"Ich wollte nur gerade einen Eistee machen und dann ein Atom spalten. Aber das kann warten."
(Meryl Streep als Hausfrau in Iowa zu Clint Eastwood, Die Brücken am Fluss)
g a g a - 12. Juli 2009, 23:12
Nicht immer nur jammern. Es ist fast Mitte Juli und ich habe noch keinen Asthmaanfall gehabt. Ja, ich bin auch so ein armes Würstchen mit Allergie und das seit ewigen Zeiten, seit meinem vierzehnten oder fünfzehnten Lebensjahr, immer im Sommer, pünktlich Mitte Juni ging es los und an meinem Geburtstag am ersten September war es immer mein schönstes Geburtstagsgeschenk, dass es vorbei war. Vorbei mit nächtlichem Geröchel ab Halbdrei und Gejapse und nicht schlafen können und zum Spray greifen, der ganze Mist.
Und im letzten Jahr war es auf einmal weg. D. h. ich habe nur in einer einzigen Nacht mal geröchelt, mehr nicht. Ursache für die Wunderheilung? Hm. Vor vier Jahren habe ich anfgefangen anders zu essen, weniger schwedische Mandeltorte und mehr Obst und Gemüse. Weniger Alkohol. Da wurde es schon ein bißchen besser. Aber keine speziellen Allergie-Behandlungsmaßnahmen. Keine Desensibilisierungstherapie, nix. Und im letzten Jahr hat sich ein neues Netz gesponnen, um mich herum. Mehr Kontakte. Schöne Kontakte. Bemerkenswerte Kontakte. Die mir ein Gefühl von mehr Möglichkeit, mehr Raum, mehr Freiheit geben. Horizont. Ich glaube, das hat mir eine Stärke gegeben, Zuversicht, die ich vorher weniger hatte. Es hat auch etwas mit Anerkennung zu tun.
Ich glaube schon, dass es auch Krankheitstypen gibt. Ich spüre, dass sich Einschränkung, Maßregelung, verplant werden, bei mir wie Grenzüberschreitung anfühlt. Wie ein Übergriff. Dieses beklemmende Gefühl, zu wenig Luft zu bekommen ist auch das Gefühl, zu wenig Raum um sich zu haben, selbstbestimmten Raum. Durch diese Überreaktion setzt man eine Grenze, die man braucht. Man wird sofort unantastbar. Die Umgebung weicht verstört zurück und spürt, dass jemand in diesem Moment weder an der Hand gehalten werden will noch andere Nähe sucht. Nur einen Rückzugsort um zu atmen. Alleine.
Und dann ist da die Haut. Die Haut, die Grenze zur Umwelt. Der andere hochsensible Bereich. Asthma und Neurodermities hängen von einer Übersensibilität im Lungenbereich ab. Hängt irgendwie zusammen. Hatte ich teilweise auch. Und dieser Pollenkram haut dann in die empfindliche Kerbe. Und vielleicht ist die Kerbe jetzt nicht mehr so tief. Ich kann tiefer durchatmen. Mehr Raum beanspruchen. Mehr Raum zum Atmen. Zum Sein. Mehr Raum zum so und nicht anders sein. Vielleicht bleibt es so. Das wäre schön.
Man hört ab und zu, dass sich Allergien verändern oder Verschwinden. Gerade um das vierzigste Lebensjahr herum. Aus Asthma Heuschnupfen wird oder umgekehrt. Also habe ich ein bißchen Glück. In dieser Hinsicht. Ja. Überhaupt empfinde ich meine körperliche Verfassung als die beste, die ich je hatte. In so guter Verfassung war ich eigentlich noch nie. Drei mal auf Holz geklopft. Man muss sich dessen bewusst werden. Das ist sehr wichtig. Gesundheit ist ein extrem hohes Gut. Als ich jünger war, fand ich es immer langweilig, wenn einem die älteren Tanten und Verwandten zum Geburtstag 'vor allem Gesundheit' wünschten. Heute nehme ich das an. Dankbar. Hoffnungsvoll. Demutsvoll.
g a g a - 12. Juli 2009, 21:39
Na
bitte - Fluchen rehabilitiert! Überhaupt lauter wichtige neue Informationen heute in meinem gmx-News-Postfach:
Männer mit
starkem Haaraus starker Körperbehaarung haben mehr Androgene (wusste ich schon, nix Neues) und können dadurch (Achtung, jetzt kommt's!) schneller Alkohol abbauen! (Betrifft das hier irgendwen?)
g a g a - 12. Juli 2009, 21:32
Kompensationsbloggen. Eindeutig. So ähnlich wie "wer schläft, sündigt nicht". Wer bloggt, sündigt nicht. Man muß sich schon ein bißchen zusammenreißen und kann nicht jeden Mist hierhineinschreiben. Transzendent, im Grunde. Meta meta meta. Gut gut gut. Aushalten. Aussitzen. Ja. Ja ja ja. Komische Situation. Ungreifbar. Gibt keinen Griff daran. Keinen Aufhänger. Keine Klinke, die man herunterdrücken könnte, um die Tür zu öffnen. Ja ja. Kryptik. Meta meta. Man wird immer schlauer und sagt und schreibt immer weniger dummes Zeug. Und irgendwann macht man nur noch einen Punkt. Oder geht offline. Aber offline ist gerade merkwürdig out of space. Energie folgt Aufmerksamkeit, hat mir ein Freund einmal geschrieben. Oder war es umgekehrt? Aufmerksamkeit folgt Energie? Oder stimmt beides. Ach egal. Hauptsache hochkonzentriert. Hochkonzentriert die Zeit vertreiben. Als hätte man zuviel davon. Manchmal ja. Zeiträume, die man nicht ausfüllen kann, wie einem danach wäre. Wenn man sehr gut ist, kommt man nicht in Warteschleifen. Aber so gut bin ich noch nicht. Ich arbeite daran. Ich schaffe es zu ca. 97 Prozent, so viel mir sinnvoller als alles andere Erscheinendes vorzuhaben, dass keine Orientierungslosigkeit aufkommt. Aber jetzt ist gerade einer der drei-Prozent-Augenblicke. Ich weiß nicht, in welche Richtung ich blicken soll. Und zum Schlafen gehen ist es zu früh. Und Trinken bringt auch nichts. Und es ist ja auch noch hell. Und zum Tanzen bin ich zu faul. Und zum Essen fehlt mir der Hunger. Und zum Singen der Frohsinn. Und zum Filmen die Inspiration. Und zum Fotografieren das zwingende Bild. Und zum Ausgehen die Stimmung. Verlegenheit. Verlegenheitsbloggen.
g a g a - 12. Juli 2009, 19:34
Quiz: Enttarnte Mythen aus dem Reich der Lust
Frage 5 von 10
Sexmythos 5: "Wer nicht schlau ist, ist besser im Bett!"
Der Spruch ist alt, aber stimmt er auch?
Komisch, kenn ich gar nicht den Spruch. Stelle mir gerade vor, wie die GMX-Redaktion stundenlang über der Übersetzung gebrütet hat. Ich nehme an, der/die junge Redakteur/in
fic findet das gut.
g a g a - 12. Juli 2009, 19:10
Painkillers. Painkillers. Das Wort fasziniert mich. Sehr kraftvoll. Sehr überzeugend. Ich stelle mir vor, ich hätte bei einer Angstattacke einen Painkiller zur Hand. Aber ich will so ein Zeug nicht haben. Frage mich dennoch, was ist der mögliche Schaden, wenn man sich, so wie ich, nüchtern dem Abgrund stellt. Man geht durch dunkle Zeiten aber hört nicht auf zu grübeln, zu meditieren, zu rotieren, wie man dem ein Ende bereiten könnte. Ohne Painkillers. Auf der Suche nach einem wirklich bereinigenden Ende. Neuem Anfang. Durch eine heilsame Entwicklung. Durch Katharsis. Durch Eskapismus. Durch Konfrontation. Durch Kompensation. Durch Kunst. Durch Schlaf. Durch Traum. Durch Transzendenz. Durch Bearbeitung. Durch Trauer. Durch Ekstase. Durch Körperfreuden. Durch Aktion. Durch Tanz. Farben. Durch Töne. Durch Bilder. Durch Musik. Dichtung. Durch Reisen. Durch Tapetenwechsel. Durch das Meer. Durch den Wind. Durch den Himmel. Durch das Gras. Aspiration. Inspiration. Die Sinne (=Sinn). Das fühlt sich gut an. Wahrscheinlich idiotisch, sich ein schmerzloses Dasein zu erhoffen. Durch die Schmerzerfahrung wächst die Dankbarkeit, wenn der Schmerz nachlässt. Tiefe Dankbarkeit. Ich weiß es sehr zu schätzen, angstfreie Zeiten zu haben. Nicht immer, aber immer wieder.
Vor einiger Zeit saß ich in einer Runde, in der überraschend das Gespräch auf Anti-Depressiva kam. Mir kippte innerlich die Kinnlade herunter, als ich zur Kenntnis nahm, auf welchem kenntnisreichen Niveau differenziert gefachsimpelt wurde. Wie selbstverständlich die Verständigung über den Austausch von Medikamenten-Bezeichnungen verlief. Ich konnte gar nicht mitreden und war sehr froh darüber. Da ich keine Erfahrung damit habe, die dunklen Zeiten medikamentös aufhellen zu lassen, kann ich nur mutmaßen, wie leicht oder schwierig es ist, an Anti-Depressiva oder Painkiller heranzukommen. Ich stelle mir vor, dass man zum Arzt geht und von seiner Entmutigung und depressiven Stimmung berichtet und der dann eine Überweisung zu einem Psychologen macht bzw. erst mal eine Kleinigkeit verschreibt bis der Patient wieder kommt und berichtet, ob das Mittel angeschlagen hat. Ich bin offenbar so einfach gestrickt, dass es meinen Horizont selbst in fortgeschrittenem Alter noch übersteigt, dass depressive Zustände ohne Ursache erfolgen. Aber soll wohl so sein. Bzw. wer will schon beurteilen, wieviel oder wenig Selbsterforschungsdrang bei dem Einzelnen vorhanden ist. Nicht jeder hat die Veranlagung der Idee zu folgen "der Weg ist, wo die Angst ist". Das ist mein Weg. Ich bin eine manische Abgrund-Ursachenforscherin. Über jeden tiefsten Punkt könnte ich einen umfassenden Ursachenbericht abliefern. Völlig transparent. Jede Träne.
Painkillers. Irgendwie beschäftigt mich das. Auch der Gedanke, wieviel Hochleistung, nicht nur im Showbiz durch die Unterstützung von mothers little helpers abgeliefert wird. Diese überdimensional strahlenden, kraftvollen Performances, die wir staunend zur Kenntnis nehmen. Die ruhmreichsten Performer hatten die größten Drogenprobleme. Und die ehrgeizigsten. Wahrscheinlich lächeln die Kenner der Materie müde, wenn kolportiert wird, dass Frau Spears nur auf die Bühne geht, wenn sie vorher einen selbstkreierten Cocktail aus Appettitzüglern und Energydrinks intus hat. Die anderen Tabletten hat sie vermutlich schon zum Frühstück genommen. Eine grauenvolle Realität hinter dem Glitzervorhang, denke ich und trinke schwarzen Kaffee. Aber dennoch auch ein reizvoller Gedanke, das einmal auszuprobieren. Irgendetwas davon. Mit einer künstlichen, aber sich gut anfühlenden Heiterkeit aus dem Haus zu gehen. Eine Freude für die Umwelt. Keiner würde es merken. Nur man selbst, später dann. Wenn die Angst zurückkehrt.
Ich habe in jungen Jahren viel herumexperimentiert, aber es handelte sich dabei um bewusstseinserweiternde Drogen, die mich interessierten. Das war sehr spannend. Painkiller waren nicht dabei. Langsam dämmert mir, dass es eine ziemliche Widerstandskraft, Durchhaltevermögen zu zeigen scheint, wenn man ohne Psychopharmaka und Alkoholmissbrauch durchs Leben geht. Und andererseits - diese durchlittenen dunklen Zeiten. Dieser ausgelotete durchlebte Schmerz. Vielleicht hinterlassen zu lange dunkle Zeiten auf einer anderen Ebene ungute Spuren. Eine traurige Prägung. Ja. Daran arbeite ich. An dieser Prägung. Diesen Narben. Dauernd. Die inneren Narben lasern. Herz heilen.
g a g a - 12. Juli 2009, 11:57