28. Juli 2015







Bißchen Fotoroman. Bravo-Fotoroman mit Erwachsenen. Ohne Auszieh-Szenen. Wenn man groß ist, muss man das nicht mehr dauernd erkunden, wie das alles funktioniert. Wir kamen von Roswitha Hecke und ließen uns ein bißchen in diese Richtung, Pariser Straße treiben, weil Jan sagte, er wollte da unbedingt hin, ein guter alter Freund, der Maler Heiner Lerch, hatte eine Eröffnung bei Taube. So eine Sache der Verbundenheit. Gehen wir auch mal in die Richtung, warum nicht. Westberlin. In der Pariser Straße, der Ecke da, wo man gerade in Wilmersdorf ist, nicht mehr Charlottenburg, aber gefühlt doch, denke ich immer an die "Weiße Maus" am Ludwigkirchplatz. Eine Bar, die es vermutlich nicht mehr gibt. Da hing Mitte der Achtziger eine Replik des berühmten Anita-Berber-Portraits mit dem roten Kleid von George Grosz Dix und Yma Sumac sang, das war damals schwer in Mode, ja beinah ein bißchen Avantgarde. Schöne Nächte, nicht einmal so viele, aber eindrucksvolle. Aber ich schweife ab. Der Maler Heiner Lerch hat eine virtuose Hand, was Farben und den Auftrag anbelangt. Manchmal unterlaufen mir Reime, keine Absicht. Also man steht so herum und plaudert, ich rauchte eine Zigarillo von Manfred, ziemlich starkes, scharfes Zeug. Gut, dass die Galerien oft diese tiefgezogenen Fensterrahmen haben, da kann man schön sitzen und in die Luft gucken. Wir haben uns dann erst einmal getrennt.








Ina und ich wollten was zu essen holen und dann damit zu Manfred in seine Carpentier-Galerie und da noch was dazu trinken, er hatte ein paar Flaschen offen. Und Jan wollte auch noch kommen und Manfred ging schon mal vor. Wir waren in so einem recht elegant wirkenden italienischen Take-away, Imbiss klingt zu ordinär für das Etablissement. Die hatten da schwere, goldgerahmte Spiegel an der terrakotta- oder ochsenblutfarben getünchten Wand und alles irgendwie schick wie ein Miniatur-Steh-Restaurant. Ristorante meine ich natürlich. Ich habe für mich eine gegrillte Hähnchenbrust mit Pommes Frites und Gemüse und Salat genommen und Ina hatte glaube ich einen Thunfischsalat und sie meinte, wir müssten noch Pizza für Jan mitnehmen. Der isst ja eigentlich alles, so weit ich mich erinnere. Sehr unkompliziert. Ich habe den Ober-Pizza-Bäcker gefragt, welche Pizza er denn als seine beste beurteilt, das war so eine mit allem möglichen und Ruccola war auch drauf und ein ganz hauchzarter Schinken, toll. Die habe ich dann genommen. Manfred hatte mittlerweile (u. a.) eine Flasche Gavi aus dem Gefrierfach exhumiert und mit ein bißchen Schütteln löste sich dann sehr lustig der kleine gefrorene Pfropf und lugte so aus dem Flaschenhals, dass Ina und ich nicht anders konnten als albern zu kichern. Wie die Backfische! hätte meine Oma Alma gesagt. Backfisch sagt man schon lange nicht mehr. Ein Verlust. Ich führe das hiermit wieder ein. Manfred schaute uns an, als ob wir nicht alle Tassen im Schrank hätten. Wie kann man sich nur derart albern haben, wegen so einem kleinen Eispimmel. Ich könnte mich schon wieder kaputt lachen, wenn ich daran denke. Immer wieder haben wir ihn rausflutschen lassen und immer wieder war es schön! Gott, wie albern. Egal. Spaß muss sein! Inzwischen kam doch noch Jan, der sich schon wieder irgendwo verzettelt hatte, aber das kennt man ja, darüber wundert sich schon längst niemand mehr, der ihn länger kennt. Die Pizza war schon lau, aber immer noch exzellent. Er war sehr zufrieden mit meiner Bestellung. Nach dem sehr albernen Kunststück, das wir auch noch Jan demonstrieren wollten, was aber leider nicht mehr so gut funktioniert hat, weil der Wein inzwischen schon wieder komplett flüssig war, hat sich das Gespräch entgegen allen Erwartungen überraschend ernsthaft entwickelt. Wir haben uns selber gewundert. Auch, weil wir uns vielleicht nicht so oft in so einer eher hermetischen Situation begegnen, meistens sind da mehr Leute, oder es ist irgendeine trubelige Sache. Aber so in der geschlossenen Galerie, in der Ecke mit der schwarzen Ledercouch, wo garantiert niemand mehr dazukommen würde, konnte man sich auch auf etwas ernstere Gespräche einlassen, weil es möglich war, und nicht aus Höflichkeit anderen Gästen gegenüber, kurz gehalten werden musste. Das war sehr interessant. Ungefähr das Gegenteil von dem Herumgealber mit dem kleinen Piephahn. Irgendwann verabschiedete sich Jan und Ina und ich brachen dann auch zeitgleich auf. Wir liefen erst irgendwie Richtung KuDamm - oder dachten es zumindest - und plötzlich und es war so eine schöne laue Nacht - flanierten wir so ziellos herum, bis es uns selber auffiel, dass eine immer der anderen hinterherlief, aber keine hatte ein bestimmtes Ziel. Wir kamen ganz schön rum. Wir mussten dann sogar noch U-Bahn fahren, ich glaube, wie waren auf einmal am Fehrbelliner Platz und dieses nächtliche, im wahrsten Sinne des Wortes "um die Häuser ziehen" erinnerte mich stark an die Zeit, als ich zwanzig war und mich auch gerne so durch die Nacht treiben ließ, immer auf Entdeckungsreise. Nachdem wir so viel gelaufen waren und dabei natürlich ununterbrochen gequatscht und gelacht hatten, wollten wir uns noch ein wohlverdientes Glas genehmigen. Und so landeten wir nach dieser exorbitanten Runde wieder am Savignyplatz, draußen vor dem Brel. Ich hatte irgendeinen Weißwein, ich weiß es nicht mehr genau. Mir kam es gar noch nicht so spät vor, wie es gewesen sein muss. Aber das war es! Und das machte gar nichts. In dieser Nacht habe ich gemerkt, dass ich immer noch ein unruhiger Geist bin, der unveränderten Genuß darin findet, sich durch die Nacht treiben zu lassen. Aber natürlich nur in allerbester Gesellschaft.

27. Juli 2015

Berlin, Juli 1945

Min. 1:15, 2:06, 2:35, 3:10, 3:34, 4:24, 5:18

25. Juli 2015











Wir hatten uns mehr oder weniger verabredet. Jan wollte kommen und Ina auch. Wegen Roswitha. Hecke. Kann man vielleicht auch einfach der Bequemlichkeit halber auf den Eintrag bei Wikipedia verlinken. Was auch immer da stehen mag, es vermittelt nicht die Anziehungskraft der Person. Das wusste ich aber schon vorher, bevor ich da hin bin, weil ich sie nicht zum ersten mal gesehen habe. Wir standen uns schon einmal vor circa sieben Jahren in einer kleinen Ausstellung in einer Galerie, die es nicht mehr gibt, Auge in Auge gegenüber. Damals war ich nicht so zurückhaltend wie in der Autorenbuchhandlung. Der Rahmen war damals familiärer und da war viel Sympathie, auf beiden Seiten. Jedenfalls war sie da, um eine Ausstellung, die da noch bis Oktober hängt, zu eröffnen. "Pigalle". Bilder aus dem letzten Jahrhundert. Eine fast private Annäherung an transsexuelle Paradiesvögel in Paris. Mitte der siebziger Jahre hat sie die Bilder gemacht. Rosa von Praunheim hat sie in ein Gespräch verwickelt, geplant, deswegen hat er auch ein Mikro in der Hand, obwohl man das in dem kleinen Literaturcafé gar nicht unbedingt gebraucht hätte. Irgendwie bin ich ein bißchen zu faul, ins Detail zu gehen, merke ich gerade. Herr Sartorius hat auch gesprochen, er hat auch schon die eine oder andere Einleitung bei ihren Bildbänden geschrieben. Kann man ja alles googeln, wie - wo - was, wer die Leute sind. Auch Erika Rabau. Noch so eine Legende. Ich habe mich über den Moment gefreut, als Erika Roswitha so von hinten den Arm um die Schultern gelegt hat, diese Zuneigungsbekundung. Diese beiden lebenden Legenden unter den Fotografinnen. Jan hatte Roswitha Hecke schon am Tag vorher, am Nachmittag dort angetroffen und sie fotografiert. Er nennt sie gerne die Elfenkönigin. Das ist mir nachvollziehbar. Ein sehr schönes Gesicht, stolz und eigensinnig wirkt es. Aber sie ist auch humorvoll und hintersinnig. Nicht so schwer zu Lachen zu bringen. So kann man mit Siebzig sein. Das geht alles. Auf einem der Bilder, den Fotografien von ihr an der Wand, ist ein Paar, zwei Frauen, die in einem Pariser Café sitzen und sich küssen. Ina und ich taten es der Fotografie gleich, was uns sehr amüsierte. Man hat ja auch Publikum. Ich weiß gar nicht, ob ich so ungeniert in der Öffentlichkeit für ein Bild küssen würde, wenn es ohne diesen verspielten Hintergrund wäre. Es war auch die Lust, sich ein bißchen exaltiert zu verhalten, ein wenig der Atmosphäre der Bilder in den Raum zu bringen. Und es waren die Tage, als viele bei facebook die Regenbogenfarben über ihr Profilbild gelegt haben. Das war sozusagen meine, unsere Solidaritätsbekundung zum Thema Leben und leben lassen. Ich habe schon häufiger bedauert, dass ich leider überhaupt keine homoerotische Veranlagung habe. Ich liebe Frauen sehr, einige besonders, und obwohl ich ganz sachlich ihre erotische Qualität sehen kann, löst es nicht den Impuls bei mir aus, mich da körperlich anzunähern. Ich bin leider total heterosexuell veranlagt.




Aber man kann ja mal ein bißchen so tun als ob. Ich finde, man sieht gar nicht, dass ich sonst keine Frauen küsse. Ina ist meines Wissens auch - erotisch - zu ungefähr null Prozent an Frauen interessiert, aber sie kann mich, glaube ich, ziemlich gut leiden und riechen. Ich mag sie auch sehr gerne. Wir hatten danach auch noch viel Spaß. Wir sind noch weitergezogen, eine andere Galerie, was zu essen geholt, dann zu Manfred, der auch bei Roswitha war, in seine Galerie und lange zu viert geredet, recht privat. Und Ina und ich liefen dann noch durch die laue Nacht - verliefen uns sehr wirr und schön und endeten dann noch im Brel. Aber ich greife vor.

19. Juli 2015














Mittwoch, achter Juli 2015. Eine Feier im Circus Lemke, einer sehr lauschigen Bar in der Selchower Straße, in der Nähe vom U-Bahnhof Boddinstraße. Da fährt meine U8 hin, da musste ich nicht mal umsteigen. Sebastian und seine Gefährtin hatten am Vormittag geheiratet, nicht zum ersten mal (also erstmalig dereinst nicht sich, andere Kandidaten). Aber nun mit viel Übung und Lebenserfahrung wollten sie es ein zweites mal wagen. Ich freute mich über das Ereignis und die Einladung, obwohl ich nicht zu denjenigen gehöre, die bei Hochzeitsneuigkeiten selige Glücksaufwallungen kriegen. Dazu hat man schon zu viel Scheitern gesehen und auch selber mitgemacht, wenn auch in meinem Fall ohne Trauschein. Ich freue mich eher, weil die beiden sich freuen und so ein warmes, leichtes Gefühl dabei vermitteln, trotz ihrer Erfahrungen. Dass die Braut an dem Tag auch noch einen besonderen Geburtstag feierte, hat wahrscheinlich nicht nur mich überrascht. Eigentlich sind die Lokale, wo es nahezu unmöglich ist, unverrauschte Bilder zustande zu bekommen, die schönsten. Schon lange nicht mehr in einer derart schummrigen Bar gewesen. Bei dem Licht sehen alle recht vorteilhaft aus, abgesehen davon, dass es sich nicht leicht dokumentieren lässt. Ich war ja nun auch nicht mit Stativ unterwegs und hatte auch keinesfalls die Absicht, den Abend mit Ablichten zu verbringen. Mein Akku war auch nahezu am Ende, ich hatte ihn gar nicht aufgeladen, weil ich dachte, für eine Handvoll Bilder wird es noch reichen. Als ich mit eingeschaltetem Monitor kein einziges Bild mehr auslösen konnte, habe ich ihn ausgemacht und nach ungefähr zehn Jahren zum ersten mal wieder über den Sucher fokussiert. Ganz seltsames Gefühl. Weil man nicht diskret dabei vorgehen kann. Das bin ich überhaupt nicht gewohnt, so normal ist es für mich, dass ich nahezu unbemerkt aus der Hüfte schießen kann, und mich dabei unterhalten, ohne dass sich die Art der Aufmerksamkeit ändert oder beeinträchtigt wird. Nicht alle, die bei dem Fest waren, sind eingefangen, oder nicht so, wie ich es gerne gewollt hätte. Aber ich speichere Eindrücke auch sehr intensiv auf meiner eingebauten Festplatte ab, ohne die Kamera zu benutzen. Schöne Gespräche, warme Blicke, schöner Abend. Den Circus Lemke kann ich empfehlen. Rauchen durfte man auch, obwohl ich das nur noch selten mache. Weil ich so überraschend von der Feier erfahren habe, war mein Mitbringsel ein bißchen improvisiert, ein Foto, das ich vor zwei Jahren gemacht habe, wo sie beide zu sehen sind, und bestens gelaunt. Diesmal habe ich leider kein Foto für euch, wo ihr beide drauf seid, aber ihr seid trotzdem eine Runde weiter. Ich bin mit einem Taxi heimgefahren, es war schon gegen drei Uhr, da fuhr meine U8 nicht mehr. Egal. Denn es war alles sehr schön.



18. Juli 2015















Wir liefen nach Veruschka von der Universität der Künste in der Hardenbergstraße, in die Fasanenstraße und überlegten beim Gehen, wo man noch etwas trinken könnte. Wir irrten ein bißchen herum und waren schon in der Ludwigkirchstraße beim Lokal von Dieter Meier, dem von Yello, der irgendetwas Argentinisches eröffnet hat, wir sind mal kurz durchgelaufen, ein recht elegant wirkendes Esslokal mit Tischdecken, aber gerade nicht das, wonach uns war, aber man hat es mal gesehen (ein edleres Steakhaus mit Biofleisch, wie ich lese). Irgendeine Galerie war auch auf dem Weg, mit Sachen aus Ozeanien, kostspieligen, sehr schönen Objekten, aber nicht so sehr interessanten Gästen und Getränken, also weiter. Da fiel mir ein, im Café Wintergarten im Literaturhaus, hinten beim Kollwitzmuseum, ist es doch immer nett. Also wieder in die Fasanenstraße. Man sitzt da ein bißchen wie in einem alten Stadtpalais in Wien, und wenn man die Welt- und Stadtgeschichte kennt, weiß man auch, dass der Vergleich nur deswegen bemüht werden muss, weil man keine lebendige Erinnerung mehr an eine Fülle solcher Bauten in Berlin haben kann, obwohl es sie in großer Dichte gab. Man kann also auch inne halten und sich daran freuen, dass man an einem Ort ist, der vor gut siebzig Jahren nicht so sehr besonders oder selten gewesen ist, wie er einem heute vorkommen muss. Wenn Jan und ich unterwegs sind, ist es ungefähr wie den bestellten Kaffee trinken, wenn dabei fotografiert wird, keine Ankündung oder besondere Erwähnung geht voran. Wir unterhalten uns dabei ununterbrochen weiter, als ob die Kamera überhaupt nicht benutzt wird, so normal ist es. Er hat an dem Abend allerdings ungewöhnlich viele Aufnahmen von mir gemacht, die ich überwiegend gar nicht kenne.





Ob sie jemals von ihm bearbeitet oder mir zugänglich gemacht werden, weiß ich auch nicht, das kann er wohl selber nicht sagen, weil kein Tag vergeht, an dem nicht eine neue Reihe an irgendeinem Ort entsteht. Und dann gibt es da so seine ihm besonders am Herzen liegenden Modelle. Ich bin ja keines seiner Modelle, sondern eine gute Freundin. Ich glaube sogar, eine sehr gute. Im Gegensatz zu seinen Modellen bin ich etwas sperrig, wenn es um geplante Foto-Aktionen geht. Ich ziere mich, wenn ich bestimmte Haltungen einnehmen soll, sofort komme ich mir unnatürlich und gespreizt vor und entsprechend unlocker ist mein Gesichtsausdruck. Fotomodell hätte ich nie werden können, nur mein eigenes, da gehorche ich auf Befehl. Nach dem Literaturcafé sind wir noch den KuDamm entlang geschlendert, da war so auf der Höhe zwischen Kranzler und Gedächtniskirche eine schwarzweiße Fotowand mit historischen Aufnahmen von zerstörten Fassaden, da habe ich besonders viele Bilder von Jan gemacht, es war auch nicht ganz so dunkel da. Mitterweile merke ich, dass er sich ganz gerne fotografieren lässt, manchmal sagt er sogar "los, fotografier mich mal, da vor der Wand, das kommt bestimmt gut!" Als ich ihn kennengelernt habe, war er noch ein bißchen kamerascheu, so wenig daran gewöhnt, selbst fotografiert zu werden. Vielleicht hat sich das auch gelegt, weil er entdeckt hat, dass er fotogen ist, obwohl er nicht mehr zwanzig ist. Ich finde sogar, gerade weil er nicht mehr zwanzig ist. Aber mir ist, als hätte er ein starkes Bewusstsein gehabt, dass er ein sehr hübscher junger Mann war, so um die Zwanzig. Warum er das später nicht mehr so deutlich empfunden hat, weiß ich nicht. Aber inzwischen hat sich seine Selbstwahrnehmung wieder eingerenkt. Doch, doch.








Als ich vorletzten Mittwoch bei Sebastians Hochzeitsfeier war, gestand er mir, dass er vor einigen Jahren, als ich in großer Dichte private Bilder machte und hier postete, auf denen ganz viel Jan war und dann kurze Zeit später auch noch Cosmic, er darüber grübelte, ob es eine Art Polyamorie-Modell wäre, das wir praktizieren. Ich musste lachen. Ein wenig war mir schon klar, dass so vielfältige persönliche Aufnahmen Irritation auslösen können, was aber letzten Endes auch völlig scheißegal ist. Lass die Leute doch denken, was sie wollen, ermunterte Jan mein Tun. Wenn es die Phantasie anheizt, bitte sehr. Es war kein "Polyamorie"-Modell, denn es gab keine Notwendigkeit für derlei Etiketten. Sämtliche Gefühle waren intensiv, ob freundschaftlicher oder erotischer Natur. Wer welche Sorte hatte, war dynamisch bis unausgewogen. Jan und Cosmic mochten sich freundschaftlich gerne, sie kannten sich auch schon, bevor ich sie kennenlernte. Eine aufregende, inspirierende und bereichernde Zeit. Heute stehen wir uns freundschaftlich gegenüber, egal was passiert ist. Ein Schatz von Erinnerungen, den wir hüten. Die Details verrate ich dann in meiner siebentausendseitigen Lebensbeichte, die ich vielleicht einmal schreibe, wenn irgendwann einmal nichts mehr anderes zu tun ist.


14. Juli 2015








Wieder Vera. Veruschka. Wenn ich nicht hin und wieder erwähnt hätte, dass ich sie schon hier und da erleben konnte, hätte ich das gar nicht gewusst. Nirgendwo ein Plakat oder augenfälliger Hinweis. Nein, man muss sich mit dem Vorlesungsverzeichnis der UdK Berlin, der Universität der Künste beschäftigen, dann weiß man von solchen Veranstaltungen. Was ich bislang nicht gemacht habe. Aber eine langjährige Bekannte, die sich gerne mit dem Verzeichnis beschäftigt, hat mich darauf aufmerksam gemacht. Das Schöne ist ja, dass man zu diesen Vorlesungen einfach gehen kann, ohne immatrikuliert zu sein. Man muss sich weder ausweisen noch Eintritt bezahlen. Und wenn man frühzeitig kommt, kriegt man auch einen Platz. Und lauscht mehr oder weniger hochkarätigen Erörterungen oder Gesprächen. Kommt natürlich auf die Protagonisten an. Das Gute bei Vera von Lehndorff ist, egal welch schlichten Geistes die Fragestellung ist, sie reagiert immer auf eine Art, die Substanz in die Angelegenheit bringt. Manchmal auch nur durch einen subtil unwirschen Blick. So eine Andeutung von "was fragt der mich hier denn?" Aber so charmant drübergelächelt. Sieht man vielleicht auch nur, wenn man sich wissenschaftlich mit Veruschka, Vera Gottliebe Anna Gräfin von Lehndorff beschäftigt hat. Wir sahen Filmsequenzen von ihren Performances. Sagen wir performancehafte Kurzfilme. Kleine atmosphärische Kurzfilme, wie Traumsequenzen. Das ist mir nicht so fremd. Nun kenne ich auch ihre Biographie recht gut und kann mich dann schon auch einmal mit Vera von Lehndorff gemeinsam über die Fragestellung wundern. Unlängst bei CO, diesem Blow up-Symposium, war auch so ein Meister seines Fachs an ihrer Seite. Aber ich will mich an dieser Stelle nicht weiter in fragwürdige Details der Fragestellung versteigen. Jedenfalls ging es in der UdK-Gesprächsreihe "Diversität im Dialog" an diesem Abend um das Thema "Tod und Altern". Wir sahen in Vera von Lehndorffs Filmsequenzen unter anderem Szenen, in denen sie mit einer Vorstellung von irdischem, veritabel erdenreichem Begrabensein spielte, sich vergrabend ins Erdreich. Asche spielte auch eine Rolle, wie so oft bei ihren Werken. Damit malt sie auch. Mich interessierte, ob die Asche in einer der Filmszenen von einem bestimmten Objekt rührte - Papier oder etwas anderem von Bedeutung vielleicht - Briefe, Aufzeichnungen - ? Aber so detailliert wollte ich dann auch nicht nachbohren. Sie sagte aber, dass diese Art sehr heller Asche von Papier ist. Und dann gab es auch eine Aufzeichnung einer Performance in Berlin, in der man sie auf einer Chaiselongue sah, ganz in Grau gekleidet, wie der Bezugsstoff des Möbels und eine Zwiesprache mit ihrem gerade gestorbenen (unsichtbaren) Kater hielt. Der auch so ein graues Fell hatte. Das fand ich sehr anrührend. Sie erinnerte sich an Dinge, die sie ärgerten, als er noch lebte, das Zerfetzen von jeglichem Papier zu Papierschnitzeln, das ihr auf einmal fehlte. Ich fand das wahrhaftig, wie sie da mit ihrem Kater im Nirwana sprach. Danach kommentierte sie so etwas in der Art wie "na ja, ist vielleicht doch nicht so gut - ein bißchen kitschig vielleicht, oder?" So, als ob sie bei sich zuhause wäre und sich etwas von sich anschaut, und halb zu sich selber spricht, wie man so Selbstgespräche führt. Und lächelt dabei so ein bißchen unsicher ins Publikum. Da musste ich aber ganz deutlich widersprechen. Dass es überhaupt nicht kitschig war, sondern im Gegenteil sehr anrühernd. Und sie: "Ja?(??)" Mit so einem erfreut-überraschten Ausdruck. "Ja, wirklich. Das war sehr schön." Und wie man sieht, wie sie sich über das Lob freut. Ein paar andere im Publikum haben es auch noch einmal bekräftigt. Alle waren ihr zugetan. Aber das ist ja immer so. So selten es solche Gelegenheiten gibt. Es war das vierte mal, dass ich sie gesehen habe. Aus nächster Nähe. Aber so jung und leicht wie die beiden letzten Male kam sie mir noch nie vor. Und als sie wirklich jung an Jahren war, schon gar nicht. Vera von Lehndorff, die sich in der Blüte ihrer Jugend das Leben nehmen wollte, weil sie vor Dunkelheit nicht ein noch aus wusste. Ganz hell war sie, wie sie da direkt vor mir saß, in ihrem gerade begonnenen siebenundsiebzigsten Jahr, eine Freude. Wie immer. Jan war auch da. Mein guter Freund, dem ich nicht erklären muss, warum man jeden sich bietenden Termin mit Vera Lehndorff rot im Kalender anstreichen sollte. Er hat auch ein paar Aufnahmen gemacht, hier.







Der Mann, der links von ihr zu sehen ist, hat bei ihren gefilmten Performances der letzteren Jahre die Kamera geführt und mit ihr die Dramaturgie entwickelt. Leider habe ich seinen Namen nicht präsent, er wird auch nicht auf der Seite der UdK namentlich erwähnt. Es gibt von diesen jüngeren Werken kaum etwas im Netz (nur das, eventuell war es daher Christopher Roth). Auf youtube finden sich ein paar Sachen, die sie mit Holger Trülzsch gemacht hat, aber das war lange vor dem, was wir an diesem Abend sahen.

























Im Auditorium waren Menschen zwischen Zwanzig und Siebzig. Nicht so sehr eine Frage des Alters, Zugang zu finden. Byung-Chul Han, der das Gespräch leitete, hatte wohl den Lehrauftrag präsent, als er zwecks Vorstellung Teile aus ihrem Wikipedia-Eintrag aufgriff, so wie man einem Marsmännchen Veruschka gerne erklären will. Aber wir sind doch Erdbewohner.

11. Juli 2015

10. Juli 2015


release 1981 [...]

05. Juli 2015

Wind, Donner, Doria.

04. Juli 2015




Ich warte immer noch auf das nicht kommen wollende Unwetter. Gut den Tag rumgekriegt. Eigentlich war mein Plan für den Fall der unerträglichen Hitze daheim, eine Flucht in ein gut klimatisiertes Museum, die sind ja allgemein alle gut klimatisiert. Ins Bauhaus-Archiv zum Beispiel. Meine Wohnung hatte ich schon in aller Herrgottsfrüh nach nächtlichem Durchlüften, mit mehreren Lagen heruntergezogener Rollos, hermetisch geschlossenen Fenstern und behelfs in die Gaubenfenster gedrückter Sitzpolster, als Dämmung, gegen die Höchsttemperaturen verbarrikadiert. Auf jedem Balkon einen Sonnenschirm. Dazu im Badezimmer eine volle Badewanne und ein gefülltes Waschbecken mit kaltem Wasser, von dem ein bißchen Kühle in die Luft steigt. Gar nicht, um da etwa selber reinzugehen und mich abzukühlen. Das hat so überraschend gut funktioniert, dass ich nicht einmal das Bedürfnis hatte, mich in regelmäßigen Abständen zu duschen. Ich bin dann einfach dringeblieben und hab ein bißchen Fernseh geschaut und nachgedacht und gelesen und gedöst, zwischendurch ein Nachmittagsnickerchen im lauen Schlafzimmer. Also, es ging recht gut. Mir hat auch davor gegraust, nach außen zu treten, in eine Luft wie ein heißer Föhn. Meine Überlegung war, wenn es schwer erträglich würde, ein Taxi zu rufen, mit der Bitte "eines mit Klimaanlage", das mich dann direkt vors klimatisierte Museum fährt. Aber das war mir dann auch zu umständlich, irgendwie. Dann war der Tag auch schon bald gut herumgebracht, mit meinem Herumgetrödel. Nur die Fenster habe ich jetzt ein bißchen zu frühzeitig wieder geöffnet, da hätte ich noch eine Stunde warten sollen. Lieber erst so gegen Mitternacht wieder aufmachen, frühestens! Muss ich mir für morgen merken. Jetzt kommt langsam ein laues Lüftchen durch meine Gemächer, alle Balkontüren und Fenster sind auf. Es ist dunkel. Mal schauen, ob das Unwetter nur eine Ente war. Dann gieße ich noch selber. Komisch, dass mir früher, als Kind und Jugendliche, die höchsten Temperaturen lieb waren, bis auf ganz seltene, extreme Sommernächte in meinem Dachzimmer in meinem Elternhaus. Mir ist, als hätte ich jeden Hochsommerstrahl um die dreißig Grad in praller Sonne badend ausgekostet. Eigenartige Wandlung. Jetzt laufe ich im Schatten, wenn es über fünfundzwanzig Grad hat. Zwischen zweiundzwanzig und fünfundzwanzig Grad ist mir am liebsten. Na ja, es kühlt ja angeblich schon bald wieder ab, übermorgen, am Montag. Und mit um die siebenundzwanzig Grad kann ich auch noch sehr gut leben.

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Margarete 20. November...
21.11.24, 00:01
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Margarete 20. November...
20.11.24, 23:03
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Sebastian Rogler mit...
19.11.24, 00:30
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schneck 18. November...
18.11.24, 02:33
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Margarete 17. November...
17.11.24, 20:07
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Margarete 17. November...
17.11.24, 15:50
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Saskia Rutner Muss...
17.11.24, 12:20
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Margarete 16. November...
16.11.24, 04:18
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Elvira V. Das sind...
15.11.24, 10:35
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Margarete 13. November...
14.11.24, 00:27
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Ina Weisse Ich fand...
12.11.24, 23:04
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Nora Sturm Oh, Gaga,...
09.11.24, 23:13
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Werke 1971 - 2014...
08.11.24, 13:39
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Saskia Rutner Liebe...
07.11.24, 19:57
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Nora Sturm Ach, derart...
07.11.24, 19:41
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Auch sehr interessant:...
05.11.24, 21:49
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Margarete 5. November...
05.11.24, 14:52
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