09. Juni 2014





So ein Visconti-Gefühl stellt sich ein. Welches Jahrhundert? Wo sind wir? Ich weiß es nicht. Gleich kommt der junge Helmut Berger durch die Flügeltür zu uns in den Großen Salon. Er zieht eine kleine, verächtliche Schnute, weil in der Kristallkaraffe mit dem alten Cognac nur noch eine kleine Pfütze ist, die gerade den Boden bedeckt. Das muss das Personal doch bemerken. Nun gut. Wir sagen nichts. Helmut setzt sich in eines der zierlichen Art Nouveau-Sesselchen, schlägt die Beine in hohem Bogen übereinander und zündet sich eine Zigarette an, die er ein bißchen affektiert zwischen Zeige- und kleinem Finger hält. Bei jedem anderen wäre man genervt von einer derartigen Haltung, aber bei Helmut ist es anders. Es passt einfach zu ihm, zu seinen virtuosen Extravaganzen. Dafür lieben wir ihn. Nein, jetzt lieber doch keine Musik. Wir lassen ihn besser eine Weile alleine, er muss sich erholen, der gestrige Abend war sehr lang, ein bißchen arg viel Champagner vielleicht. Mit schweren Lidern, dem Blick eines Reptils, das absolut alles gesehen hat, streift sein Blick durch die großen Fenster zur Terrasse und bleibt am Arsch der dicken Frau hängen. Nur ein wenig erholen, etwas ausruhen. Wir verständigen uns wortlos und gehen behutsam nach nebenan, ins Kaminzimmer.



















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08. Juni 2014





Man klingelt. Eine bildschöne junge Frau, um die Zwanzig, öffnet lächelnd das rückwärtige Eingangsportal der Villa. Zwei oder drei Besucher sind gerade im Begriff zu gehen. Ich bewundere schon, bevor ich einen der Haupträume überhaupt gesehen habe. Diese Tapete. Was für eine Tapete. Unverwechselbar vom Bewohner der Villa selbst entworfen. Überall gibt es dicke persische Teppiche, die jedes Geräusch verschlucken. Es ist komplett still in der Villa. Es sei denn, man spricht selbst, aber eher wird man wohl flüstern. Schon aus lauter Ehrfurcht, dass man hier so einfach herumspazieren darf. Ich frage die Assistentin, die uns geöffnet hat, ob sie den Herrn Fuchs denn auch manchmal sieht. Sie lächelt amüsiert und antwortet: "Ja ja, jeden Tag. Er wohnt hier ja."




Wir sind nun die einzigen Besucher in der Villa, wie sich bald herausstellt. Die Assistentin mit den schönen dunklen, langen Haaren und den braunen Bambi-Augen, die man in späteren Bildstrecken auch noch bewundern wird können, empfiehlt uns, mit dem Saal im linken Flügel zu beginnen, dem Adolf Boehm Saal, benannt nach dem Künstler der Jugendstilfenster, einem Zeitgenossen von Otto Wagner, dem Architekten. Im Adolf Boehm Saal finden sich neben Bildern, Möbel von Ernst Fuchs, die mich enorm beeindrucken. Überhaupt ist alles beeindruckend. Wie die Bilder hoffentlich wiedergeben. Durch die offenen Flügeltüren schweben wir weiter in den Großen Salon. Dann ins Kaminzimmer. Ins Speisezimmer. Weiter ins Musikzimmer, in den Blauen Salon, mit dem gelben Bett, in die Toilette, ins Stiegenhaus, nach oben zur kleinen Galerie und ins Römische Bad. Es gibt also noch viel zu sehen. Ich wollte erst eine komplette Strecke machen, benannt "Vienna Villa Fuchs Interieur", aber ich wurde der Fülle nicht Herrin. Und so gehe ich es gemesseneren Schrittes an, wie wir eben auch gemessen durch diese Räume schritten. Schreiten durften. Man wird ganz demütig vor diesem Lebenswerk, in dieser Wunderkammer. Auf eine schöne, ganz und gar erhebende Weise.



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1. Juni 2014






Die Punker-Lady mit der goldenen Ratte auf der Schulter am Entrée der Villa Fuchs ist strategisch bestens verortet, um ein womöglich bestehendes Vorurteil über das opulente Werk von Ernst Fuchs mit einem nicht weniger opulenten Fragezeichen zu versehen. Ich glaube, wir hatten beide nur das eine oder andere Abbild im Internet, vor allem seine Zeichnungen und Gemälde gesehen, als wir das Anwesen betraten. Ich wollte allerdings unbedingt die Villa sehen, die mir dunkel von einer Bildstrecke in der Vogue ein Begriff war, das musste auch schon zwanzig Jahre her sein. Weniger, um seine surrealistische Bilder im Original zu betrachten, sondern um in das persönliche Universum eines Menschen einzutauchen, der sich das erschaffen hat, was Pippi Langstrumpf besingt: "Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt." Dass es also ein phantastischer Ort voller Überraschungen sein würde, war schon in meinem Hinterkopf. Es ist ein ziemlicher Ausflug, den nicht jeder Wien-Reisende ohne weiteres auf sich nimmt, weil man immerhin bis zur Endstation einer U-Bahn, bis Hütteldorf fahren muss, was zwar immer noch Wien ist, aber sehr am Rande. Und dann ist man immer noch nicht da, es gibt einen Bus, der nicht allzu oft fährt, so haben wir ein Taxi zur Hüttelbergstraße 26 nach Penzing genommen. Die Punkerin am Eingang erinnert mich vom Spirit her ein bßchen an die vielen Performances, die Duke in den Achtziger Jahren zur Aufführung brachte. Den goldenen Spinnengürtel hätte ich gerne im Schrank. Wir umkreisten die Dame mehrfach in gewissermaßen ritueller Ehrerbietung und schritten weiter zur Villa, die der für den Wiener Jugendstil legendärste Architekt Otto Wagner 1888 vollendet hatte. Man schreitet auf diesem Anwesen automatisch, einfaches Gehen ist für andere Orte dieser Welt reserviert. Nach kurzer Zeit entschwinden profane Alltagsgedanken, verflüchtigen sich Richtung Hüttelbergstraße, wo die Welt an irgendeinem Dienstag im Mai weiter ihren Werken nachging. Es ist ganz unerheblich, welche Versatzstücke welcher Epochen und Religionen hier geehrt werden, ihr Zuhause haben. Wichtig ist nur, dass all das existiert, gleichzeitig, nebeneinander, sich bereichernd, in Fruchtbarkeit. Überhaupt ein zentrales Motiv. Ekstase, Entfaltung und Fruchtbarkeit. Ein allem Göttlichen geweihter, heidnischer Tempel, man ahnt es schon. Auf der rückwärtigen Seite ist der vergleichsweise unauffällige Eingang der Villa, wo wir klingeln und uns die sehr hübsche junge Frau öffnet, die uns schon auf der Terrasse durch die Scheibe gewunken hat. Das Innere der Villa braucht eine eigene Würdigung. Und auch der zu linker Hand der Villa liegende Tempel Nymphaeum Omega. All das folgt später.








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