"DIE WOHNUNG". Eine ganz besondere Dokumentation. Gestern gesehen, gefesselt. Inhalt: "Die Wohnung der geflohenen Jüdin Gerda Tuchler war 70 Jahre lang ein Stück Berlin in Tel Aviv. Als sie mit 98 Jahren stirbt und die Wohnung geräumt werden muss, will ihr Enkel, der Regisseur Arnon Goldfinger, die darin konservierte Welt filmisch festhalten. (....) Doch inmitten unzähliger Briefe, Fotos und Dokumente entdeckt er plötzlich Spuren einer unbekannten Vergangenheit: Die jüdischen Großeltern waren eng befreundet mit der Familie des SS-Offiziers Leopold von Mildenstein. Sogar über das Ende des Zweiten Weltkriegs hinaus. Und so nimmt der Filmemacher und Enkel zusammen mit seiner Mutter den Kampf auf – wie ein Detektiv nähert er sich Schritt für Schritt der Familiengeschichte und kämpft mit Kisten, Staub, mit Antiquitätenhändlern, der Familie, der Vergangenheit und Gegenwart, mit Verdrängung und Wahrheit."
»ZEIT Campus: Herr Pfaller, wann haben Sie das letzte Mal eine kindische Dummheit begangen? Robert Pfaller: Oh, erst vor Kurzem. Aber ich werde Ihnen nicht verraten, welche.«
GENUSS IST POLITISCH. Der Philosoph Robert Pfaller verteidigt die Unvernunft. Das Leben sei nur dann lebenswert, sagt er, wenn wir miteinander feiern, trinken und schlafen.
Der pfiffige Pfaller aus Hütteldorf, wohnhaft im Ersten. Nicht, dass ich hier Intimitäten ausplaudere - Dr. Ankowitsch hat das Gespräch mit der Frage nach dem konkreten Wohnsitz in Wien eröffnet. Also bitte. Ich bin zwar keine Wienerin, aber weiß sehr wohl, wo Hütteldorf liegt, denn ich habe ja die Fuchs-Villa wissenschaftlich dokumentiert. Das habe ich natürlich nicht verraten, sondern mich mucksmäuschenstill verhalten. Wenn man ganz vorne mit einer Kamera rummacht, ist man ja ohnehin schon gehalten, sich diskret zu verhalten. Habe ich mich ohne Wenn und Aber dran gehalten! Interessante Gedankengänge hat er, der Philosophieprofessor Robert Pfaller, zum Beispiel zur Erwachsenensprache. Wenn die Schlange an der Kasse nicht gewesen wäre, hätte ich mir vielleicht auch ein Buch geholt. Da es leider auch keine Getränkebar gab, wo man sich die Wartezeit hätte schöntrinken können, bin ich unmittelbar nach Veranstaltungsende wieder heim. Hat sich trotzdem gelohnt!
Mini- und Teenie-Gaga, von unten nach oben, Februar 1966 bis 1981. Februar 1966 fünf Monate, September 1966 Eins, September 1969 Vier, September 1970 Fünf, mit Trost-Minischultüte, weil mein eineinhalb Jahre älterer Bruder in die Schule durfte und eine große Tüte gekriegt hat. Ich wollte gerne mit und musste allein daheim bleiben. Er war ja mein bester Freund, das war doof. Das Kleid war hellgelb mit Blumen, das weiß ich noch genau. Daneben Weihnachten 1971 mit Sechs. Sommer 1974, Achtdreiviertel mit selber erfundenem Wickel-Kleid aus einem großen Stoffrest von meiner Tante oder Oma, auf einer Stufe im Garten meiner Eltern. Und mein erstes Automatenpassfoto für einen Schülerausweis 1981, mit Fünfzehn oder Sechzehn. Ich war übrigens sehr schüchtern. Am liebsten habe ich gelesen und gemalt und gebastelt und mich mit Freundinnen getroffen zum Barbie spielen oder Rollschuhlaufen oder mit meinem Bruder gespielt. Ein Spiel war Hitparade, mit Haarbürste als Mikro die Top Ten nachsingen. Ich war auch immer im Schulchor, aber hätte mich nie alleine hingestellt und ein Lied gesungen. Nie im Leben, viel zu schüchtern. Eines meiner schlimmsten Erlebnisse war, als wir zum ersten mal ein Referat halten mussten, in Biologie. Ich sollte eines zum Thema Schnecke machen. Dafür bestimmt tolle Bilder ins Schulheft gemalt, aber vor der Klasse reden müssen, war eine ganz schlimme Vorstellung, ich hatte richtig Angst davor. Alle haben dann immer gesagt, das wäre ganz normal und Lampenfieber, sobald man dann anfängt, geht das weg. Bei mir ist da aber nichts weggegangen, ich habe vor Aufregung so gut wie nichts mehr auswendig gewusst und mir war ganz heiß und die Hände ganz feucht. Das war nicht schön, ich war so froh, als es vorbei war und habe inständig gebetet, dass ich nie mehr im Leben ein Referat halten muss. Das Gebet wurde leider nicht erhört. So schlimm wie beim ersten mal war es nie mehr. Ich bin immer noch verwundert, wieso ich heute in der Lage bin, mit Menschen zu sprechen, die ich nicht richtig kenne, ohne dass ich rot werde. Das ging ganz lange, dass ich immer vor Verlegenheit und Aufregung rote Backen gekriegt habe. Ein Wunder, dass ich nicht gestottert habe. Ich glaube, mich hat immer sehr beschäftigt, was der andere von mir denkt und wie er mich findet. Das hat sich erst so ein bißchen gelegt, als ich so Fünfzehn, Sechzehn, Siebzehn wurde und die Coolen aus der Schule mir zu verstehen gegeben haben, dass sie mich leiden können. Das hat mich total stolz gemacht. Es war auch ein bißchen wie Rache, weil ich in den ersten Schuljahren manchmal aufgezogen und herumgeschubst worden bin von den Großmäulern. Es gibt ja immer so Anführer und Anführerinnen. Das war ich nie. Heute natürlich schon! Das klingt jetzt ein bißchen wie Trotz oder Spaß, aber interessanterweise habe ich mich im Erwachsenenalter zu jemandem mit Führungsqualitäten entwickelt, der allerdings nach wie vor keine Lust hat, Menschen zu führen. Das ist einfach nicht mein Interesse. Ich will niemanden erziehen. Bin ja mit mir selber noch nicht fertig. Ich glaube, das hab ich noch nie erzählt. Manchmal denkt man beim Schreiben eines Blogeintrags, dass man eigentlich schon viele ähnliche Sachen geschrieben hat, was es dann für einen selber auch ein wenig uninteressant macht. Mal sehen, was ich noch ausgrabe. Irgendwas fällt mir ja immer ein.
Jenny kam gegen Viertelneun zu mir und wir tranken ein Glas auf das neue Jahr. Kleine Führung, das geht ja schnell bei einer Wohnung mit zwei Zimmern. Ein Schlafzimmer darf eine dunkle Höhle sein, wir sind uns da einig. In Jennys Mini zum Savignyplatz. Weil sie so viel quatschte und ich auch nicht auf den Weg achtete, fuhren wir zu weit, waren schon an der Oper, dann wieder zurück. Ich erzählte ihr die seltsame Geschichte, wie ich einmal im Brautmodengeschäft am Kudamm war, in der Abteilung für Abendkleider wohlgemerkt, und mit der Fachverkäuferin verhandeln musste, bis mir gestattet wurde, die Kleider ohne ihr Beisein anzuprobieren. Ich will mich nicht vor einer fremden Frau, und sei sie noch so nett, splitterfasernackt ausziehen. Von dem Erlebnis gibt es auch einen Blogeintrag, hier. Jenny war auch mal in dem Geschäft, anlässlich der Hochzeit ihrer Schwester und trotzdem hatte sie kein Déjà vu, als ich ihr erzählte, dass die geneigte Braut sich mit Begriffen wie "Prinzessinnen-, Meerjungfrau- oder Cinderellakleid" vertraut machen sollte, bevor sie den Laden betritt, um sich vor der Fachverkäuferin nicht zu blamieren und einen schlecht vorbereiteten Eindruck zu hinterlassen. Aber das soll alles nicht Thema dieses Eintrags sein, sondern dass wir uns dann doch irgendwann, und nicht einmal so unpünktlich in der Galerie Premier Etage über dem Brel einfanden, wo Lüül und Bock im ersten Stock ihren zweiten literarisch musikalischen Salonzelebrierten. Diesmal war Ahne zu Gast. Ich habe ihn um die Jahrtausendwende ab und zu bei den Surfpoeten gesehen, als sie noch hier um die Ecke in einem Lokal in der Großen Hamburger Straße auftraten, Name vergessen. Und noch mal im Kaffee Burger, da gibt es auch Fotos, lange her. Er führt immer noch interessante Gespräche mit unserem Schöpfer. Später kam noch Ina dazu, sie war vorher bei einer Tango-Veranstaltung und wir ließen uns noch lange an einem Tisch nieder und erzählten. Gespräche, weit entfernt von Small Talk. Zu dritt geht das noch. Wären wir mehr gewesen, hätte es sich vielleicht nicht so entwickelt. Aber vielleicht liegt es auch an den beteiligten Personen. Ich denke gerade an einen Abend, an dem auch eine Reihe Freunde zugegen waren, die durchaus gerne gehaltvolle Gespräche führen. Aber sobald ein, zwei dabei sind, die mit Kalauern anfangen, passen sich viele an, man pflegt Small Talk, um eine Art Party-Leichtigkeit sicherzustellen, die mich auf Dauer aber massiv langweilt, wenn es überhand nimmt. Ich glaube nicht, dass man mir vorwerfen kann, dass ich zum Lachen in den Keller gehe, aber ich habe gerne eine gewisse geistige Dynamik, wenn ich mich schon darauf einlasse, Lebenszeit mit Trinken, Reden und Rauchen zu verbringen. An diesem Abend spielte Lüül ein paar neue Songs, er arbeitet an Aufnahmen für ein neues Album. Ich war sehr gerührt von seinem Auftritt. Er spielte auch am Klavier. Eines hieß glaube ich Hohe Wellen. Das war sehr zu Herzen gehend. Wir brachen so gegen Drei Uhr auf und Ina brachte mich nach Hause. Wir redeten noch eine Weile im Auto. In der Reihe der Bilder ist auch ein Foto, das Ina gemacht hat, von Jenny und mir. Dieser Salon ist auch deshalb so schön, weil der Ort so eine schöne Atmosphäre hat. Unter einer Ankündigung auf facebook von Thilo Bock, in der er schrieb: "Morgen sind Lüül, Ahne (Zwiegespräche mit Gott) und ich mal im Westen zugange. Geht mit uns!" schrieb ich: "in einem der schönsten, schummrigsten, elegantesten (Raucher-)Etablissements des alten Westens am zauberhaften Savignyplatz. Einem sehr schönen Ort für Genießer und Hedonisten.Ich werde da sein. (diese Einlassung nur, um der protestantischen Anmutung der Ankündigung entgegenzuwirken!)" Ahne schrieb mir ins Buch: "Ick kenn ma nich mit Schauspielerinnen aus, aba du bist knorke!" Vielleicht ahnt er ja mehr als ich, letzten Endes führt er ja dauernd Zwiegespräche mit Gott. Ich natürlich auch, aber man ist ja ein wenig betriebsblind.
Gestern Abend, auf dem 'Thron' bei Makarow. In einer facebook-Message tippte ich vorgestern: "morgen Abend unterwegs, bei einer russisch-orthodoxen Silvesterfeier bei Makarov, einem schrägen russischen Maler... mit Ina und Evelyn, Freundinnen. Die Feier ist jedes Jahr am 13. Januar, wir wollen das verlorene Silvester nachfeiern, weil ich da krank war... vor allem mit Ina, ich hatte mir extra ein Kleid gekauft, wir waren in der Paris Bar verabredet und ich konnte einfach nicht, haben uns länger nicht gesehen..." Gestern Nacht, wieder daheim nach dem Fest, berichtete ich: "...gerade nach Hause gekommen... die feiern noch bis zum Morgengrauen, diese Russen - ! Ungefähr vierhundert Gäste oder mehr, Wahnsinn, live Musik, viel getanzt bis zur Erschöpfung... nun hab ich es mal gesehen und erlebt, das legendäre Fest bei Makarov..... falle nun in die Federn... schade, dass du mein Kleid nicht gesehen hast! Die Bling Bling-Russinnen waren sehr angetan davon und wollten mich sogar anfassen. In der Tat, Wodka in Strömen... hab mich aber an Wein gehalten, abgesehen von dem Begrüßungs-Wodka im mit Goldfolie ausgeschlagenen Lasten-Fahrstuhl nach oben zum Atelier. Auch noch nicht gesehen, Aufzug mit Bar und Häppchen... Er macht zweimal im Jahr so ein Fest, viel Kunst- und Kulturszene da, Flügel (...) er hat auch prominente Sammler. Na ja, man muss sich vernetzen und zeigen! Schlaf gut..."
Schräg gegenüber vom Eingangsportal der Villa Jacobs in Potsdam ist der Bertiniweg 1. Wir besuchten die Galerie Kunst Kontor zwischen ein paar Gläsern Wein und gingen wieder zurück zur Villa Jacobs. Man sieht der Galerie an, dass dort auch gelebt wird. Ich mag das sehr. Man kommt sich ein bißchen vor wie in einem Rosamunde Pilcher-Film, jeder Winkel ist mit Liebe zum Detail ausstaffiert, man kann gar nicht identifizieren, was immer da hängt und steht und was zu einer temporären Ausstellung gehört. Im blühenden hinteren Hof und Garten Skulpturen zwischen Bäumen und Büschen und hier ein Tischchen und da ein Bänkchen. Ein Tisch mit Kaffee in Porzellankannen, Wein natürlich auch. Ina erzählte mir, dass bei den Dreharbeiten für die Partyszene auf der Terrasse der Villa Jacobs die Maske im Hof der Galerie eingerichtet wurde. Man ist nachbarschaftlich verbunden. Eine ehemalige Bankiersvilla reiht sich an die andere im Bertiniweg. Potsdam, wo es am schönsten ist, da am Jungfernsee.