16. August 2011

"Mahatma Gandhi hat die sieben Todsünden der modernen Welt wie folgt definiert: Reichtum ohne Arbeit. Genuss ohne Gewissen. Wissen ohne Charakter. Geschäft ohne Moral. Wissenschaft ohne Menschlichkeit. Religion ohne Opferbereitschaft. Politik ohne Prinzipien" Wikipedia



Dann bin ich ja doch nicht so niederträchtigen Charakters, wie ich hin und wieder insgeheim von mir denke. Denken alle sicher, man meint das komplett kokett. Ob die anderen immer alle gute, züchtige Gedanken schieben, Licht und Liebe-Trallala? Frage ich mich schon. Auf jeden Fall wird meistens Empörung signalisiert, wahrscheinlich wegen der anerzogenen Korrektheit, wenn ich abgründige Phantasien zugebe. Obwohl man in der Situation auch sehr schön den Grad an Humor und Leidenschaft am Gegenüber ablesen kann. Rache- und Mord* (*s. u.) Foltergelüste sind mir nicht fremd (nicht aus Sadismus oder Irrsinn, wohlgemerkt), aber aus rein komplett egoistischen Gründen des Selbstschutzes habe ich keinerlei Lust, da ernsthaft etwas in Auftrag zu geben oder mir womöglich selbst die Finger schmutzig zu machen. Wie man in den Wald usw. usf. Auch aus ästhetischen Gründen. Und womöglich ist an dem Karmakram doch was dran. Im Grunde glaube ich letztlich an eine höhere Gerechtigkeit, die langfristig alles regelt und ausgleicht.

Und dann bin ich ja auch eine Anhängerin von Instant Karma. Bedeutet: Strafe folgt bei Fuß. Mehr oder weniger "instant". Im selben Leben. Fertig, erledigt! Ich habe es gerne sauber und aufgeräumt, was das Leben ja mal gerne nicht ist. Also muss etwas nachgearbeitet werden. Prinzipiell empfinde ich psychische Einwirkung als tiefere Genugtuung als physische Zerstörung. Letztere ist eher langweilig und auch nicht wirklich zielführend. Selbstverständlich geht es hier ausschließlich um Notwehr. Ich bin zum Beispiel auch gegen die Todesstrafe für perverse Mörder und überhaupt alle. Der Täter soll schon leiden. Gerne lange, dem Dämmern der Selbsterkenntnis ausgeliefert, was bei kurzfristigem tödlichem Ende ja nun nicht gewährleistet ist. Womöglich vorzeitig erlöst ins Paradies. Kommt gar nicht in Frage. Der Zerstörer soll ausgiebig Gelegenheit haben, sich mit seiner verdrehten Psyche und den Auswirkungen seiner Tat vertraut zu machen. Bis er auf die Knie fällt und winselnd Abbitte leistet. Nicht - oder nicht nur vor Gott. Dann kann man gerne weitersehen. Ich hänge zutiefst der Idee von Genugtuung durch wahrhaftige, demütige und vor allem tätige Reue an. Nicht so ein kleines, vernuscheltes Entschuldigungssprüchlein im stillen Kämmerlein. Man ist ja auch kein Unmensch und meistens zur Vergebung bereit. Sofern die Voraussetzungen gegeben sind. Der Preis ist tatsächlich Reue. Vergebung ohne Wiedergutmachungszeichen empfinde ich als unangemessen. Ein unverhältnismäßiger Deal. "Reichtum ohne Arbeit", wie Ghandi sagt. Ich mag Menschen, die arbeiten. Am Ende des Tunnels ist Licht. Aber vorher nicht.
rosmarin - Mi, 17. Aug, 00:01

wunderbar.
ich bin gar nicht rachsüchtig.... wie ich zuweilen denke.... sondern eine anhängerin des instant karma.
merci.... und heftiges nicken.... während ich die todsünden durchgehe und mich reinen herzens freispreche :-)

g a g a - Mi, 17. Aug, 00:03

Nun isses raus!
kid37 - Mi, 17. Aug, 00:10

Der Preis ist tatsächlich Reue. Vergebung ohne Wiedergutmachungszeichen empfinde ich als unangemessen.

Gilt manchen ja als altmodisch. Man soll vom Tisch wischen, oder die Zeit wirken lassen, weil der/die Verantwortliche nicht wirken will. Finde ich schwierig.

g a g a - Mi, 17. Aug, 00:13

"Schwierig" finde ich euphemistisch. Drückebergerei führt nicht ins Paradies. (Road to Nowhere wäre die passendere Wegangabe.) Wäre auch kein schöner Straßenname. Man muss sich halt überlegen, wo man hinwill.
g a g a - Mi, 17. Aug, 01:11

P.S. bei der Gelegenheit kommt mir gerade in den Sinn, was für ein unerhört einmaliges dramaturgisches Wortgebilde die "Gewissensbisse" doch sind. Ob es in irgendeiner europäischen Sprache eine ähnlich beindruckende Entsprechung gibt? Auf Englisch finde ich keine, die lautmalerisch mithalten könnte.

g a g a - Mi, 17. Aug, 01:31

In Wikipedia lese ich gerade, das siebte Laster der Menschheit in der klassischen Theologie, "Faulheit" wird aufgeschlüsselt in Feigheit, Ignoranz, Trägheit des Herzens. Feigheit, Ignoranz, Trägheit des Herzens. Wie sehr es das im oben beschriebenen Zusammenhang trifft. Trägheit des Herzens. Ich komme gar nicht darüber hinweg.

Frau Klugscheisser - Do, 18. Aug, 09:19

Trägheit des Herzens:

Das Fehlen von Leidenschaft und Freiheitsdrang.

Musste ich nachlesen, weil ich mir nichts drunter vorstellen konnte. Aber das kommt aus dem Katholizismus. Im Buddhismus ist die Leidenschaft eins der Dinge, die Leiden schaffen. In der Sprache übrigens auch.
g a g a - Do, 18. Aug, 10:17

Buddhismus geht mir persönlich nach anfänglicher Sympathie, aufgrund näherer Auseinandersetzung mit dem Weltbild und seinen unterschiedlichsten Protagonisten inzwischen am Arsch vorbei. Ich habe einige Zeitgenossen auf diesem fragwürdigen Trip kennengelernt. Was ich Hingabe nenne, bezeichnen die Jünger dieses Weltbildes gerne pikiert als "Anhaftung". Indifferenz, für mich eine Form von Gleichgültigkeit, wird als erstrebenswert erachtet. Ich kann im Übrigen auch dem Dalai Lama in seiner lächelnden Selbstherrlichkeit als Vorstand einer partiarchalischen Religionshierarchie nichts abgewinnen. Seinem den Rest der Welt blendenden Gegriene traue ich nicht über den Weg. Dem Pabst im Übrigen auch nicht. Nichtsdestostrotz gibt es ein paar sinnige Sprüchlein und hilfreiche Gedanken, die ursprünglich dem Buddhismus zugeordnet werden. Ich zeige mich da durchaus offen. Die Idee eine kritischen Situation dadurch zu entschärfen, dass man punktuell die Existenz des Problems für eine Weile ignoriert, um nicht auszuticken, ist manchmal schon hilfreich. So als Notfallapotheke. Ich kann ein paar nützliche Gelassenheits-Techniken für mich herausziehen. Aber nicht als Gesamt-Strategie. Das ist mir zu bequem. Wie ich überhaupt den Eindruck habe, dass sich "bequeme" Charaktere gerne darauf einlassen. Dazu gehöre ich sicher nicht. Im Kontext von zwischenmenschlichen Beziehungen stolz darauf zu sein, keine Leidensfähigkeit zu kennen, bedeutet in letzter Konsequenz die Unfähigkeit zu trauern. Gleichgültigkeit in Anbetracht eines menschlichen Verlusts. Geringfügigkeit der Wertschätzung. Gleichgültig einen Schatz zu verlieren. Wäre das nicht Gefühlskälte? Eher ein Armutszeugnis als eine höhere Weisheit, in meinem Empfinden.
Frau Klugscheisser - Do, 18. Aug, 14:46

Haha! Buddhistenbashing.
Aber das mit der fehlenden Anhaftung verhält sich eigentlich ein wenig anders. Da gibt's nämlich noch die Übung für Mitgefühl und so. Das ergänzt sich dann wiederum zur Herzenswärme. Muss man im Ganzen sehen. Die sog. "bequemen Charaktere" picken sich ja auch nur das raus, was ihnen gerade so entgegenkommt und lassen das Unbequeme unter den Tisch fallen. Deswegen sind die auch kein Maßstab.
g a g a - Do, 18. Aug, 15:07

Das sind hierzulande aber die meisten. Ich kenne keine einzige Ausnahme. Ist sicher auch Geschmackssache. Buddhistisches Denken entspricht nicht gerade dem Prinzip von "Feuerwerk". Viel zu extrem. Feuerwerk ist ja quasi visualisierte Explosion. Man muss sich da schon entscheiden. Ich wurde mal überredet, einen sog. buddhistischen Tempel in Berlin aufzusuchen. Die Adepten hatten allesamt eine leidenschaftslose, langweilig-verklemmte, asexuelle und unterwürfige Sinnsucher-Ausstrahlung, synthetisches Dauerlächeln inbegriffen, die absolut nicht auf meiner Wellenlänge liegt. Ich mag ja Menschen, die ihre Aggressionen erkennbar zulassen, bzw. kenntlich machen, meinethalben ins Gefahrlose transformieren. Aber Entfaltung zulassen. Ich habe den Eindruck, dass wesentliche Teile des Buddhismus auf eine aktive Verdrängungskultur abzielen. Das entspricht auch überwiegend der Persönlichkeitsstruktur der Anhänger. Das Ganze birgt ein maximales Potenzial für jegliches Defizit eine Entschuldigung im Sinne von "alles ist gut, man muss sich 'auch mal' verzeihen können" abzielt. "Ich habe keine Probleme, ich bin ja Buddhist, und der Buddhismus lehrt, es gibt keine Probleme, also lasse ich ganz entspannt den Gedanken fallen, der das gefühlte Problem benennt." Ich nenne das Ignoranz. Buddhisten sind natürlich komplett entsetzt und können auch mal richtig aggressiv werden, wenn man ihren allseits beweihräucherten Dalai Lama nicht beeindruckend findet. Da kann man den friedlichen Buddhisten aber mal von einer ganz anderen Seite kennenlernen! Sehr reizvoll für mich, versteht sich. Ich suche skorpionisch mit großer Freude immer nach den Schwachstellen. Und finde sie natürlich ;-) Ich könnte da noch ganz andere Sachen kolportieren und verlinken, zum Thema sexueller Missbrauch und Frauenfeindlichkeit innerhalb "buddhistischer" Priester- (Lama-)Hierarchien.

Und dann die Sache mit dem "Mitgefühl". Ich suche mir gerne selektiv aus, mit wem ich Mitgefühl habe. Ganz sicher nicht mit Hinz und Kunz. Ist doch langweilig. Und ohnehin nicht authentisch. Wenn dem Empfinden von Mitgefühl die Disziplinierung des Gefühls vorangehen muss, ist das ja an sich schon ein Indiz für immanente Aversion. Ich hab's gerne authentisch. Antrainiertes Mitgefühl durch Geistesdisziplin klingt wie die Beschönigung eines gefakten Orgasmus, weil man ja einem anderen Menschen damit ein besseres Gefühl verschafft hat. Ergo: Krampf.

Nur zur Erinnerung: skorpionisches Denken beinhaltet Freude an polarem/polarisiertem und polarisierendem Denken. Schwarz/Weiß, Leben/Tod, Freund/Feind, Freud/Leid, Liebe/Hass. Das ganze Spektrum ist herzlich willkommen. Das Leben eben. Unverbogen, undiszipliniert. Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt.

Man muss das nicht mögen. Es ist auch völlig okay, wenn sich diese Leute mit dem gemeinsamen Ziel der Leidenschaftsdiziplinierung in abgeschlossenen Räumen treffen und gemeinsam versuchen, ihr vielfältiges Unbehagen wegzumeditieren. Aber halt ohne mich!
g a g a - Do, 18. Aug, 16:07

Buddhisten gucken

zwecks Illustration:

http://www.youtube.com/watch?v=rX1QQGhe6HM

Wie gesagt, alles Geschmackssache.

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