Nicht uninteressant, wenn jemand das Potenzial hat, die Einschätzung im Laufe der Jahre zu wenden. Beim Zappen an Desirée Nosbusch hängengeblieben. Ich fand sie immer spannend, weil sie mein Jahrgang ist und auch zu Zeiten, wo ich sie eher nicht mochte, eine starke Ausstrahlung hatte, die immerhin polarisiert und an der man nicht vorbeikam. Ein Energiebündel, damit bin ich immer zu beeindrucken. Damals, Anfang der Achtziger als sie auftauchte, bewunderte ich ihr sehr selbstsicheres Auftreten und fand ihre manchmal schnippischen und altklugen Reaktionen gleichsam arrogant, zuweilen peinlich und doch respektabel. Jemand, bei dem ich hinschaute.
Gerade tauchte sie bei einer ihrer Preisverleihungs-Moderationen auf 3sat auf. Irgendein Buchpreis, von dem ich noch nie hörte. Auf dem Bildschirm eine gesetzt freundliche, mütterliche Desirée Nosbusch, die man aber immerhin ohne weiteres wiedererkennt. Sie trägt ein gouvernantiges, viel zu hoch geschlossenes Kleid und eine unverfängliche Hochsteckfrisur. Frau Nosbusch lächelt beinah ohne Unterlass. Sehr warm. Und ich kaufe es ihr ab und mag sie dafür. Mama Nosbusch. Das hat sie mir voraus.
g a g a - 16. September 2007, 23:59
g a g a - 16. September 2007, 23:32
U 8. Leicht folkloristisch gekleideter Feuerzeugverkäufer bietet fünf Feuerzeuge für einen Euro an. Ich denke noch "Armenier", obwohl ich rein gar nichts über Armenien und Armenier weiß. Für mich ist er halt ein Armenier. Längere dunkle Haare, lustig flackernde Augen wie der irre, wirre Catweazle aus der Kinderserie. Irgendein Bart, Tarnkappe auf dem Kopf. Ein bißchen wie Rasputin in lustig.
Ich rauche ja nicht und habe auch sonst keinen akuten Feuerzeugnotstand. Er macht tatsächlich kleine Geschäfte mit jüngeren Männern, die von jeder Farbe eines nehmen. Mir gefallen diese Einwegfeuerzeuge auch nicht so, die durchsichtigen Plastikteile.
Nachdem mehrere Geschäfte abgewickelt wurden, guckt Rasputin zufrieden aus der Wäsche und tänzelt ein bißchen durch's Abteil. Bis er genau vor mir stehen bleibt und fragt, ob ich nicht vielleicht doch auch ein Feuerzeug haben möchte. Ich sage freundlich "Nein danke", ich bräuchte kein Feuerzeug. "Rauchst du?" fragt er. "Nein, ich rauche nicht". "Aber ich will dir ein Feuerzeug schenken!"
Ich muß grinsen, weil er sich zu einem Werbegeschenk versteigt. "Ich brauche wirklich keins, schenken Sie es doch jemandem hier, der es brauchen kann". "Wenn ich mehrere verkaufe, so wie heute, kann ich es mir leisten, eines zu verschenken!" Er guckt fast ein bißchen traurig und ich fange an mich zu schämen, dass ich sein Geschenk ablehne.
Also lenke ich ein: "Hm, soll ich wirklich eins nehmen?" "Ja!" "Na gut." Ich nehme ein türkisblaues aus dem bunten Sortiment, teste die Flamme und nicke dabei anerkennend. "Ich kann ja damit eine Kerze anzünden. Danke!". "Ja!" ruft er begeistert, "Eine Kerze! Zu Weihnachten!".
Die anderen im Abteil gucken amüsiert zu unserem Getändel und auf das blaue Feuerzeug, das ich in der Hand halte und scheinen sich über die gesprächige Abwechslung in der sonst so stummen U-Bahn zu freuen. Ich sitze da und halte das Feuerzeug fest bis zur Weinmeisterstraße, wo ich aussteige und es in die Tasche stecke. Langsam dämmert mir, dass ich noch letzte Nacht vor dem Einschlafen dachte: "Ich brauche Feuer".
g a g a - 15. September 2007, 23:59

einen wimpernschlag vor dem papierkorb sehe ich auf dem bild dieses kleine glitzern im rechten auge. nein, nein. nicht die rührung. ein einziges bild, auf dem man es sieht. mein rechtes auge tränt, wenn es sehr windig ist. und morgens, wenn noch die kälte der nacht in der luft liegt. dann laufe ich mit einem taschentuch in der hand durch die straßen und trockne die ewige träne. man schaut ein bißchen irritiert, weil es vielleicht aussieht, als ob ich weine. deswegen mag ich windige orte nicht so gerne. wer will schon immerzu weinen. bei der geringsten berührung geht es los. der schrei einer möwe. eine hand auf meinem rücken. der letzte blick auf diese düne. eine freundin meinte vor vielen jahren, sei froh, dass du weinen
kannst. sie konnte nicht weinen. sie wollte so gerne und konnte nicht.
g a g a - 13. September 2007, 23:57