11. märz 2004

alkohol ist keine antwort, aber man vergißt beim trinken die frage.
[ henry mon ]

könnte jetzt nur noch gut tun - nichts greifbar - egal

es ist äußerst schwer, erfahrungsberichte von hinterbliebenen (so definierter) ‚hirntoter’ unfallopfer zu verdauen, die sich in einem vakuum von halt- und fassunglosigkeit und neben-sich-stehen, (entgegen einem oft diffus schlechtem gefühl dabei) zu organ- entnahmen an dem unfallopfer überreden ließen und dies später bereuen. das ausmaß des grauens tritt offenbar angesichts (von angesicht zu angesicht) des dann unwiderbringlich zerstörten zutage. die züge der ausgenommenen toten tragen den berichten zufolge erkennbar schmerz und todeskampf in ihrem letzten gesicht. bis das herz entnommen ist, wird beatmet und seit jüngerer zeit mit vollnarkose gearbeitet (warum wohl?)

der beschriebene umgang mit dem noch halb lebenden menschen auf dem operationstisch ist ohne jede übertreibung grobes gemetzel, abschlachten. ich las zwei beschreibungen von sog. totalentnahmen, verfasst von assistierendem op-personal. man muß, um ausdrücklich für sich selbst festzulegen, dass man weder organentnahmen an sich selbst, noch transplantationen für sich selbst wünscht, einen organSPENDER(!)ausweis besitzen, der ein kreuz an der stelle hat, dass man eben dieses nicht möchte. d. h., wer (meist nach einem unfall) nach heutigem kenntnisstand als hirntot definiert werden kann, brauchbare organe in sich trägt (augäpfel: hornhaut, knochen, bänder -alles brauchbar, nicht nur herzen, lungen oder nieren) nichts explizit verfügt hat und indifferente (oder besser orientierungslose) anverwandte mit verfügungsgewalt hat, die unsicher sind, ob der/die demnächst tote das gewollt hätte, kann davon ausgehen, dass diese von den weißkitteln entsprechend subtil bearbeitet werden, dem zuzustimmen. im zweifel immer für die entnahme, liebe angehörige - ihr kind hilft einem anderen menschen dadurch, dass ihm der eigene tod in frieden versagt wird.

wie sich organe eines fremden organismus im eigenen unwohl fühlen und zeitlebens von ihren trägern als fremd und nicht zugehörig empfunden werden, ist ein anderes tabu und gut gehütetes geheimnis von den nicht selten depressiven organträgern. was für eine scheiße. falls ich morgen tot umfalle: ich möchte bitte auf keinen fall ausgeschlachtet werden.

als kleines kind haben mir aufgebahrte tote angst bereitet, die fotografien des einen großvaters, den ich nie kannte, bei sich zuhause, im wohnzimmer, mit gefalteten händen zwischen einem meer brennender kerzen. jetzt erkenne ich das ganz und gar würdevolle und angemessene ritual, neben einem toten noch so zu wachen. was für eine ungeheuer schöne geste des abschieds.

10. märz 2004

wenn dreiecke einen gott hätten, würden sie ihn mit drei ecken ausstatten.

[ charles-lois baron de montesquieu ]

09. märz 2004

noch so ein schlauer spruch „der sensible mensch leidet nicht aus diesem oder jenem grunde, sondern ganz allein, weil nichts auf dieser erde seine sehnsucht stillen kann.“

so so. sartre. klingt ja erst mal gut, so im ersten moment oder? ach ja wie wahr, ist ja auch nett formuliert. na gut. aber mal näher betrachtet? er war ja schon immer tendenziell eher wehleidig und träge. so weit bekannt, hat er sich vorwiegend zwischen seinem zigarrenqualm- geschwängerten, (vermutlich die einzige irdische freude) mit eingestaubten manuskripten vollgestopften pariser stadtkabuff und dem seiner (mal mehr, und noch viel öfter - weniger) geliebten (und ihm nichtsdestoweniger bis zum bitteren ende unterwürfigen) beauvoir hin- und herbewegt, die ihren hintern auch nicht mehr vor die tür bekommen hat.

inwieweit der alte stubenhocker demnach überhaupt etwas von dem mitbekommen hat, was de facto auf dieser erde kreucht und fleucht, ist die frage. fatal nur, dass akademisch legitimierte geistesakrobaten nicht wenig häufig, wenn überhaupt, an erleuchtung via synapsenbildung durch hirnsalto glauben mögen. praktisch gesehen sind erwägungen in druckerschwärze offensichtlich kein so recht tragendes netz beim realen absturz.

was lerne ich also tatsächlich aus seinem schönen sprüchlein: nicht etwa, dass „nichts auf dieser erde, die sehnsucht eines sensiblen menschen stillen könnte“, sondern vielmehr, dass nichts auf dieser erde, die ganz subjektiv diffuse sehnsucht von herrn sartre stillen konnte, sprich er lebenslänglich unfähig war, (vermutlich mangels einschlägigem erhebenden erlebens), tieferen sinn in liebe, lust, essen, trinken, tanz, gesang, schlaf und sonnenuntergang zu erkennen, den endemisch irdischen sinnenfreuden.

anlass genug, wolf wondratschek zu zitieren (ist mir sowieso jeder recht)

wir lagen faul vor liebe noch im gras
da färbten schon sich über uns die blätter
dann standen die bäume kahl
ich sah den himmel, mehr davon als mir lieb war

nein. mit der liebe unten hat der himmel nichts zu tun
ich nahm eine handvoll erde
da hast du gesagt
das da in deiner hand
so will ich, daß ich werde

[ lied von der liebe ]

„....nichts auf der erde seine sehnsucht stillen kann...“ papperlapapp.

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