1. Juni 2014






Die Punker-Lady mit der goldenen Ratte auf der Schulter am Entrée der Villa Fuchs ist strategisch bestens verortet, um ein womöglich bestehendes Vorurteil über das opulente Werk von Ernst Fuchs mit einem nicht weniger opulenten Fragezeichen zu versehen. Ich glaube, wir hatten beide nur das eine oder andere Abbild im Internet, vor allem seine Zeichnungen und Gemälde gesehen, als wir das Anwesen betraten. Ich wollte allerdings unbedingt die Villa sehen, die mir dunkel von einer Bildstrecke in der Vogue ein Begriff war, das musste auch schon zwanzig Jahre her sein. Weniger, um seine surrealistische Bilder im Original zu betrachten, sondern um in das persönliche Universum eines Menschen einzutauchen, der sich das erschaffen hat, was Pippi Langstrumpf besingt: "Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt." Dass es also ein phantastischer Ort voller Überraschungen sein würde, war schon in meinem Hinterkopf. Es ist ein ziemlicher Ausflug, den nicht jeder Wien-Reisende ohne weiteres auf sich nimmt, weil man immerhin bis zur Endstation einer U-Bahn, bis Hütteldorf fahren muss, was zwar immer noch Wien ist, aber sehr am Rande. Und dann ist man immer noch nicht da, es gibt einen Bus, der nicht allzu oft fährt, so haben wir ein Taxi zur Hüttelbergstraße 26 nach Penzing genommen. Die Punkerin am Eingang erinnert mich vom Spirit her ein bßchen an die vielen Performances, die Duke in den Achtziger Jahren zur Aufführung brachte. Den goldenen Spinnengürtel hätte ich gerne im Schrank. Wir umkreisten die Dame mehrfach in gewissermaßen ritueller Ehrerbietung und schritten weiter zur Villa, die der für den Wiener Jugendstil legendärste Architekt Otto Wagner 1888 vollendet hatte. Man schreitet auf diesem Anwesen automatisch, einfaches Gehen ist für andere Orte dieser Welt reserviert. Nach kurzer Zeit entschwinden profane Alltagsgedanken, verflüchtigen sich Richtung Hüttelbergstraße, wo die Welt an irgendeinem Dienstag im Mai weiter ihren Werken nachging. Es ist ganz unerheblich, welche Versatzstücke welcher Epochen und Religionen hier geehrt werden, ihr Zuhause haben. Wichtig ist nur, dass all das existiert, gleichzeitig, nebeneinander, sich bereichernd, in Fruchtbarkeit. Überhaupt ein zentrales Motiv. Ekstase, Entfaltung und Fruchtbarkeit. Ein allem Göttlichen geweihter, heidnischer Tempel, man ahnt es schon. Auf der rückwärtigen Seite ist der vergleichsweise unauffällige Eingang der Villa, wo wir klingeln und uns die sehr hübsche junge Frau öffnet, die uns schon auf der Terrasse durch die Scheibe gewunken hat. Das Innere der Villa braucht eine eigene Würdigung. Und auch der zu linker Hand der Villa liegende Tempel Nymphaeum Omega. All das folgt später.








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31. Mai 2014



Da sind wir jeden Tag gewesen, auf dieser Wiedner Hauptstraße. Man kommt gar nicht dran vorbei, wenn man woanders hin will, von der Lambrechtgasse aus, wo unsere Wohnung war. Am dreizehnten Mai waren wir auf dem Weg Richtung Karlsplatz, immer nach Norden. Duke hatte zum Glück einen Kompass dabei. Da wollten wir in die U-Bahn steigen, die direkt nach Hütteldorf fährt, wo Ernst Fuchs seine unglaubliche Villa hat, vom legendären Architekten des Wiener Jugendstils, Otto Wagner erbaut. Aber erst mal hinkommen. Ich hatte wieder unausgesetzt meine Windschutzbrille auf, gegen blendende Sonne hätte man sie nicht gebraucht. Dass ich ausgerechnet auf der Höhe der Klavier-Manufaktur Stingl auf die Idee gekommen bin, anzuhalten, um endlich mal ein paar Fotos von Wien zu machen, lag an einer blitzartigen Erkenntnis, als ich das Schild sah. Mir wurde auf einmal klar, dass ich schon mindestens an vier oder fünf Ecken vorbeigelaufen war, die ich, wäre ich alleine unterwegs gewesen, das Laufen unterbrechend, mit einem Foto gewürdigt hätte. Aber zu zweit ist da so ein kleiner Herdentrieb, der fatal werden kann, wenn man sich nicht besinnt, warum man eigentlich auch in einer Stadt ist. Um eben das Besondere zu würdigen, auch in Bildern. An der Stelle fragte Duke mich noch, weil ich plötzlich stehen blieb und meine Kamera aus der Tasche zog, sehr freundlich, ja neugierig, ob ich jetzt vorhätte, ein Bild zu machen. Die Frage machte mich etwas unwirsch und ich habe leider etwas weniger freundlich, als er gefragt hat, geantwortet, es sei gewissermaßen naturgegeben davon auszugehen, dass wenn ich die Kamera in die Hand nehme, die Absicht dahinterstünde, zu fotografieren. Also das nicht einer Erklärung für bedürftig hielte. So ungefähr. Es war merkwürdig für mich, dass überhaupt eine solche Frage an mich kommt, weil ich normalerweise entweder alleine unterwegs bin, wo sich keiner dafür interessiert, was ich tue, ob ich gehe oder stehe. Oder in einem Umfeld bin, wo man mich nur mit Kamera in der Hand kennt, und sich eher wundert, wenn ich nicht fotografiere. Seine Frage zeigte mir aber auch deutlich, dass ich nun erst am dritten Tag meines Aufenthalts beginne, mich auf diese meine ureigene Bestimmung zu besinnen. Ja, ich will festhalten, was mir geschieht, und was ich sehe. Ich will es würdigen. Auch in Worten. Deswegen existiert auch dieses Blog. So ein Aufenthalt in einer anderen Stadt, zumal einer derart sehenswerten, rauscht nicht einfach wie Bilder aus einem Zugfenster an mir vorbei. Mich beschäftigt das naturgegeben auch durch die Bilder, die entstanden sind, noch eine Weile danach. Ich schreibe das wahrscheinlich auch, weil es mich seltsam berührt hat, dass Duke in einer Mail vor wenigen Tagen schrieb, diese Reise nach Wien, das sei alles schon wieder weit weg. Da ich in den letzten Jahren nicht so viel in anderen Städten unterwegs war wie er, habe ich dafür sicher auch eine andere Aufmerksamkeit. Durch Berlin laufe ich ja auch nicht oft flanierenderweise, da könnte eine Begleitung an meiner Seite, die alles neu entdeckt, auch von meinem Tempo eingeschüchtert sein. Jedenfalls war in diesem Moment auf dieser Wiedner Haupstraße mein Entschluss gefasst, nicht mehr zügig weiterzulaufen, wenn mich ein Bild anspringt. Und das Stingl-Bild ist die Premiere. Zum Glück ging es mir wieder gut an dem Tag, keine Katerspuren mehr. Ich wagte es nicht, Duke alleine in den Fokus zu nehmen, aber wenn ich mich ins Bild nehme, kann es schon mal passieren, dass auch jemand im Hintergrund darauf landet. Damit muss man leben. Ich frage mich, ob es nicht auch eine ungewohnte Erfahrung für ihn war, dass ich die Kamera nur zaghaft in seine Richtung gedreht habe. Als wir uns zuletzt sahen, vor diesen vielen Jahren, war er es gewohnt, dass sich meine Kamera, die damals noch analog war, und kein Display hatte, auf ihn richtete, ausgiebig. In vieler Hinsicht war die Situation neu. Wir hatten uns beide verändert. Zwölf Jahre sind eine Menge Leben.







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