Aus meinem goldenen Notizbuch XXVI.
31. Juli 2019:
„S 9 (Friedrichstr. Fensterblick Schiffbauerdamm), kleiner Junge:
"DER Fluss, DIE Spree?" (Papa nickt) Junge: DER Fluss, DIE Spree!"
Geheimnisvoll. Ist mir noch nie vorher aufgefallen. Wieso sind die meisten großen deutschen Flüsse Weibchen und nur wenige Männchen? Merkwürdig.
DIE Spree
DIE Havel
DIE Donau
DIE Isar
DIE Elbe
DIE Oder
DIE Mosel
DIE Weser
DIE Eger
DIE Leine
DIE Fulda
DIE Salzach
DIE Pegnitz
DIE Werra
DIE Saale
DIE Lahn
DIE Rednitz
DIE Ruhr
DER Rhein
DER Main
DER Neckar
DER Inn
g a g a - 31. Juli 2019, 23:59
Aus meinem goldenen Notizbuch XXV.
29. Juli 2019:
„S 7 (Stichwort „Fiffi“ (…)) Kleines Frauchen mit bedrucktem schwarzen Shirt, Schriftzug „Kampfherz“ (oder „Kämpferherz“), Haare zu Pferdeschwanz (hennarot gefärbt), herrischer Gesichtsausdruck, denke „Kampfhund“ wäre passender zur Kampfschnute."
Das Mäuschen erinnerte mich an jemanden, der genauso gucken kann. Mit so einer gewissen verbissenen Zielstrebigkeit als Werkseinstellung, die sich als arroganter Zug ums trotzige Mündchen manifestiert hat. Sofern nicht gerade aus Opportunismus die charmante Version gespielt wird. Die Rolle wird jederzeit zielstrebig variiert, je nachdem, wer angespielt wird. Liebes Kind ist auch im Repertoire, aber nur für Leute, die man kalkuliert für sich einnehmen möchte, nicht etwa als Standard-Rolle für die gemeine Öffentlichkeit. Die unverstellte Version kann man dann sehr schön in Situationen wie öffentlichen Verkehrsmitteln beobachten, wo es halt nicht drauf ankommt, ob man sympathisch wirkt oder wie ein berechnendes Luder. Normalerweise verfasst ja auch keiner Blogeinträge über unbekannte S-Bahn-Passagiere. Da kann man sich dann nach Herzenslust gehen lassen. Der Charaktertyp kommt auch häufig ans von langer Hand geplante Ziel, die Rechnung geht meistens dann auf, wenn jemand etwas ordnende Struktur im Leben braucht. Dieser Typ bietet jede Menge Zielvereinbarung. Beurteilungsgespräche gehören aber auch zu diesem System, und das muss man mögen. Ich ja nicht. Weder die Rolle der Zielvorgebenden, noch der Zielempfängerin. Dementsprechend habe ich es auch nicht weit gebracht. Ich bin lediglich hingebungsvoll und eine treue Seele, Forderungen sind eine Fremdsprache, die ich wohl in diesem Leben nicht mehr lernen werde. Da mir der Zug eh unsympathisch ist, zumindest privat, ist das glaube ich kein so großes (Charakter)Defizit.
g a g a - 29. Juli 2019, 12:50
Aus meinem goldenen Notizbuch XXIV.
29. Juli 2019:
„U 8 – Frau mit langem schwarzen Kleid – Chiffon (3/4 Arm) mit weißen Polka Dots, großen (!) ICH WILL DIESES KLEID!“
Sie sah ganz bezaubernd aus, die Frau mit dem langen Tupfenkleid, viel attraktiver, viel besser als das unbedarfte Mädel auf dem Foto des Anbieters, das mit einer Duckfaceschnute staunend in die Kamera schaut, als wäre sie gerade aus tausend Jahren Dornröschenschlaf erwacht. Die Dame gestern Nacht in der U 8, sah nach sehr aparten, arabisch angehauchten Genen aus, eine wahre, schon etwas reifere Schönheit. Perfektes Make up, tolle Smoky Eyes, sinnlicher Mund ohne affektierte Schnute. Ein Blick, der schon viel gesehen hat. Und dann dazu dieses Kleid. Wow. Es hatte schon was von einer abendlichen Robe. Nun hab ich es doch im Internet entdeckt, aber noch nicht bestellt. Bin mir bei der Größenangabe unsicher. Da stimmt ja mitunter so gar nichts. Erst unlängst bei meinen zahlreichen Kaftanbestellungen festgestellt. Eine vorgebliche Größe L mit Zusatz 40/42 hatte dann die eindeutige Passform einer 36/38. Aber gerade zwei andere schöne Tupfenkleider gefunden und geordert. Wenn ich also hier das Bild von dem Anbieter von dem original U-Bahn-Tupfenkleid einklebe (extra eins gewählt, wo man die Schnute nicht sieht), ist das keine Kaufempfehlung, sondern schlichte Illustration. Bin ja keine Beeinflusserin, vulgo Reklametante. Der schöne Anblick hob meine Stimmung beträchtlich. Wenn das ein Kleid kann, gehört es in die Kategorie Kunst. Das schafft sonst nur Musik, Dichtung oder Malerei (...oder die Liebe).
g a g a - 29. Juli 2019, 11:10
In diesen Tagen fiel mir wieder eines meiner Lieblingsgedichte in die Hand, es ist von Friedrich Rückert, aus dem 1822 veröffentlichten Gedichtband "Oestliche Rosen",
Zauberkreis. In meinem Atelier steht ein Koffer, darin sind Fundsachen, Reliquien aus Papier und auch einige Ausdrucke von diesem Gedicht.
Was steht denn auf den hundert Blättern der Rose all?
Was sagt denn tausendfaches Schmettern der Nachtigall?
Auf allen Blättern steht, was stehet auf einem Blatt;
Aus jedem Lied weht, was gewehet im ersten hat:
Dass Schönheit in sich selbst beschrieben hat einen Kreis,
Und keinen andern auch das Lieben zu finden weiß.
Drum kreist um sich mit hundert Blättern die Rose all,
Und um sie tausendfaches Schmettern der Nachtigall
Ich gab Ina gestern eines mit auf den Heimweg, sie hatte mich am Abend besucht. Wir saßen auf dem Balkon und haben gegessen und Sancerre getrunken. Ich erzählte ihr unter anderem, dass ich für die letzte Physiotherapiestunde etwas für meinen Therapeuten vorbereitet habe. Wir sprachen, während er mich behandelte, über Musik und Dichtung und Malerei, aber auch über Essen und gute Getränke. Da er Sancerre nicht kannte und ich ihm einen bestimmten empfehlen wollte, beschrieb ich das Aussehen des Etiketts auf der Flasche. Das schien mir dann so umständlich, dass ich anbot, einfach eine Flasche zum nächsten mal mitzubringen, da ja außerdem auch sein Geburtstag vor der Tür steht. Ganz pragmatisch, es sollte nicht als Auftakt zu einer Verabredung rüber kommen. Er hob die Hände "ach nein, das ist wirklich
nicht nötig".
Kriegt er eben nur das Etikett von der guten Flasche, die ich neulich mit Jenny und Saskia auf meinem Balkon vernichtet habe. Das Etikett hat hinten so einen hartnäckigen Klebefilm, deswegen musste ich es auf ein Stück Papier aufkleben. Wäre ja nicht sehr angenehm, ihm so einen klebrigen Zettel in die Hand zu drücken. Da fielen mir die Blätter mit den Ausdrucken von Zauberkreis ein, und ich klebte das Etikett auf eine der Rückseiten, im Bereich, wo die Zeilen gedruckt waren, zufällig in dem gleichen Format formatiert, das die Größe des Etiketts hat. Hab es dann auf die Etikettgröße klein geschnitten. Ich hatte ihm bei einer der ersten Sitzungen auch von Rückert erzählt, er kannte ihn nicht, schien aber sehr interessiert.
Jetzt bekommt er eben zur letzten Sitzung Lernmaterialien mit auf den Weg. Dass ich außerdem auch noch eine Flasche von einem
sehr guten Médoc besorgt habe, die ich ihm dann auch in die Hand drücke, wo er doch gerne Rotwein trinkt, ist ja wohl nicht völlig überzogen. Das macht man schon mal, wenn man von jemandem so lange behandelt wurde, als Geste des abschließenden Dankes, ohne Hintergedanken. Ist außerdem auch Lehrmaterial, da er Rioja mag und die von mir geschätzten roten Franzosen bislang kaum kennt, das kann er nicht ablehnen.
g a g a - 27. Juli 2019, 14:38
Gerade sehr gelacht. Meine Freundin B. – heieiei – wir tauschten uns über die (Neuro)Marketing-Käuferkategorie „Hedonist“ aus, ich kam auf meinen Kaftan-Kaufanfall zu sprechen, was mich teilweise auch für diese Hedonisten-Etikettierung qualifiziert. Dann kam ihr die Erinnerung an ihre Schulzeit in den Siebzigern, wo sie auch mal verschiedene Kaftan-artige Modelle trug. Eins war mehr so eine Tunika, die gerade über den Hintern ging, aus so einem leichten Stöffchen mit viel Ornament am Ausschnitt. Es gab einen Klassenkameraden, der sehr stark an B. interessiert war, sie aber leider nicht an ihm. Als sie wieder einmal die kurze Kaftan-Tunika mit nackigen Beinen trug, nahm er sie beiseite und unterbreitete das Angebot:
„Wenn du DAS mal ohne Unterhose anziehst, kriegst du von mir HUNDERT Mark!“
g a g a - 26. Juli 2019, 11:46
"Strawberrys, cherrys and an angels kiss in spring....
my summerwine is really made from all these things."
Läuft gerade bei mir, liebe es - Summerwine von Lee Hazlewood und Nancy Sinatra. Evereverevergreen.
g a g a - 25. Juli 2019, 23:24
Eben gedacht, der letzte Eintrag liest sich ja doch etwas anstrengend. Vergessen, dass meine Leser nicht in mir drinstecken! Muss zu meiner Entlastung anführen, dass ich nur das Zeug abtippe, das mir gerade spontan durch den Kopf schießt. Wäre ja auch verwunderlich, wenn da jeder folgen könnte, die wissen ja alle gar nicht, was mir für Sachen passiert sind, die zu solchen Gedanken führen. Sorry. Wollte niemanden überstrapazieren, zumal bei den Temperaturen.
g a g a - 25. Juli 2019, 23:14
Aus meinem goldenen Notizbuch XXIII.
25. Juli 2019:
„Coca Cola-Reklametafel am Hackeschen: „ANGER CAN‘T DREAM - LOVE CAN“ (hm…) Meine Qualitäts-Kalauer-Arroganz. Literarische Befangenheit.“
Im ersten Moment beim Lesen des Coca Cola-Kalenderspruchs gedacht: „hübscher Gedanke“. Dann: „kommt darauf an, wie eng man „Träumen“ fasst. „Anger“ kann durchaus träumen. Das Ergebnis sind nur keine Schäfchenwolken, sondern dunklere Himmelsszenarien: Donner, Blitz, reinigendes Gewitter. Erdbeben. Sturmflut. Hurrikan. Reset. Ende und Neubeginn. Nach Waldbränden regeneriert sich der Waldboden, neben den verkohlten Baumstämmen sprießen irgendwann kleine junge Bäume und in irgendeinem kommenden Frühling überdecken zarte, maigrüne Blätter die kohlschwarze Erinnerung an den alten zerstörten Wald. Bestimmt hat der Kontrast auch eine eigene Schönheit, wenn im jungen Paradies Fragmente der Zerstörung wie ein Denkmal stehen. Wie eine Signatur vergangenen Lebens, spannende Narben. Kalendersprüche bilden selten komplexe Gedankengänge ab. Aber immerhin können sie wie der Coca Cola-Spruch dazu inspirieren. Abermals kam mir ein Zitat des Schriftstellers Hans Blüher in den Sinn (sinngemäß, finde es nicht mehr schwarz auf weiß): „Nur sehr seltene Menschen haben die Größe, das Verbrecherische in sich zu erkennen“. Christlich konditioniert gehören dunkle Träume nach-paradiesischer Zustände in die „pfui-pfui!“-Schublade. Es ist sowohl tabu destruktive Phantasien („Phantasie“, die Zwillingsschwester der Tagträumerei) in ausgeführte Handlungen umzusetzen, als auch den dunklen Gedankengang zu pflegen. Auch ich bin dagegen, schon aus Selbstschutz, da dunkle Gedanken Lebenszeit beanspruchen, die damit nicht mehr für schön und lustvoll Erlebtes (wenn auch nur in Gedanken) zur Verfügung steht. Man soll sich ja nur Substanzen hoher, vitaler Qualität einverleiben. Hat Costa Cordalis, Gott hab ihn selig, übrigens auch gewusst. Schlechte Energie sollte nicht durch Aufmerksamkeit geehrt werden. Das haben die Verursacher dieser dunklen Befindlichkeiten nicht verdient. Zu viel der Ehre. Aber sich einzugestehen, dass ein schmerzhafter Dorn in einem steckt, der auf zermürbende Art irgendwann auch Gefühle von Zorn verursacht, so dass man den Schmerz mit der Wurzel ausreißen möchte, auch gewaltsam, weil man es anders noch nicht geschafft hat, das einzugestehen, finde ich respektabel, ja mutig, weil man nur sehr selten dafür plakatives Verständnis ernten wird. In Zeiten der Mode-Weltanschauung Buddhismus wird einem zusätzlich mit schlimmen Karmapunkten gedroht. Ich halte nicht die andere Wange hin. Ich vergebe auch nicht, wenn Reue Fehlanzeige ist. Dann ist die liebevolle Bilanz nicht ausgeglichen.
Die Notiz „Meine Qualitäts-Kalauer-Arroganz“ bezieht sich auf die Erkenntnis, dass ich jedem, ob er es hören will oder nicht, mitteile, dass ich Kalauer hasse. Wenn ich mir aber den einen oder anderen Eintrag von mir anschaue, muss ich feststellen, dass mir kalauerende Gedanken und Einträge unterlaufen, die mir offenbar nicht zu blöd sind. Ich mache manchmal gerne Quatsch, also nun keine Streiche spielen, aber albern herumphantasieren. Gestern zum Beispiel berichtete ich stolz von der Eröffnung meiner – jetzt hätte ich fast geschrieben „Karma-Boutique“ (auch schön) – meiner „Kaftan-Boutique“. Also nur für’s Protokoll: ja, ich habe vorgestern mehrere Kaftane angeboten und auch Käuferinnen gefunden. Wir haben eben „Kaftan-Boutique“ gespielt. Wie man als Kind Doktor-Spiele gemacht hat. Warum ich dann einen ganzen Eintrag über ein albernes Spielchen (wobei echte Kaftane und echtes Geld im Spiel waren!) schreibe, das kaum einer, außer den beteiligten oder eingeweihten Damen nachvollziehen kann, wissen die Götter. Wahrscheinlich hat es mir gerade am nötigen Ernst gemangelt. Ich entschuldige mich dafür. Ich wollte Ihre Lebenszeit nicht damit vertun, unsinnige Mitteilungen zu lesen. Was ich tatsächlich gar nicht (mehr) mag, sind überbordende, vermeintlich kreative Wortspielereien. Ich liebe es, wenn jemand auf mich packende Weise Dinge mit bekannten und geläufigen Worten ausdrückt. Das ist eine ganz große Kunst. Wortspielereien sind schon arg Achtziger. „Friseur Hairlich“, „Unzumut-Bar“ etcetera. Wenn ein Kalauer öffentlich dargeboten wird, sollte für meine Ansprüche ein derart exorbitantes Amusement-Potenzial vorhanden sein, dass man sogar dann lachen muss, wenn man sich fest vorgenommen hat, keine Albernheiten zu tolerieren.
Zur Notiz „Literarische Befangenheit“ kann ich erklären, dass mir aktuell bei mir auffällt, dass ich gerne hier ein wenig detaillierter über gewisse Begegnungen berichten würde, mich aber nicht so recht traue, weil ich mir unsicher bin, ob ich diese Einträge dem Betroffenen gegenüber auf Dauer unter den Teppich kehren kann. Schade, da der Unterhaltungswert recht gut wäre. Also nur exclusives Material für Freundinnen-Gespräche. Wenn die nicht wären…! Man müsste ersticken. Sind nicht mal schlimme Sachen, aber dass ich hier überhaupt schon das Eine oder Andere geäußert habe – ohne dass der Betroffene davon Kenntnis hat, ist mir auf Dauer ein bißchen unangenehm. Die Einträge rücken ja irgendwann so weit nach hinten, dass bei Entdeckung von meinen kleinen Reportagen die Lust rückwärts zu blättern, irgendwann aufhört. Den Begriff „literarisch“ habe ich nur mangels eines passenderen Adjektivs benutzt. Ich sehe mich nicht als angehende Literatin, träume auch nicht von Romanveröffentlichungen oder dergleichen. Ich schreibe zur reinen Erholung, Spaß an der Freud. Erfundene Geschichten interessieren mich auch eher nicht. Ich liebe Autobiographisches. Die Wunderwelten der Realität!
g a g a - 25. Juli 2019, 15:49
Eigentlich wollte ich den folgenden Eintrag veröffentlichen, bin aber nun am Schwanken, ob ich damit nicht die Persönlichkeitsrechte meiner Kundinnen verletze und womöglich gegen diese neue Datenschutzverordnung verstoße, sowie des unlauteren Wettbewerbs durch nicht gekennzeichnete geschäftliche Werbung bezichtigt werden könnte:
"Gestern sehr erfolgreich meine hochexclusive Kaftan-Boutique in der südlichen Westberliner Innenstadt eröffnet. Die Geschäfte liefen gleich ganz hervorragend, man hat mir die Premium-Modelle aus der Hand gerissen. Unter anderem dieses schöne Exemplar. Der große Geschäftsabschluss wurde dann noch mit einem (bzw. mehreren) guten Tropfen mit meinen prominenten Kundinnen aus der Film-, Fernseh- und Musikbranche gebührend gewürdigt. Als Geschäftsfrau zeige ich mich stets offen und flexibel und gehe mit meiner Stammkundschaft auch schon mal geschäftlich nach Ladenschluss schön essen und selbstverständlich gerne auch noch mit ins Nachtlokal. So lässt sich arbeiten! Individuelle Öffnungszeiten auf Anfrage."
Nun möchte ich auch vermeiden, dass man mir vorwirft, man habe ja nichts davon gewusst und würde auch gerne zum Kundenkreis zählen. Ich bin momentan stark verunsichert, was hier angemessen sein könnte. Um die Modelle noch besser repräsentieren zu können, habe ich mir auch gleich noch dieses aparte hellblaue Modell in meiner Größe beim Zulieferer meines Vertrauens bestellt. Sollten Sie demnächst hochexclusive Kaftane in den Bildstrecken von Gala und Bunte entdecken, können Sie davon ausgehen, dass diese aus meiner Berliner Kaftan-Boutique stammen!
g a g a - 24. Juli 2019, 15:59
Aus meinem goldenen Notizbuch XXII.
23. Juli 2019:
"Hackesche Höfe, Frau mit Hund (Gassi), strubbelige kurze Haare, kein Make up, müder Ausdruck, Shirt silberweißer Satin, Blickfang (unschöner Kontrast). Gedanken über alten Z.-Artikel (B.Z.) v. 2009, „Männer bevorzugen Barbie“ angebl. steht die Kombi großer Busen, schmale Hüften für d. größte Fruchtbarkeit (?!?). Seit wann bitte „schmale Hüften“? Ich dachte viel Busen, schmale Taille, weibl. Hüften, also „breitere“? V. wg. „gebärfreudiges Becken“. Welche Studie???“
Die Gassigängerin lenkte durch ihr glamouröses, elegantes, langärmliges leichtes Satinshirt in silberweiß, meinen Blick auf sich. Ich war perplex, wie ungepflegt der Kopf wirkte, der aus dem Ausschnitt guckte. Die helle Hose passte auch sehr gut zum Shirt. Vielleicht ein hurtiger schneller Gassi-Gang vorm Fertigmachen für den Weg zur Arbeit. Vielleicht habe ich nur das Zwischenstadium sehen dürfen. Wenn es die ultimative Version gewesen sein sollte, täte es mir leid. Wenn ich einen Tag habe, an dem ich mich zum Verstecken fühle, kommt mir nur in den Sinn, mich entweder zu verstecken oder sehr unauffällige Sachen zu tragen, weil ich nicht fokussiert werden will. Da ich kein Hündchen habe, muss ich auch nicht zu einem fremdbestimmten Zeitpunkt dringend vor die Wohnungstür. Meine sonstigen außerhäusigen Termine sind mir ja allesamt bekannt. Ich bin ja nicht die Modepolizei, aber mir kann so ein Anblick richtig wehtun. Ich bin sehr dafür, dass sich Menschen zurechtmachen, um das Stadtbild in seiner Gesamtheit aufzuwerten. Aber in dem Fall war sicher Stress im Spiel.
Dann fiel mir am Wochenende beim Sichten meines Materialköfferchens ein zehn Jahre alter Zeitungsartikel in die Hand, er bezog sich auf eine Ankündigung einer Lesung von Helge Timmerberg, zu der ich ging, und er signierte mir lachend die B.Z.-Seite. Hab ich aufgehoben, weil es noch ein schöner Abend war. Auf der Rückseite war ein Artikel über den von den meisten Männern angeblich bevorzugten Frauentyp. Blonde lange Haare, blaue Augen, großer Busen, schmale Hüften. Lange Beine vermutlich auch noch. Also wie die klassische Barbie-Puppe. Der Punkt mit den schmalen Hüften beschäftigt mich immer noch. Bislang kannte ich die Version, dass die Eieruhrfigur, also ordentlich Oberweite, gut erkennbare eher schmale Taille und gerne rundliche, breitere Hüften das Ideal für die Frau der Wahl in Sachen Fortpflanzung wäre. Wann hat sich das denn geändert?
Vielleicht war es eine Studie von der B.Z. höchstpersönlich. Womöglich eine Leserumfrage. Leser vielleicht, die das in Werbung und Medien verbreitete Ideal einer schlanken, langhaarigen Frau mit unübersehbarer Oberweite verinnerlicht haben und mittlerweile mögen. Für Modelzwecke werden ja häufig schmalhüftige, ja knabenhafte Frauen gebucht, da Brustvergrößerungen seit einigen Jahren zunehmen, könnte sich damit die von der Natur eher selten gebaute Konstruktion knabenhaftes Becken mit großen Brüsten ergeben. Wenn die Modelmädchen hart an der Size Zero arbeiten, damit die Beine schön schlank sind, nimmt ja meistens die Oberweite ab und ist nur in Ausnahmefällen sehr üppig. Mit künstlichen Brüsten kann die Größe gehalten werden, wenn auch weiterhin am schlanken Rest gearbeitet wird. Eine mögliche Erklärung. Gebärfreudiges Becken bei Models ist ja nur in der Curvy-Abteilung gestattet. Nach den Maßstäben gehöre ich ganz klar in die Curvy-Schublade. Als die Hüftbreite verteilt wurde, habe ich wohl gut hörbar „hier“ geschrien. Also bin ich bestenfalls ein Idealtyp für Männer, die geistig im letzten Jahrhundert steckengeblieben sind. Old School.
g a g a - 23. Juli 2019, 16:09