22. Dezember 2015


15-12-22 Poeticon 3 Ausland (20)

22. Dezember 2015





Drei Kuppeln. Die gleiche Stunde, vorgestern am Sonntag. In der Mitte ist der Nachwuchs, die Berliner Schloss-Kuppel, die immer noch nur Gerüst ist, seit dem Richtfest im Sommer. Man baut von unten nach oben. Alles. Wirklich alles. Immer erst das Fundament, die tragenden Elemente. Die Kuppel ist die Marabufeder, der Kopfschmuck. Ich habe es seit einer Weile begriffen, ich schaue nicht mehr jeden Tag genau hin. Aber am Sonntag war etwas anders in der Silhouette, die ich aus meinem Fenster zur Auguststraße sehe. Das Kuppelgerüst hat einen Weihnachtsbaum auf die Spitze gekriegt. Das gibt der Form eine arabeske Anmutung, die schön in die Weihnachtszeit passt. Das Jesuskind ist ja auch aus der arabischen Welt. Ein kleiner Aladin. Ich sitze gerade im Dunkeln, denn nun ist kaum noch Licht draußen, nur das Display meines Notebooks leuchtet. Und die Lampe vom Küchenherd. Ich sitze am Küchentisch. Der Herd muss heute die Wohnung warmhalten, denn in unserem Haus ist heute die Heizungsanlage ausgefallen, morgen erst wird ein Ersatzteil eingebaut. Es gibt auch kein fließendes warmes Wasser. Aber ich habe in meinem größten Suppentopf, einer großen Wokpfanne und dem Teekessel heißes Wasser zubereitet. Jetzt sinniere ich noch darüber, ob und wenn ja, wie ich damit eine Haarwäsche meistere, ohne mich zu verbrühen. Eine Katzenwäsche mit kaltem Wasser habe ich vorhin schon gemacht, aber ich würde mich am allerliebsten duschen. Das ist mir aber zu riskant mit diesem Gewerk. Auch würde das Wasser gar nicht reichen. Ich könnte für die Haarwäsche einen Krug mit warmen Wasser bereiten, indem ich das heiße mit dem kalten aus der Leitung mische und erst einmal die Haare befeuchte, damit die flüssige Seife in den Haaren aufgeschäumt werden kann. Ich muss sparsam arbeiten. Dann einwirken lassen. Nun das Waschbecken im Badezimmer mit der ersten Füllung heißem und kaltem Wasser mischen, für das grobe Ausspülen. Ich müsste den Kopf eine Weile möglichst tief in das randvolle Becken eintauchen, um den größten Seifenschaum herauszuspülen. Dann könnte ich das Wasser aus dem Becken lassen und die Haare freischwebend, vom Kopf weghaltend, mit kaltem Wasser aus dem Hahn gründlich ausspülen. Dann noch einmal das Becken füllen und ein zweites mal den Rest vom Kopf spülen. Und wieder kalt nur den Haarstrang. Eventuell noch ein weiteres mal. So könnte das gehen. Wollen wir doch mal sehen.

18. Dezember 2015

'Die Welt ist immer von Träumern verändert worden und nicht von Realisten' sagt Jim Rakete beinah beiläufig in einer Dokumentation über die Geschichte eines Berliner Hotels. Bewegte mich heute sehr. Hotel Bogotá. Eine einmalige Geschichte.

12. Dezember 2015



Mein ekstatischster Moment in dieser Woche war die Ekstase eines anderen Menschen. Ich ging am Abend die Gipsstraße entlang, Richtung Joachim, von der Rosenthaler Straße kommend. Es war längst dunkel, vielleicht neunzehn Uhr. Die Straßenlaternen und Schaufenster leuchteten. Kurz bevor man rechts in die Joachimstraße abbiegen kann, gibt es auf der rechten Seite in der Gipsstraße ein Turnschuhgeschäft. Nur Leute meiner Generation oder älter, reden von Turnschuhen, ich weiß. "Sneakers" wird heute bevorzugt gesagt, sonst wirkt man altbacken, das möchte man natürlich nicht. Jedenfalls ist dieses Turnschuhgeschäft sehr modisch und wirkt nicht wie ein Laden für Sportartikel. Es ist mehr so eine Anlaufstelle für modebewusste Leute, die extravagante Turnschuhmodelle als Accessoire betrachten und vielleicht auch besondere Modelle sammeln. Wie heißt der Laden bloß. Ich war sogar schon einmal drin und habe Turnschuhe gekauft, die mir schon mindestens vier oder fünf mal beim Vorbeilaufen im Schaufenster aufgefallen waren. Ich bin rein, habe sie anprobiert und gekauft. Und zwei Tage später war ein Artikel in der Daily Mail mit einem Foto von Mick Jagger, wie er bei einer bekannten jungen Sängerin als Gast bei ihrem Konzert erscheint - wer war die junge Frau - Taylor Swift glaube ich, die wird ja sehr umjubelt, derzeit - und er sang also ein Duett mit ihr und er hatte meine Turnschuhe an! Aber das wollte ich doch überhaupt nicht erzählen. Das war nicht mein ekstatisches Erlebnis aus zweiter Hand, ist ja auch viel länger her. Sicher wollen Sie jetzt wissen, welche Schuhe das sind, die Mick Jagger und ich neulich gekauft haben - Moment - - - Hier, bitte beachten Sie die Sohle. Und hier eine Art Aufnahme von mir mit dem gleichen Modell. Nun sollte man vielleicht auch noch die Mühe investieren herauszufinden, wie der Laden heißt, an dem ich immerhin jeden Tag mindestens ein- bis zweimal vorbeilaufe. Also gut, ich google auch das. Moment - - - oh - die sind ja auch toll - - - uh - , ja also dieses Geschäft. Aber was ich doch eigentlich vermitteln wollte, war: ich laufe gestern an diesem Schaufenster vorbei und gucke so halb hin, alles wieder sehr schön präsentiert, auf eine unsportliche Art dekoriert, die auch mich anspricht, man hat mehr den Eindruck von einem stylishen Schuhgeschäft mit eben sehr hip präsentierter Auslage. Das habe ich schon durchaus realisiert. Aber dann kommt ein Mann - wahrscheinlich jünger als ich (so Väter von jüngeren Kindern sind ja überwiegend jünger als ich) mir entgegen, und noch irgendein Erwachsener, ich glaube, ein anderer Mann, und ein Kind, ein Mädchen, ungefähr zwischen sieben und neun Jahren alt. Grob geschätzt. Man schlendert so einher, als das Mädchen plötzlich einen ekstatischen Schrei ausstößt. Jedes andere Adjektiv wäre untertrieben. Es war so ein Laut, den man bei erwachsenen Menschen einem orgiastischen Erleben zuordnen würde. Bei Kindern nennt man das dann eher verniedlichend "jauchzen". Also das Kind hat demzufolge einen Jauchzer von sich gegeben. Gefolgt von dem fassungslos begeisterten Ausruf: "ROT!!! COOOOL!!!!!". Ja, ja. Sicher doch, das Schaufenster war mit roten Lampen beleuchtet, es war also rot ausgestrahlt. Unsereiner, wir Älteren, gehen da ganz cool und unberührt darüber hinweg, aber so eine Sieben- oder Acht- oder Neunjährige, der ist das göttliche Bewusstseinsstadium noch nicht abhanden gekommen, dass ein rot ausgeleuchtetes Schaufenster mit Turnschuhen, das Potenzial in sich trägt, über die Schönheit der Farbe Rot in einen Freudentaumel zu geraten. Und das meine ich ohne jede Ironie. Ich habe das Gesicht des kleinen Mädchens gesehen. Man kann nur von Verzückung sprechen. Und ich habe auch das Gesicht des Vaters gesehen. Im ersten Moment irritiert, dann sehr amüsiert. Am Ende beglückt. Er fing an zu kichern, so mäandernd in Richtung quieken. Er wusste in dem Moment wieder, dass dieses Kind an seiner Seite, durch seine ewig neue Betrachtung der Welt, ein beständiger Denkzettel ist, die Welt eben wie neu zu betrachten, immer wieder neu. Ich war zwar nun nicht gerade perplex, aber gleichwohl erfreut. Es war eine reine Freude. Ein wirklich schöner Moment. Und im Grunde ein Gottesdienst. Was ich mir darunter vorstelle. Aufregendes, rotes elektrisches Licht in einem Schaufenster mit tief empfundener Begeisterung zu ehren. Das Glück, zu sehen. Das Glück zu sehen.

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