10. September 2012

Meine Nerven. Gerade eine entscheidende Passage zum Berliner Mietrecht gelesen.

Eigenbedarf: Sperrfristen in Berlin

In folgenden Bezirken gilt seit dem 1.9.2011 eine von der Berliner Landesregierung festgelegte 7-jährige Sperrfrist:

Mitte
Charlottenburg-Wilmersdorf
Friedrichshain-Kreuzberg
Pankow*
Steglitz-Zehlendorf


* zu Pankow zählt seit der Bezirksverwaltungsfusion auch der Prenzlauer Berg

Ich nehme es jetzt als ein gutes Omen, dass das Gesetz an meinem Geburtstag erlassen wurde. Und sieben Jahre ist auch eine schöne Frist. Habe die letzten Stunden mit Lektüre von Kündigungsrecht wegen Eigenbedarf verbracht. Seit ich vor drei Stunden eine Mitteilung einer Immobilienvertriebsgesellschaft aus dem Briefkasten gezogen habe, die besagt, dass das Haus in dem ich wohne, in Eigentumswohnungen geteilt wird und ich ein Vorkaufsrecht habe. Ich bin hier so zuhause, aber ich habe keine Lust, einen Kredit aufzunehmen, um "meine" Wohnung zu kaufen. Das würde ich auch nicht machen, wenn genug Geld auf dem Konto wäre. Ich will keine derartigen Besitztümer und Verpflichtungen haben, keine Eigenverantwortung für Reparaturarbeiten. So, erst mal Luft holen. Wer auch immer die Wohnung kaufen wird, kann sie frühestens in sieben Jahren nach dem Kauf beanspruchen. Wusste gar nicht, dass es solche Sperrfristen gibt. In anderen Bezirken beträgt die Frist nur drei Jahre. Vielleicht weil die oben genannten besonders anfällig für Spekulation mit Immobilien sind, siehe Mietspiegel. Erst die Mieterhöhung vor gut einer Woche und jetzt diese Neuigkeit. Ich muss jetzt mal ein bißchen runterkommen, hat mich doch sehr aufgewühlt. Morgen frage ich mal, wie teuer die Wohnung eigentlich verkauft werden soll, nur um mal die Dimension zu realisieren. Alles ist in Bewegung. Selbst wenn ich in sieben Jahren nach dem Verkauf eine Kündigung bekäme, müsste der Eigenbedarf immer noch exzellent begründet werden. Der Eigentümer muss tatsächlich den Verwandtschaftsgrad und die Situation erhellen. Einfach nur Eigenbedarf benennen ist nicht ausreichend. Das entfernteste Verhältnis darf Nichte oder Neffe sein aber nicht weiter. Und auch nur dann. Oh là là. Man lernt nie aus. Eigentlich schon ein erstaunlicher Mieterschutz. Hätte ich nicht gedacht. So, das ist das Neueste aus meiner weltlichen Existenz. Ich muss unbedingt was Geistreiches trinken und mich erholen.
kid37 - Mo, 10. Sep, 21:43

Ja, erstmal durchatmen. Klingt bedrohlich, so ein Angriff auf Heim & Zentrum. Aber sieben Jahre sind wirklich viel, wer weiß, ob Ihnen die Ecke dann noch gefällt. Vielleicht gibt es dann auch auf dem Gelände des ehemaligen BER schicke Lofts für billig Geld.Sie könnten aber auch übers Kaufen nachdenken. Vielleicht werden Sie noch zur Bundespräsidentin gewählt und können den Kredit dann günstig ablösen. Aber erstmal durchatmen.

g a g a - Mo, 10. Sep, 21:50

Kredite und vor allem die ZInssätze in der heutigen Zeit sind mir unheimlich. Und ja: wer weiß, was in sieben Jahren ist. Ich denke schon, dass ich hier nicht die nächsten sechzig Jahre wohnen werde, einfach weil mir ab und zu der Sinn nach Veränderung steht. Vielleicht schon in fünf oder vielleicht erst in sieben Jahren. Wenn ich mich verändere, dann sicher Richtung einer lichten, räumlichen Vergrößerung. Der Maler Christian Awe hat mich da sehr inspiriert mit seiner Wohn- und Arbeitssituation. Ich bin nicht so ein Loft-Fan, weil mir die Räumlichkeiten oft zu steril und eckig und schuhkartonmäßig sind, aber Christian hat - ich glaube in Lichtenberg, einem etwas abseits liegenden Berliner Bezirk eine Wohnung und gleichzeitiges Atelier und Showroom in einer obersten Etage einer alten Fabrik mit Blick auf einen roten runden Ziegelschornstein, die ein vielfach verwinkelter riesiger Raum ist, man empfindet mehrere Räume, er hat auch Trennwände eingezogen und vor allem das Beste: eine riesige sonnige Terrasse auf der er seine großformatigen Werke fabriziert. Überall bunte Farbkleckse auf der Riesenterrasse, die auch eine bizarre Form hatte. Er springt aus seinem großen Bett, durch die verglaste großzügige Terrassentür direkt zu seinen zwei mal fünf-Meter-Leinwänden nach draußen. So ein bißchen Pippi-Langstrumpf-mäßig das Ganze. Sehr schön. Wenn ich umziehen würde, dann in ein Objekt, das auch mein Atelier in Neukölln überflüssig macht. Drei bis vier große Räume. Aber ohne Platz an der Sonne im Freien würde ich nicht umziehen. Daran habe ich mich so sehr gewöhnt. Das ist der größte Wert auch in diesem Nest hier, und der freie Blick in einen weiten Himmel.
zuckerwattewolkenmond - Mo, 10. Sep, 21:59

Was

für eine "nette" Überraschung. Ich finde es schlimm, wie in Berlin jetzt auch normale Mietwohnungen immer mehr zurückgedrängt werden. Kommt man an irgendwelchen Baustellen vorbei, werden dort entweder garantiert Eigentumswohnungen oder Bürogebäude gebaut.

g a g a - Mo, 10. Sep, 22:05

Ein Bürogebäude kann man daraus nicht machen, das ist auch nicht angedacht. Ich bin nicht überrascht, über meine Mieterhöhung, eher über den relativ späten Zeitpunkt. Sie könnte übrigens noch schlimmer sein. Für eine Wohnung wie meine muss man derzeit bei Neuanmietung mindestens den Betrag als Kaltmiete berappen, den ich ab 1. November als Warmmiete bezahlen werde. Es ist - man muss es realistisch sagen - ein Filetstückchen, eine kleine Sahneschnitte. Kein preisgebundenes Mietobjekt und kein sozialer Wohnungsbau. Die Wohnung war schon bei meinem Einzug vor dreizehn Jahren für meine Verhältnisse ziemlich teuer. Ich habe geschluckt, ich hatte eine gute Wohnung in Wilmersdorf. Aber ich habe mich sofort in die Wohnung hier unter dem Dach verliebt. Es regnete als ich sie besichtigte, aber mir war als ginge die Sonne auf, als ich durch die Scheiben des Südbalkons auf die Kuppel vom Dom schaute. Ich dachte, ich träume. Das war es mir wert. Seither habe ich das Gefühl in einer Ferienwohnung zu leben und gar keine Lust mehr zu verreisen. Es war also keine Wohnungsnot, die mich die Wohnung anmieten ließ. Ich habe es nie bereut. Dagegen gibt es im Süden von Neukölln und im Wedding, was von Mitte aus beides exzellent zu erreichen ist, immer noch extrem billige und gute Wohnungen. Ich habe ja eine zweite (Jugendstil-Altbau)-Wohnung in Neukölln als Atelier angemietet, seit neun Jahren. Unveränderte Miete, allerdings in privater Verwaltung. Ich darf gar nicht sagen WIE günstig die Miete ist. Das glaubt keiner. Auch mit Südbalkon. Stuck, Bad, Küche, ein Zimmer. Die Dielen habe ich abziehen und wachsen lassen, alte Buchenholzdielen, ganz breit. Der Besitzer hat sich wegen Aufwertung des Objektes zur Hälfte an den Kosten beteiligt. Allerdings ist der Hausbesitzer ein seltenes Exemplar, ohne Spekulationsinteresse. Er will nur das Erbe seiner Eltern gut verwalten. Das macht er. Er wird in den Himmel kommen. In Mitte müsste ich für ein vergleichbares Objekt mindestens das drei- bis vierfache bezahlen.
zuckerwattewolkenmond - Mo, 10. Sep, 22:12

So

muß es sein, daß man eine Wohnung besichtigt und sich sofort in sie verliebt. Leider ist mir so eine selbst aber noch nicht untergekommen. Mit meiner eigenen Wohnung bin ich einigermaßen zufrieden, allerdings ist sie ein bißchen klein. Am schönsten ist die Lage, weil ich jeweils zur einen Seite in zwanzig Minuten in Mitte bin, und zur anderen Seite in zwanzig Minuten im Wald oder auf den Feldern. Und zur Straßenseite habe ich freien Himmel und schaue nur über Gärten (ok, vor den Gärten kommen noch Tankstellen und Burger King).
g a g a - Mo, 10. Sep, 22:19

Man lernt auch zu schätzen, wenn eine Wohnung ruhig ist, ohne Verkehrslärm. Ich hatte mir damals (ich wollte mich einfach verändern - Wilmersdorf war mir atmosphärisch zu ruhig und ich hatte auch Lust weiter oben zu wohnen, sonniger, abgeschotteter) noch andere Wohnungen in Mitte und im Prenzlauer Berg und auch in der Gegend um den Savignyplatz angeschaut. In der Torstr. hätte ich eine ziemlich billige fünf-Zimmer Wohnung mit Balkon und Erkern bekommen können, allerdings völlig unsaniert, ohne Zentralheizung. Sie war ein bißchen wie ein Gespensterschloss. Dann bin ich auf den Balkon. Das Donnern der Lastwägen, des ganzen rauschenden Verkehrs in der Torstraße! Unfassbar laut. Und ein unheimlicher Gestank von all den Autos. Da wusste ich, das ist nichts für mich. Ein Platz an der Sonne im Lärm und Gestank, nein Danke. Und im Prenzlauer Berg ist mir zur Hälfte abzockemäßige Streichsanierung untergekommen, oft ganz billig gemacht. Nur hier hatte ich sofort ein Gefühl für den Gegenwert. Mein Haus hier wurde erst 1997 erbaut und ist gut isoliert, hat einen Fahrstuhl und fügt sich auch ganz gut ins Gesamtbild ein, mit den Gaubenfenstern im Dach. Und vor dem Balkon das unverbaubare Gipsdreieck mit dem kleinen Park und der Liegewiese. Die Auguststraße wird hier relativ wenig befahren, ist auch Geschwindigkeitsbegrenzung. Parkplätze gibt es eh keine, daher auch keine kreisenden Autofahrer. Erstaunlich ruhig. Wahrscheinlich schlucken die Bäume auch noch zusätzlich die Geräusche. Nur die Kinder quieken, ist immer so ein bißchen Freibad-Geräuschkulisse, aber ich mag das, hat mich noch nie gestört. Die Ecke hat einfach gute Vibrations, deswegen treffen sich da unten in den Cafés und Restaurants und auf der Wiese so gerne die Menschen und machen auch viel Picknick. Ein bißchen wie im Bilderbuch. Und in der Mitte mein kleiner Apfelbaum, der wieder rotbackige Äpfel trägt, das vierte Jahr jetzt. Die Hausverwaltung kümmert sich sehr gut und schnell um alles, sehr gewissenhaft. Mein neuer Kühlschrank brummt zufrieden vor sich hin. So ein Service kostet eben auch. Wenn man dann oft hört, wie Verwaltungen mit Reparaturen herumzicken und zögern. Da wird vielleicht am falschen Ende gespart.
arboretum - Mo, 10. Sep, 23:56

Diese Frist läuft meines Wissens auch erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Käufer als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Und dann gelten ja noch die Kündigungsfristen, die in Ihrem Fall angesichts der Mietdauer auch länger dauern dürfte.
g a g a - Di, 11. Sep, 00:08

Ah, danke...!
g a g a - Di, 11. Sep, 10:37

265.500 €.
ca. 4.500 € pro qm.
Courtage entfällt.

G. aus dem Prenzlauer Berg meint: "günstig."

Der Herr der Vertriebsgesellschaft meint "günstige Zinssätze für Baufinanzierung derzeit, ca. 3 Prozent".

D. meint: "Rücklagen müssen gebildet werden, nicht zu vergessen!".

G. meint: "Eigentümerversammlungen, uh....".

Ich meine: "Ich will frei wie ein Vogel sein".

Herr der Vertriebsgesellschaft meint: "gemach, gemach, können Sie sich noch in Ruhe überlegen. Ja, sieben-Jahres-Sperrfrist gilt, sicher."

g a g a - Di, 11. Sep, 11:04

Habe fertig überlegt. Ich habe keine nennenswerten Rücklagen oder Grundkapital für die Finanzierung und für die "Rücklagen". Ich bin gerne Mieterin, man kann es eh nicht mit ins Grab nehmen! Aber schön, das wir mal drüber gesprochen haben. Eigentlich muss man es postitiv sehen, ich habe ein günstiges Angebot zum Erwerb einer Immobilie erhalten, auf das ich verzichten werde. Trotzdem hat mich die Aufregung seit gestern Abend irgendwie mitgenommen. Nicht so gut geschlafen. Aber gerade Marzipan-Herzen geschenkt gekriegt. Von Niederegger! Lübecker Marzipan-Sachverständige verschenken nur Niederegger, habe ich gelernt.

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