29. November 2017
Lese Ina Hartwigs "Wer war Ingeborg Bachmann". Ab Seite 59 beschäftigt sie sich mit ihrer Stimme. Bachmann hatte bereits Erfahrungen durch Radiosendungen im Wiener Funkhaus, bevor sie vor Publikum las. Die Stimme war weder ausgebildet, noch entsprach ihr Duktus ihrer regionalen Herkunft. Ein eigene Schöpfung.
"(...) sie versteht, dass man das leblose Mikrophon als ein lebendiges Gegenüber betrachten muss, was eine erhebliche Abstraktionsleistung erfordert. Sie richtet sich via Mikrophon an die Hörer draußen an den Radioapparaten, die ihr lauschen, ohne sie zu sehen. Der Psychoanalytiker Jacques Lacan, der ein wilder Denker war, sah in der Stimme ein Triebobjekt. Roland Barthes wiederum hat um das "Korn der Stimme" eine Theorie gerankt, in der sich das Timbre mit dem Imaginären verbindet, dabei den Narzissmus keineswegs verachtend. Daran knüpft Meyer-Kalkus an, wenn er in der Stimme vor dem Mikrophon ein "vokales Self-Fashioning" ausmacht, den ganz bewussten stimmlichen Selbstentwurf"."
VOKALES SELF-FASHIONING. Hat mich beeindruckt, dieser Begriff. Wusste, was gemeint ist. Sehr oft bei vokalen, künstlerisch beabsichtigten Darbietungen zu erkennen. Eigentlich häufiger als nicht. Wem es gelingt, vokale Raffinessen dem Gefühlsausdruck unterzuordnen, ist auf einem guten Weg. Bewusst nicht zu zeigen, was man zeigen könnte, weil es sinnloses Blendwerk bedeuten würde, ist in jedem Fall das höhere Level. Das Weglassen. Eine nackte, tiefere Wahrheit nicht mit Posen oder Häkelborten zu umschleiern.
"(...) sie versteht, dass man das leblose Mikrophon als ein lebendiges Gegenüber betrachten muss, was eine erhebliche Abstraktionsleistung erfordert. Sie richtet sich via Mikrophon an die Hörer draußen an den Radioapparaten, die ihr lauschen, ohne sie zu sehen. Der Psychoanalytiker Jacques Lacan, der ein wilder Denker war, sah in der Stimme ein Triebobjekt. Roland Barthes wiederum hat um das "Korn der Stimme" eine Theorie gerankt, in der sich das Timbre mit dem Imaginären verbindet, dabei den Narzissmus keineswegs verachtend. Daran knüpft Meyer-Kalkus an, wenn er in der Stimme vor dem Mikrophon ein "vokales Self-Fashioning" ausmacht, den ganz bewussten stimmlichen Selbstentwurf"."
VOKALES SELF-FASHIONING. Hat mich beeindruckt, dieser Begriff. Wusste, was gemeint ist. Sehr oft bei vokalen, künstlerisch beabsichtigten Darbietungen zu erkennen. Eigentlich häufiger als nicht. Wem es gelingt, vokale Raffinessen dem Gefühlsausdruck unterzuordnen, ist auf einem guten Weg. Bewusst nicht zu zeigen, was man zeigen könnte, weil es sinnloses Blendwerk bedeuten würde, ist in jedem Fall das höhere Level. Das Weglassen. Eine nackte, tiefere Wahrheit nicht mit Posen oder Häkelborten zu umschleiern.
g a g a - 29. November 2017, 23:59