11. März 2012



So ist's recht. Am heutigen heiligen Sonntag gehen wir gemeinsam zur Kirche! Wir schreiten die stolzen barocken Stufen empor und lassen uns feierlich vom Anblick stolzer Säulen und Portale erheben. Ich muss sagen: ich war dann doch erstaunt, wie groß und hoch der Eingangsbereich gebaut ist. Kein Vergleich mit dem Entrée meiner Wohnung! Man hat auch als großer Mensch etwas zum Schauen und Emporblicken. Und das wünscht man sich ja im Grunde. Man möchte auch einmal zu jemandem emporschauen. Das ist taktisch sehr schlau eingefädelt vom Baumeister Julius Carl Raschdorff. Man kriegt eine gewisse Ehrfurcht vor dem imposanten aufwändigen Bauwerk, was natürlich gut für die Kirche und Berlin ist. Der Berliner Dom ist übrigens protestantisch, was nicht weiter verwundert. Verwunderlich ist vielleicht eher, dass er überhaupt noch (auch) als Kirche genutzt wird und nicht nur für die alljährliche Theateraufführung von der geschätzten Frau Grothum, mit der ersten Riege der Kudamm-Boulevard-Schauspieler. Ein wenig war ich aber doch irritiert, in welchem Ausmaß hier Gotteshäuser zu weltlichen Lokalitäten, vor allem für belehrende Ausstellungen, umfunktioniert werden. Aber da bin ich natürlich genauso schuld wie alle anderen Berliner, die die Mitgliedschaft im Kirchenverein aufgekündigt haben. Nun zahlt man halt die Domerhaltungsgebühr von sieben Euro im guten alten Berliner Dom und alles kann schön instandgehalten werden. Das gefällt mir eigentlich ganz gut so, weil es das Gefühl vermindert, sich als heidnischer Trittbrettfahrer schmarotzerhaft bigott an den Sehenswürdigkeiten zu delektieren. Ich habe den Beitrag gerne entrichtet. Natürlich kann ich nicht jeden Tag derart mit dem Geld prassen, also habe ich mir den Eintrittspreis wochenlang vom Munde abgespart, und bin nicht verhungert! Die nette Dame an der Kasse wollte mich noch beim Sparen unterstützen, indem sie mir riet, eine oder zwei Wochen später zum Dombesuch zu kommen, weil dann der luftige Kuppelrundgang draußen geöffnet sei. Die eigentliche Spitzenattraktion für mich! (Ich hatte mir einen Kostenvoranschlag für das Gesamtpaket geben lassen.) "Ich weiß ja nicht, wie lange Sie noch hier sind?" Ich kam schließlich als Touristin, mit Fotoapparat und lebhaftem Gesichtsausdruck! Es schien mir dann aber doch unartig, im Gotteshaus, direkt vor Gottes Angesicht, aktiv zu lügen, und so antwortete ich wahrheitsgemäß "So die, äh nächsten Jahre bin ich sicher noch hier!" Nun war ich aber schon einmal da und schließlich: was kostet die Welt! Man muss die Feste feiern wie sie fallen, Kuppelrundgang außen hin oder her! Aber dazu später. Zunächst nähern wir uns gemessenen Schrittes dem Portal. Bitte mir nach.


zuckerwattewolkenmond - Mi, 14. Mär, 14:02

Ich war

im Dom mal bei einem Konzert von Jan Garbarek. Das war toll, denn der hatte seinen Herrenchor einzeln hinter diversen Säulen postiert, von wo aus sie singend während der Aufführung lustwandelten, was der Musik einen natürlichen gregorianischen Surroundsound gab.

g a g a - Do, 15. Mär, 11:04

Solche Konzerte sind Gottesdienst. Musik ist das ultimative Gebet, sage ich mal so als Hobby-Theologin. Und Tanz. Und Dichtkunst. Aber Musik steht ganz oben auf der Himmelsleiter! Ich kann mir das Garbarek-Konzert gut vorstellen.War er da etwa mit dem sagenhaften Hilliard Ensemble im Dom? Ich bin zwar kein Fan von allem, aber es gibt so ein paar mystische Stücke, die ich immer wieder gerne höre. Ein Stück, das ich sehr gerne mag ist Rites von der gleichnamigen Platte:
http://www.youtube.com/watch?v=7TADxcpHMEc
zuckerwattewolkenmond - Do, 15. Mär, 13:17

Ja,

es muß wohl das Hilliard Ensemble gewesen sein und das ganze Konzert bestand aus mystischen Stücken: http://youtu.be/SLbEZkuIRBk

Ich teile ja diese Wald- und Flur-Theologie und finde, daß sich auch Gospel vortrefflich in Kirchen macht.
g a g a - Do, 15. Mär, 20:21

oh ja, Gospelgottesdienste haben magische Augenblicke. Man möchte zu den Baptisten übertreten, im Überschwang der Gesänge. Gut, werde ich wohl erst mal nicht. Ich bin da gerne unabhängig. Aus schierer Neugier habe ich mir den livestream von Whitney Houstons dreistündiger Beisetzungsfeier mit ihrem Gospelchor in ihrer Heimat-Baptisten-Kirche angeschaut. Ich war nie ein Fan von Frau Houston und ihren Schnulzen und bin es auch post mortem nicht, aber dieser Gottesdienst war ein Erlebnis. Er wurde ja zum Glück auch nicht von ihren Liedern dominiert sondern von klassischen Gospelsongs und dem Chor. Von einigen Starauftritten, die aber auch gelungen waren, abgesehen. Was der Chor da gesungen hat, hat mich umgehauen. Das war die lichteste Totenfeier, die ich je erleben durfte. Man kriegt direkt Lust auf die eigene Beisetzung, wenn sie von solchen begeisterten Liedern und Ansprachen begleitet wäre. War gut, das gesehen zu haben. Leider gibt es auf youtube keine Clips die die ersten fünf Songs vom Gospelchor zeigen. Die Fans haben nur die Starauftritte gepostet. Sehr schade. Nach der Feier ruht sie bestimmt in Frieden. Wirklich seelenvoll und angemessen das Ganze.
zuckerwattewolkenmond - Do, 15. Mär, 22:20

"Man kriegt direkt Lust auf die eigene Beisetzung" - Lol

Lieber nicht so bald...

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