25. Mai 2010

Die Bilder meiner Reise, die ich gerade eben hochgeladen habe, machen es mir nicht leicht, dahinzuplaudern. Dabei war es einer der lichtesten Orte meiner Reise. Cosmic nahm mich mit zu seinem Elternhaus. Wir hatten vor, mit den beiden Hunden in den Wald zu gehen. Seine Mama war Hundezüchterin. Das taten wir.




Ein Zuhause an einen Hang gebaut, der Wald ganz nah. Als die Tür aufgeht, strömt mir Wärme entgegen. Ein Haus voller Seele, Bilder und Geschichten. Ein gutes Gefühl, an diesem von seinen beiden jüngeren Schwestern so liebevoll gedeckten Tisch zu sitzen, wo man kaum entscheiden konnte, ob man besser den Birnen- oder den Aprikosenkuchen nähme, den die Kinder ihrer Mutter nach ihrem unvergleichlichen Rezept gebacken hatten, den Kaffee oder die Bananenmilch. Von allem bekam ich. Der weite Blick von der Terrasse, ich musste an Rückerts Goldberghäuschen denken. Beim Abschied schlug Therese vor, dass wir auf dem Rückweg noch den Baum besuchen könnten. Ich wusste, welchen sie meinte. Und das taten wir. Mit Maiglöckchen. Der Tag wirkte noch lange nach. Bis jetzt.


13. Mai 2010

24. Mai 2010

Seit geraumer Zeit wird einem bei gmx Partnerschafts-Börsen-Reklame aufgenötigt. Lese ich selten, aber gerade sehr auffällig beschriftetes Banner als Einstiegs-Teaser: "Was würden Sie beim ersten Date bevorzugen? Theater? Essen? Spaziergang?" Muss ich nicht lange überlegen. Essen. Theater lenkt unnötig vom Wesentlichen ab, Spazierengehen kann man immer noch, aber gut essen ist in jedem Fall ein (Erkenntnis)Gewinn ersten Ranges, selbst wenn die riskierte Verabredung ein Fehlschlag wäre und man bekommt auch gleich etwas Wesentliches mit, nämlich, ob der Mensch vernünftige Manieren hat. Gegessen wird schließlich jeden Tag. Eine saudumme Bemerkung zu einem Theaterstück ist zu verschmerzen, wann geht man schließlich schon ins Theater. Aber essen! Ein regelmäßiges Unterfangen.

Wird geschmatzt, geschnauft, gekrümelt, gestochert, gemäkelt, einzelne Bestandteile aussortiert oder die Hälfte auf dem Teller gelassen? Die Gabel wie ein Schraubenzieher gehalten? Das lässt tief blicken! Dagegen ist Astrologie feuchter Kehricht. Bei der Pizza der Rand abgeschnitten? Die Spaghetti-Mahlzeit linkisch mit der Gabel in den Löffel gerollt? Schlimmer italienischer Wein geordert? Gekleckert, in den Zähnen gepuhlt, homöopathisches Trinkgeld verabreicht? Da weiß man gleich, woran man ist. Aber ganz eindeutig Essen.

24. Mai 2010



Die dritte Reise-Etappe, Mittwoch, 12. Mai 2010. Auf den Metadaten des ersten Fotos am Marktplatz von Schweinfurt sehe ich, dass es um zwanzig Uhr entstanden ist. Der große leere Marktplatz liegt wie ein kopfsteingepflasterter Tennisplatz vor uns. In der Mitte thront Friedrich Rückert. Irgendjemand hat ihm ein Piratentuch aufgesetzt, so sieht es wenigstens von unten aus.



Als ich das Foto zurück in Berlin auf meinem Monitor genauer betrachte, erkenne ich anhand des Rückert die Stirn kitzelnden Etiketts, dass es sich doch wohl eher um ein Herrendessous handelt. Schwarz. Mir ist wie Sonntag, aber es ist nur ein Mittwoch. Nicht, dass Sonntag mein Lieblingstag wäre, aber es ist so sonntagsruhig. Überall. Ich frage Cosmic, ob vielleicht ein wichtiges Fußballspiel im Fernsehen übertragen wird? Oder irgendetwas anderes die Leute irgendwohin treibt. Nein. Das ist hier um diese Zeit immer so leer. Seit ein paar Jahren. Alles aufgeräumt und sauber. Um zwanzig Uhr werden die Bürgersteige hochgeklappt. Es ist aber auch keine laue Mainacht, in der das aufwallende Blut einen mit aller Macht vor die Tür treiben würde, um am Rückertdenkmal Kontakte zu pflegen. Aber muss denn keiner mal von da nach da?



Ich nehme es heiter und sage, das Angenehme ist ja, dass keine unattraktiven Leute durchs Bild laufen, gut zum Fotografieren. Das Problem hat man ja manchmal. Wobei die wenigen Passanten und das sonstige Publikum keineswegs einen unattraktiven Eindruck macht. Die Bevölkerung wirkt bestens situiert und gut gekleidet. Man sieht keine abgerissenen Gestalten oder gar irgendwelche Freaks mit expressionistischen Kleidungsexperimenten. Später erfahre ich von einem von Cosmics früheren Bandkollegen, dass sich die etwas schrägeren Vögel am Stattbahnhof treffen. Cosmic machen die leeren Plätze in der Altstadt traurig, weil er sich an buntere und wildere Zeiten erinnert. Früher trafen sich die Jugendlichen am Rückertdenkmal, saßen darauf, davor... ich erinnere auch solche Treffpunkte meiner Jugend, weiß gar nicht wie die heute aussehen. Ich vermute, dass man sich mehr im Netz begegnet und dann gezielt von Tür zu Tür bewegt. Aber an einem laueren Abend ist es ganz bestimmt belebter. Irgendwie muss die Kopfbedeckung ja auf Rückerts Kopf gekommen sein.



Auf jeden Fall sah das Rückertdenkmal prächtig aus, mit unseren kleinen Informations-Merkblättern. Wie dafür gemacht! Wir hatten große Freude, die Sachen möglichst schön anzukleben.



"Und hier war das - und da war das..." Im Café Vorndran hat er seine halbe Schulzeit verbracht. Dort hat man immer alle getroffen. Cosmic erinnert sich und erzählt.



Zwischenstation beim Kunstkaufhaus und weiter zur Traumfüllung, die früher Füllbar hieß und die Cosmic mit aus der Taufe gehoben hat, sein Freund Micha, der Inhaber, ist leider nicht da, er hat den "Brückentag" genommen.



Und dann waren wir noch in so einem siebziger Jahre Rockladen im Keller, mit Wagenrädern an der Wand, Heuschoberzubehör, da wird noch ab und zu live gespielt, wir sind aber zu früh dran. Der junge Inhaber hat den Laden unverändert gelassen und erzählt, dass in den Achtziger Jahren Thomas Gottschalk mal Platten aufgelegt hat und Peter Maffay sei auch schon aufgetreten. Davon hat er aber nur gehört, er selbst ist zu jung, um sich daran zu erinnern. Cosmic hatte mit dem rustikalen Laden wenig zu tun, er gehörte einer anderen Szene an.



Ich fotografiere in irgendeiner Straße in der Altstadt das Pflaster, auf das Cosmic bedeutungsvoll zeigt. Dort hat ihm irgendein liebenswerter Spinner cosmische Gedichte in die Hand gedrückt. Wenn ich das jetzt nicht verwechsle...



Wohlverdiente Pause bei einem Weinlokal, wir stehen draußen, sind eine Weile die einzigen, die sich vor die Tür stellen, der Kellner bringt uns zwei Barhocker und den Wein. Es gibt Spätburgunder vom Kaiserstuhl, da kann man auch zwei Gläser vertragen. Zwei Herren gesellen sich zu uns, die letzten Raucher. Einer davon ist Cosmics Zahnarzt, dem er nicht verrät, dass sich gerade eine noch recht neue Brücke von ihm verabschiedet hat. Der Abend ist zu launig für solchen Alltagskram. Wir verteilen unsere Flyer und alle reagieren sehr herzlich auf uns beide Verrückten. Der andere Raucher gibt uns den Namen einer Bar, die keine Sperrstunde hat, in der Nähe des Schrotturms, in der man rauchen darf. Vorbei am Fischerrain. Cosmic zeigt auf die obere Etage eine kleinen Häuschens am Mainufer. Da hat er gewohnt. Wir fangen an herumzuspinnen, dass man eigentlich an all diesen wichtigen Stellen goldene Schilder anbringen müsste. Und zwar unter allen Umständen zu Lebzeiten. Wir gehen ein Stück am Fluss entlang und kommen an der Disharmonie vorbei, wo wir drei Tage später unseren Gig haben. Alles ist sehr familiär, man kennt sich. Ich mag den Raum gleich, in dem wir das Konzert machen werden und sehe, dass ich mir etwas anderes als ursprünglich geplant für meine Bilder einfallen lassen muss. Das ergibt sich dann zwei Tage später beim Aufbau wie von selbst.



Kreuz und quer durch den Stadtkern und zur Raucherbar am Schrotturm. Weiß gar nicht, warum wir uns immer noch so viel zu erzählen haben. Es hört nicht auf. Ich erzähle Cosmic von meinem Neffen Valerian, der irgendwas mit Film studiert und Klavier spielt und auf seinem Facebook Account als Lebensmotto "Ataraxie und Hedonismus" angibt und als Interessen "Arts and Rebellion". Gegen zwei trunkenes Verlassen der Bar. Rotwein. Viel. Die Entfernungen sind zum Glück nicht so groß. Cosmic holt seine Gitarre aus dem Auto in der Tiefgarage und setzt sich auf die Stufen des Georg Schäfer-Museums, um mir ein neues Lied vorzusingen. Es ist mein liebster Text von Friedrich Rückert, den er gerade vertont hat und mir vorsingen will. Es wird eine trunken schöne Performance auf den Stufen. Als er das Lied zum zweiten Mal gerade zu Ende singt, kommen ein paar Jugendliche vorbei, drei sehr hübsche Mädchen und zwei Jungs, die angetan stehenbleiben.



Und nun gibt es "Du bist mein Mond und ich bin deine Erde, du sagst, du drehst dich um mich, ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich werde, in meinen Nächten hell durch dich. Du bist mein Mond und ich bin deine Erde, sie sagen du veränderst dich. Allein, du änderst nur die Lichtgebärde und liebst mich unveränderlich. Du bist mein Mond und ich bin deine Erde. Nur mein Erdschatten hindert dich, die Liebesfackel stets am Sonnenherde zu zünden, in der Nacht für mich" zum dritten Mal mit Ovation. So großen Beifall fünf Menschen machen können. Trunken und schön. Ich hab die Kamera draufgehalten, aber es wird nicht veröffentlicht. Was für ein Tag. Was für eine Idee, hierher zu kommen. Eine gute.

[...]

23. Mai 2010




Die zweite Reise-Etappe Mittwoch, 12. Mai 2010. Ich sitze um 10.52 Uhr ein bißchen aufgeregt in einem Zug nach Coburg, wo mich mein cosmischer Begleiter um halbzwei am Bahnsteig erwartet. Er kommt mir mit wehenden Haaren entgegen und wir fahren in seinem schwarzen Chrysler nach Neuses, um das Haus zu besuchen, in dem Friedrich Rückert bis zu seinem Tod lebte und das sich unverändert in Familienbesitz befindet.

Es ist noch Zeit und wir kehren in Neuses in einem schummrig getäfelten Lokal ein. Die Sonne versteckt sich hinter den Wolken, aber wenigstens regnet es nicht. Wenn man etwas Schönes vorhat, ist die Sonne das Sahnehäubchen auf dem Kakao, aber wenn es schön ist, obwohl die Sonne sich versteckt, hat man ganz bestimmt etwas richtig gemacht. Der kleinwüchsige italienische Wirt erzählt lebhaft, dass er Ende der Achtziger Jahre irgendeinen Preis im Leichtgewicht in Berlin gewonnen hat, von Axel Schulz persönlich überreicht. Darauf war er mächtig stolz und verbindet deswegen bis heute schöne Erinnerungen mit Berlin. Zum Nachtisch kredenzt er uns Erdbeer-Tiramisu. Noch nie gegessen, ganz lecker.

Zum Rückert-Park flaniert mit dem schönen großen Marmor-Denkmal, eine Reihe gemeinsamer Fotos gemacht. Weiter zum nahen Goldberghäuschen, da hat er gerne geschrieben und ein Nickerchen gemacht, der alte Rückert. Und nun endlich das Haus. Wir hatten es schon von hinten entdeckt, weil es an den Park grenzt. Frau Rückert ist erzählfreudig und erklärt, wie sie den Garten nach alten Plänen wieder hat herrichten lassen und dass sie ein Gartenhäuschen aufgestellt hat, das nicht historisch ist, aber keiner merkt's, weil es so schön hinpasst.

Frau Rückert und ihr Mann, ich glaube mich zu erinnern er heißt Claus, sind sehr sympathisch. Er erzählt nicht so viel, aber er ist der echte Nachfahre. Sie weiß dafür so viel, dass alle denken, sie wäre die Blutsverwandte von Rückert. Am Ende sind die beiden neugierig, was Cosmic vertont, und wollen ihn recht bald zu einem Abend mit Gästen einladen, um seine Rückertvertonungen vorzutragen.

Am Ende waren wir noch beim Grab und im Dorfkirchlein von Rückert und seiner Luise. Da ist mir aufgefallen, dass er sie um ein paar wenige Jahre überlebt hat und dass ich gar keine Gedichte kenne, die er über den Verlust von Luise gemacht hat. Er hat sie doch so geliebt. Da bin ich neugierig geworden, was er in der Zeit geschrieben haben mag. Cosmic kennt auch nichts aus diesen späten Jahren um ihren Tod, aber wir werden es herausfinden. Ich glaube, dass wir dann gleich losgefahren sind. Gegen achtzehn Uhr sind wir also aufgebrochen zu Friedrich Rückerts Geburtsstadt, in der Cosmic aufgewachsen ist.

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