers. Obgleich der keiner Reinigung bedurfte. Ich wollte vor allem das Gefühl des Eintauchens in das warme, nasse Element spüren. Mich ein wenig auflösen. Dabei an eine Passage im Buch von Alma Mahler-Werfel gedacht, in dem man nie weiß, was sie davon tatsächlich irgendwann geschrieben hat und was der Ghostwriter fabulierte. Denn fabuliert wird in jedem Fall. Sie selbst neigte ohnehin zu starker Übertreibung und Ausschmückung und Verdrehung der Tatsachen zu ihren Gunsten, insofern sind auch die Fragmente in dem Buch, die auf ihren ureigenen Quellen beruhen, immer zu hinterfragen und im besten Fall als nette Anekdoten zu nehmen, ungeachtet des Wahrheitsgehalts. Die Passage, an die ich in der Badewanne dachte, handelt von einem geselligen Abend, irgendwann 1927, ein illustrer Kreis von Künstlern, vorwiegend Schriftstellern, hatte sich versammelt, die auch musikzugetan waren, Alma ohnehin, sie spielte ja bis zu ihrem Lebensende fleißig Klavier. Dass sie in Jugendjahren eine Handvoll Lieder komponierte, vor Ihrer Verbindung mit Gustav Mahler, sei nur am Rande erwähnt. Die Passage ist folgende:

»Gestern waren wir zum vierten Male bei Gerhart Hauptmann. Jedesmal ist man einander näher, die Stimmung freier. Zum Überfluß waren gestern auch Herbert Eulenberg und d'Albert da. Des Saufens und Lachens war kein Ende. Das Stammeln Gerhart Hauptmanns, wenn er ein wenig zuviel getrunken hat, ist zu reizend. "...ja,ja, wenn man es bedenkt, sollte man doch ... Sie verstehen mich ja ... nicht wahr?" Und alle hatten ihn verstanden. Er hat einen göttlichen Gleichmut. Seine blauen Augen sind tief wie der Himmel in einer Berglache. Er sagte gestern zu mir: »Es ist ein Jammer, daß wir beide kein Kind miteinander haben! Das wäre etwas gewesen ...« (...) D' Albert war sternhagelvoll. Er schrie, nachdem Franz Werfel ahnungslos das Wort »Hollywood« in das Gespräch geworfen hatte: »Eine Fratze der Menschheit!«, hieb mit der Faust auf den Tisch und rief ein über das andere Mal aus: »In Gegenwart Hauptmanns hat niemand das Wort Hollywood auszusprechen, das ist eine Entweihung!« Er tobte, er war nicht zu beruhigen, und alle waren ja seiner Meinung, aber das zu begreifen, war er zu betrunken. Endlich sprang er auf und ließ die deutsche Kunst leben! Mit wutflammenden Augen ... auf jeden von uns zornig, die wir doch alle seiner Meinung waren. Im Anfang hatte er schön brav mit Franz Werfel diskutiert. ...Verdi, Wagner, Beethoven. Der ›undramatische‹ Beethoven, die mangelnde ›Ökonomie‹ Wagners, die Impotenz der Atonalen, die ›Musikfabrik‹ Bachs, der sich zum Beispiel in einem Brief über das Abnehmen der Pest in Leipzig beklagt hatte, weil es weniger Tote gebe, er also weniger Bestellungen für Kantaten und so ein geringeres Einkommen habe. Kurz, alles mußte herhalten, und der kleine Gnom d'Albert kicherte in sich hinein, blinzelte mit seinen müde schlauen Äuglein, rieb sich die Hände und war ganz von sich hingerissen. Franz Werfel war auch etwas betrunken, aber schwungvoll, paradox und dann wieder voll offener Wahrheit. Gerhart Hauptmann hatte sichtbar Freude an ihm. «



Usw. usf. Die Erwähnung vom Brief Bachs ließ mich danach suchen, mich interessierte der originale Wortlaut dieser bizarren Äußerung. Ich fand den Brief auch, die Stelle liest sich aber in den Zeilen von Johann Sebastian Bach nicht ganz so zynisch, wie man befürchten könnte. Bach war damals fünfundvierzig Jahre alt und hatte Frau und sieben Kinder zu versorgen und sich auf eine Anstellung als Musiklehrer in einem Gymnasium in Leipzig eingelassen, was aber hinten und vorne nicht reichte, so verdiente er sich ein Zubrot mit Auftragskompositionen. Am 28. Oktober 1730 schrieb Bach an seinen Freund Georg Erdmann:

»(...) so fügte es Gott, daß zu hiesigem Directore Musices u. Cantore an der Thomas Schule vociret wurde. Ob es mir nun zwar anfänglich gar nicht anständig seyn wolte, aus einem Capellmeister ein Cantor zu werden, weßwegen auch meine resolution auf ein vierthel Jahr trainirete, jedoch wurde mir diese station dermaßen favorible beschrieben, daß endlich (zumahln da meine Söhne denen studiis zu incliniren schienen) es in des Höchsten Nahmen wagete, u mich nacher Leipzig begabe, meine Probe ablegete, u. so dann die Mutation vornahm. Hieselbst bin nun nach Gottes Willen annoch beständig. Da aber nun finde, daß dieser Dienst bey weitem nicht so erklecklich als mann mir Ihn beschrieben, viele accidentia dieser station entgangen, ein sehr theürer Orth ist u. eine wunderliche und der Music wenig ergebene Obrigkeit ist, mithin fast in stetem Verdruß, Neid und Verfolgung leben muß, als werde genöthiget werden mit des Höchsten Beystand meine Fortun anderweitig zu suchen.

Solten Eu: Hochwohlgebohren vor einen alten treüen Diener dasiges Ohrtes eine convenable station wißen oder finden, so ersuche gantz gehorsamst vor mich eine hochgeneigte recommendation einzulegen; an mir soll es nicht manquieren, daß dem hochgeneigten Vorspruch und interceßion einige satisfaction zu geben, mich bestens beflißen seyn werde. Meine itzige station belaufet sich etwa auf 700 rthl. , und wenn es mehrere, als ordinairement Leichen gibt, so steigen auch nach proportion die accidentia; ist aber eine gesunde Lufft, so fallen hingegen auch solche, wie denn voriges jahr an ordinairen Leichen accidentien über 100 rthl. Einbuße gehabt. In Thüringen kan ich mit 400 rthl. weiter kommen als hiesigen Ohrtes mit noch einmahl so vielen hunderten, wegen der exceßiven kostbahren Lebensahrt.

Nunmehro muß doch auch mit noch wenigen von meinem häußlichen Zustande etwas erwehnen. Ich bin zum 2ten Mahl verheurathet und ist meine erstere Frau seelig in Cöthen gestorben. Aus ersterer Ehe sind am Leben 3 Söhne und eine Tochter, wie solche Eu: Hochwohlgebohren annoch in Weimar gesehen zu haben, sich hochgeneigt erinnern werden. Aus 2ter Ehe sind am Leben 1 Sohn u. 2 Töchter. Mein ältester Sohn ist ein Studiosus Juris, die anderen beyden frequentieren noch, einer primam, der andere 2dam Classem, und die älteste Tochter ist auch noch unverheurathet. Die Kinder anderer Ehe sind noch klein, u. der Knabe als erstegebohrener 6 Jahre alt. Insgesamt aber sind sie gebohrene musici, u. kan versichern, daß schon ein Concert Vocaliter u. Instrumentaliter mit meiner Famillie formieren kan
(... usw. usf.)

Eu: Hochwohlgebohren
gantz gehorsamst«


04. August 2016

My best work is often almost unconscious and occurs ahead of my ability to understand it.
Sam Abell, photographer

04. August 2016

ich bin ja kein Fan von Sunburst Finish bei Gitarren und auch sonst nicht. Gerade wieder Bilder vor mir gehabt, die im Farbmodus sehr schön gewesen wären, wäre da nicht dieser unselige Farbverlauf auf dem Gitarrenkorpus. Das beißt sich mit allen Klamotten und Hintergründen. Bitte nicht kaufen! Ich präferiere schwarze Gitarren.

03. August 2016

Muss noch einmal ein wenig in Sachen meines heutigen Blogeintrags missionieren. Das geht mir hier schon wieder zu sehr unter. Gern genommen werden auf fb ja auch immer knackige Zitate und Auszüge. Heute im Angebot: "Aber eigentlich sehe ich den größeren Missionierungsbedarf bei meinen männlichen Lesern (jetzt hätte ich fast "Kunden" geschrieben, was ist denn da in meinem Unterbewußtsein). Insofern: die Botschaft muss an den Mann! Ich denke es ist doch auch wahnsinnig interessant für so einen Mann, wie ich als Frau denke, und natürlich auch, was ich über Männer denke! Ich interessiere mich zum Beispiel auch sehr dafür, wie Männer denken! Wenn man mal ein paar ehrliche Statements haben möchte, empfiehlt es sich daher, sich mit dem einen oder anderen Mann anzufreunden, sein Vertrauen zu gewinnen, und ihn dann nach Herzenslust plappern zu lassen. Da kann man eine ganze Menge lernen! Das funktioniert nicht ganz so gut bzw. fast überhaupt nicht mit Männern, mit denen man sich in irgendwelchen erotischen Verstrickungen befindet, dann wird von beiden Seiten kalkuliert kommuniziert, weil irgendeine dämliche Strategie zugrundeliegt. Da lernt man so gut wie gar nichts, außer Training in strategischer Kommunikation, wenn man diszipliniert ist."

usw. usf.
Kompletter Eintrag incl. Exclusiv-Fotos, die rein gar nichts mit dem obig Zitierten zu tun haben, hier.

03. August 2016

Jetzt erst mitbekommen, dass Bommi Baumann am 19. Juli gestorben ist. Ich habe den alten Haschrebellen vor sieben Jahren bei einer Lesung abgelichtet. Er wirkte ganz aufgeräumt und in sich ruhend. Ich denke, er wird in Frieden ruhen, wünsche ich ihm.



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ganz warmherziger Mensch. Wie ein lieber lustiger Onkel hat er erzählt. (...) "Freunde, schmeißt die Knarre weg." und damals noch ordentlich zeitnah gebloggt und sogar Kommentare... das waren noch Zeiten...

03. August 2016

ON THE ROAD. Mut zum Farbfoto.

03. August 2016





Van Gia, Greifswalder Str. 11. Vietnamesisch. Sehr, sehr gut und alles knackfrisch im Einmann-Betrieb in der Pfanne gebrutzelt, man kann zuschauen. Schon die Zubereitung war ansprechend. Im Grunde viel zu preisgünstig, wenn man die Qualität begreift. Wären die Gerichte doppelt so teuer, wären sie immer noch niedrigpreisig. Weiß nicht mehr, was ich von der Karte, die zum Teil links und rechts von der Tür hängt, hatte, aber es war eines davon. Die anderen tranken ein exotisches Guavensaftgetränk aus der Dose, ich mein Lieblingsbier, dessen Namen ich nicht mehr erwähne, um etwaige Promotionunterstellungen nicht zu befördern. Wobei ich gar kein Problem darin sähe, beiläufig Markennamen zu nennen, wenn es im Eintrag organischer wirkt, als deren Umschiffung. Manchmal möchte man die Welt ja auch wissen lassen, was man gerne mag, nicht dass man sich in einer Bar oder Kneipe verabredet, wo es weder Bordeaux Superieur noch einen schönen Haut Médoc, oder Dom Perignon, Krug oder Feuillatte oder meinethalben auch Blanquette de Limoux oder Sancerre oder noch nicht mal ein Bier aus dem hohen Norden in einer grünen Flasche mit goldfarbigem Etikett gibt. Sehen Sie, genau das meinte ich mit organisch. Man möchte Alltagsbegriffe nicht narrativ erschließen müssen, das liest sich holprig und umständlich. Ich bin ein großer Fan davon, komplexe Dinge mit möglichst einfacher Sprache zu vermitteln. Ich schreibe in der Tat nicht, um ambitionierte, stilistische Häkelborten zu fabrizieren, und dafür Bewunderung einzuheimsen, sondern um klare Botschaften an den Mann zu bringen. An die Frau, Schwestern im Geiste - selbstredend - auch.



Aber eigentlich sehe ich den größeren Missionierungsbedarf bei meinen männlichen Lesern (jetzt hätte ich fast "Kunden" geschrieben, was ist denn da in meinem Unterbewußtsein). Insofern: die Botschaft muss an den Mann! Ich denke es ist doch auch wahnsinnig interessant für so einen Mann, wie ich als Frau denke, und natürlich auch, was ich über Männer denke! Ich interessiere mich zum Beispiel auch sehr dafür, wie Männer denken! Wenn man mal ein paar ehrliche Statements haben möchte, empfiehlt es sich daher, sich mit dem einen oder anderen Mann anzufreunden, sein Vertrauen zu gewinnen, und ihn dann nach Herzenslust plappern zu lassen. Da kann man eine ganze Menge lernen! Das funktioniert nicht ganz so gut bzw. fast überhaupt nicht mit Männern, mit denen man sich in irgendwelchen erotischen Verstrickungen befindet, dann wird von beiden Seiten kalkuliert kommuniziert, weil irgendeine dämliche Strategie zugrundeliegt. Da lernt man so gut wie gar nichts, außer Training in strategischer Kommunikation, wenn man diszipliniert ist. So, das war jetzt wieder ein sehr schöner Abschweif vom Bildmaterial. Man könnte fast sagen, ein Alleinstellungsmerkmal meiner Blogeinträge! Nun muss man aber auch zugestehen, dass ich ja nun wirklich viel Bildmaterial produziere, und wenn es dann auch noch immer wieder dieselben Protagonisten vorführt, wäre es auch nicht sonderlich interessant, immer wieder zu schreiben, wer da drauf ist. Da sollte es ja nun auch einen Lernprozess geben, sofern man meine Einträge kontinuierlich verfolgt. Was ich Ihnen dringend empfehle. Aber ich gebe noch einmal eine Hilfestellung. Wir sehen abermals den französischen Regisseur und die Musikgruppe PINK PARTE , die ich gestern schon ausführlich erwähnt und vorgestellt habe, diesmal nach dem Videodreh. Wir waren da essen. Und falls es irgendwelche Fragen dazu gibt, beantworte ich die gerne im Kommentarfeld. Natürlich auch sonstige Fragen - praktisch Alles. Ich habe theoretisch keine Tabus, nicht Menschliches ist mir fremd und ich habe bzw. finde auf so gut wie alles eine Antwort. Nur zu...!

g a g a
Cosima Wald Schönen...
25.08.25, 15:26
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Margarete 25. August...
25.08.25, 15:18
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Margarete 24. August...
24.08.25, 20:04
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Margarete 24. August...
24.08.25, 17:26
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Margarete 24. August...
24.08.25, 17:05
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Margarete 19. August...
19.08.25, 23:18
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Margarete 19. August...
19.08.25, 14:48
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Margarete 14. August...
14.08.25, 21:01
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ANH 13. August 2025...
13.08.25, 22:57
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Margarete 12. August...
12.08.25, 22:57
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Ina Weisse Rückreise...
10.08.25, 15:20
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Sebastian Rogler Ich...
08.08.25, 21:43
g a g a
Margarete 8. August...
08.08.25, 12:15
g a g a
Au ja! :-) (Danke...
05.08.25, 22:50
NeonWilderness
Hm, da hilft nur ein...
05.08.25, 22:22
g a g a
P.P.S. Display der...
05.08.25, 20:09
g a g a
Oh ja... dabei hat...
05.08.25, 13:42
NeonWilderness
Ich erinnere, wie...
05.08.25, 02:00

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