17. Juni 2017




Unterwegs in der Fasanen- und Auguststraße. Treffpunkt Fasanen 45, Galerie einer sehr sympathischen Schweizerin, zu der ich sofort Vertrauen habe. Nicht abgelichtet, intensive Unterhaltung mit einem Besucher, wir saßen draußen an dem Kaffeehaustisch, Cava, ein, zwei Zigaretten. Er fragte mich nach den formaljuristischen Grenzen von street photography. Ich erklärte ihm die Sache mit den "Wimmelbildern" und dem expliziten Fokussieren von jemandem in der Menge. Die feinen Unterschiede. Und dass natürlich gewisse legendäre Aufnahmen nicht in der Welt wären, wenn vorher immer erst ein Antrag gestellt worden wäre, eine Erlaubnis eingeholt. Da ist auch Feinfühligkeit gefragt, wenn man die Grenze bewusst überschreitet. Jan kam geraume Zeit später, war aber kein Problem, sonst hätte das Gespräch vorher nicht stattgefunden. Ich mag die Fasanenstraße sehr. Sie hebt sich atmosphärisch von allen anderen Straßen ab, die ich in Berlin kenne. Die Künstlerin, die ihre Fotografien ausstellte, war ebenfalls aus der Schweiz. Wir unterhielten uns auch über unsere Selbsterfahrungen mit Selbstportraits, denn sie stellte u. a. einige aus. Keine "Selfies" wohlgemerkt, die für meine Begriffe die Kategorie bezeichnen, dass jemand mit dem Smartphone auf sich draufhält. Bilder mit Selbstauslöser dabei, sehr atmosphärische Aufnahmen darunter, ich mochte aber die Hängung nicht wirklich. Ungerahmt und in konsequentem Wechsel mit Blumenbildern. Das war zu absehbar und auch in der Verbindung nicht sinnstiftend. Viele Selbstportraits waren zu gut, um von qualitativ abfallenden Motiven eingerahmt zu werden. Da ziehe ich großzügige, solitäre Hängung eindeutig vor. Jan und ich spazierten dann die Fasanenstraße entlang, Richtung Savignyplatz, da in die S-Bahn, bei Edeka am Hackeschen ein paar Sachen geholt, Äpfel, Orangen, was zu trinken. Auf dem Weg zu CWC in der Auguststr. kurz in meiner Wohnung angehalten, Getränke in den Kühlschrank, auf's Klo, und weiter. Bei Camera Work in der Auguststraße, da in der Mädchenschule, affige Einlasspolitik, die Tür versperrt, obwohl kaum Besucher da. Dennoch den kurzen Besuch wert, weil die Art, wie die Fotografien da gerahmt hingen, auch in ihrer Großzügigkeit, sehenswert war. Ich liebe 3D-Rahmen. Und 3D-Leinwände. Sehr hochkarätig, wie das alles da auf Abstand hängt. Und der schöne, samtig graue Beton-Estrich. Wer selbst fotografiert, hat auch einen besonderen Blick für die Größe, den Abzug, die Hängung in einer Ausstellung, manchmal mehr, als für das Motiv. Insofern gibt es gar keine völlig uninteressanten Ausstellungen. Manchmal sieht man auch einfach nur, wie man es ziemlich sicher nicht machen möchte und wird.



Danach ließen wir uns darußen an einem Tisch vom RUZ nieder. Ich blieb bei Cava. Lange, intensive, gute Gespräche. Ich erzählte Jan unter anderem von meiner Lieblingspuppe Michaela. Eigentlich hatte ich auch nur eine, von späteren Barbiepuppen abgesehen. Ich erinnerte mich, dass ich Babypuppen-Spiele langweilig fand, aber mitmachte, weil alle Mädchen es machten. Ich wollte lieber Ausgehen und Party und Photoshooting und Auftritt spielen. Als Berufe fand ich Schlagersängerin, Stewardess und Mannequin am interessantesten. Später dann Fotografin. Mit Michaela habe ich zum ersten mal 1974 Photoshooting gespielt. Ich habe sie an einen Busch im Garten gelehnt. Das Kleid war insofern selbst gestylt, als ich ein Seidentuch meiner Mama zum Partykleid für Michaela umfunktioniert hatte. Michaela hatte nur noch ein Bein, weil sie aus Hartplastik war und mal runtergefallen ist. Ich habe das Bein versucht anzukleben und ihr immer wieder einen Verband gemacht, aber es ist nicht mehr angewachsen. Deswegen habe ich Michaela immer lange Kleider gemacht, damit sie nicht invalide aussieht, sondern in ihrer ganzen Schönheit erstrahlen kann. Ich habe sie immer noch. Sie war ein paar Jahre bei meinen Eltern auf dem Dachboden in einer Truhe mit Spielsachen. Vor zehn Jahren habe ich sie zurückgeholt und jetzt wohnt sie wieder bei mir. 1974, als ich diese ersten Bilder gemacht habe, war ich achteinhalb. Das war genau mein Ding. Hat sich nur unwesentlich verändert. Hier sind Fotos von Michaela, das allererste Foto ist das von 1974 .




P.S. und hier noch mal alles über den Unfall mit dem Bein.
arboretum - 18. Jun, 15:41

In der Galerie Fasanen 45 können sie vom ersten Bild von Michaela noch lernen, wie das mit den Rahmen geht.

Sehr glamourös, übrigens, die Michaela.

g a g a - 18. Jun, 15:50

Der Schnörkel-Rahmen ist in einem alten Album. Wäre heute zwar auch nicht meine erste Wahl, aber Hingabe wäre auf jeden Fall dabei. Bilder angemessen rahmen, jedes einzelne für sich, ist richtig Arbeit. Eigentlich eine schöne. Ich würde bei einer eigenen Ausstellung ganz unterschiedliche Rahmen und Passepartous verwenden, da wäre von sachlich modern über shabby bis barock alles vertreten. Ein Bild teilt einem doch mit, wie es am besten zur Geltung kommt. Erstaunlich, dass in Ausstellungen überwiegend mit Einheitsrahmungen gearbeitet wird. Ich finde das uncharmant. In der eigenen Wohnung macht man das doch auch nicht.

Michaela war als ich klein war, so eine Art Schönheitsidol für mich. Ich konnte mir jeden Tag aufs Neue ihr Gesicht anschauen und mich daran erfreuen. So ähnlich wie bei Vivi Bach. Ein ähnlicher Typ wie Michaela! Mir war auch wichtig, dass Michaela nicht praktische Kleidung hat, sondern vor allem besonders schöne Sachen, in denen man auf eine tolle Party gehen kann. Bequem waren die Wickelkleider aus den Seidentüchern aber auch, sie hat sich nie beschwert. Es sollte ja nichts kratzen oder kneifen!


arboretum - 21. Jun, 09:38

Sie war ja auch eine Schönheit und mit dem Stirnband modisch up to date.

War Michaela eigentlich auch mal in Indien, dorthin reisten damals ja viele, oder einfach nur auf dem Kriegspfad?
g a g a - 21. Jun, 13:29

Das Stirnband kommt aus ihrer jüngeren Retro-Phase vor zehn Jahren, das hatte sie damals noch nicht, kann mich nicht genau erinnern, ob ich als ihre persönliche Stylistin Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger trendbewusst Hippie-Style fabriziert habe. In Indien war sie nie, weil sie es bis heute ablehnt, wohin zu fahren, wo es den Leuten nicht so gut geht. Obwohl sie sich sehr für Mode und Musik und Tanz usw. interessiert, hat sie auch ein soziales Gewissen. Aber sie mag die indischen Stoffe total gerne. Sie gibt sich auch gerne ein bißchen kriegerisch, weil sie es nicht leiden kann, wenn Jungs denken, sie ist ja bloß ein Mädchen, mit dem man machen kann was man will. Aber nicht mit Michaela!
arboretum - 23. Jun, 22:23

Ist das auf ihrer Nase also Kriegsbemalung?
g a g a - 23. Jun, 23:25

gute Frage. Kann mich beim besten Willen nicht erinnern, ob ich ihr irgendwann mal Sommersprossen mit Filzstift gemalt habe und das davon übrig ist. Mich wundert die gerade Anordnung der Punkte. Vielleicht ist es aber auch eine kleine Pigmentstörung. Die Haut verändert sich ja auch, wenn man älter wird.

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